OGH vom 22.03.2005, 10Ob27/05a

OGH vom 22.03.2005, 10Ob27/05a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am verstorbenen Dipl. Arch. Herta L*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbin Mag. Ute L*****, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 131/04i, 43 R 179/04y-22, womit die Rekurse der Erbin gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 1 A 85/03a-16, und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 1 A 85/03a-17, zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

In der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Dipl. Arch. Herta L*****, geboren am , erließ das Erstgericht am den "Mantelbeschluss", mit dem es das Inventar zu Gericht annahm, die erbliche Tochter Mag. Ute L***** abhandlungsbehördlich zu verschiedenen Verfügungen ermächtigte und drei Forderungen abhandlungsbehördlich zur Kenntnis genommen wurden. Weiters wurden die Gebühren des Gerichtskommissärs bestimmt und der erbl. Tochter zur Zahlung aufgetragen. Die Einantwortungsurkunde, wonach der Nachlass der erbl. Tochter Mag. Ute L*****, die sich bedingt zur Erbin erklärt hat, eingeantwortet wurde, wurde erlassen und die Verlassenschaftsabhandlung mit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde für beendet erklärt.

Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde wurden der erbl. Tochter Mag. Ute L***** nach einem am vorgenommenen Zustellversuch durch Hinterlegung zugestellt. Als Beginn der Abholfrist ist auf dem Rückschein "" (ohne Uhrzeit) vermerkt.

Die erbl. Tochter Mag. Ute L***** überreichte am einen Rekurs gegen den "Mantelbeschluss" und die Einantwortungsurkunde. Inhaltlich wandte sich die erbl. Tochter gegen die Aufnahme bzw Nichtaufnahme verschiedener Forderungen in den Mantelbeschluss.

Mit Beschluss vom (ON 22) wies das Rekursgericht den Rekurs als verspätet zurück. Bei einem Beginn der Abholfrist am habe die Frist zur Erhebung des Rekurses am geendet, sodass der am überreichte Rekurs verspätet sei.

Auf Antrag der erbl. Tochter nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG aF änderte das Rekursgericht den in den Beschluss vom aufgenommenen Unzulässigkeitsausspruch dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei, weil die Entscheidung, dass der Rekurs verspätet sei, offenkundig unrichtig sei; die inhaltlich fehlerhafte Entscheidung, an die das Rekursgericht gebunden sei, gefährde die Rechtssicherheit.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der erbl. Tochter ist zulässig, weil das Rekursgericht zu Unrecht von der Verspätung des gegen den erstgerichtlichen Beschluss erhobenen Rekurses ausgegangen ist. Er ist aus diesem Grund auch berechtigt.

Die erbl. Tochter macht geltend, dass sie am Donnerstag, die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstücks (dabei handelte es sich um den Mantelbeschluss und die Einantwortungsurkunde) in ihrem Hausbrieffach vorgefunden habe. Dieser Hinterlegungsanzeige sei zu entnehmen, dass die Sendung ab dem nächsten Werktag zur Abholung bereit gehalten worden sei. Dementsprechend habe sie das Schriftstück am Freitag, , beim zuständigen Postamt abgeholt. Der letzte Tag der Rekursfrist sei daher Freitag, gewesen, sodass der an diesem Tag überreichte Rekurs als rechtzeitig anzusehen sei.

Nach den vom Rekursgericht durchgeführten Erhebungen wurde am Donnerstag, der Versuch der Zustellung des Mantelbeschlusses und der Einantworungsurkunde an die erbl. Tochter vorgenommen. Diese Schriftstücke wurden hinterlegt, wobei auf der Hinterlegungsanzeige angegeben ist, dass die Sendung ab dem folgenden Tag (Freitag, ) beim Postamt zur Abholung bereit liegt. Die erbl. Tochter hat ihren Rekurs am Freitag, beim Erstgericht überreicht.

Aufgrund dieser Feststellungen ist der Rekurs als rechtzeitig anzusehen, weil als Tag der Zustellung der erste Abholtag anzusehen ist (§ 17 Abs 3 ZustG; RIS-Justiz RS0083978, RS0083986 [T3]).

Der Zurückweisungsbeschluss ist daher aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs der erbl. Tochter unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.