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OGH vom 01.12.2021, 15Os128/21v

OGH vom 01.12.2021, 15Os128/21v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Mag. Frisch als Schriftführerin in der Strafsache gegen ***** E***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 14 Hv 24/21f20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** E***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie im Zeitraum von bis in ***** die ihr als Leiterin der Finanzbuchhaltung der S***** Betriebsgesellschaft mbH eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen, und zwar des genannten Unternehmens sowie der verbundenen Unternehmen H*****, E***** GmbH, O*****, der Sa***** Betriebsgesellschaft mbH sowie der B***** GmbH, zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch den genannten Unternehmen einen 300.000 Euro weit übersteigenden Vermögensschaden von insgesamt 4.062.141,02 Euro zugefügt, indem sie in zumindest 349 Angriffen Überweisungen von Geschäftskonten der genannten Unternehmen auf ihr Sparkonto durchführte und das Geld in weiterer Folge teils an ihre Kinder überwies und teils für eigene Zwecke verwendete.

[3] Gemäß § 20 Abs 3 StGB wurde ein Betrag von 3.000.000 Euro für verfallen erklärt, welcher den im Zeitraum ab erlangten (nicht rückgeführten) Vermögenswerten entspricht (US 2, 15).

Rechtliche Beurteilung

[4] Der von der Angeklagten gegen den Verfallsausspruch aus § 281 Abs 1 Z 11 (erster Fall) StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

[5] Entgegen dem Beschwerdevorbringen reicht es für den Ausschluss des Verfalls gemäß § 20a Abs 2 StGB idgF – anders als nach § 20a Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2010/108 betreffend die Abschöpfung der Bereicherung – nicht hin, dass sich die Angeklagte zur Befriedigung der zivilrechtlichen Ansprüche aus den Taten (nur) in einem vollstreckbaren Notariatsakt im Sinn des § 1 Z 17 EO (US 7, 15) verpflichtet hat (vgl 12 Os 31/19d, EvBl-LS 2020/40; RIS-Justiz RS0129916 [T3]).

[6] § 373b StPO räumt dem Opfer das – im Zivilrechtsweg geltend zu machende (RIS-Justiz RS0119496) – Recht ein, die Befriedigung seiner rechtskräftig zuerkannten Ansprüche aus dem vom Bund bereits vereinnahmten Vermögenswert zu verlangen. Die Bestimmung steht daher – gerade weil das Opfer zu einem Vorgehen nach § 373b StPO nicht verpflichtet ist – einer (wenngleich unerwünschten) „doppelten Abnahme“ des durch die Tat erlangten (oder diesem entsprechenden) Vermögenswerts selbst im Fall eines Zuspruchs im Adhäsionsverfahren oder in einem zivilgerichtlichen Urteil nicht entgegen, sodass daraus für den Standpunkt der Beschwerdeführerin, die aus der fehlenden Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Bundes nach § 373b StPO auf Basis (nur) eines Notariatsakts (arg „rechtskräftig zuerkannt“) die Erfüllung eines Ausschlussgrundes für den Verfall ableitet, nichts zu gewinnen ist.

[7] Der Angeklagten stünde jedoch – für den Fall von Zahlungen an die Geschädigten – eine nachträgliche Milderung des Verfalls nach § 31a Abs 3 StGB (§ 410 StPO) offen (vgl dazu Ratz in WK2 StGB § 31a Rz 8; Leukauf/Steininger/Tipold StGB4 § 31a Rz 9; Seiler PKStGB § 20a Rz 5, 10 f und § 31a Rz 9).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00128.21V.1201.000

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