OGH vom 30.07.2015, 10Ob27/15s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. T*****, vertreten durch Mag. Britta Schönhart, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. D*****, vertreten durch Dr. Andrea Wukovits Rechtsanwältin GmbH in Wien, wegen 35.632,30 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 195/14k 36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 23 Cg 144/12b 32, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
II. Der Revision der beklagten Partei wird dahin Folge gegeben, dass die (Teil )Urteile der Vorinstanzen einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils zu lauten haben:
„1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 29.632,30 EUR samt 4 % Zinsen aus 15.853,29 EUR vom bis , aus 18.483,29 EUR vom bis und aus 29.632,30 EUR seit zu zahlen und die Prozesskosten zu ersetzen, wird abgewiesen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz wird der Endentscheidung vorbehalten.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.227,06 EUR (darin 356,51 EUR Umsatzsteuer und 1.088 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
III. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei
1. die mit 2.270,64 EUR (darin 151,44 EUR Umsatzsteuer und 1.362 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten der Revision und
2. die mit 908,64 EUR (darin 151,44 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und die Beklagte haben am die Ehe geschlossen; die Ehe wurde geschieden. Sie sind die Eltern des am während aufrechter Ehe geborenen Sohnes M*****. Zu AZ 7 Ps 266/11s ist beim Bezirksgericht Mödling ein Pflegschaftsverfahren hinsichtlich des Kindes anhängig. Gegenstand dieses seit Jahren von beiden Elternteilen äußerst intensiv betriebenen Verfahrens war zum einen die Frage der Obsorge: Seit dem Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom kommt die Obsorge für das Kind allein der Mutter zu. Zum anderen wird auch die Frage des Kontaktrechts und dessen Einhaltung seit Jahren von beiden Parteien regelmäßig an das Pflegschaftsgericht herangetragen.
Schon vor der Eheschließung hatten die Parteien ihre gemeinsame Zeit meist in Wien (wo der Kläger eine Wohnung hatte), manchmal auch im Haus der Mutter der Beklagten in Mödling verbracht und gemeinsam genächtigt. Auch nach der Eheschließung wollte die Beklagte nicht zum Kläger, der Kläger wiederum nicht zur Beklagten ziehen. Der Kläger hatte aber seit dem Jänner 2005 Schlüssel zum Haus in Mödling.
Sechs Wochen vor der Geburt des Sohnes kehrte der Kläger aus Deutschland zurück, wo er beruflich tätig gewesen war. Die an sich getrennten Wohnsitze, einerseits in der Wohnung in Wien, andererseits im Haus in Mödling, behielten die Streitteile bei.
Das eheliche Verhältnis der Streitteile war ab Beginn der Schwangerschaft angespannt und verschlechterte sich ab der Geburt weiter. Während der ersten sechs Lebensmonate des Kindes gestalteten sich dessen Betreuungsverhältnisse nicht außergewöhnlich. Weder der Kläger noch die Beklagte gingen damals einer beruflichen Tätigkeit nach (beide sind Ärzte). Der Kläger sah seinen Sohn nur an den Wochenenden, an denen er auch im Haus in Mödling nächtigte. Primär wurde M***** von der Beklagten betreut, die ihn auch stillte. An den Wochenenden übernahm der Kläger Betreuungsaufgaben, dies allerdings nicht zur Zufriedenheit der Beklagten.
Ab März 2009 begann die Beklagte mit einer Kernarbeitszeit von 08:00 bis 13:00 Uhr in einem Krankenhaus in Wien zu arbeiten. Der Kläger nahm eine Vollzeitstelle in einem Krankenhaus im Burgenland an. Ab diesem Zeitraum sahen sich der Kläger und die Beklagte relativ selten. Am Wochenende kam es regelmäßig zu teils heftigen verbalen Streitigkeiten zwischen den Eheleuten, die (auch) vor dem Kind geführt wurden. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen drohte der Kläger, gemeinsam mit dem Kind in den Ort seines nunmehrigen Arbeitsplatzes zu übersiedeln. Die Beklagte nahm diese Drohung ernst und hatte Angst davor, das Kind zu verlieren.
Um zu verhindern, dass der Kläger ihr das Kind „wegnimmt“ und vorenthält, entschloss sich die Beklagte, den Kontakt zwischen M***** und dem Kläger zu unterbinden. Aus diesem Grund ließ die Beklagte am die Schlösser der Eingangstüre des Hauses in Mödling tauschen, am das Schloss des Gartentores, dies jeweils ohne den Kläger davon zu informieren. Als der Kläger zum Haus nach Mödling kam, fand er dieses versperrt vor; der ihm ausgehändigte Schlüssel passte nicht mehr ins Schloss. Die Beklagte war für den Kläger auch telefonisch nicht mehr erreichbar.
Bei einem telefonischen Kontakt einige Tage danach kündigte die Beklagte dem Kläger „die Scheidungsunterlagen“ an. Bereits zuvor war zwischen den Parteien zumindest indirekt von einer Scheidung die Rede gewesen.
Ab dem Schlosstausch Mitte September 2009 bis zum hatte der Kläger überhaupt keinen Kontakt zu M*****. Die Beklagte reagierte in dieser Zeit kaum auf Telefonanrufe und verwies diesfalls ausschließlich auf ihre Rechtsanwältin. Einen unangekündigten Besuch des Klägers an ihrem Arbeitsplatz empfand sie als bedrohlich; sie verweigerte das persönliche Gespräch.
Am beantragte die Beklagte die alleinige Obsorge für M*****: Sie lebe vom Vater nicht nur vorübergehend getrennt; das Verhältnis zwischen ihr und dem Kind sei innig und intensiv. Der Vater sei weder faktisch noch zeitlich in der Lage, den gemeinsamen Sohn zu betreuen. Der Kläger sprach sich gegen diesen Antrag aus: Es sei nicht richtig, dass die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben; die Mutter habe ihn widerrechtlich aus dem gemeinsam bewohnten Haus in Mödling ausgesperrt.
Am beantragte der Kläger ein Kontaktrecht jeden Mittwoch von 16:00 bis 19:00 Uhr, jeden Samstag von 09:00 bis 13:00 Uhr und jeden Sonntag von 09:00 bis 13:00 Uhr.
Am beantragte die Beklagte, ihr die einstweilige Obsorge für ihren Sohn zu übertragen und sprach sich gegen den Kontaktrechtsantrag des Klägers aus. Anlässlich der Tagsatzung am erklärte sich der Vater mit einem vorläufig begleiteten Kontaktrecht einverstanden.
Am beantragte der Kläger die Zuteilung der einstweiligen alleinigen Obsorge und der endgültigen alleinigen Obsorge für M***** an ihn. Am beantragte er ein einstweiliges Kontaktrecht zu M***** einmal pro Woche für die Dauer von zwei Stunden vorzugsweise an einem Samstag oder Sonntag vorübergehend in begleiteter Form. Die Beklagte sprach sich gegen diesen Antrag aus: Ein Kontakt einmal im Monat sei mehr als angemessen und setze eine entsprechende Erziehungsberatung des Vaters voraus. Ein Kontakt einmal pro Woche überfordere das Kind.
Mit Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom wurde dem Vater ein begleitetes Kontaktrecht für vorerst sieben wöchentliche Termine im Zeitraum von 9. April bis , jeweils von 17:00 bis 18:00 Uhr festgesetzt.
Am beantragte der Vater ab Juni 2010 ein einstweiliges unbegleitetes Kontaktrecht zweimal pro Woche im Ausmaß von jeweils vier Stunden, und zwar jeden Samstag und jeden Sonntag von 15:00 bis 19:00 Uhr. Für die gute psychische Entwicklung des Kindes sei die Herstellung einer vernünftigen Vater-Kind-Beziehung erforderlich, weshalb das Kontaktrecht zu erweitern sei. Die bisherigen Kontakte seien gut verlaufen, das Kind habe keine Berührungsängste. Die Mutter wendete ein, dass zum Wohl des Kindes in nächster Zeit bei Kontakten auf die Anwesenheit ihrer Person nicht verzichtet werden könne.
In der bereits eingangs erwähnten Obsorgeentscheidung des Bezirksgerichts Mödling vom wurde das Kontaktrecht des Klägers dahingehend geregelt, dass er berechtigt wurde, mit seinem Sohn ab Kontakt im Ausmaß von eineinhalb Stunden pro Woche zu haben, bis auf weiteres begleitet in den Räumlichkeiten des NÖ Hilfswerks. Bis einschließlich wurden (etwa) einmal wöchentliche Kontakttermine an bestimmten Tagen, jeweils von 17:00 bis 18:00 Uhr, begleitet in den Räumlichkeiten des NÖ Hilfswerks festgesetzt. Die weiteren Besuchstermine seien von den Eltern mit der Besuchsbegleitung zu vereinbaren. Der Besuchsrechtsregelung wurde vorläufige Vollstreckbarkeit zuerkannt. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers gegen die bestätigende Entscheidung des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , AZ 16 R 320/10p, wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 2 Ob 5/11s, zurückgewiesen.
Im Laufe des Jahres 2010 fanden beginnend mit insgesamt 24 Besuchstermine im Besuchscafé Mödling statt; weitere 13 grundsätzlich vorgesehene Kontakttermine entfielen. Die Terminkoordination erfolgte damals über eine Mitarbeiterin des Besuchscafés. Die weitere gerichtliche Auseinandersetzung und die (dann erforderliche) Kontaktanbahnung waren unmittelbare Folge des Kontaktabbruchs.
Der Kläger beantragte im Jahr 2011 viermal die Ausdehnung seiner Kontakte, die Beklagte ihrerseits am eine Einschränkung und am die gänzliche Aussetzung des Kontakts. Am beantragte der Kläger erneut, ihm die Obsorge zuzuteilen; die Beklagte sprach sich dagegen aus.
Mit Beschluss vom wies das Bezirksgericht Mödling diesen Obsorgeantrag des Klägers ab; diese Entscheidung wurde vom Rekursgericht am bestätigt.
Im Jahr 2011 gab es an insgesamt 32 Terminen Kontakte im Besuchscafé in Mödling. Grundsätzlich vorgesehene Termine an insgesamt 16 weiteren Tagen fanden aufgrund Verhinderung der Beklagten bzw des Sohnes nicht statt. Einmal war der Kläger bei einem Besuchstermin auf Urlaub.
Mit Beschluss vom räumte das Pflegschaftsgericht dem Kläger für entfallene Kontakte Ersatzkontaktzeiten ein und trug der Beklagten mit Beschluss vom auf, für entfallene Kontakte ab ärztliche Bestätigungen bzw für den Fall beruflicher Verhinderung Bestätigungen des Arbeitgebers vorzulegen. Dem Rekurs der Beklagten gab das Rekursgericht am nicht Folge; den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter wies der Oberste Gerichtshof am zu 2 Ob 184/12s ( EF Z 2013/46, 67 [ Beck ]) zurück.
Im Jahr 2012 fanden an insgesamt 33 Terminen im Besuchscafé in Mödling Kontakte statt. Weitere 17 Termine konnten infolge Verhinderung der Beklagten bzw des Sohnes nicht stattfinden.
Am regelte das Pflegschaftsgericht das Kontaktrecht des Klägers wie folgt:
„1.) Der Kindesvater ist berechtigt, den Minderjährigen ab jedes 2. Wochenende (somit 14 tägig) jeweils am Samstag von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und am Sonntag von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr zu sich zu nehmen und in den dazwischen liegenden Wochen, beginnend ab jeden zweiten Freitag von 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr. In der Folge ist der Kindesvater berechtigt, den Minderjährigen ab jedes 2. Wochenende (somit 14 tägig) jeweils am Samstag von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr und am Sonntag von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr zu sich zu nehmen und in den dazwischen liegenden Wochen, beginnend ab jeden zweiten Freitag von 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr.
Die Übergabe des Minderjährigen findet in den Räumlichkeiten des Wiener Familienbundes, ***** Wien, ***** statt und die Übergabe ist begleitet durch Besuchsbegleiter des Wiener Familienbundes durchzuführen. Die Kindesmutter ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass der Minderjährige zu Beginn der Kontaktzeiten dem Kindesvater in den Räumlichkeiten des Wiener Familienbundes, ***** Wien, ***** übergeben wird; der Kindesvater hat den Minderjährigen dort zu übernehmen und ihn am Ende der Kontaktzeiten dort wiederum zu übergeben. Die Eltern haben den Kontakt zur Besuchsbegleitung herzustellen (Wiener Familienbund, ***** Wien, *****, Tel. ***** / Fax *****).
2.) Die Kindesmutter Dr. D***** ist verpflichtet, den Kindesvater Dr. T***** einmal im Monat über alle wichtigen und minderwichtigen Angelegenheiten betreffend den mj. M***** zu verständigen (§ 189 Abs 1 Z 1 und Abs 3 ABGB).
3.) Beiden Eltern wird aufgetragen regelmäßig, bis auf weiteres, mindestens alle 14 Tage Erziehungsberatung bei einem Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalytische Pädagogik“ zu besuchen.
4.) Die Anträge des Kindesvaters auf Festsetzung von Ersatzkontaktzeiten für die bisher entfallenen Kontakte werden abgewiesen.
5.) Dieser Entscheidung wird vorläufige Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit zuerkannt (§ 44 AußStrG).“
Im Jahr 2013 gab es noch zwei Kontakte im Besuchscafé, ab dann Kontakte ohne Besuchscafé an insgesamt 30 weiteren (im Einzelnen vom Erstgericht) festgestellten Tagen. Vorgesehene Termine an weiteren 38 Tagen fanden infolge Verhinderung der Beklagten bzw des Sohnes nicht statt.
Im Jahr 2014 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (am ) hatte der Kläger an sieben Tagen Kontakt zu seinem Sohne; vorgesehene Termine an weiteren acht Tagen fanden hingegen nicht statt.
Der Kläger bezahlte an Rechtsanwälte für familienrechtliche Beratung und Vertretung im Pflegschaftsverfahren insgesamt 17.202,30 EUR. Für die Besuchsbegleitung zahlte der Kläger 55 EUR pro Stunde, insgesamt (im Zeitraum von bis ) 7.310 EUR. Für die Besuchsmittlung zahlte der Kläger im August 2013 an das Bezirksgericht Mödling 200 EUR. Für die im Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren vom Pflegschaftsgericht beigezogene Sachverständige zahlte der Kläger 2.290 EUR, für Elternberatungen am 17. Juni und 140 EUR und für eine weitere Elternberatung im Zeitraum 19. Februar bis 630 EUR. Die Fahrten von der Arbeitsstelle im Burgenland nach Mödling für die Wahrnehmung der Besuchscafè-Termine verursachten beim Kläger Treibstoffkosten in Höhe von 583,20 EUR.
Der Kläger begehrt von der Beklagten unter anderem Schadenersatz (zumindest) in Höhe dieser Beträge sowie die Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger auch in Zukunft für jeglichen Schaden hafte, den ihr schädigendes Verhalten nach sich ziehe.
Die Beklagte torpediere Kontakte zwischen dem Kläger und seinem Sohn; sie sei der Ansicht, diese Kontakte selbst bestimmen zu können. Durch ihr Verhalten sabotiere sie die Vater-Kind-Beziehung. Das gesamte Pflegschaftsverfahren sei von massivem Kampf um den Kontakt des Klägers zu seinem Sohn geprägt gewesen; die in dem Verfahren aufgelaufenen Kosten wären nicht angefallen, hätte die Beklagte dem Kläger von Anfang an den Kontakt zu seinem Sohn nicht grundlos verwehrt, sondern ermöglicht. Die Beklagte setze im Pflegschaftsverfahren alle nur erdenklichen Schritte, um das Kontaktrecht des Klägers zu beschneiden; auch an rechtskräftige und vollstreckbare Beschlüsse über das Kontaktrecht halte sie sich nicht. Nur ein Drittel der gerichtlich rechtskräftig festgesetzten Kontakte würden von ihr eingehalten. Dadurch habe die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden verursacht, weil der Kläger gezwungen gewesen sei (und weiter sei), sich gegen das Verhalten der Beklagten zur Wehr zu setzen, indem er kostenverursachende rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen müsse.
So sei der Kläger aufgrund der vermehrten Verhinderung von Kontakten durch die Beklagte gezwungen gewesen, immer wieder neue Anträge auf Übertragung der alleinigen Obsorge und Ausdehnung des Kontaktrechts auf das Wochenende zu stellen; ebenso habe er Ersatztermine beantragt, die ihm auch gewährt worden seien. Auch dagegen habe die Beklagte wiederum rekurriert und der Kläger sei gezwungen gewesen, Rechtsmittelbeantwortungen zu erstatten. Da sich die Mutter nicht an verbindliche und vollstreckbare Beschlüsse halte und auch das Kontaktrecht nicht einhalte, sei die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe notwendig geworden.
Durch ihr Verhalten verletze die Beklagte die Wohlverhaltenspflicht nach § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB), die auch den anderen Elternteil schütze.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und wandte ein, dass der Kläger die klare Entscheidung des Pflegschaftsgerichts, die alleinige Obsorge der Mutter zu übertragen, nicht akzeptiere. Das Pflegschaftsverfahren sei durch eine Flut von Anträgen seitens des Klägers gekennzeichnet. Das Verhalten des Klägers gegenüber der Beklagten und dem gemeinsamen Kind sei von Impulsdurchbrüchen, Wutausbrüchen und aggressivem Verhalten geprägt gewesen. Er habe der Beklagten auch ständig gedroht, das Kind weg- und zu sich an seinen Arbeitsort im Burgenland zu nehmen, um es dort von einer Kinderfrau betreuen zu lassen. Weitergehende Kontakte als von der Beklagten selbst zugestanden hätten dem Kindeswohl widersprochen. Aufgrund der erheblichen Bedrohung der psychischen und physischen Integrität des Sohnes sei eine Einschränkung der Kontakte gerechtfertigt bzw entschuldigt gewesen, habe doch der Kläger mehrfach und nachdrücklich mit der Unterbindung der Mutter-Kind-Beziehung gedroht. Der Beklagten könne weder ein rechtswidriges noch ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden; es liege im Übrigen auch kein kausaler Schaden vor. Hinsichtlich der geltend gemachten Anwaltskosten sei nicht nachvollziehbar, wofür konkret die Leistungen im Pflegschaftsverfahren erforderlich gewesen sein sollten. Der Kläger habe im Pflegschaftsverfahren keiner rechtlichen Vertretung bedurft; die nun geltend gemachten Kosten seien überhöht.
Es sei nicht im Sinn des Gesetzgebers, eine Sanktionsmöglichkeit für den Entfall von Kontakten über den Weg des Schadenersatzes zu kreieren. Für den begehrten Schadenersatz fehle es an einer Anspruchsgrundlage; eine allfällige Verletzung des Wohlverhaltensgebots nach § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB) sei durch die Sanktion des § 148 Abs 2 aF ABGB (nun § 187 Abs 2 ABGB) abschließend geregelt.
Abgesehen davon treffe den Kläger jedenfalls ein Mitverschulden, weil er durch sein unzumutbares Verhalten gegenüber seinem Sohn und der Beklagten gegen die Pflicht zur anständigen Begegnung verstoßen habe.
Mit Teilurteil vom verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, dem Kläger einen Betrag von 27.002,30 EUR sA zu ersetzen (17.202,30 EUR an Kosten des Obsorge und Kontaktrechtsverfahrens; 2.290 EUR an Sachverständigenkosten; 7.510 EUR an Kosten der Besuchsbegleitung), und wies ein Mehrbegehren von 2.630 EUR (2.000 EUR an Fahrt- bzw Treibstoffkosten; 630 EUR an Kosten der Elternberatung) rechtskräftig ab.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, die in § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB) konkretisierte Verhaltenspflicht, die sich aus dem von der Rechtsordnung gewährten Schutz des Eltern-Kind-Verhältnisses ergebe, schütze nicht nur das Kind, sondern auch den anderen Elternteil. Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht könne zu Schadenersatzansprüchen führen, was bei Vermögensschäden unbestritten sei. Daraus ergebe sich der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf Ersatz der Verfahrenskosten. Der hier von der Beklagten bewusst herbeigeführte Kontaktabbruch im September 2009 sei für das (gesamte) im Anschluss durchgeführte und nach wie vor anhängige Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren kausal gewesen. Die Angst, der andere Elternteil könne einem das Kind entziehen, rechtfertige nicht das Zuvorkommen mit der Entziehung; mangels hinreichender Rechtfertigungsgründe hafte die Beklagte, die den Kontaktabbruch schuldhaft herbeigeführt habe, für die Kosten des Obsorge- und Besuchsrechtsverfahrens von insgesamt 17.202,30 EUR, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Ebenso hafte sie für die Kosten der Sachverständigen und der Besuchsbegleitung.
Die vom Kläger in einer Höhe von 2.000 EUR geltend gemachten Fahrt- und Treibstoffkosten von seiner Arbeitsstelle nach Mödling seien nicht zu ersetzen, weil der Kläger auch bei aufrechtem Kind-Vater-Verhältnis diese Anreisekosten zu tragen gehabt hätte, ebenso auch die Kosten der Elternberatung von 630 EUR, weil sie nicht durch den Kontaktabbruch verursacht worden seien.
Hinsichtlich des vom Kläger begehrten Ersatzes für immaterielle Schäden und psychische Schmerzen (6.000 EUR) sowie des Feststellungsbegehrens wurde vom Erstgericht noch keine Entscheidung getroffen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und sprach dem Kläger unter Anrechnung eines von ihm zu vertretenden 50%igen Mitverschuldens einen Betrag von 13.501,15 EUR sA zu und wies das Mehrbegehren von 16.131,15 EUR sA ab.
Das Berufungsgericht verneinte eine (von beiden Seiten geltend gemachte) Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, übernahm (entgegen der Beweisrüge beider Parteien) die erstgerichtlichen Feststellungen und bestätigte grundsätzlich die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der der Beklagten vorzuwerfende Verstoß gegen das Wohlverhaltensgebot nach § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB) zu ihrer Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kläger führe. Die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens ergebe sich daraus, dass sie über nahezu sieben Monate dem Kläger faktisch jeglichen Kontakt zu seinem Kind verwehrt habe; dieses Verhalten sei weder gerechtfertigt noch zu entschuldigen.
Die Vermögensschäden, zu deren Ersatz das Erstgericht die Beklagte verpflichtet habe, seien unmittelbare Folge des herbeigeführten Kontaktabbruchs gewesen und stünden daher in einem kausalen Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten. Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens sei von der insoweit behauptungspflichtigen Beklagten nicht ausreichend konkret erhoben worden.
Dem Kläger falle allerdings ein Mitverschulden am Kontaktabbruch zur Last, weil er im Zuge von auch vor dem Kind geführten heftigen verbalen Auseinandersetzungen der psychisch labilen Mutter gegenüber damit gedroht habe, mit dem (damals einjährigen) Kind an seinen Arbeitsort im Burgenland zu ziehen und es dort von einer Kinderfrau betreuen zu lassen. Dieses Mitverschulden sei mit 50 % zu bewerten. Zwar habe die Beklagte die Initiative zum Kontaktabbruch gesetzt; Auslöser dafür seien aber die heftigen verbalen Auseinandersetzungen mit der Drohung des Klägers gewesen, der Mutter das Kind wegzunehmen.
Die Revision sei zulässig, weil die die grundsätzliche Schadenersatzpflicht eines Elternteils wegen Verstoßes gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB) grundsätzlich anerkennende Entscheidung 4 Ob 8/11x in der Lehre teilweise auch kritisch besprochen worden und bisher vereinzelt geblieben sei, sodass noch nicht von einer gefestigten höchstgerichtlichen Rechtsprechung gesprochen werden könne. Angesichts der großen Anzahl von Kontaktrechtsstreitigkeiten erscheine im Übrigen die Frage nach der konkreten Ausgestaltung eines derartigen Schadenersatzanspruchs, allenfalls auch unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des anderen Elternteils, über den Einzelfall hinaus von Bedeutung.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien. Der Kläger macht als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt eine Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Teilurteils des Erstgerichts. Die Beklagte macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt eine Abänderung im Sinne einer Klageabweisung. Beide Parteien stellen jeweils hilfsweise einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, die gegnerische Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig. Die Revision der beklagten Partei ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist auch berechtigt.
Zweckmäßigerweise wird zuerst die Revision der beklagten Partei behandelt.
I. Zur Revision der Beklagten :
In ihrer Revision stellt die Beklagte in den Vordergrund, dass § 107 Abs 5 AußStrG für Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte unabhängig von ihrem Ausgang keine Kostenersatzpflicht vorsehe; diese im Zusammenhang mit dem Kindeswohl stehende klare gesetzliche Vorgabe würde durch den Zuspruch von Kostenersatz im Wege des Schadenersatzes unzulässigerweise umgangen. Eine Umgehung des § 107 Abs 5 AußStrG sei nicht nur gesetzwidrig, sondern verstoße auch gegen die verfassungsgesetzlichen Garantien des Art 8 EMRK und das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter, weil ein Pflegschaftsverfahren im Wege des Schadenersatzprozesses vor einem anderen Richter ein zweites Mal abgehandelt werde.
Zumindest der Obsorgestreit stehe mit den Kontaktrechtsstreitigkeiten in keinem Kausalzusammenhang; auch bei den vom Kläger im Kontaktrechtsverfahren gesetzten Verfahrensschritten fehle ein adäquater Kausalzusammenhang mit dem der Beklagten vorgeworfenen Verhalten.
Worin das rechtswidrige Verhalten der Beklagten gelegen sei, gehe aus den vorinstanzlichen Entscheidungen nicht hervor. Den Feststellungen sei nicht zu entnehmen, dass es der Beklagten primär darum gegangen sei, den Kläger objektiv vom Kind fernzuhalten; sie habe sich ja zu einem begleiteten Kontaktrecht bereiterklärt. Der moralisierende Vorwurf, die Beklagte habe den Kläger ohne jegliche Vorwarnung aus dem Haus ausgesperrt, sei weder berechtigt noch geeignet, eine Ersatzpflicht der Beklagten zu begründen. Vielmehr wäre es in der Verantwortung des Klägers gelegen, Rahmenbedingungen für künftige Kontakte zu schaffen.
Darüber hinaus normiere die Wohlverhaltenspflicht des § 145b ABGB (nun: § 159 ABGB) keine Pflicht zu aktivem Handeln, sondern ein reines Unterlassungsgebot. Abgesehen davon, dass die Bestimmung für einen Schadenersatzanspruch wenig tragfähig sei, weil sie als Schutzzweck nur das Kindeswohl erwähne (weshalb eine Ersatzpflicht ausgeschlossen sei, solange das Kindeswohl gewahrt werde), habe die Beklagte nicht gegen diese Pflicht verstoßen (sehr wohl aber der Kläger): Den Kontaktabbruch habe der Kläger mit seiner von der Beklagten subjektiv ernst genommenen Drohung, ihr das Kind wegzunehmen, adäquat verursacht, und zwar alleine; die Beklagte habe keine adäquate Mitursache gesetzt. Es sei nicht festgestellt, dass die Beklagte schuldhaft ihren Sohn gegen den Vater beeinflusst habe.
Zusammenfassend fehle es sowohl an der adäquaten Verursachung des geltend gemachten Schadens durch die Beklagte als auch an der Rechtswidrigkeit ihres Handelns. Der Beklagten kämen auch Rechtfertigungsgründe auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung zugute, weil sie ihr einjähriges Kind davor schützen habe müssen, dass dieses entsprechend der Drohung des Vaters abrupt von seiner Mutter getrennt werde. Es fehle außerdem am Verschulden der Beklagten, weil sie sich vom Kläger durch dessen Drohung und die Befürchtung, das Kind zu verlieren, in eine Notlage gedrängt gesehen habe.
Dazu wurde erwogen:
1. Der Kläger stützt seine Klage auf Ersatz der ihm im Zusammenhang mit dem Obsorge- und Kontaktrechtsstreit entstandenen Kosten (einschließlich der Kosten der Besuchsbegleitung und der Elternberatung) sowie der frustrierten Kontaktkosten auf eine rechtsmissbräuchliche Schädigung (§ 1295 Abs 2 zweiter Halbsatz ABGB) durch die Beklagte; zusätzlich beruft er sich auf die Verletzung des (nun) in § 159 ABGB (früher: § 145b ABGB) normierten Wohlverhaltensgebots durch die Beklagte. Ihr Verstoß gegen § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB) bestehe in der grundlosen Verweigerung der Vater-Kind-Kontakte, welche ihn zu gerichtlichen Schritten gezwungen habe, wodurch von ihm zu tragende Kosten für Rechtsberatung, eine Besuchsmittlung sowie Besuchsbegleitung aufgelaufen seien. Darüber hinaus hätten die wiederholten Eingaben der Beklagten sowie die Rechtsmittel, welche die Beklagte in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise im Laufe des gesamten Rechtsstreits ergriffen habe, zu weiteren vom Kläger zu tragenden Kosten geführt.
2. Vorweg ist auf die Bestimmung des § 107 Abs 5 AußStrG (bis § 107 Abs 3 AußStrG) hinzuweisen, wonach „in Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte … ein Kostenersatz nicht statt“findet.
In der Entscheidung 10 Ob 99/08v wies der Oberste Gerichtshof zwar grundsätzlich darauf hin, dass im Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte ein Kostenersatz nicht in Betracht komme, hielt aber gleichzeitig Fucik/Kloiber (AußStrG [2005] § 107 Rz 5 ) folgend Schadenersatzansprüche (insbesondere nach rechtswidriger Kindesentziehung oder Verhinderung der Ausübung des Kontaktrechts) unter den Voraussetzungen des § 1295 Abs 2 ABGB für „denkbar“.
3. Der Entscheidung 4 Ob 8/11x (= SZ 2011/48 = EF-Z 2011/83, 138 [ Reischauer 134] = iFamZ 2011/136, 196 [ Thoma-Twaroch ] = EvBl 2011/96, 670 [dazu Karner , ÖJZ 2011/60, 572]) legte der Oberste Gerichtshof zugrunde, dass eine schuldhafte Verletzung der Verhaltenspflichten, die sich aus dem von der Rechtsordnung gewährten Schutz des Eltern-Kind-Verhältnisses ergeben und in § 145b aF ABGB (nun § 159 ABGB) konkretisiert seien, zu Schadenersatzansprüchen führen könne (Punkt 2.4.). Das Bestehen einer solchen Ersatzpflicht sei bei Vermögensschäden unbestritten, weshalb jedenfalls ein Anspruch auf Ersatz der Verfahrenskosten des Kontaktrechtsverfahrens in einem Fall begründet sein könne, in dem das Unterliegen im Kontaktrechtsverfahren darauf zurückzuführen sei, dass das Kindeswohl wegen der strikten Ablehnung eines Zusammentreffens durch den Sohn bei einer zwangsweisen Durchsetzung gefährdet gewesen wäre: Sollte die Ablehnung auf eine schuldhafte Beeinflussung durch die Mutter zurückzuführen sein, hätte sie die vom Vater aufgewendeten Kosten des Besuchsrechtsverfahrens rechtswidrig und schuldhaft verursacht. Haftungsgrundlage wäre daher nicht eine rechtswidrige Verfahrenshandlung (§ 1295 Abs 2 ABGB; RIS-Justiz RS0022840), die trotz des Ausschlusses der Kostenersatzpflicht in § 107 AußStrG grundsätzlich auch dann zu Schadenersatzansprüchen führen könne, wenn sie im Rahmen eines Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahrens gesetzt worden sei. Maßgebend für eine Schadenersatzpflicht des im Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren „obsiegenden“ Elternteils sei dessen vor diesem Verfahren liegendes Verhalten: Habe der (betreuende) Elternteil das Verfahren durch eine rechtswidrige und schuldhafte Beeinflussung des Kindes verursacht, habe er unabhängig vom Ausgang für dessen Kosten einzustehen (Punkt 3.). Habe der betreuende Elternteil seine aufgrund des Eltern-Kind-Verhältnisses bestehenden Pflichten durch eine erhebliche Einwirkung auf das Kind, die über eine in einer Konfliktsituation unvermeidbare faktische Beeinflussung hinausgegangen sei, schuldhaft verletzt und habe dies zur Weigerung des Kindes geführt, mit dem kontaktberechtigten Elternteil zusammenzutreffen, sei dieses Verhalten als kausal für die Herbeiführung der Kosten des Kontaktrechtsverfahrens anzusehen.
4. Im Folgenden ist auf die vom Kläger geltend gemachten, teilweise miteinander verwobenen Anspruchsgrundlagen einzugehen.
4.1. Der mit dem KindRÄG 2001 eingeführte und bis in Geltung gestandene § 145b ABGB normierte ein Wohlverhaltensgebot in folgender Form:
„§ 145b. Bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten nach diesem Hauptstück ist zur Wahrung des Kindeswohls alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Minderjährigen zu anderen Personen, denen nach diesem Hauptstück das Kind betreffende Rechte und Pflichten zukommen, beeinträchtigt oder die Wahrnehmung von deren Aufgaben erschwert.“
Mit dem KindNamRÄG 2013 wurde diese Bestimmung mit Geltung ab wortwörtlich in § 159 ABGB übernommen, weshalb im Folgenden zur Vereinfachung nur die Bezeichnung „§ 159 ABGB“ herangezogen wird.
Die in § 159 ABGB enthaltene Wohlverhaltensklausel richtet sich an alle Personen, die das Kind betreffende Rechte und Pflichten nach dem 3. Hauptstück des ABGB haben, also vor allem an Obsorgeträger und Kontaktberechtigte (
Fischer-Czermak in ABGB-ON 1.03 § 159 Rz 1 [Stand , rdb.at]), und begründet eine Unterlassungspflicht zugunsten anderer Personen, denen ebenfalls derartige Rechte und Pflichten zukommen. Zweck der Wohlverhaltensklausel ist die Wahrung des Kindeswohls. Die Bestimmung begründet keine Pflicht zu aktivem Handeln (
Stabentheiner in Rummel 3 ErgBd §§ 145a 145c Rz 5; aA Jausovec , Das Besuchsrecht zwischen Eltern und Kindern [2009] 71). Als verpönte Verhaltensweisen führen die Gesetzesmaterialien zu § 145b aF ABGB (ErläutRV 296 BlgNR 21. GP 53) aktive Beeinflussungen wie Aufwiegeln, Hetzen, beleidigende Äußerungen oder Gewalttätigkeiten gegenüber dem anderen Elternteil an.
Wie unter 3. dargelegt wurde, kann die schuldhafte Verletzung der in § 159 ABGB konkretisierten Verhaltenspflichten auch zu Schadenersatzansprüchen des in seiner Beziehung zum Kind beeinträchtigten Elternteils führen (4 Ob 8/11x; 9 Ob 28/14d = ZVR 2015/59, 128 [ Kathrein ] = iFamZ 2015/92, 117 [ Gröger ]; siehe auch
Jausovec , Besuchsrecht 98, Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 78 Rz 164; Beck in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 107 Rz 33 und § 111 Rz 88 f).
4.2. Der Kläger beruft sich weiters darauf, dass die Beklagte in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise Verfahrenshandlungen gesetzt und dadurch den (Obsorge- und) Kontaktrechtsstreit verursacht bzw in Folge immer weiter angeheizt habe; im Zusammenhang mit diesem (wegen des Verhaltens der Beklagten) äußerst intensiv geführten gerichtlichen Obsorge- und Kontaktrechtsstreit seien dem Kläger Kosten (zB für seine anwaltliche Vertretung) sowie die begleiteten Besuche und die Inanspruchnahme der Elternberatung entstanden.
4.2.1. Die Rechtsfigur des Rechtsmissbrauchs begrenzt die Ausübbarkeit eines gegenüber dem Geschädigten an sich bestehenden Rechts (
Kodek in ABGB-ON 1.01 § 1295 Rz 76 [Stand , rdb.at]). Rechtsmissbrauch liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn das unlautere Motiv der Handlung die lauteren Motive deutlich überwiegt (RIS Justiz RS0026265 [T8]). Aufgrund des an sich bestehenden Rechts gegenüber dem potentiellen Schadenersatzkläger ist dabei ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen (vgl RIS-Justiz RS0123269).
4.2.2. Schadenersatzansprüche auf Ersatz der Verfahrenskosten sind unter den Voraussetzungen des § 1295 Abs 2 zweiter Halbsatz ABGB prinzipiell möglich (RIS-Justiz RS0022808; aus der Literatur anstatt vieler
Fucik , Kostenersatz im Verfahren außer Streitsachen, ÖJZ 2007, 669 [670] mwN; Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 78 Rz 164 ). Dabei legt die Rechtsprechung allerdings einen strengen Beurteilungsmaßstab an. So wird als haftungsauslösendes Verhalten im Sinne des § 1295 Abs 2 zweiter Halbsatz ABGB eine aussichtslose, unvertretbare oder schikanöse Prozessführung gefordert; im Zweifel ist kein rechtsmissbräuchliches Vorgehen anzunehmen (vgl RIS-Justiz RS0026205 [T9]). Der bloße Umstand, dass sich der obsorgeberechtigte Elternteil im Verfahren gegen Kontaktrechtsanträge des anderen Elternteils wehrt, führt für sich allein noch nicht zu einer schadenersatzrechtlichen Haftung (8 Ob 133/06a = EF-Z 2007/33, 56 [ Gitschthaler ]), wohl aber eine mutwillige Prozessführung oder das Behaupten unwahrer Tatsachen ( Thunhart in Klang 3 § 148 Rz 27). Speziell für das Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren ist noch zu beachten, dass im Kindeswohl gesetzte Verfahrenshandlungen nicht als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden können (4 Ob 8/11x [Punkt 3.]; in diesem Sinn auch 9 Ob 28/14d).
4.2.3. Auch die in § 107 Abs 5 AußStrG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers legt bei der Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit von Verfahrenshandlungen im Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren eine restriktive Haltung gegenüber einem Schadenersatzanspruch nahe (in diesem Sinn auch 10 Ob 6/05p).
5. Zu den Konsequenzen des Wohlverhaltens-gebots im vorliegenden Fall :
Anders als in dem in der Entscheidung 4 Ob 8/11x (auf der Grundlage der Behauptungen) beurteilten Sachverhalt gibt es im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf das Alter keine Hinweise darauf, dass die Mutter das Kind aktiv in einer solchen Weise beeinflusst hätte, dass letztlich das Kindeswohl einer Kontaktrechtsausübung entgegengestanden wäre. Die Mutter hat zwar dem Kläger den Kontakt zu seinem Sohn verweigert, setzte aber keine aktiven Handlungen, die zur Gefährdung des Kindeswohls geführt hätten. In der Entscheidung 4 Ob 8/11x hat der Oberste Gerichtshof bereits festgehalten, dass eine bloße Widersetzung des betreuenden Elternteils gegen Kontaktsrechtsanträge des anderen Elternteils noch nicht zu Schadenersatzansprüchen dieses anderen Elternteils führt.
Somit scheidet im vorliegenden Fall ein auf § 159 ABGB gegründeter Schadenersatzanspruch aus und es kann dahingestellt bleiben, ob das Wohlverhaltensgebot tatsächlich die Verhinderung von Kosten eines (Obsorge- und) Kontaktrechtsstreits intendiert.
6. Zur Rechtswidrigkeit der Verfahrensführung :
Auch § 1295 Abs 2 ABGB vermag keinen Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu begründen.
Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass die Mutter die Verfahrensschritte mit dem Ziel der Schädigung des Klägers in Form der Entfremdung vom Kind gesetzt hätte; vielmehr vertrat sie in Bezug auf die Wahrung des Kindeswohls einen anderen (von Gerichten teils geteilten, teils nicht geteilten) Standpunkt. Wenn sich die Beklagte den Anträgen des Klägers mit den von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mitteln widersetzt, handelt sie noch nicht rechtsmissbräuchlich (und damit rechtswidrig), selbst wenn dieses Widersetzen eine unübliche Intensität erreicht.
7. Da es somit bereits an der für einen Schadenersatzanspruch erforderlichen Rechtswidrigkeit des (Verfahrens-)Verhaltens der Beklagten fehlt, kann die Frage des Kausalzusammenhangs zwischen den vorgeworfenen Verhaltensweisen und den behaupteten Schäden auf sich beruhen.
II. Zur Revision des Klägers :
In seiner Revision vertritt der Kläger zusammengefasst den Standpunkt, dass die Beklagte in erster Instanz keinen Mitverschuldenseinwand in der Form erhoben habe, wie ihn das Berufungsgericht angenommen habe. Er sei von dieser Rechtsansicht, die mit den Parteien nicht erörtert worden sei, überrascht worden. Im Übrigen könne in einer einmaligen unbedachten, nicht ernstgemeinten und nicht ernstzunehmenden verbalen Aussage im Zuge einer emotionalen Auseinandersetzung kein Mitverschulden an dem allein von der Beklagten ausgehenden Kontaktabbruch liegen. Darüber hinaus könne sich das Mitverschulden nicht auf den gesamten Schaden des Klägers beziehen.
Auf diese Rechtsfragen kommt es im Hinblick auf das Ergebnis der Behandlung der Revision der beklagten Partei nicht mehr an, weshalb insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt und die Revision zurückzuweisen ist.
III. Kostenentscheidung :
1. Da das Erstgericht ein Teilurteil gefällt hat, ist die Entscheidung über einen Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Endentscheidung vorbehalten (§ 392 Abs 2 ZPO).
2. In Bezug auf das Rechtsmittelverfahren hängt die Kostenentscheidung nicht von der Endentscheidung ab (RIS-Justiz RS0035972); die obsiegende Beklagte hat Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten, die in erster Linie Berufung und Revision umfassen. In der Revisionsbeantwortung hat die Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen, weshalb ihr auch die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung zu ersetzen sind (RIS-Justiz RS0035979 [T16]).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00027.15S.0730.000