VfGH vom 19.06.2002, B1259/01
Sammlungsnummer
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Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit jeweils € 2.143,68 (mithin zusammen € 4.287,36) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die beiden Beschwerdeführer sind gemeinsam Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der Marktgemeinde Ardagger. Mit Bescheiden vom und vom 15. Feber 2001 trug ihnen der Bürgermeister den Anschluß ihrer Liegenschaft an den Schmutzwasserkanal auf, der neu verlegt worden war.
Mit Bescheiden vom und vom wies der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Ardagger dagegen gerichtete Berufungen der Beschwerdeführer ab.
1.2. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellungen an die Niederösterreichische Landesregierung, die mit - gleichlautenden - Bescheiden vom abgewiesen wurden. Begründend berief sich die Landesregierung auf § 17 Abs 1 des Niederösterreichischen Kanalgesetzes 1977 LGBl. 8230-5 und auf § 62 Abs 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 LGBl. 8200-3, also idF der 1. Novelle.
2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf freie Erwerbsbetätigung und die Verletzung in Rechten durch Anwendung verfassungswidriger Gesetze behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie für die Abweisung der Beschwerden eintritt.
Die Marktgemeinde Ardagger hat keine Äußerung erstattet.
II. 1. Aus Anlaß dieser Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 62 Abs 2 erster und zweiter Satz der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 LGBl. 8200-3 einzuleiten. Mit Erkenntnis vom , G 322,360,361/01, hob der Verfassungsgerichtshof die erwähnten Bestimmungen als verfassungswidrig auf.
Die belangte Behörde hat ein verfassungswidriges Gesetz angewandt. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß seine Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils € 327,- sowie der Ersatz der entrichteten Gebühren gemäß § 17a VfGG von jeweils € 181,68 enthalten.
Fundstelle(n):
OAAAD-80935