OGH vom 20.03.2007, 10Ob26/07g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Hans-Walter T*****, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei MMag. Gertraude W*****, vertreten durch Pacher & Partner Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 9.000 sA (Revisionsinteresse), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 196/06t-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 16 Cg 206/05g-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 665,66 (darin enthalten EUR 110,94 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Den Gegenstand des Verfahrens bildet das Begehren auf Bezahlung einer Maklerprovision durch die Beklagte für einen von Thea W***** vermittelten Liegenschaftsverkauf.
Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger, gestützt auf eine Abtretung der Provisionsforderung durch die Thea W***** Immobilien OEG, in eventu durch Thea W***** persönlich, von der Beklagten die Zahlung von EUR 13.104 sA an Provision.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Während dieses Urteil im Umfang der Abweisung von EUR 4.104 sA unbekämpft blieb, gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers Folge und erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger EUR 9.000 samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen. Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag der Beklagten gemäß § 508 Abs 3 ZPO jedoch dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte. Das Berufungsgericht begründete dies damit, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 25/06d vom entgegen der mittlerweile herrschenden Rechtsprechung wiederum davon ausgegangen sei, dass es bei der Beurteilung der Provisionsminderung wegen Verletzung der dem Immobilienmakler nach § 30b KSchG treffenden Aufklärungspflicht darauf ankäme, ob die Geschäftsabwicklung in anderer Weise erfolgt wäre, wenn der Makler seiner Aufklärungspflicht nachgekommen wäre. Im Übrigen liege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes aus jüngerer Zeit zum Ausmaß der Mäßigung des Provisionsanspruches eines Immobilienmaklers bei Verletzung seiner Aufklärungspflicht nach § 30b Abs 1 KSchG vor. Die Beklagte begehrt in ihrer Revision, in der sie unrichtige rechtliche Beurteilung der Rechtssache geltend macht, die Abänderung des angefochtenen Urteiles im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes unzulässig iSd § 502 Abs 1 ZPO.
Die Revisionswerberin wendet sich in ihren Rechtsmittelausführungen gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes über das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrages zwischen ihr und Thea W*****. Nach der bereits vom Berufungsgericht zutreffend zitierten ständigen Rechtsprechung reicht es aber, insbesondere im Bereich der Immobilienmakler, aus, dass sich der Auftraggeber der Vermittlung nutzbringend bedient hat, wenn er nur die vom Makler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht (9 Ob 129/04t mwN uva; RIS-Justiz RS0062658, RS0062234). Nur wenn der Makler bereits erkennbar für einen anderen Auftraggeber handelt, ist in der Annahme seiner Dienste noch kein stillschweigender Vertragsabschluss zu sehen. In diesem Fall kann der Makler allerdings seinen Provisionsanspruch wahren, indem er auf seine Provisionserwartung hinweist (9 Ob 129/04t mwN ua; RIS-Justiz RS0062684). Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen äußerte Thea W***** gegenüber der Beklagten ausdrücklich, sich als Immobilienmaklerin selbständig machen zu wollen, worauf die Beklagte ihrerseits die diesbezügliche Frage von Thea W*****, ob sie Kaufinteressenten für die Liegenschaft der Beklagten suchen solle, sinngemäß mit „selbstverständlich" beantwortete. Die Beklagte gab auch bei der Errichtung des Kaufanbots, als vom Käufer die Nebenkosten, insbesondere die Maklerprovision, angesprochen wurden, zu erkennen, dass es für sie selbstverständlich sei, dass sie Thea W***** eine Vermittlungsprovision zu bezahlen habe. Dass Thea W***** beim gegenständlichen Vermittlungsgeschäft auch für den (späteren) Käufer der Liegenschaft tätig war, war nach den Feststellungen für die Beklagte, wie sie an anderer Stelle ihrer Rechtsmittelschrift selbst betont, nicht erkennbar. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, Thea W***** stehe - auch ohne ausdrückliche Bekundung ihrer Provisionserwartung - aufgrund ihrer Tätigkeit als Immobilienmaklerin gegenüber der Beklagten für den unbestritten zustande gekommenen Verkauf der Liegenschaft der Beklagten an den von ihr namhaft gemachten Käufer ein Provisionsanspruch zu, welchen sie rechtswirksam an den Kläger abgetreten habe, steht daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach ein Provisionsanspruch des Maklers entsteht, wenn seine Tätigkeit das abgeschlossene Geschäft adäquat kausal (mit-)verursachte und im Geschäftszweig der gewerblichen Immobilienmakler bereits die bloße Nachweisung einer Vertragsabschlussgelegenheit gemäß § 6 Abs 2 MaklerG provisionsbegründend ist (1 Ob 240/06k mwN). Die Bestimmungen des MaklerG gelten gemäß § 16 Abs 2 dieses Gesetzes nicht nur für den gewerbsmäßig tätigen Immobilienmakler sondern auch für den von einem Auftraggeber ständig betrauten und für den bloß gelegentlich gegen Entgelt tätigen Immobilienmakler. Der Begriff des Immobilienmaklers iSd § 16 MaklerG setzt daher das Vorliegen einer Gewerbeberechtigung nicht zwingend voraus.
Soweit die Revisionswerberin einen Entfall des Provisionsanspruches unter Hinweis auf § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG geltend macht, ist nach dieser Gesetzesbestimmung zunächst davon auszugehen, dass dem Makler gemäß § 6 Abs 4 erster Satz MaklerG keine Provision zusteht, wenn er selbst Vertragspartner des Geschäfts wird. Dies gilt gemäß Satz 2 dieser Bestimmung auch dann, wenn das mit dem Dritten geschlossene Geschäft wirtschaftlich einem Abschluss durch den Makler selbst gleichkommt. Bei einem sonstigen familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnis zwischen dem Makler und dem vermittelten Dritten, das die Wahrung der Interessen des Auftraggebers beeinträchtigen könnte, hat der Makler nach Satz 3 der zitierten Bestimmung nur dann Anspruch auf Provision, wenn er den Auftraggeber unverzüglich auf dieses Naheverhältnis hinweist. Gemäß § 30b KSchG ist, wenn der Auftraggeber - wie hier - Verbraucher ist, darauf vor Abschluss des Maklervertrages hinzuweisen. Voraussetzung für das Vorliegen der Aufklärungspflicht ist daher eine familiäre oder wirtschaftliche Nahebeziehung mit dem vermittelten Vertragspartner, die die Wahrung der Interessen des Auftraggebers beeinträchtigen könnte. Ein wirtschaftliches Naheverhältnis ist jedenfalls bei Geschäftsführer- oder Gesellschaftereigenschaft des Maklers beim Dritten anzunehmen, wird aber auch in vielen Fällen konzernmäßiger Verflechtung vorliegen. Gleichfalls ist ein wirtschaftliches Naheverhältnis bei ständiger Zusammenarbeit des Maklers mit dem Dritten anzunehmen (vgl SZ 73/134; Fromherz, MaklerG Rz 48 ff zu §§ 6 und 7). Bei der Beurteilung, ob familiäre oder wirtschaftliche Nahebeziehungen bestehen, welche die Wahrung der Auftraggeberinteressen beeinträchtigen könnten, muss stets auf den Einzelfall abgestellt werden (3 Ob 294/03m; SZ 73/134 ua). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, eine wirtschaftliche Nahebeziehung iSd § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG zwischen Thea W***** und der Käuferin der Liegenschaft (I***** Immobilienvermittlungs- und HandelsgesmbH) habe im Hinblick auf die festgestellte bloß lose Geschäftsbeziehung nicht bestanden, ist jedenfalls vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Weiters macht die Revisionswerberin geltend, Thea W***** sei als Doppelmaklerin tätig gewesen. Sie hätte ihr daher diesen Umstand gemäß § 5 Abs 3 MaklerG mitteilen müssen. Da sie diese Mitteilung unterlassen habe, komme es gemäß § 3 Abs 4 MaklerG zu einem gänzlichen Entfall des Provisionsanspruches.
Zu diesen Ausführungen ist zunächst festzuhalten, dass das Verbot der
sogenannten Doppeltätigkeit gemäß § 5 Abs 1 MaklerG unter anderem
dann nicht besteht, wenn für den betreffenden Geschäftszweig ein
abweichender Gebrauch besteht. Für den Geschäftszweig der
Immobilienmakler besteht nach ständiger Judikatur ein derartiger
abweichender Geschäftsgebrauch, der bereits 1933 (vgl SZ 15/204) als
amtsbekannt bezeichnet wurde (Fromherz aaO § 5 Rz 8 mwN). Im Bereich
der Immobilienmakler gilt daher der Grundsatz der Zulässigkeit der
Doppeltätigkeit. Es hat jedoch der Immobilienmakler gemäß § 30b Abs 1
KSchG vor Abschluss des Maklervertrages dem Auftraggeber, der - wie
die Beklagte - Verbraucher ist, mit der Sorgfalt eines ordentlichen
Immobilienmaklers eine schriftliche Übersicht zu geben, aus der
hervorgeht, dass er als Makler einschreitet, und die sämtliche den
Verbraucher durch den Abschluss des zu vermittelnden Geschäfts
voraussichtlich erwachsenden Kosten, einschließlich der
Vermittlungsprovision, ausweist. Die Höhe der Vermittlungsprovision
ist gesondert anzuführen ... Wenn der Immobilienmakler kraft
Geschäftsgebrauchs als Doppelmakler tätig sein kann, hat diese
Übersicht auch einen Hinweis darauf zu enthalten ... Erfüllt der
Makler diese Pflichten nicht spätestens vor einer Vertragserklärung des Auftraggebers zum vermittelten Geschäft, so gilt § 3 Abs 4 MaklerG. Nach dieser Gesetzesstelle kann der Auftraggeber einerseits Schadenersatz und andererseits, soweit dem Makler ein Provisionsanspruch zusteht, wegen Verletzung wesentlicher Pflichten auch eine Mäßigung nach Maßgabe der durch den Pflichtverstoß bedingten geringeren Verdienstlichkeit des Maklers verlangen. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, setzt die Mäßigung der Provision, die die Funktion einer Vertragsstrafe hat, nach nunmehr ständiger Rechtsprechung lediglich voraus, dass der Makler eine wesentliche Pflicht verletzte. Wie sich die Pflichtverletzung auf die Abwicklung des Geschäfts auswirkte, ist hingegen ohne Bedeutung. Zu prüfen ist daher, ob die Pflicht nach den dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers wesentlich war; verletzte der Makler eine wesentliche Pflicht, so ist die Provision zu mindern. Die Provisionsminderung wegen eines Verstoßes gegen § 30b Abs 1 KSchG kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Geschäft nicht anders abgewickelt worden wäre, hätte sich der Makler pflichtgemäß verhalten (1 Ob 304/02s, 5 Ob 43/02p ua; Noss, Maklerrecht² Rz 74 jeweils mwN ua; RIS-Justiz RS0111058). Die Ansicht der Revisionswerberin, es liege zur Frage, ob eine Mäßigung des Provisionsanspruches bei jedem Pflichtenverstoß oder nur dann in Betracht komme, wenn er irgendeinen Einfluss auf das Geschäft habe, noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, trifft daher nicht zu (vgl 1 Ob 304/02s). Auch der 6. Senat des Obersten Gerichtshofes hat sich der oben dargestellten Rechtsansicht angeschlossen (vgl 6 Ob 91/06k). Nach Ansicht des erkennenden Senates kann auch der Entscheidung 6 Ob 25/06d ein (bewusstes) Abgehen von dieser Rechtsprechung nicht entnommen werden, zumal in dieser Entscheidung eine Mäßigung des Provisionsanspruches wegen Fehlens einer Nebenkostenaufstellung in der Besichtigungsmappe schon im Hinblick auf einen diesbezüglichen offenbar in der Vertragsurkunde selbst enthaltenen schriftlichen Hinweis abgelehnt wurde. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang als erheblich bezeichnete Rechtsfrage liegt daher nicht vor.
Was schließlich die Frage des Ausmaßes der Mäßigung des Provisionsanspruches bei Verletzung der besonderen Aufklärungspflicht des Immobilienmaklers gemäß § 30b KSchG iVm § 3 Abs 4 MaklerG betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht zwar zu einer nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmenden Mäßigung des Provisionsanspruches führen kann, nicht jedoch zu dem von der Beklagten angestrebten völlig Entfall des Vermittlungsentgelts (vgl 1 Ob 304/02s). Das Ausmaß der Mäßigung des Provisionsanspruches hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und obliegt somit dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Nur im Falle eines groben Ermessensfehlens liegt eine erhebliche Rechtsfrage vor, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (vgl 5 Ob 43/02p, 4 Ob 242/01v ua). Davon kann hier aber keine Rede sein. Der Kläger hat nämlich der unbestritten vorliegenden Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 30b KSchG dadurch Rechnung getragen, dass er die Abweisung eines Provisionsbegehrens von EUR 4.104 unbekämpft ließ. Damit wurde dem Mäßigungsrecht der Beklagten, die nach jahrelangem erfolglosen Versuchen aufgrund der Vermittlungstätigkeit der Thea W***** ihre Liegenschaft verkaufen konnte, durchaus in angemessener Weise Rechnung getragen.
Die Revision ist nach den dargelegten Erwägungen zurückzuweisen, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO konnte sich der Oberste Gerichtshof dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.