VfGH vom 21.09.2010, B1295/09
19149
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung des Antrags einer Krankenkasse auf Feststellung der fehlenden Berechtigung von Vertragsärzten zur Heranziehung von Ausbildungspraktikanten für die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen und zur Abrechnung dieser mit der Krankenkasse; denkmögliche Auslegung des Gesamtvertrages
Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Vorgeschichte ergibt sich aus dem Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes vom , B1987/07:
1.1. Die beschwerdeführende Salzburger Gebietskrankenkasse beantragte bei der Landesschiedskommission für das Land Salzburg die Feststellung, dass Vertragsärzte nach den Bestimmungen des entsprechenden Gesamtvertrages nicht berechtigt seien, Ausbildungspraktikanten zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen heranzuziehen und diese mit ihr abzurechnen. Ohne eine entsprechende Regelung im Gesamtvertrag sei eine Tätigkeit von Ausbildungspraktikanten im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht zulässig. Dieser Antrag wurde von der Landesschiedskommission für das Bundesland Salzburg mit Bescheid vom abgewiesen.
Mit Bescheid der Bundesschiedskommission vom wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung keine Folge gegeben. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis vom , B1987/07, wegen Verstoßes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal iS des Art 6 EMRK aufgehoben.
1.2. Im fortgesetzten Verfahren vor der Bundesschiedskommission wurde der Berufung der Salzburger Gebietskrankenkasse mit den gleichen Argumenten mit Bescheid vom , Z R 4-BSK/09-4, in gleicher Weise erneut keine Folge gegeben.
Begründend wurde dabei u.a. ausgeführt:
"Die in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt befindlichen Ärzte (Turnusärzte) sind gemäß § 3 Abs 3 ÄrzteG 1998 lediglich zur unselbständigen Berufsausübung - also unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte - berechtigt, und zwar entweder in den als Ausbildungsstätten anerkannten Einrichtungen (§§9 bis 11 ÄrzteG 1998) oder im Rahmen von Lehrpraxen (§12 ÄrzteG 1998), von Lehrgruppenpraxen (§12a ÄrzteG 1998) oder von Lehrambulatorien (§13 ÄrzteG 1998). Vertragsärzten ist es gesamtvertraglich nicht verboten, ihre Ordination als Lehrpraxis anerkennen zu lassen (...). Der Lehrpraxisinhaber ist zur Ausbildung des Turnusarztes verpflichtet; im Rahmen einer Lehrpraxis darf jeweils nur ein Arzt ausgebildet werden, der vom Lehrpraxisinhaber zur persönlichen Mitarbeit heranzuziehen ist und entsprechend seinem Ausbildungsstand auch Mitverantwortung zu übernehmen hat (vgl § 12 Abs 3 ÄrzteG 1998). Der Umstand, dass jeweils nur ein Arzt ausgebildet werden darf, und die bloß unselbständige Berufsausübung des Turnusarztes lassen erkennen, dass die Ausbildung von Turnusärzten in Lehrpraxen eine Ausweitung der Vertragsarzttätigkeit nicht intendiert. Der Umstand, dass der Turnusarzt unter Anleitung und Aufsicht des Vertragsarztes als Lehrpraxisinhaber ärztliche Leistungen erbringt, rechtfertigt es, diesen Fall als vom Gesamtvertrag ermöglichte Ausnahme von der gesamtvertraglichen persönlichen Behandlungspflicht des Vertragsarztes zu erachten.
Nach § 338 ASVG regelt der Gesamtvertrag, als dessen Teil die Honorarordnung auch Bestandteil der jeweiligen Einzelverträge wird, - ua - die Beziehungen der Sozialversicherungsträger zu den freiberuflich tätigen Ärzten. Da die Tätigkeit des Turnusarztes in der Lehrpraxis als Gehilfe des Vertragsarztes gegenüber den Versicherten durch den Kassenvertrag gedeckt ist, sind vom Turnusarzt unselbständig erbrachte vertragsärztliche Leistungen dem Vertragsarzt von der Antragstellerin zu honorieren."
2. Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden (§346 Abs 7 ASVG) - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch eine gehäufte Verkennung der Rechtslage und die Anwendung einer denkunmöglichen Auslegungsmethode, ferner auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Überschreitung der Zuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
4. Die Ärztekammer für Salzburg erstattete eine Äußerung. Darin bestreitet sie zunächst den von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Vorwurf des Verstoßes gegen das Willkürverbot. Das kassenärztliche Vertragsrecht stehe einem Einsatz eines Turnusarztes in einer Lehrpraxis nicht entgegen. Die ärztlichen Leistungen seien dabei aber vom Vertragsarzt erbracht, weil der Lehrpraktikant als Turnusarzt nach den berufsrechtlichen Vorschriften zur selbständigen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit nicht berechtigt sei. Bestritten wird von der beteiligten Partei auch die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und die Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Die Frage, inwieweit eine bestimmte Tätigkeit dem Gesamtvertrag unterliegt oder nicht, sei ein Bestandteil der Auslegung und Anwendung des Gesamtvertrages und insoweit zulässigerweise von der Bundesschiedskommission zu entscheiden.
5. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse replizierte auf diese Äußerung, in der sie auf die - ihrer Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigten - berufsrechtlichen Unterschiede zwischen Turnusärzten und Hilfspersonen, die keine Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten ausüben, hinweist und betont, dass der Finanzierungsmodus der sozialen Krankenversicherung für die verfahrensgegenständliche Auslegungsfrage relevant sei. Denn wenn auf jeder Planstelle ein Lehrpraktikant mitverantwortlich zu Lasten des Krankenversicherungsträgers tätig würde, führte dies zu Eigentumseingriffen bei diesen Trägern. Im Übrigen bestreitet sie die Kompetenz der Bundesschiedskommission, über die Auslegung des Gesamtvertrages hinaus eine nicht getroffene Vertragsregelung im Wege einer Normenanalogie durch Bescheid zu ersetzen.
6. Die Ärztekammer für Salzburg trat diesen Ausführungen der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse mit einer Replik entgegen, indem sie abermals auf die berufsrechtliche Stellung der Turnusärzte und die Verpflichtungen des jeweiligen Lehrpraxisinhabers hinweist, die belegen, dass Leistungen, die ein Lehrpraktikant erbringt, mit dem Krankenversicherungsträger abgerechnet werden dürften.
II. Zur Rechtslage:
1. Die im hier vorliegenden Zusammenhang anzuwendenden Bestimmungen des 6. Teiles des ASVG über die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den Angehörigen des ärztlichen und zahnärztlichen Berufs, Dentisten, Hebammen, Apothekern, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern lauten:
"Regelung durch Verträge
§338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen, Gruppenpraxen nach den §§52a und 52b des Ärztegesetzes 1998 und § 26 des Zahnärztegesetzes, BGBl. I Nr. 126/2005, Dentisten/Dentistinnen, Hebammen, Apothekern/Apothekerinnen, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen/Psychologinnen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen, freiberuflich tätigen Heilmasseuren/Heilmasseurinnen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form.
(2) Durch die Verträge nach Abs 1 ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Eigene Einrichtungen der Versicherungsträger dürfen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur nach Maßgabe der hiefür geltenden gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden.
(2a) - (4) ...
...
Gesamtverträge
§341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.
...
(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.
(4) ...
Inhalt der Gesamtverträge
§342. (1) ...
(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärzten und Vertrags-Gruppenpraxen ist grundsätzlich nach Einzelleistungen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind in Honorarordnungen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§131) bzw. für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.
...
(3) ...
...
Landesschiedskommission
§345a. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesschiedskommission zu errichten. ...
(2) Die Landesschiedskommission ist zuständig:
1. zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages ...
2. ...
(3) Gegen die Entscheidungen der Landesschiedskommission kann Berufung an die Bundesschiedskommission erhoben werden.
Bundesschiedskommission
§346. (1) Zur Entscheidung über Berufungen, die gemäß § 345a Abs 3 erhoben werden, ist eine Bundesschiedskommission zu errichten.
(2) Die Bundesschiedskommission besteht aus einem aktiven Richter des Obersten Gerichtshofes als Vorsitzenden und aus sechs Beisitzern. Der Vorsitzende und zwei Beisitzer, die gleichfalls dem Dienststand angehörende Richter des Obersten Gerichtshofes sein müssen, werden vom Bundesminister für Justiz bestellt. Je zwei Beisitzer werden von der Österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband entsendet.
(3) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission und ihre Stellvertreter werden vom Bundesminister für Justiz für eine Amtsdauer von fünf Jahren berufen. ...
(4) - (5) ...
(6) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.
(7) Entscheidungen der Bundesschiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege.
Allgemeine Bestimmungen über die Kommissionen
§347. (1) - (3) ...
(4) Die in den §§344, 345, 345a und 346 vorgesehenen Kommissionen haben auf das Verfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 anzuwenden, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes anordnet. ...
(5) - (7) ...".
2. Die entsprechenden Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I 169, lauten in der hier maßgeblichen Fassung:
"Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin
§7. (1) Personen, die die Erfordernisse für die unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt erfüllen und beabsichtigen, sich einer selbständigen ärztlichen Betätigung als Arzt für Allgemeinmedizin zuzuwenden, haben sich
1. einer mindestens dreijährigen praktischen Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin (Turnus zum Arzt für Allgemeinmedizin) in anerkannten Ausbildungsstätten, Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen und Lehrambulatorien im Rahmen von Arbeitsverhältnissen sowie
2. der Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin
zu unterziehen und den Erfolg der Ausbildung und Prüfung nachzuweisen (§26).
(2) Der Turnus hat jedenfalls eine Ausbildung auf den Gebieten Allgemeinmedizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Innere Medizin, Kinder- und Jugendheilkunde sowie Neurologie oder Psychiatrie zu umfassen.
(3) Der Turnus ist, soweit Abs 4 nicht anderes bestimmt, in Krankenanstalten zu absolvieren, die als Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin anerkannt sind.
(4) Die sechsmonatige Ausbildung im Ausbildungsfach Allgemeinmedizin ist in Einrichtungen, die der medizinischen Erstversorgung dienen, insbesondere in anerkannten Lehrpraxen freiberuflich tätiger Ärzte für Allgemeinmedizin, in für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin anerkannten Lehrgruppenpraxen oder Lehrambulatorien, in geeigneten Ambulanzen von als Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin anerkannten Krankenanstalten oder in vergleichbaren Einrichtungen zu absolvieren. Soweit es mit der Erreichung des Ausbildungszieles in den einzelnen Ausbildungsfächern vereinbar ist, können weitere sechs Monate in solchen Einrichtungen oder auch in anerkannten Lehrpraxen oder Lehrgruppenpraxen freiberuflich tätiger Fachärzte oder in für die Ausbildung zum Facharzt anerkannten Lehrambulatorien, die nicht der medizinischen Erstversorgung dienen, absolviert werden. Die anrechenbare Gesamtdauer der in Einrichtungen der medizinischen Erstversorgung oder vergleichbaren Einrichtungen absolvierten praktischen Ausbildung beträgt insgesamt höchstens zwölf Monate.
(5) Die Durchführung und Organisation der Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin obliegt der Österreichischen Ärztekammer, die sich dazu eines Dritten bedienen darf. Die Österreichische Ärztekammer hat nähere Vorschriften über die Organisation und Durchführung der Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin, einschließlich eines für die Durchführung der Prüfung zu entrichtenden Prüfungsentgeltes zu erlassen. Bei der Festsetzung des Prüfungsentgeltes ist auf den mit der Organisation und Durchführung der Prüfung verbundenen Zeit- und Sachaufwand Bedacht zu nehmen.
(6) Nach Maßgabe zwischenstaatlicher Übereinkommen können sich auch Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit einer der übrigen Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, aber die im § 4 Abs 2 Z 2 bis 5 und Abs 3 Z 1 angeführten Erfordernisse erfüllen, der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin unterziehen. Sie bedürfen hiefür keiner Bewilligung gemäß § 35.
Ausbildung zum Facharzt
§8. (1) Personen, die die Erfordernisse für die unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt erfüllen und beabsichtigen, sich einem Teilgebiet der Medizin als Sonderfach zur selbständigen Betätigung als Facharzt zuzuwenden, haben sich
1. sofern die Verordnung gemäß § 24 Abs 1 nicht anderes bestimmt, einer mindestens sechsjährigen praktischen Ausbildung zum Facharzt (Turnus zum Facharzt) in anerkannten Ausbildungsstätten, Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen und Lehrambulatorien im Rahmen von Arbeitsverhältnissen sowie
2. der Facharztprüfung
zu unterziehen und den Erfolg der Ausbildung und Prüfung nachzuweisen (§26). Die Ausbildung ist, soweit Abs 2 nicht anderes bestimmt, in den für das jeweilige Sonderfach anerkannten Ausbildungsstätten und im Hauptfach auf einer genehmigten Ausbildungsstelle, insbesondere in Standardkrankenanstalten sowie in Schwerpunkt- oder Zentralkrankenanstalten, zu absolvieren. Darüber hinaus kann eine ergänzende spezielle Ausbildung auf einem Teilgebiet eines Sonderfaches in der Dauer von mindestens drei Jahren, die in den für das jeweilige Teilgebiet des betreffenden Sonderfaches anerkannten Ausbildungsstätten und im bezeichnungsrelevanten Teilgebiet des betreffenden Sonderfaches auf einer genehmigten Ausbildungsstelle zu erfolgen hat, absolviert werden. Bei einer ergänzenden speziellen Ausbildung auf dem Teilgebiet eines Sonderfaches handelt es sich um eine spezielle Ausbildung im Rahmen eines Sonderfaches (Additivfach).
(2) Soweit es mit der Erreichung des Ausbildungszieles vereinbar ist, kann ein Teil der Facharztausbildung, insgesamt bis zur Höchstdauer von zwölf Monaten, in anerkannten Lehrpraxen freiberuflich tätiger Fachärzte, in für die Ausbildung zum Facharzt anerkannten Lehrgruppenpraxen oder anerkannten Lehrambulatorien absolviert werden.
(3) Die Durchführung und Organisation der Facharztprüfung obliegt der Österreichischen Ärztekammer, die sich dazu eines Dritten bedienen darf, im Zusammenwirken mit inländischen Fachgesellschaften. Die Österreichische Ärztekammer hat nähere Vorschriften über die Organisation und Durchführung der Facharztprüfung, einschließlich eines für die Durchführung der Prüfung zu entrichtenden Prüfungsentgeltes zu erlassen. Bei der Festsetzung des Prüfungsentgeltes ist auf den mit der Organisation und Durchführung der Prüfung verbundenen Zeit- und Sachaufwand Bedacht zu nehmen.
(4) - (6) ...
...
Lehrpraxen
§12. (1) Als anerkannte Lehrpraxen im Sinne der §§7 Abs 4 und 8 Abs 2 gelten die Ordinationsstätten jener Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte, denen von der Österreichischen Ärztekammer die Bewilligung zur Ausbildung von Ärzten zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt erteilt worden ist. Solche Ärzte sind in das von der Österreichischen Ärztekammer geführte Verzeichnis der Lehrpraxisinhaber aufzunehmen.
(2) Die Bewilligung gemäß Abs 1 darf nur bei Erfüllung der nachfolgenden Bedingungen erteilt werden:
1. der Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt muss über die zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderliche Berufserfahrung und Patientenfrequenz verfügen;
2. die Ordinationsstätte muss die zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderliche Ausstattung, insbesondere in apparativer Hinsicht, aufweisen.
Die gemäß Z 1 erforderliche Berufserfahrung hat der Lehrpraxisinhaber durch eine zumindest dreijährige Tätigkeit als niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt nachzuweisen.
(3) Der Lehrpraxisinhaber ist zur Ausbildung des Turnusarztes mit dem Ziel der Vorbereitung auf die Tätigkeit als niedergelassener Arzt verpflichtet. Der Lehrpraxisinhaber hat den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten laufend zu überprüfen und dabei zu beurteilen, inwieweit diese dem Turnusarzt in dem in den Rasterzeugnissen für die jeweiligen Ausbildungsfächer angeführten Umfang tatsächlich vermittelt worden sind. Der Turnusarzt ist vom Lehrpraxeninhaber zur persönlichen Mitarbeit heranzuziehen und hat entsprechend seinem Ausbildungsstand auch Mitverantwortung zu übernehmen. Im Rahmen einer Lehrpraxis darf jeweils nur ein Arzt ausgebildet werden. Diese praktische Ausbildung hat - ausgenommen die Fälle des § 9 Abs 3 erster Satz - im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zum Lehrpraxisinhaber zu erfolgen und eine Kernarbeitszeit von mindestens 35 Wochenstunden untertags, jedenfalls aber die Ordinationszeiten, zu umfassen.
(4) Unter Wahrung der Qualität der Ausbildung kann mit dem Turnusarzt auf dessen Wunsch Teilzeitbeschäftigung vereinbart werden. Die Wochendienstzeit darf jedoch um höchstens die Hälfte herabgesetzt werden. Die Mindestdauer sowie die Höchstdauer der Ausbildung im Rahmen einer Lehrpraxis werden, sofern Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird, entsprechend verlängert.
(5) Die Bewilligung ist von der Österreichischen Ärztekammer zurückzunehmen, wenn hervorkommt, dass eines der im Abs 2 angeführten Erfordernisse schon ursprünglich nicht gegeben war oder nachträglich weggefallen ist.
(6) Der Lehrpraxisinhaber hat den in seiner Lehrpraxis beschäftigten Turnusarzt bis längstens 15. Jänner und 15. Juli eines Jahres schriftlich im Wege der Landesärztekammer der Österreichischen Ärztekammer unter Angabe des Namens und des Geburtsdatums jeweils zum Stichtag 1. Jänner und 1. Juli eines jeden Jahres bekannt zu geben."
3. § 10 Abs 1 des zwischen der Ärztekammer für Salzburg und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger u.a. für die Salzburger Gebietskrankenkasse abgeschlossenen und hier relevanten Gesamtvertrages trifft die Regelung, dass die
"vertragsärztliche Behandlung der Anspruchsberechtigten ... dem
Vertragsarzt nach den Bestimmungen dieses Gesamtvertrages und des Einzelvertrages (obliegt). Diese ärztliche Tätigkeit ist grundsätzlich durch den Vertragsarzt selbst auszuüben."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte. Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).
2. Ein derartiger Vorwurf kann der belangten Behörde nicht gemacht werden:
2.1. Soweit die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse in ihrer Beschwerde, aber auch in ihrer Replik zur Äußerung der beteiligten Ärztekammer die möglichen (aus ihrer Sicht nachteiligen) Auswirkungen der Mitarbeit von Lehrpraktikanten in Vertragsarztpraxen, insbesondere die dadurch ermöglichte Ausweitung des Umfanges der Ordinationstätigkeit, welche eine entsprechende Kostenbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung nach sich ziehen würde, darlegt, ist sie zunächst daran zu erinnern, dass sich die belangte Behörde nicht umfassend mit der Frage zu beschäftigen hatte, in welcher Weise Lehrpraktikanten in Lehrpraxen beschäftigt werden dürfen, die zugleich Vertragsarztordinationen sind.
2.1.1. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse hat von der Landesschiedskommission nämlich die Feststellung begehrt, dass "Vertragsärzte nach den geltenden Bestimmungen des Gesamtvertrages nicht berechtigt sind, Ausbildungspraktikanten für die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen heranzuziehen und diese mit der Antragstellerin abzurechnen".
2.1.2. Der Antrag der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse war daher schon dann abzuweisen, wenn ein Verbot im Sinne dieses Feststellungsantrages dem Gesamtvertrag nicht zu entnehmen ist (wie zwischen den Parteien unstrittig ist), aber aus diesem auch nicht abgeleitet werden kann (was strittig ist).
2.2. Die Behörde ist denkmöglich davon ausgegangen, dass bei Fehlen eines ausdrücklichen gesamtvertraglichen Verbotes einer - berufsrechtlich zulässigen - Beschäftigung von Lehrpraktikanten zu untersuchen war, ob aus dem Gesamtvertrag insgesamt, insbesondere aus dem (grundsätzlichen) Gebot zur persönlichen Leistungserbringung vertragsärztlicher Tätigkeiten durch den Vertragsarzt, auf andere Weise Beschränkungen für eine Beschäftigung von Lehrpraktikanten abzuleiten sind, zumal - wie die beschwerdeführende Partei in ihrer Beschwerde ausdrücklich einräumt - in "mehr als 20 gesamtvertraglichen Vereinbarungen" seit 1983 (gemeint wohl: der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse mit der Salzburger Ärztekammer) Lehrpraxen bisher überhaupt keine Erwähnung gefunden haben.
2.3. Die Landesschiedskommission - und ihr folgend die belangte Behörde - haben den Antrag der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse der Sache nach mit der auf das Wesentliche zusammengefassten Begründung abgewiesen, dass die Tätigkeit eines Lehrpraktikanten - unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Gesamtvertrages über die Verpflichtung des Vertragsarztes zur grundsätzlich persönlichen Leistungserbringung - "unter Anleitung und Aufsicht" des Vertragsarztes erfolgen dürfe.
2.3.1. Dies musste zwar zur Abweisung des auf ein Verbot jedweder Beschäftigung von Lehrpraktikanten im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit hinauslaufenden Feststellungsantrages der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse führen (und nur mit diesem Antrag hatte sich die belangte Behörde zu beschäftigen; vgl. ); die Behörden sind aber - wie die zur Auslegung des Spruchs heranzuziehende Begründung ihrer Entscheidungen zeigt - gerade nicht von der Zulässigkeit einer Vertretung des Vertragsarztes durch den Lehrpraktikanten (oder der Zulässigkeit der einer Vertretung gleichkommenden unüberwachten selbständigen Tätigkeit in Abwesenheit des Vertragsarztes) nach Maßgabe von dessen jeweiligem Ausbildungsstand ausgegangen, wie die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse in ihrer Beschwerde vermeint.
2.3.2. Die Behörden beider Rechtsstufen haben vielmehr jene Bestimmungen des Gesamtvertrages, welche die Zulässigkeit der Vertretung des Vertragsarztes durch ärztliches Personal bzw. die Zulässigkeit der Heranziehung sonstigen Hilfspersonals stark einschränken, in ihre rechtliche Beurteilung mit einbezogen und eine zulässige Ausnahme von der persönlichen Behandlungspflicht im Sinne des § 10 Abs 1 des Gesamtvertrages lediglich im Hinblick auf eine Tätigkeit des Lehrpraktikanten "unter Anleitung und Aufsicht des Vertragsarztes" erblickt.
2.3.3. Die beschwerdeführende Partei übergeht diese von der belangten Behörde wie auch schon von der Landesschiedskommission vorgenommene Einschränkung der Tätigkeit des Lehrpraktikanten durch das Gebot der Aufsicht und Anleitung durch den Vertragsarzt auch bei ihrer weiteren Beschwerdeargumentation, in der sie auf die ihrer Meinung nach berufsrechtlich weiterreichenden Befugnisse der Lehrpraktikanten mit zunehmendem Ausbildungsstand bis hin zur eigenverantwortlichen ärztlichen Tätigkeit bei bloßer "Erreichbarkeit des Ausbildungsarztes" verweist, die - träfen sie zu, was aber offen bleiben kann - freilich nichts an den Vertretungsbeschränkungen des Gesamtvertrages - und deren Beachtlichkeit arg. minori ad maius erst recht im Umgang mit Lehrpraktikanten - zu ändern vermöchten.
2.3.4. Die Behörde hat daher - anders als die beschwerdeführende Partei meint - insoweit auch nicht die
"Regelungszwecke von Gesamtverträgen ... einerseits und des
Berufsrechtes andererseits" verkannt.
2.3.5. Es ist nicht denkunmöglich, wenn die Behörde die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen durch Lehrpraktikanten unter Anleitung und Aufsicht des Vertragsarztes nicht einer (nach dem Gesamtvertrag nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässigen) Vertretung des Vertragsarztes durch einen anderen Arzt gleichgehalten hat, die zu einer Behandlung an Stelle des Vertragsarztes führt, daher stets auch die Zulässigkeit der Leistungserbringung in Eigenverantwortlichkeit voraussetzt und gerade nicht "unter Anleitung und Aufsicht" stattfindet. Nur die Ermöglichung einer Vertretung des Vertragsarztes durch den Lehrpraktikanten würde aber eine den Inhalt des Gesamtvertrages ändernde Wirkung haben.
2.4. Ob sich die belangte Behörde in ihrer Begründung zurecht auf die Vorjudikatur berufen hat, muss nicht erörtert werden, da selbst eine grobe Verkennung des Inhaltes der Vorjudikatur für sich allein nicht dazu führen würde, dass der angefochtenen Entscheidung angesichts des schlüssigen Gesamtzusammenhanges ihrer Begründung im Ergebnis ein Verstoß gegen das Willkürverbot anzulasten wäre.
3. Es kann somit die Auslegung des Gesamtvertrages durch die belangte Behörde in der von der beschwerdeführenden Partei herangetragenen, zwischen der Salzburger Ärztekammer und der Salzburger Gebietskrankenkasse strittigen Frage auch unter Einbeziehung ihrer möglichen Folgen aus den genannten Gründen nicht als denkunmöglich erachtet werden.
4. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hätte.
Die beschwerdeführende Partei ist somit durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
5. Ob die Behörde das Gesetz in jeder Hinsicht richtig angewendet hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen den Bescheid einer sogenannten Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art 133 Z 4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 6760/1972, 7121/1973, 7654/1975, 9541/1982 mwN).
6. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
7. Der beteiligten Partei waren Kosten für den nicht abverlangten Schriftsatz nicht zuzusprechen (VfSlg. 16.037/2000, 16.463/2002).
8. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).