OGH vom 10.09.2012, 10ObS115/12b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Sommer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Otto Werschitz, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, wegen Versehrtenrente, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 6 Rs 35/12g 15, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger erblickt die Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz weiterhin darin, dass das Erstgericht die Anleitungspflicht verletzt, gegen § 405 ZPO und das Verbot der „reformatio in peius “ verstoßen sowie „überschießende“ Feststellungen getroffen habe. Dabei zweifelt er weiterhin die Richtigkeit des den Feststellungen zugrundeliegenden Sachverständigengutachtens an. Mit seiner außerordentlichen Revision bekämpft er daher in unzulässiger Weise die in dritter Instanz nicht mehr angreifbare Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung (10 ObS 73/12a mwN).
Die in der Zulassungsbeschwerde erörterte Frage, ob zu dem bereits vorliegenden noch ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre, ist im Revisionsverfahren nicht überprüfbar, weil nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden, auch im Verfahren nach dem ASGG in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (10 ObS 55/10a mwN uva; jüngst 10 ObS 73/12a). Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen gehört wie die Frage, ob weitere Sachverständigengutachten einzuholen sind, zur irrevisiblen Beweiswürdigung (RIS Justiz RS0043320; jüngst: 10 ObS 73/12a mwN).
Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei (10 Ob 100/11w; 7 Ob 85/12v jeweils mwN). Eine durch die Aktenlage nicht gedeckte Verneinung des erfolglos geltend gemachten erstinstanzlichen Verfahrensmangels durch das Berufungsgericht liegt nicht vor (RIS-Justiz RS0043166):
Da sich das Berufungsgericht mit der in der Berufung geltend gemachten Mängel- und Beweisrüge inhaltlich auseinandergesetzt und diese mit einer der Aktenlage nicht widersprechenden Begründung als nicht berechtigt erkannt hat, ist die Begründung, die es für das Nichtvorliegen der vom Kläger weiterhin geltend gemachten Verfahrensmängel gegeben hat, der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Revision wäre also gar nicht einzugehen (10 ObS 73/12a).
Abschließend ist daher nur noch festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung auch die Frage, ob ein Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, zur Beweiswürdigung gehört und im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043320 [T8; T 12; T 21]). Mittels Rechtsrüge sind Gutachtensergebnisse nur bekämpfbar, wenn dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze, (sonstige) Erfahrungssätze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen sind (RIS Justiz RS0043404; 10 ObS 100/11w mwN; 7 Ob 85/12v). Einen Verstoß dieser Art zeigt der Kläger aber wie bereits das Berufungsgericht nachvollziehbar dargelegt hat gar nicht auf.
Mangels Vorliegens einer für die Entscheidung des Verfahrens relevanten Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Fundstelle(n):
IAAAD-80950