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OGH vom 20.11.2012, 10ObS114/12f

OGH vom 20.11.2012, 10ObS114/12f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Monika Lanz und Dr. Reinhard Drössler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Betriebsrente, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 27/12k 22, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 27 Cgs 52/11z 19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„1. Der Anspruch des Klägers auf eine Betriebsrente für die Folgen des Arbeitsunfalls vom besteht ab dem dem Grunde nach im Ausmaß von 10 vH der Vollrente zu Recht.

2. Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger vom bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids eine vorläufige Zahlung von 50 EUR monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils am Ersten eines Monats im Nachhinein.

3. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren auf Zahlung einer Gesamtrente für die Folgen der beiden Arbeitsunfälle vom und im gesetzlichen Ausmaß wird abgewiesen.“

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erlitt am sowie am Arbeitsunfälle. Beim ersten Unfall stürzte der damals als Kraftfahrer unselbständig beschäftigt gewesene Kläger beim Entladen seines LKW's von der Ladefläche. Er erlitt dabei eine Verletzung des linken Ellenbogengelenks, aus welcher eine geringfügige, endlagige Bewegungseinschränkung mit belastungsabhängigen Schmerzen verbunden mit Schwellneigung resultiert. Der Kläger bezog für die Folgen dieses Arbeitsunfalls vom von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt eine vorläufige Versehrtenrente im Ausmaß von 20 vH der Vollrente, welche ihm mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom mit Wirkung ab entzogen wurde.

Am war der Kläger im Zuge seiner selbständigen Erwerbstätigkeit als Landwirt damit beschäftigt, mit der Kreissäge Holz zu schneiden, als er sich mit der Kreissäge am rechten Daumen verletzte und sich dabei eine fast vollständige Abtrennung des Daumens auf Höhe des Grundgelenks rechts sowie oberflächliche Hautabschürfungen am Endglied des Mittel und Ringfingers rechts zuzog. An Unfallfolgen bestehen ein eingesteiftes Grund und Zwischengliedgelenk des rechten Daumens bei einer Verkürzung von einem Zentimeter links mit herabgesetztem Hautgefühl und verschmächtigtem Weichteilmantel.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt für jeden der beiden Arbeitsunfälle vom und jeweils 10 vH. Die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit aus beiden Arbeitsunfällen beträgt 20 vH. Eine Konsolidierung der Unfallfolgen besteht jedenfalls seit .

Die beklagte Sozialversicherungsanstalt der Bauern lehnte mit Bescheid vom den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Betriebsrente für die Folgen seines Arbeitsunfalls vom mit der Begründung ab, dass eine über ein Jahr nach Eintritt des Versicherungsfalls andauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 vH nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Gewährung einer Betriebsrente im gesetzlichen Ausmaß für die Folgen des Arbeitsunfalls vom . In der Tagsatzung am beantragte er die Zuerkennung einer Gesamtrente im gesetzlichen Ausmaß für die Folgen seiner beiden Arbeitsunfälle vom und .

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab für die Folgen seiner Arbeitsunfälle vom und eine Gesamtrente in der Höhe von 20 vH der Vollrente zu gewähren. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht dahin, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Ausdehnung des Klagebegehrens auf Berücksichtigung eines weiteren Arbeitsunfalls für die Bemessung der Gesamtrente auch dann ohne Zustimmung der beklagten Partei zulässig sei, wenn der Versicherungsträger über die Frage, wie sich dieser Arbeitsunfall auf die Gesamtrente auswirke, noch keinen Bescheid erlassen habe. Der Kläger habe daher sein ursprünglich nur auf Gewährung einer Betriebsrente für die Folgen des Arbeitsunfalls vom gerichtetes Klagebegehren auf die Gewährung einer Gesamtrente für die Folgen der beiden Arbeitsunfälle aus den Jahren 1989 und 2010 ausdehnen dürfen. Der in § 149l BSVG für die Feststellung einer Gesamtrente vorgesehene Zeitraum von zwei Jahren nach dem Eintritt des letzten Versicherungsfalls diene dazu, die Konsolidierung der Unfallfolgen abzuwarten. Die Konsolidierung der Unfallfolgen sei nach den Feststellungen spätestens mit eingetreten. Da die Betriebsrente nach § 149d Abs 3 BSVG erst ein Jahr nach dem Tag anfalle, der dem Eintritt des Versicherungsfalls folge, gebühre die Gesamtrente von 20 vH der Vollrente dem Kläger ab .

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und vertrat zusammengefasst die Auffassung, dass im vorliegenden Fall eine Gesamtrentenbildung nach § 149l BSVG zulässig und geboten sei. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 149l BSVG und die zur vergleichbaren Bestimmung des § 210 ASVG bereits vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Kläger lediglich eine Betriebsrente im Ausmaß von 10 vH der Vollrente für die Folgen seines Arbeitsunfalls vom ab zugesprochen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage des Anspruchs eines Versicherten auf Gesamtrente iSd § 149l BSVG bei der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt. Sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei macht im Wesentlichen geltend, einem Zuspruch einer Gesamtrente für die beiden Arbeitsunfälle des Klägers vom und stehe die Bestimmung des § 149l Abs 3 und 4 BSVG entgegen. Nach Abs 3 dieser Gesetzesstelle seien für den Fall, dass das rentenbegründende Gesamtausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit für die erstmalige Feststellung einer Dauerrente oder einer Gesamtrente wie im vorliegenden Fall zwar nicht aus Versicherungsfällen nach diesem Bundesgesetz, aber unter Berücksichtigung unter anderem eines Arbeitsunfalls nach § 175 ASVG erreicht werde, solche Versicherungsfälle auf Antrag ab dem Zeitpunkt, zu dem eine Gesamtrente spätestens festzustellen gewesen wäre, gesondert zu entschädigen. Nach Abs 4 der genannten Gesetzesstelle sei bis zur Feststellung einer Gesamtrente nach Abs 1 der letzte Versicherungsfall gesondert zu entschädigen, wenn und solange er eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß verursacht habe. Für den Fall, dass der neuerliche Versicherungsfall für sich allein keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß verursacht habe, sei dieser Versicherungsfall rückwirkend unter Bedachtnahme auf § 149d Abs 3 BSVG zu entschädigen, wenn er zum Zeitpunkt der Feststellung der Gesamtrente zu einer Erhöhung der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 5 vH geführt habe.

Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass eine Erhöhung der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit zwar erreicht worden sei und der nach dem BSVG zu entschädigende Arbeitsunfall des Klägers vom nach § 149l Abs 3 BSVG ab mit einer 10%igen Betriebsrente abzugelten sei, dem Kläger aber keine Gesamtrente für die beiden Arbeitsunfälle aus den Jahren 1989 und 2010 zustehe.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Mit der 22. BSVG Nov (BGBl I 1998/140) wurde für die ab dem eingetretenen Versicherungsfälle das Recht der bäuerlichen Unfallversicherung, das zuvor (über § 148 BSVG alt) seine Rechtsgrundlage im ASVG gehabt hatte, grundlegend neu geordnet. Das Kernstück der Reform war die Ausformung eines auf das bäuerliche Berufsleben abgestimmten eigenständigen Leistungsrechts (10 ObS 202/03h, SSV NF 17/104). Dazu zählt insbesondere die Schaffung der Betriebsrente, die vor allem der Weiterführung des Betriebs dienen und einen echten Ausgleich für den unfallbedingten, auf Dauer eingetretenen Einkommensverlust bieten und somit eine von den allgemeinen Regeln über die Unfallversicherungsrenten abweichende besondere Rente für den bäuerlichen Bereich darstellen soll (10 ObS 67/08p, SSV NF 22/42).

1.1 Diese Eigenständigkeit des neuen bäuerlichen Unfallversicherungsrechts hat auch Auswirkungen auf die Entschädigung aus mehreren Versicherungsfällen (§ 149l BSVG,§ 210 ASVG). So waren zwar nach § 149l Abs 1 lit a BSVG idF 22. BSVG Nov (BGBl I 1998/140) ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit nach den §§ 175 177 ASVG bei der Feststellung der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit nach § 149l Abs 1 BSVG grundsätzlich auch zu berücksichtigen, bei der Bildung einer Gesamtrente nach § 149l Abs 2 BSVG idF BGBl I 1998/140 waren aber nur noch Betriebsrenten nach dem BSVG zu berücksichtigen. Eine über das Leistungsrecht der Sozialversicherungsanstalt der Bauern hinausgehende Gesamtrentenbildung ist wegen der gegenüber den ASVG Versehrtenrenten anderen Funktionalität der Betriebsrenten nicht mehr vorgesehen (vgl 10 ObS 67/08p, SSV NF 22/42 mwN; Riedl , Die bäuerliche Unfallversicherung 156 f).

1.2 Erlitt daher ein Versicherter wie der Kläger vor dem (= vor Inkrafttreten der neuen bäuerlichen Unfallversicherung) einen nach dem ASVG zu entschädigenden Arbeitsunfall, für den die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt leistungszuständig ist, und nach dem einen nach dem BSVG zu entschädigenden Arbeitsunfall, für den die Sozialversicherungsanstalt der Bauern zuständig ist, so „stützt“ zwar die durch den Erstunfall verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit den neuerlichen Versicherungsfall zur Erfüllung der in § 149l Abs 1 BSVG geforderten Voraussetzungen, die Bildung einer Gesamtrente ist aber nicht möglich, weil beide Leistungen (Versehrtenrente und Betriebsrente) durch den jeweils zuständigen Unfallversicherungsträger gebühren.

2. Im vorliegenden Fall findet auf den Arbeitsunfall des Klägers vom die Bestimmung des § 149l BSVG in der zuletzt durch das SRÄG 2007, BGBl I 2007/31, geänderten Fassung Anwendung.

2.1 Diese Bestimmung lautet auszugsweise wie folgt:

„(1) Wird ein Versehrter neuerlich durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit geschädigt und erreicht die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit aus Versicherungsfällen nach diesem Bundesgesetz mindestens 20 % (bei einer Berufskrankheit im Sinne des § 148e Abs. 2 50 %), so ist spätestens vom Beginn des dritten Jahres nach dem Eintritt des letzten Versicherungsfalles an die Gesamtrente festzustellen. ...

...

(3) Wird das rentenbegründende Gesamtausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit für die erstmalige Feststellung einer Dauerrente oder einer Gesamtrente zwar nicht aus Versicherungsfällen nach diesem Bundesgesetz, aber unter Berücksichtigung

a) eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit nach den §§ 175 bis 177 ASVG oder

...

erreicht, sind solche Versicherungsfälle nach diesem Bundesgesetz auf Antrag ab dem Zeitpunkt, zu dem eine Dauerrente (Gesamtrente) spätestens festzustellen gewesen wäre, gesondert zu entschädigen.

(4) Bis zur Feststellung einer Gesamtrente nach Abs. 1 ist der letzte Versicherungsfall gesondert zu entschädigen, wenn und solange er eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß (§ 149d Abs. 1 und 2) verursacht hat. Hat der neuerliche Versicherungsfall für sich allein keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß verursacht, so ist dieser Versicherungsfall rückwirkend unter Bedachtnahme auf § 149d Abs. 3 zu entschädigen, wenn er zum Zeitpunkt der Feststellung der Gesamtrente zu einer Erhöhung der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 5 % geführt hat. Dies gilt jeweils auch, wenn nur ein Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) vorliegt und diesem eine anerkannte Schädigung nach einer der im Abs. 3 angeführten gesetzlichen Vorschriften vorangegangen ist.“

2.2 Während somit die zitierte Bestimmung des § 149l Abs 1 BSVG die Frage regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Gesamtrente festzustellen ist, ist in den ebenfalls zitierten Abs 3 und 4 dieser Bestimmung im Wesentlichen die Gewährung einer sogenannten „Stützrente“ geregelt.

2.3 § 149l Abs 1 BSVG schreibt die Bildung einer Gesamtrente vor, wenn „die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit aus Versicherungsfällen nach diesem Bundesgesetz“ mindestens 20 % erreicht. Eine Gesamtrente ist daher nur für mehrere Versicherungsfälle nach dem BSVG zu bilden, aber nicht bei Versicherungsfällen nach dem ASVG und BSVG. Dagegen bestehen wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der Unfallversicherung nach dem ASVG (Ablöse der Unternehmerhaftpflicht) und dem BSVG (Aufrechterhaltung der Betriebsführung) auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (10 ObS 67/08p, SSV NF 22/42; Tarmann Prentner in Sonntag , ASVG 3 § 210 Rz 10). Der Kläger erfüllt unbestritten nicht die Voraussetzung für die Bildung einer Gesamtrente nach § 149l Abs 1 BSVG, weil bei ihm nicht mehrere Versicherungsfälle nach dem BSVG vorliegen.

2.4 Der Kläger kann sein Begehren auf Bildung einer Gesamtrente aber auch nicht mit Erfolg auf § 149l Abs 3 BSVG stützen. Den Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten nach den §§ 175 177 ASVG ist in § 149l Abs 1 lit a BSVG nur die Bedeutung zugewiesen, mit der von ihnen verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Erreichung des rentenbegründenden Gesamtausmaßes der Minderung der Erwerbsfähigkeit beizutragen („Stütztatbestand“). Wird nämlich das rentenbegründende Gesamtausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit für die erstmalige Feststellung einer Gesamtrente nicht allein aus Versicherungsfällen nach dem BSVG, sondern nur unter Berücksichtigung unter anderem eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit nach den §§ 175 177 ASVG erreicht, so sind solche Versicherungsfälle nach dem BSVG auf Antrag ab dem Zeitpunkt, zu dem eine Gesamtrente spätestens festzustellen gewesen wäre, gesondert zu entschädigen (§ 149l Abs 3 BSVG). Ein Vorunfall nach dem ASVG ist daher nach dieser Gesetzesstelle nur insoweit zu berücksichtigen, als er hilft, das rentenberechtigende Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 149d Abs 1 BSVG: 20 vH) zu erreichen. Auch auf diese Bestimmung lässt sich daher die vom Kläger begehrte Bildung einer Gesamtrente aus Versicherungsfällen (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) nach dem ASVG und dem BSVG nicht stützen (vgl 10 ObS 67/08p, SSV NF 22/42). Es ist für die beim Kläger vorliegende Sachverhaltskonstellation nach der maßgebenden Bestimmung des § 149l Abs 3 BSVG somit nicht die Bildung einer Gesamtrente unter Einbeziehung beider Versicherungsfälle nach dem ASVG und BSVG sondern lediglich die Gewährung einer gesonderten Entschädigung für einen Versicherungsfall nach dem BSVG (Arbeitsunfall vom ) vorgesehen.

2.5 § 149l Abs 4 BSVG regelt den Fall, in dem ein neuerlicher Versicherungsfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß verursacht (und daher bis zur Feststellung einer Gesamtrente gesondert zu entschädigen ist) sowie den weiteren Fall, in dem ein neuerlicher Versicherungsfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit unter der Rentenschwelle des § 149d Abs 1 BSVG verursacht (und daher nicht gesondert zu entschädigen ist), nach Ablauf von zwei Jahren aber in die Feststellung einer Gesamtrente einfließt. In diesem (zweiten) Fall ist auch für die Zeit vor der Bildung der Gesamtrente eine Entschädigung dieses Versicherungsfalls rückwirkend unter Bedachtnahme auf § 149d Abs 3 BSVG vorzunehmen, wenn die gesonderte Minderung der Erwerbsfähigkeit nach diesem neuerlichen Versicherungsfall jedenfalls 5 vH betragen hat. Dies gilt jeweils auch, wenn nur ein Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) vorliegt und diesem eine anerkannte Schädigung nach einer der im Abs 3 angeführten gesetzlichen Vorschriften vorangegangen ist (§ 149l Abs 4 letzter Satz BSVG). Die in § 149l Abs 3 BSVG aufgezählten Unfälle bzw Schädigungen (wie zB ein Arbeitsunfall nach § 175f ASVG) sind daher, wenn ihre Folgen mit Versicherungsfällen nach dem BSVG wie hier ein rentenbegründendes Ausmaß erreichen, auf Antrag ab dem Zeitpunkt, in dem eine Gesamtrente spätestens festzustellen gewesen wäre, gesondert zu entschädigen (zur vergleichbaren Bestimmung des § 210 Abs 4 ASVG Tarmann Prentner in Sonntag , ASVG 3 § 210 Rz 10). Auch unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 149l Abs 4 BSVG kommt somit im vorliegenden Fall nicht die vom Kläger begehrte Gewährung einer Gesamtrente sondern lediglich die Gewährung einer gesonderten Entschädigung für den Versicherungsfall nach dem BSVG (Arbeitsunfall vom ) in Betracht.

3. Im vorliegenden Fall hätte eine Gesamtrentenbeurteilung frühestens mit Eintritt der Konsolidierung der Unfallfolgen mit erfolgen können. Der neuerliche Versicherungsfall (Arbeitsunfall vom ) ist gemäß § 149l Abs 4 BSVG rückwirkend unter Bedachtnahme auf § 149d Abs 3 BSVG zu entschädigen. Nach dieser zuletzt genannten Gesetzesstelle fällt die Betriebsrente ein Jahr nach dem Eintritt des Versicherungsfalls an.

4. Dem Kläger war daher in Stattgebung der Revision der beklagten Partei für die Folgen seines Arbeitsunfalls vom eine Betriebsrente im Ausmaß von 10 vH der Vollrente ab zuzuerkennen. Gemäß § 89 Abs 2 ASGG war der beklagten Partei die Erbringung einer vorläufigen Zahlung aufzutragen, für deren Höhe sich allerdings aus dem Akteninhalt keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Klägers auf Gewährung einer Gesamtrente für die Folgen beider Arbeitsunfälle war aus den dargelegten Erwägungen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens und Vermögensverhältnisse für einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit an den im Revisionsverfahren zur Gänze unterlegenen Kläger wurden nicht geltend gemacht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2012:010OBS00114.12F.1120.000