OGH vom 12.10.1995, 15Os130/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 erster Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 38 Vr 989/95-43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Schroll, und des Verteidigers Dr.Sauerzopf, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann H***** des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt, weil er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einmietbetrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die im folgenden angeführten Personen durch Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, somit durch Täuschung über Tatsachen, teilweise unter Benützung einer falschen Urkunde, zur Gewährung eines Quartiers, also zu einer Handlung verleitete, welche die Genannten an ihrem Vermögen schädigte, und zwar:
A. am in B***** Verfügungsberechtigte des Hotels G***** (Schaden 1.581 S);
B. durch Eintragung eines falschen Namens, eines falschen Geburtsdatums und/oder eines falschen Wohnsitzes in das Gästeblatt,
1. am in A***** Verfügungsberechtigte der Pension B*****, wobei er sich als "Hannes H**********" eintrug (Schaden 750 S);
2. am in N***** Verfügungsberechtigte des Hotels W*****, wobei er sich als "Johannes H*****" eintrug (Schaden 363 S);
3. am in W***** ***** Verfügungsberechtigte des Gasthofes Hans M*****, wobei er sich als "Hannes Z*****" eintrug (Schaden 400 S);
4. am in M***** Verfügungsberechtigte des Gasthofes W*****, wobei er sich als "Hannes Z*****" eintrug (Schaden 600 S);
5. am in S*****, Verfügungsberechtigte des Gasthofes Sch*****, wobei er sich als "Hannes Z*****" eintrug (Schaden 660 S).
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
In seiner Mängelrüge (Z 5) behauptet er eine unvollständige und unzureichende Begründung des vom Erstgericht festgestellten, auch die Verwendung gefälschter Gästebuchblätter umfassenden Täuschungsvorsatzes.
Das Erstgericht stützte die Feststellung, der Angeklagte habe im Gästebuch falsche Personalien eingetragen, um so seine Ausforschung unmöglich zu machen (US 4 f), ausdrücklich auf die (zum Schuldspruch B.2. beispielhaft dargestellte) Indizwirkung dieser Vorgangsweise (US 6); demgemäß hat er die bekämpfte Feststellung zur subjektiven Tatseite mit denkmöglicher und demnach zureichender Begründung aus dem unstrittigen objektiven Sachverhalt erschlossen. Die die innere Tendenz (und damit auch seinen auf die Verwendung von gefälschten Gästebuchblättern gerichteten Vorsatz) leugnende Verantwortung des Angeklagten lehnte es als bloße Schutzbehauptung ab (US 7) und hat sie demnach keineswegs - wie in der Beschwerde behauptet - übergangen.
Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen hat das Erstgericht aber auch die Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einmietbetrügereien fortlaufend Geld zu ersparen, ausreichend zum einen auf sein Geständnis vor dem Untersuchungsrichter (ON 25) gestützt, andrerseits mit dem Hinweis auf die Vielzahl der Tathandlungen iVm der finanziell ausweglosen Situation des Angeklagten begründet. Damit wird seiner Ansicht zuwider nicht nur die objektive Tatsache einer Mehrzahl von Betrugshandlungen festgehalten, sondern auch die von Beginn der Betrugsserie an bestehende und festgestellte (US 5) Wiederholungstendenz hinreichend untermauert.
In seiner Subsumtionsrüge (Z 10) moniert der Beschwerdeführer, daß in der erstgerichtlichen Feststellung, wonach er die Gästebuchblätter deswegen gefälscht habe, "um so seine Ausforschung unmöglich zu machen" (US 5), eine die Irrtumserregung bezweckende Täuschungshandlung nicht zum Ausdruck komme. Dabei verkennt er, daß beim Urkundenbetrug nicht entscheidend ist, ob die schadenskausale Irreführung tatsächlich auf die Benützung des Falsifikates zurückzuführen ist; vielmehr genügt, daß die zur Begehung eines Betruges nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB verwendete Urkunde dem zu Täuschenden mit darauf gerichteter Zielvorstellung zugänglich gemacht wird (JBl 1995, 63). Diesen spezifischen Vorsatz konstatiert das Erstgericht aber dem Beschwerdevorbringen zuwider sowohl mit der bekämpften Feststellung als auch im Rahmen der Beweiswürdigung zum Schuldspruch B.2., wonach die Tatsache der falschen Gästebucheintragung durch den Angeklagten auf einen schon zum Zeitpunkt der Einmietung bestehenden Betrugsvorsatz schließen lasse (US 6), aber auch mit der im Urteilsspruch und im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (US 7 f) festgehaltenen Tendenz, die in Pkt B. genannten Personen unter Benützung einer falschen Urkunde zur Gewährung eines Quartiers zu verleiten.
Soweit der Beschwerdeführer den im Schuldspruch B. genannten Gästebuchblättern eine Urkundenqualität im Sinne von § 74 Z 7 StGB abspricht, weil sie nicht zu rechtserheblichen Zwecken errichtet wurden, übergeht er einerseits die bereits oben dargestellten Konstatierungen des Erstgerichtes, wonach er die unter Angabe falscher Personalien vorgenommenen Gästebucheintragungen zur schadenskausalen Irreführung verwenden wollte, andrerseits enthält eine Gästeblatteintragung sämtliche vier Merkmale einer Urkunde im strafrechtlichen Sinn (Leukauf/Steininger Komm3 § 74 RN 30, § 223 RN 3 ff, insb 14a; JBl 1995, 63).
Soweit der Beschwerdeführer weiters behauptet, das Erstgericht habe die von Anfang an bestehende Absicht einer gewerbsmäßigen Vorgangsweise nicht festgestellt, übergeht er die gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 5: "Der Angeklagte hat die im Spruch genannten Einmietbetrugsfakten zu den jeweiligen Tatzeitpunkten in der Absicht begangen, sich durch deren wiederkehrende Begehung...") und bringt solcherart den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Im Zuge der Rechtsrüge (Z 9 lit b) reklamiert der Angeklagte das Fehlen der jeweiligen Verfolgungsermächtigung der Geschädigten, weil die ihm zur Last liegenden Straftaten lediglich als Notbetrug im Sinne des § 150 Abs 1 StGB u.a. zu beurteilen wären. Dabei übersieht er, daß der Tatbestand des § 150 Abs 1 StGB nur dann vorliegt, "wenn es sich nicht um einen der Fälle der §§ 147 und 148 handelt". Angesichts der auch zu Schuldspruch A. festgestellten gewerbsmäßigen Vorgangsweise scheidet Notbetrug (als privilegierter Unterfall des Betruges) aus. Demgemäß bedurfte es in keinem der inkriminierten Fälle einer Ermächtigung zur Strafverfolgung.
Die zum Teil unbegründete, zum Teil nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, daß die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Unterstellung des Urteilssachverhaltes zu folgenden Bemerkungen Anlaß gibt:
Zunächst sei festgehalten, daß das Beweisverfahren keinen Anhaltspunkt dafür geboten hat, daß der Angeklagte zumindest in einem vom Schuldspruch erfaßten Betrugsfaktum lediglich versuchten Betrug zu verantworten hat. Offenbar hat das Erstgericht die Subsumierung der Anklageschrift, in welcher dem Angeklagten auch ein Betrugsversuch angelastet wird, von dem aber ein in Rechtskraft erwachsener Freispruch erfolgte, unreflektiert übernommen. In den Strafzumessungserwägungen wurde - im Ergebnis zutreffend - der Milderungsgrund des § 34 Z 13 StGB nicht angenommen.
Weiters führt das Erstgericht zur gewerbsmäßigen Tatbegehung aus, daß der Angeklagte die gegenständlichen Betrügereien in der Absicht begangen hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Da der Angeklagte von den sechs Betrugfakten fünf unter Benützung einer falschen Urkunde verübt hat und dem Urteil nicht zu entnehmen ist, daß der Vorsatz des Täters lediglich auf die Begehung einfacher Betrugsfakten gerichtet war, vielmehr schon die erstinstanzlichen Feststellungen uneingeschränkt dafür sprechen, daß der Angeklagte die fünf Betrügereien in der Faktengruppe B in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien unter Benützung von ihm falsch ausgefüllter Gästeblätter eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wäre der Angeklagte rechtsrichtig wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und 148 zweiter Fall StGB schuldig zu sprechen und nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu bestrafen gewesen.
Die zuletzt genannten Umstände begünstigen den Angeklagten, sodaß es mit den entsprechenden Hinweisen das Bewenden haben muß.
Das Schöffengericht verhängte über Johann H*****nach dem ersten Strafsatz des § 148 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend neun einschlägige Vorstrafen, das Vorliegen der Rückfallsqualifikation nach § 39 StGB und den besonders raschen Rückfall im Faktum B 1 nur einen Monat nach Entlassung aus einer Freiheitsstrafe, als mildernd hingegen das im wesentlichen umfassende und reumütige Teilgeständnis, die damit zusammenhängende Schuldeinsicht und die relativ geringen Schadensbeträge.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht.
Die Berufung ist in keinem Punkt berechtigt.
Die wirtschaftliche Notlage des Angeklagten fällt bei der Strafbemessung nicht ins Gewicht, weil sie keineswegs unverschuldet ist, sondern vom Angeklagten dadurch herbeigeführt wurde, daß er wegen seiner hohen Schulden die Gefahr einer Lohnpfändung bis zum Existenzminimum befürchtete und deshalb einer geregelten Arbeit nicht nachgegangen ist. Dazu kommt, daß der vom Erstgericht ins Treffen geführte Milderungsgrund der Schuldeinsicht im Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses aufgeht und daher nicht gesondert dem Angeklagten zugute gehalten werden kann.
Bei Bedacht auf die vom Erstgericht angenommenen Strafdrohung von sechs Monaten bis - bei möglicher Anwendung des § 39 StGB - zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe erweist sich die von den Tatrichtern ausgemessene Freiheitsstrafe als nicht überhöht.
Der Gewährung bedingter Strafnachsicht stehen insbesondere spezialpräventive Erwägungen entgegen, denn angesichts der Wirkungslosigkeit vielfacher Vorabstrafung wegen der Begehung strafbarer Handlungen gegen das Rechtsgut fremdes Vermögen und des raschen Rückfalls ist auch im gegenständlichen Verfahren der tatsächliche Vollzug der Strafe geboten, um dem Angeklagten die Auswirkungen seiner Verfehlungen eindringlich zu veranschaulichen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Angeklagte sich nunmehr ersichtlich mit Erfolg bemüht hat, eine Unterkunft zu finden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.