OGH vom 10.05.2012, 13Os148/11f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wohlmuth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Roland N***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB idF BGBl I 2001/130 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Roland N***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 151 Hv 153/10t 123, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Roland N***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Roland N***** und Nicole S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (I), Roland N***** überdies der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB idF BGBl I 2001/130 (II/A) und nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl I 2001/130 (II/B) sowie mehrerer Vergehen der „teilweise“ schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 3 StGB (II/C) schuldig erkannt.
Danach haben
(I) Roland N***** und Nicole S***** am in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Heidrun L***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem sie sie mit einer Stabtaschenlampe niederschlugen und in einen Pkw zu zerren versuchten, um sie in die Räumlichkeiten eines „Sadomaso Clubs“ zu verbringen und dort an ein Bett zu fesseln, wobei das Opfer durch die Tat längere Zeit hindurch, nämlich zumindest zwei Stunden, in einen qualvollen Zustand versetzt werden sollte und die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine schwere psychische Traumatisierung zur Folge hatte;
(II) Roland N***** alleine in Wien und Niederösterreich
A) zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Ende 2002, Anfang 2003 Nicole S***** durch eine gegen sie und Andrea C***** gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie unter Androhung des Umbringens mit Handfesseln an einen gynäkologischen Stuhl band, ihr sodann mit einem Skalpell einen Teil der Schamlippe abschnitt, sie aufforderte, diesen Teil zu schlucken, sodann den vaginalen Geschlechtsverkehr an ihr vollzog, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich die Abtrennung eines Teils der linken kleinen Schamlippe zur Folge hatte und Nicole S***** in besonderer Weise dadurch erniedrigt wurde, dass sie den abgetrennten Teil ihrer Schamlippe schlucken musste;
B) außer dem Fall des Absatz 1 des § 201 StGB idF BGBl I 2001/130 folgende Personen mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er in zahlreichen Angriffen jeweils mit der Faust deren After penetrierte und zwar zu nicht mehr näher feststellbaren Zeiten
1) ab dem Jahr 2000 bis Ende 2004 Nicole S***** und
2) ab dem Jahr 1998 bis Ende 2003 Andrea C*****;
C) zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten ab dem Jahr 2000 bis Ende 2004 Nicole S***** mehrfach am Körper verletzt und zwar
1) unter Zufügung besonderer Qualen, indem er in zumindest dreißig Angriffen glühende Zigaretten auf ihrem Körper ausdrückte, wodurch sie dreißig Brandwunden mit bleibender Narbenbildung erlitt;
2) durch Zufügung eines Schnitts mit einem Skalpell, wodurch sie eine Schnittwunde am rechten Oberarm erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit b und c und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roland N***** ist nicht berechtigt.
Zu Unrecht kritisiert die Verfahrensrüge (Z 4) im Zusammenhang mit dem Schuldspruch II die Abweisung mehrerer Beweisanträge. Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des René N***** zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer Nicole S***** „nicht bedroht und misshandelt“ habe (ON 96 iVm ON 103 S 83), war auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet. Selbst wenn René N***** - wie behauptet - im Tatzeitraum im gemeinsamen Haushalt (mit Beschwerdeführer und Opfer) gelebt hat, war es nach den im Antragszeitpunkt vorliegenden Verfahrensergebnissen keineswegs zu erwarten, dass er von Misshandlungen und Drohungen „etwas bemerkt haben müsste“ (vgl ON 103 S 83). Nicole S***** hatte zuvor nämlich deponiert, dass der Beschwerdeführer das angelastete Verhalten (Körperverletzungen und Misshandlungen) im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen gesetzt habe (ON 103 S 23); im Übrigen war das Verletzungsbild nach dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten so gestaltet, dass man die Narben am bekleideten Opfer nicht ohne weiteres hätte wahrnehmen können (ON 99 S 9 ff). Angesichts dieser Beweisergebnisse wäre ein zusätzliches Vorbringen dahingehend, warum die begehrte Zeugenaussage das behauptete Ergebnis hätte erbringen können, erforderlich gewesen (RIS-Justiz RS0107040). Ergänzungen im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich.
Gleiches gilt für die zum selben Thema beantragte Vernehmung einer „Frau H*****“, die nach dem Antragsvorbringen als Vermieterin des von den Angeklagten bewohnten Hauses diesbezügliche Wahrnehmungen anlässlich wiederholter Besuche „hätte“ „machen müssen“ (vgl ON 103 S 83).
Dem Antrag auf Vernehmung der „Amtsärzte des Magistrates der Stadt Wien Gesundheitsamt“ (ON 103 S 83) konnte schon wegen Undurchführbarkeit kein Erfolg beschieden sein. Der Magistrat gab über Anfrage des Erstgerichts nämlich bekannt, dass die im Tatzeitraum tätigen Amtsärzte nicht mehr als solche beschäftigt seien und „nicht namhaft gemacht werden“ könnten (ON 116). Weshalb sich ehemalige Amtsärzte trotz der Vielzahl von ihnen durchgeführter gynäkologischer Untersuchungen an Prostituierten nach mehreren Jahren noch daran hätten erinnern sollen, ob Nicole S***** damals bereits eine Verletzung der Schamlippe aufgewiesen hatte, legte der solcherart auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtete Antrag zudem nicht dar.
Die Vernehmung des Karl P***** zu den Themen, „dass Roland N***** die Frau S***** sogar zum Erlernen des Gebrauchs von Schusswaffen in einem Schießverein animiert hat“ und „zum Beweis, dass der Angeklagte Roland N***** entgegen der Behauptung S***** nicht den Gewinn aus dem Sexclub allein kassierte sondern der Gewinn zwischen N*****, C***** und S***** geteilt wurde“ (ON 103 S 83), betraf weder eine für die Schuld- und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache, noch einen unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeit der Angeklagten Nicole S***** erheblichen Umstand (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 332 und 340).
Weshalb das Erstgericht dem gesetzlichen Auftrag (§ 37 Abs 1 StPO) zuwider verpflichtet gewesen sein soll, das Verfahren gegen den Beschwerdeführer über die zum Nachteil der Nicole S***** begangenen Straftaten (II/A und B/1 sowie C) „auszuscheiden“, damit diese als „Zeugin unter Wahrheitspflicht“ hätte aussagen müssen, vermag die Rüge nicht darzulegen.
Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe liegt der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider in Bezug auf den Schuldspruch I nicht vor. Die ins Treffen geführten Abweichungen in den Angaben des Zeugen Hermann E***** vor der Polizei einerseits (ON 2 S 2 und 5 ff) und in der Hauptverhandlung andererseits (ON 86 S 47) betrafen lediglich Details des Geschehensablaufs und waren für die hier entscheidende Frage des behaupteten freiwilligen Rücktritts vom Versuch nicht erheblich ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 421 und 425). Sie standen überdies den dazu getroffenen Feststellungen (US 11) nicht entgegen und waren auch daher nicht gesondert erörterungsbedürftig (RIS-Justiz RS0098646).
Die von der Zeugin Heidrun L***** im Rahmen der kontradiktorischen Vernehmung gemachten Angaben wurden entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen vom Erstgericht ebenso erörtert (US 16) wie die diesbezügliche Verantwortung des Beschwerdeführers (US 15 f).
Auch der zum Schuldspruch II/A erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) in Bezug auf die Wiedergabe der Aussage der Angeklagten Andrea C***** geht ins Leere. Diese gab in der Hauptverhandlung an, beobachtet zu haben, wie der Beschwerdeführer der nackten und an einen gynäkologischen Stuhl gefesselten Nicole S***** einen Teil deren Schamlippe abgeschnitten und sie unter Drohungen mit dem Tod gezwungen habe, ihn zu essen; beim Vollzug des (folgenden) Geschlechtsverkehrs sei sie nicht mehr dabei gewesen (ON 103 S 37 ff). Die kritisierte Passage in den Entscheidungsgründen, Andrea C***** sei „bei der Tatausführung anwesend“ gewesen (US 17), ist zwar verkürzt, weicht jedoch vom Protokollsinhalt keineswegs erheblich ab (RIS-Justiz RS0099431 [T10 und T 11]).
Die Kritik, die Schilderung der Angeklagten Andrea C***** und Nicole S*****, wonach Letztere (auch) „mit beiden Händen an den Stuhl gefesselt gewesen“ sei und der Beschwerdeführer ihr den abgeschnittenen Teil der Schamlippe in die Hand gegeben habe, sei „faktisch unmöglich“ (nominell Z 5 zweiter und dritter Fall), übersieht, dass das Tatgeschehen in dieser Form nicht festgestellt wurde (vgl US 13). Die - nach dem Beschwerdevorbringen ohnehin übereinstimmenden - Aussagen hat das Erstgericht erörtert (US 17), weshalb auch der Vorwurf der Unvollständigkeit ins Leere geht.
Der weiteren Beschwerdebehauptung zuwider liegt ein erörterungsbedürftiger Widerspruch in den Angaben der Angeklagten Gisela N***** und Nicole S***** zum Ablauf (für das Verfahren relevanter) gynäkologischer Untersuchungen beim Magistrat Wien nicht vor. Auf Nachfrage räumte Gisela N***** nämlich ein, bei Untersuchungen der anderen Angeklagten nicht dabei gewesen zu sein (ON 122 S 37).
Das Vorbringen der Rechtsrüge (nominell Z 9 lit b und c, der Sache nach Z 9 lit b [vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 566]) zum Schuldspruch II/B, beim Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl I 2001/130 habe es sich bei Begehung in Ehe oder außerehelicher Lebensgemeinschaft gemäß § 203 Abs 1 StGB idF BGBl 1989/242 um ein Antragsdelikt gehandelt, entsprechende Anträge der Angeklagten Nicole S***** (als Lebensgefährtin) und der Andrea C***** (als Ehefrau) lägen jedoch nicht vor, verfehlt abgesehen davon, dass es hinsichtlich des zu II/B/1 maßgeblichen Tatzeitraums die ab geänderte Rechtslage ignoriert (mit Inkrafttreten des StRÄG 2004 schied die genannte Bestimmung aus dem Rechtsbestand aus) den Bezug zu den Feststellungen. Diesen ist nämlich aufrechte Ehe des Beschwerdeführers mit Andrea C***** während des gesamten Tatzeitraums ebenso wenig zu entnehmen wie eine Lebensgemeinschaft desselben mit Nicole S***** (vgl US 8 f). Der Wegfall einzelner - wie hier zu II/B - im Sinn einer gleichartigen Verbrechensmenge nur pauschal individualisierter Taten stellt aber weder den Schuldspruch noch die Subsumtion in Frage (RIS-Justiz RS0116736; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 33).
Die Argumentation der Subsumtionsrüge (Z 10), das zum Schuldspruch I festgestellte Verhalten stelle weder eine Ausführungshandlung im Sinn des § 201 Abs 1 StGB dar, noch sei die gemäß § 15 Abs 2 StGB erforderliche Ausführungsnähe zur geplanten „Nötigung der Heidrun L***** zum Beischlaf“ gegeben, übergeht abermals die Gesamtheit der Urteilskonstatierungen. Diesen zufolge war die angelastete Tat längere Zeit detailliert geplant; vor der eigentlichen Realisierung dieses Plans durchstreiften der Beschwerdeführer und Nicole S***** „jeweils nächtens immer wieder das Wiener Stadtgebiet, um ein geeignetes Opfer für die geplante Vergewaltigung zu finden“ (US 9). Die Angeklagten erblickten in Heidrun L***** ein „geeignetes Opfer“, hatten dieses bereits zum Auto gelockt und damit begonnen, ihm tatplangemäß mit einer schweren Stabtaschenlampe auf den Hinterkopf zu schlagen, um es dann im Zustand der Bewusstlosigkeit in den - bloß zehn Minuten entfernten (US 23) - „Sadomaso-Club“ zu bringen und dort an einen gynäkologischen Stuhl gefesselt stundenlang anal und vaginal zu vergewaltigen. Diese bereits nach außen manifestierte Umsetzung des Tatplans vernachlässigt die Rüge, derzufolge die „entscheidende Hemmschwelle“ „keinesfalls überwunden“ worden sei.
Lediglich unter dem Aspekt des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei daher angemerkt, dass die Anwendung massiver Gewalt bereits dem Einsatz des tatbildlichen Nötigungsmittels entsprach. Solcherart hatte - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - die Tatausführung bereits begonnen, weshalb sich die Frage nach der „Ausführungsnähe“ des inkriminierten Verhaltens gar nicht mehr stellt ( Philipp in WK² § 201 Rz 40; vgl RIS-Justiz RS0089948, RS0089747). Dieses Verhalten sollte nämlich nach dem konstatierten Tatplan einen (jedenfalls vermuteten) entgegenstehenden Willen des Opfers brechen, um das Nötigungsziel noch im Fortdauern dieses Zustands (der Beeinträchtigung des Opfers) zu erreichen. Es ist daher von einem einheitlichen Tatgeschehen auszugehen. Dass im Rahmen dieses Tatgeschehens noch eine geringe räumliche und zeitliche Distanz zu überwinden war, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern (14 Os 93/95; vgl zur Ausführungsnähe: RIS-Justiz RS0090496). Im Einsatz unmittelbar gegen das Opfer gerichteter Gewalt, der dieses bereits in einen schutzlosen Zustand versetzen sollte sowie im gegebenen sinnfälligen Zusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Nötigungsziel unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von jenem, welcher der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Entscheidung 9 Os 138/85 zugrunde lag.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Bleibt anzumerken, dass die Bestimmung des § 201 StGB während des zu II/B relevanten Tatzeitraums mehrfach geändert wurde. Zufolge des gemäß § 61 StGB anzustellenden Günstigkeitsvergleichs hätte in Ansehung der vor dem (dem Inkrafttreten des StRÄG 2001) begangenen Taten ein Schuldspruch nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl 1989/242 und hinsichtlich jener vom bis nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl I 2001/130 erfolgen müssen. Auf Taten ab dem wäre § 201 Abs 1 StGB in der seither (also auch im Urteilszeitpunkt) geltenden Fassung anzuwenden gewesen. Dass das Erstgericht rechtsfehlerhaft hinsichtlich aller Taten Schuldsprüche nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl I 2001/130 fällte, wirkte sich in concreto nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers aus ( Ratz , WK StPO § 290 Rz 22 f). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Antragserfordernis des § 203 Abs 1 StGB idF BGBl 1989/242 eine rein prozessuale Verfolgungsvoraussetzung regelte (15 Os 22/92, JBl 1993, 465) und demnach nicht in den Günstigkeitsvergleich einzubeziehen ist ( Höpfel/U. Kathrein in WK² § 61 Rz 16; vgl § 323 Abs 3 StGB; aA Durl , ÖJZ 2005, 505 ff).
Amtswegiges Vorgehen ist schließlich auch nicht in Ansehung des zu I und II/A verfehlt nach §§ 201 Abs 1 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB idF BGBl I 2001/130 erfolgten Schuldsprüche geboten. Der Günstigkeitsvergleich (§ 61 StGB) ist stets konkret anhand des festgestellten Sachverhalts vorzunehmen (RIS-Justiz RS0112939). Da die Angeklagten Roland N***** und Nicole S***** zu I ohnehin schwere Gewalt (US 10 und 23) angewendet und Roland N***** zu II/A eine gegen das Opfer gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben ausgestoßen hat (US 13 und 25), somit der Tatbestand des § 201 Abs 1 StGB sowohl in der zur Tatzeit wie in der zur Urteilszeit geltenden Fassung erfüllt war, wäre die - nicht ungünstigere - letztere anzuwenden gewesen (§ 61 StGB). Auch dieser Rechtsfehler wirkte sich aber (weil die Strafdrohung der zugleich angenommenen Qualifikationen unverändert blieb) in concreto nicht zum Nachteil dieser beiden Angeklagten aus. Das Oberlandesgericht ist bei der Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Roland N***** angesichts dieser Klarstellung nicht an die verfehlten Subsumtionen gebunden (RIS-Justiz RS0118870).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.