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OGH vom 03.05.2011, 12Os132/10v (12Os176/10i)

OGH vom 03.05.2011, 12Os132/10v (12Os176/10i)

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. T. Solé sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Michel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kunst als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin C***** wegen der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 9 Hv 12/09k des Landesgerichts Eisenstadt, über die Anträge des Angeklagten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO in Ansehung der Beschlüsse des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 6 HR 30/08p-23, vom , GZ 9 Hv 12/09k 53 und vom , GZ 9 Hv 12/09k 59, sowie des Oberlandesgerichts Wien vom , AZ 19 Bs 386/09t, und vom , AZ 19 Bs 265/10z, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen den Antragsteller Martin C***** war vorerst zu AZ 6 Ur 87/07v, sodann zu AZ 6 HR 30/08p und schließlich zu AZ 9 Hv 12/09k des Landesgerichts Eisenstadt ein Strafverfahren wegen der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 StGB und § 207a Abs 3 StGB anhängig, in dem der Genannte schließlich mit Urteil dieses Gerichts vom rechtskräftig zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten und zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 360 Tagessätzen zu je 20 Euro, im Nichteinbringungsfall zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt wurde (ON 34/II).

Am beantragte die Staatsanwaltschaft Eisenstadt neben der Erlassung von Hausdurchsuchungs und Beschlagnahmebefehlen die Bestellung eines Sachverständigen für die Datensicherung und auswertung. Nach Rücksprache mit der Kriminalpolizei bestellte die Untersuchungsrichterin mit Beschluss vom DI Dr. Franz F***** zum Sachverständigen mit dem Auftrag, binnen sechs Wochen hinsichtlich der bei der Hausdurchsuchung am sichergestellten und beschlagnahmten Datenträger eine forensische Sicherung und Auswertung auf kinderpornografische Inhalte vorzunehmen (ON 7 in ON 2/I).

Am zog die Staatsanwaltschaft Eisenstadt den Antrag auf Bestellung des Sachverständigen zur Auswertung der Festplatten und der sonstigen Datenträger zurück und begehrte die Betrauung des Landeskriminalamts (S 4 des Antrags- und Verfügungsbogens). Nach einer Besprechung mit Beamten des Landeskriminalamts, die auf die erforderliche lange Dauer der Datenauswertung im Bereich von sechs Monaten bis zu einem Jahr verwiesen und einer weiteren Besprechung mit der zuständigen Staatsanwältin hielt diese den Antrag auf Bestellung des Sachverständigen aufrecht und zog jenen auf Betrauung des Landeskriminalamts zurück. Schriftlich wurde dies vorerst nicht festgehalten (ON 27 in ON 2/I).

Die Gebühren des Sachverständigen für sein am erstattetes Gutachten (ON 12 in ON 2/I) bestimmte die Untersuchungsrichterin mit 11.251 Euro (ON 18 in ON 2/I). Nachdem die Beschwerdeentscheidung des Landesgerichts Eisenstadt (als Drei Richter Senat) vom (ON 28 in ON 2/I) aufgrund einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 12 Os 35/08a, 61/08z, wegen Verletzung des § 41 Abs 1 GebAG aufgehoben worden war (ON 8/II), gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde des Beschuldigten mit Entscheidung vom , AZ 19 Bs 291/08w, Folge und hob den erstgerichtlichen Gebührenbestimmungsbeschluss infolge mangelhafter Begründung auf (ON 11/II).

Zwischenzeitig hatte der Sachverständige DI Dr. F***** am ein Ergänzungsgutachten über die Datenauswertung erstattet, zumal er zuvor einen weiteren Computer des Beschuldigten für einen Bildschirm gehalten hatte und erst von der Polizei auf seinen Irrtum aufmerksam gemacht worden war (ON 20 in ON 2/I). Die insoweit verzeichneten Gebühren wurden vom Landesgericht Eisenstadt vorerst antragsgemäß mit 3.973 Euro bestimmt (ON 30 in ON 2/I). Auch dieser Beschluss vom wurde vom Oberlandesgericht Wien am zu AZ 19 Bs 77/08z in Stattgebung einer Beschwerde des Beschuldigten mangels ausreichender Begründung aufgehoben (ON 8/II).

Nachdem ein weiterer vom Erstgericht am gefasster Gebührenbestimmungsbeschluss, mit welchem dem Sachverständigen insgesamt 14.779,20 Euro zugesprochen worden waren (ON 13/II) vom Oberlandesgericht am zu AZ 19 Bs 626/08k aufgehoben und insbesondere auf den mangelnden Gebührenanspruch für das Ergänzungsgutachten infolge mangelnder Auftragserteilung hingewiesen worden war (ON 22/II), bestimmte das Landesgericht Eisenstadt mit Beschluss vom die Gebühren schließlich unter Ausklammerung des Ergänzungsgutachtens mit 10.934,66 Euro und trug dem Sachverständigen auf, den zu viel ausbezahlten Betrag zurückzuerstatten (ON 23/II). Der dagegen gerichteten Beschwerde des inzwischen verurteilten Martin C***** sowie des Sachverständigen gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom , AZ 19 Bs 386/09t, nicht Folge (ON 42/II).

Der Antrag des Martin C*****, die Sachverständigengebühren in der rechtskräftig bestimmten Höhe für uneinbringlich zu erklären, wurde mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom (ON 53/II) abgewiesen. Eine Beschwerde dagegen war nicht zulässig (§ 391 Abs 3 StPO).

Mit Beschluss vom (ON 59/II) wurde der Verurteilte vom Landesgericht Eisenstadt verpflichtet, die im Rahmen der Hauptverhandlung bestimmten Pauschalkosten von 300 Euro sowie die Sachverständigengebühren zu bezahlen. Auch einer dagegen gerichteten Beschwerde des Martin C***** gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom , AZ 19 Bs 265/10z (ON 65/II) nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Gebührenbestimmungsbeschluss vom (ON 23/II), den Beschluss auf Abweisung des Antrags auf Uneinbringlicherklärung der Sachverständigengebühren vom (ON 53/II) und den Beschluss vom , mit dem die Kosten des Strafverfahrens bestimmt wurden (ON 59/II), sowie gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom (AZ 19 Bs 386/09t) und vom (AZ 19 Bs 265/10z) gerichteten Anträge des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO per analogiam (RIS Justiz RS0122228) erweisen sich als nicht berechtigt.

Gestützt auf die Behauptung, eine Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger wäre auch der Kriminalpolizei möglich gewesen, „es hätte lediglich etwas länger gedauert“, vermeint der Verurteilte, die Bestellung eines Sachverständigen wäre in Verstoß gegen den durch den damals in Geltung stehenden § 118a StPO aF statuierten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überflüssig, verschwenderisch und für ihn ruinös gewesen und entgegen der späteren Antragstellung der Staatsanwaltschaft nicht widerrufen worden, orientiert sich nicht an den Beschlüssen des Landesgerichts Eisenstadt vom (ON 23/II) und des Oberlandesgerichts Wien vom (ON 42/II) und der ihnen zu Grunde liegenden Aktenlage, wonach die zuständige Staatsanwältin den Antrag auf Bestellung des Sachverständigen aufrecht hielt und jenen auf Betrauung des Landeskriminalamts zurückzog, nachdem im Rahmen einer Besprechung Auswertungszeiten von bis zu einem Jahr prognostiziert worden waren (ON 27 in ON 2/I). Das auf eigenständigen Sachverhaltsannahmen gestützte Vorbringen ist daher einer meritorischen Erwiderung nicht zugänglich.

Mangelnde Begründung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom (ON 42/II) und damit einen Verstoß gegen die Begründungspflicht (Art 6 MRK) sieht der Antragsteller darin, dass seinem Beschwerdevorbringen, dem Sachverständigen wären gemäß § 25 Abs 3 erster Satz erste Alternative GebAG keinerlei Gebühren zugestanden, ohne nachvollziehbare Erwägungen nicht gefolgt worden sei. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Bestimmung nach ihrer klaren Zielrichtung nur dahin verstanden werden kann, dass sie sich auf ein unvollständiges und damit nicht verwertbares Gutachten bezieht, nicht aber auf die hier in Rede stehende Auswertung von Datenträgern, deren Ergebnisse nach den jeweils untersuchten Computersystemen gesondert werden und daher im vorliegenden Umfang sehr wohl in das Beweisverfahren einfließen können. Der Umstand, dass das Oberlandesgericht dies bei Behandlung des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht explizit hervorgehoben hat, kommt kein solches Gewicht zu, dass darin ein Verstoß gegen Art 6 MRK erblickt werden könnte ( Grabenwarter , EMRK 4 § 24 Rz 66).

Der Einwand, der Abweisung des Antrags, die Sachverständigengebühren für uneinbringlich zu erklären, komme der Charakter einer zusätzlichen Bestrafung zu und verstoße solcherart gegen Art 7 MRK, legt nicht dar, weshalb die Verpflichtung zur Zahlung von Sachverständigengebühren eine Verurteilung und die Verhängung einer Strafe darstellen sollte (vgl Grabenwarter , EMRK 4 § 24 Rz 130).

Auch das ergänzende Vorbringen des Erneuerungsantrags vom behauptet, offenbar bezogen auf die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom , AZ 19 Bs 265/10z, ebenfalls begründungslos, die wirtschaftlich ruinöse, weil fast ein Jahresnettogehalt des Verurteilten ausmachende Zahlungsverpflichtung entspreche nicht dem Gesetz und verletze die Grundrechte nach Art 6, 7 und Art 1 des 1. ZPMRK. Dieser Einwand ist einer meritorischen Erledigung somit ebenfalls nicht zugänglich.

Die Anträge waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 3 StPO).