OGH vom 21.01.2011, 9Ob26/10d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Fröhlich Kolar Syrmas Karisch, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. C***** P*****, vertreten durch die Kodolitsch Nopp Kodolitsch Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung und 3.608,38 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 17/10g 31, womit das Teilurteil des Bezirksgerichts Graz Ost vom , GZ 212 C 459/07a 27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, dass bei der Beurteilung von Handlungen auf ihren konkludenten Aussagegehalt zu bedenken ist, dass dieser nach § 863 ABGB eindeutig in eine bestimmte Richtung weisen muss und kein vernünftiger Grund übrig sein darf, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt. Dabei ist Vorsicht geboten, weil die Gefahr besteht, dass dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinn gelegen sind (RIS Justiz RS0014150; RS0014157; RS0013947 ua). Bei der Beurteilung eines Verhaltens gemäß § 863 ABGB kommt es grundsätzlich nicht darauf an, was der sich in einer bestimmten Weise Verhaltende allenfalls wollte, sondern vielmehr darauf, welche Schlüsse der Partner daraus nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war (RIS Justiz RS0014159 ua). Das Schweigen muss als Annahme und Zustimmung dort angenommen werden, wo der Nichtzustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte reden hätte müssen (RIS Justiz RS0013958 ua).
Zur Frage der konkludenten Auflösung des Bestandvertrags durch Übersendung der Schlüssel gibt es bereits Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Danach kann die vom Vermieter akzeptierte Zurückstellung des Schlüssels zum Bestandobjekt bei Hinzutreten bestimmter Umstände die Annahme einer (konkludenten) Auflösung des Bestandverhältnisses rechtfertigen (vgl 9 Ob 24/03z ua; siehe auch 3 Ob 12/99g). Entgegen der Annahme der Revisionswerberin geht es hier nicht um eine „Verpflichtung“ der Klägerin zur Rücksendung der Schlüssel, sondern um die Wahrnehmung ihrer Interessen als Vermieterin durch geeignete Handlungen oder Erklärungen, die der Ziehung falscher Schlüsse durch den Mieter entgegenwirken. Das kann nach der jeweiligen Lage des Falls ein Zurücksenden der Schlüssel, das können aber auch sonstige Handlungen und Erklärungen sein, die deutlich machen, dass der Auflösung des Bestandverhältnisses von Seiten des Vermieters nicht zugestimmt werde.
Das Berufungsgericht zog hier nicht nur Schlüsse aus der Nichtrücksendung der Schlüssel (und der Parkkarte) durch die Klägerin, sondern aus der Gesamtsituation, die vor allem durch mehrere auf die einvernehmliche Beendigung des Bestandverhältnisses gerichtete Erklärungen des Beklagten bestimmt wurde, während die Klägerin zuletzt untätig blieb. Der Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung bzw der Schlüssigkeit eines Verhaltens kommt regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung zu, es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit bzw Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (vgl RIS Justiz RS0042936; RS0043253; RS0081754 ua). Dies ist hier nicht der Fall. Dem Berufungsgericht ist keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen, die im Interesse der Rechtssicherheit bzw Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste.
Neben der unstrittigen Rückstellung der Schlüssel war die Rückstellung des Bestandobjekts in erster Instanz kein besonderes Prozessthema. Aus den in der außerordentlichen Revision angestellten Überlegungen zu § 1109 ABGB ist nichts Besonderes zu gewinnen. Diese Bestimmung setzt eine Auflösung des Bestandvertrags voraus (vgl RIS-Justiz RS0024938 ua). Streitgegenstand des Verfahrens ist aber, soweit im Revisionsverfahren relevant, nicht ein Streit der Parteien über die Rückstellung des Bestandobjekts, sondern die Frage, ob der Bestandvertrag weiter besteht. Dafür ist es aber unerheblich, ob eine Rückstellung nach § 1109 ABGB erfolgt ist.
Da von der Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).