OGH 22.10.2002, 10Ob225/02i
Rechtssatz
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Normen | ZPO §461 Abs1 Geo §545 Abs3 |
RS0117227 | Die Entscheidung über die Gegenforderung, die nur zu ergehen hat, wenn die Klagsforderung wenigstens zu einem Teil zu Recht besteht, hat (§ 545 Abs 3 Geo) als Teil des dreigliedrigen Urteilsspruchs zu ergehen. Die klagestattgebende Entscheidung des Erstgerichts ist daher vom Beklagten, der geltend machen will, dass der Ausspruch über die einredeweise erhobene Gegenforderung unzutreffend ist, weil das Erstgericht zu Unrecht deren Bestand oder deren Aufrechenbarkeit verneinte oder die prozessuale Unzulässigkeit der Geltendmachung der Gegenforderung annahm, mit Berufung zu bekämpfen (SZ 63/201), selbst wenn in der Zurückweisung der Aufrechnungseinrede ein (in das Urteil aufgenommener) Beschluss erblickt würde. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr sowie Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl S*****, vertreten durch Gruböck & Gruböck Rechtsanwälte OEG in Baden, gegen die beklagte Partei Johanna S*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 6,836.325,41 S = 496.815,14 EUR sA, infolge des als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichneten Rekurses der klagenden Partei und der außerordentlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungs- und Rekursgericht vom , GZ 16 R 12/02f-77, womit infolge Berufung beider Parteien und Rekurses der beklagten Partei das Urteil und der Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , GZ 22 Cg 249/95h-57, teilweise aufgehoben, teilweise bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der “außerordentliche Revisionsrekurs” der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte zuletzt von der Beklagten die Zahlung von 6.836.325,41 S = 496.815,14 EUR sA.
Die Beklagte wandte gegen die Klagsforderung Gegenforderungen von 5,160.211,88 S = 375.007,22 EUR und 1,971.236,70 S = 142.255,36 EUR aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht wies mit dem in sein Urteil aufgenommenen Beschluss - einer Einrede des Klägers folgend - die eingewendeten Gegenforderungen (gemeint wohl: die Aufrechnungseinrede) der Beklagten wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück und gab im Übrigen dem Klagebegehren mit 6,231.085,05 S = 452.830,61 EUR sA statt, während es das Klagemehrbegehren von 605.240,36 S = 43.984,53 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren abwies.
Gegen die Entscheidung des Erstgerichts erhob die Beklagte in getrennten, zu verschiedenen Zeitpunkten Schriftsätzen Rekurs, mit dem sie beantragte, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Gegenforderung von 1,971.236,70 S = 142.255,36 EUR sA als zu Recht bestehend in der Entscheidung berücksichtigt werde, und Berufung, mit der sie die Abänderung im Sinn einer gänzlichen Klageabweisung anstrebte. Der Kläger bekämpfte mit seiner Berufung den klageabweisenden Teil des Urteils des Erstgerichts. Das Gericht zweiter Instanz gab als Berufungs- und Rekursgericht in einer einheitlichen Entscheidung
a) dem Rekurs der Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Entscheidung über die Gegenforderung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf;
b) der Berufung des Klägers teilweise, der Berufung der Beklagten zur Gänze Folge und hob das angefochtene Urteil in seinem klagestattgebenden Teil einschließlich des Zinsenausspruches sowie im Kostenpunkt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs und die ordentliche Revision (gegen den bestätigenden Teil) nicht zulässig seien. Es bejahte die Rechtswegzulässigkeit der zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderung von 1.971.236,70 S = 143.255,36 EUR und führte unter anderem aus, der Berufung der Beklagten sei Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts im klagestattgebenden Teil aufzuheben, zumal die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung konnex sei, weshalb die Fällung eines Teilurteils unzulässig sei.
Gegen den Beschluss des Gerichtes zweiter Instanz, mit dem dieses dem Rekurs der Beklagten gegen die Zurückweisung der Gegenforderung Folge gab, richtet sich das als “außerordentlicher Revisionsrekurs” bezeichnete Rechtsmittel des Klägers.
Die Beklagte bekämpft mit ihrer außerordentlichen Revision die die Klageteilabweisung bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichts mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittel sind unzulässig:
1. Die Aufrechnungseinrede ist der Sachantrag des Beklagten, mit dem die Entscheidung durch Urteil begehrt wird, dass die Klagsforderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung ganz oder teilweise erloschen und das Klagebegehren deshalb abzuweisen ist (SZ 63/201; Fasching, Lehrbuch2, Rz 1283). Stellt die Aufrechnungseinrede einen eigenen Urteilsantrag dar, hat die Entscheidung über die Gegenforderung (die nur zu ergehen hat, wenn die Klagsforderung wenigstens zu einem Teil zu Recht besteht) im Urteilsspruch zu erfolgen, und zwar sowohl dann, wenn die Gegenforderung als zu Recht bestehend oder als nicht zu Recht bestehend erkannt wird, als auch wenn sie, weil die Aufrechnungsvoraussetzungen fehlen, abgewiesen oder aber die Aufrechnungseinrede wegen ihrer prozessualen Zulässigkeit zurückgewiesen wird (SZ 63/201; vgl die Formulierungsmuster bei Fasching aaO Rz 1293; Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht5 Rz 487 ff). Die Entscheidung über die Gegenforderung hatte in allen diesen Fällen (gemäß § 545 Abs 3 Geo) als Teil des dreigliedrigen Urteilsspruchs zu ergehen (SZ 63/201). Die klagestattgebende Entscheidung des Erstgerichts ist daher vom Beklagten, der geltend machen will, dass der Ausspruch über die einredeweise geltend gemachte Gegenforderung unzutreffend ist, weil das Erstgericht zu Unrecht deren Bestand oder deren Aufrechenbarkeit verneinte oder zu Unrecht die prozessuale Unzulässigkeit der Geltendmachung der Gegenforderung annahm, mit Berufung zu bekämpfen (SZ 63/201; vgl Fasching Kommentar III 585, zweiter Absatz aE). Dies ist allein schon deshalb gerechtfertigt, weil der Ausspruch über die Gegenforderung in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit der noch überprüfbaren Entscheidung über die Klagsforderung steht (SZ 42/168; SZ 63/201). Selbst wenn in der Zurückweisung der Aufrechnungseinrede ein (in das Urteil aufgenommener) Beschluss erblickt würde (vgl RZ 1985/36), hätte doch die Bekämpfung der klagestattgebenden Entscheidung durch den Beklagten (wegen des zu Recht Bestehens der Gegenforderung) mit dem gegen die Hauptsacheentscheidung zulässigen Rechtsmittel zu erfolgen (SZ 63/201).
Da die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels unerheblich ist (§ 84 Abs 2 ZPO), war der Rekurs der Beklagten, entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz, als Berufung zur behandeln. Der diesem Rechtsmittel Folge gebende, die Entscheidung des Erstgerichts abändernde Beschluss des Gerichts zweiter Instanz ist daher in Wahrheit ein im Berufungsverfahren ergangener Beschluss des Berufungsgerichts. Da die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an der wahren Verfahrenslage zu messen und gemäß § 84 ZPO die richtige Entscheidungsform der Erledigung zugrunde zu legen ist (SZ 63/201; JBl 1990, 253; ÖBl 1992, 160; 4 Ob 508/94 uva; Fasching aaO Rz 1186) ist daher der Revisionsrekurs als Rekurs zu behandeln und damit ein unzulässiges Rechtsmittel, weil Beschlüsse, die das Berufungsgericht im Berufungsverfahren fasst, nur in den Fällen des § 519 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO anfechtbar sind. Der Beschluss, mit dem das Berufungsgericht die Zurückweisung einer Aufrechnungseinrede aufgehoben und dem Erstgericht die Sachentscheidung “unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund” aufgetragen hat, gehört nicht dazu. Ist nämlich die Verwerfung einer Berufung, soweit diese Nichtigkeit wegen eines Prozesshindernisses geltend macht, nicht anfechtbar (Kodek in Rechberger, ZPO² § 519 Rz 3), aber auch der Beschluss des Rekursgerichts, mit dem in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses, mit dem in Stattgebung einer Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs das Verfahren für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen wurde, die Einrede verworfen und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wurde, unanfechtbar (EvBl 1996/20; Kodek aaO § 528 Rz 1), wäre es ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch, die Entscheidung des Berufungsgerichts, mit der es im Gegensatz zum Erstgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs für die Aufrechnungseinrede bejaht und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufträgt, für anfechtbar anzusehen. Ein dennoch erhobener Rekurs muss daher zurückgewiesen werden.
2. Die außerordentliche Revision der Beklagten bekämpft ihrer Anfechtungserklärung nach das Urteil des Berufungsgerichts in seinem die Abweisung eines Klageteilbegehrens bestätigenden Teil, dem Rechtsmittelantrag nach aber möglicherweise auch den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts, sodass es insoweit als Rekurs aufgefasst werden könnte. Eines Verbesserungsverfahrens in dieser Hinsicht bedarf es jedoch nicht:
Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Bestätigung der Abweisung eines Klageteilbegehrens richtet, fehlt der Beklagten die (formelle) Beschwer, weil die bekämpfte Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Antrag auf Klageabweisung der Revisionswerberin nicht zu ihrem Nachteil abweicht. Eine Beschwer durch die Begründung, die die Revisionswerberin rügt, und nicht durch den Spruch wird von der Rechtsprechung nur bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse (SZ 18/48; EFSlg 23.187 uva) und ebenso bei Zwischenurteilen anerkannt (EvBl 1964/229), sonst aber grundsätzlich abgelehnt (SZ 7/353; JBl 1953, 98 ua; Kodek aaO vor § 461 RZ 10). Nach ständiger Rechtsprechung (zB EFSlg 55.060; SSV-NF 4/26) ist ein Rechtsmittel mangels Beschwer zurückzuweisen. Als Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wäre das Rechtsmittel jedenfalls unzulässig, weil das Berufungsgericht nicht ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss zulässig ist (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO; EFSlg 85.354; RZ 1992/18; SSV-NF 10/12 ua).
Die Rechtsmittel waren daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr sowie Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl S*****, vertreten durch Gruböck & Gruböck, Rechtsanwälte OEG in Baden, gegen die beklagte Partei Johanna S*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 6,836.325,41 S = 496.815,14 EUR sA (Revisionsinteresse 43.984,53 EUR), infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungs- und Rekursgericht vom , GZ 16 R 12/02f-77, womit infolge Berufung beider Parteien und Rekurses der beklagten Partei das Urteil und der Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , GZ 22 Cg 249/95h-57, teilweise aufgehoben, teilweise bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang der Abweisung des Klageteilbegehrens von 605.240,36 S (= 43.984,53 EUR) samt 4 % Zinsen seit aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichtes Baden vom geschieden. Mit Gesellschaftsvertrag vom gründeten die Streitteile eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "Nerzfarm Kottingbrunn" zum Betrieb einer Nerzfarm. Die Beklagte war zu 60 %, der Kläger zu 40 % am Vermögen, Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt. Der Kläger betreibt eine Kürschnerei und einen Pelzhandel, an dem die Beklagte ab als stille Gesellschafterin am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt war.
Mit der am eingebrachten Klage begehrte der Kläger zuletzt (ON 51, S 1) von der Beklagten Zahlung von 6,863.325,41 S (= 496.815,14 EUR) samt 9,75 % bankmäßiger Zinsen seit . Dazu trug er im Wesentlichen vor, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei 1985 aufgelöst worden. Eine Liquidation habe nicht stattgefunden. Das bewegliche Betriebsvermögen (Maschinen und Anlagen) sei verkauft worden. Aus der laufenden Geschäftsbeziehung seines Einzelunternehmens mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe er zum eine Forderung von 11,393.875,69 S, die in den Jahresabschlüssen beider Unternehmen übereinstimmend ausgewiesen sei. Die Beklagte habe die Jahresabschlüsse unterfertigt und damit auch anerkannt. Die Forderung sei nie bestritten worden. Der Kläger habe für die Inanspruchnahme von Bankkredit in einer den Klagsbetrag übersteigenden Höhe 9,75 % Zinsen zu zahlen, sodass er Zinsen in dieser Höhe auf Grund des grob schuldhaften Zahlungsverzugs begehre. Mit Schreiben vom sei die (ursprüngliche) Klagsforderung von 4,869.260,91 S unter Fristsetzung geltend gemacht worden. Die Beklagte bestritt und beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Es sei nicht richtig, dass dem Kläger zum gegen die "Nerzfarm" eine Forderung von 11,393.875,69 S zustehe. Diese Forderung sei von der Beklagten auch nie anerkannt worden. In der Buchhaltung des Unternehmens des Klägers sei lediglich eine Forderung von 10,535.141,76 S enthalten. Wesentliche, sich aus der Buchhaltung ergebende Erträge und Erlöse seien darin nicht enthalten. Es seien auch Verbindlichkeiten gebucht worden, die keine Verbindlichkeiten der "Nerzfarm" gewesen seien. Von der Verbindlichkeit laut Buchhaltung des Klägers seien vom November 1980 bis Dezember 1985 erzielte Mieterlöse von 1,445.342,60 S abzuziehen. Die Streitteile hätten damals aus der Vermietung eines in ihrem Miteigentum stehenden Geschäftslokales in Baden Mieteinnahmen von monatlich rund 20.000,-- S gehabt. Davon seien rund 10.000,-- S monatlich zur Rückzahlung eines bei der Gründung der "Nerzfarm" aufgenommenen Kredites von 3,500.000,-- S verwendet worden. Der Kläger habe in der Buchhaltung der "Nerzfarm" die von der Beklagten geleisteten Rückzahlungen nicht berücksichtigt, sondern als Belastung verbucht. Aus dem Schadensfall Jensen ergebe sich ein Abzug von 176.169,-- S. Jensen sei Mitarbeiter der "Nerzfarm" gewesen. Der Kläger habe diesem privat ein Darlehen von rund 200.000,-- S zugezählt, das er seinerseits durch Aufnahme eines Bankkredites finanziert habe. Als Jensen seine Zahlungen eingestellt habe, habe der Kläger den von ihm aufgenommenen Kredit in der damals aushaftenden Höhe von 176.169,-- S zurückgezahlt und diesen Betrag als Verbindlichkeit der Nerzfarm gebucht. Im Zuge der Liquidation habe der Kläger die Anlagen der Nerzfarm an die Firma B***** um 280.000,-- DM verkauft und seinem Unternehmen zugeführt. Er habe diesen Betrag nicht der "Nerzfarm" gutgebucht. Weiters seien Beträge aus dem Verkaufserlös eines Traktors, Zinsenerträge Badenhopp, Zinsen eines Exportkredites und der Verkaufserlös eines PKWs in Höhe von insgesamt 193.499,-- S abzuziehen. Buchhalterisch ergebe sich somit lediglich eine Forderung des Klägers gegenüber der "Nerzfarm" von 6,667.731,16 S. Auch dieser Betrag werde bestritten, weil das Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmen der "Nerzfarm" einen solchen Betrag nicht zur Verfügung gestellt habe bzw eine Verbindlichkeit in dieser Höhe nicht bestanden habe. Hinsichtlich der im geltend gemachten Betrag enthaltenen Forderungen für Warenlieferungen und Dienstleistungen werde Verjährung eingewendet. Verjährt seien auch die Zinsenforderung aus dem ausgedehnten Betrag, soweit sie auf einen länger als drei Jahre zurückliegenden Zeitraum entfielen und die Zinsenforderung aus dem ursprünglich eingeklagten Betrag. Die Beklagte wandte weiters gegen die Klagsforderung
Gegenforderungen von 5,160.211,88 S (= 375.007,22 EUR) und
1,971.236,70 S (= 142.255,36 EUR) aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht wies mit dem in sein Urteil aufgenommenen Beschluss - einer Einrede des Klägers folgend - die eingewendeten Gegenforderungen (gemeint wohl: die Aufrechnungeinrede) der Beklagten wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und gab im Übrigen dem Klagebegehren mit 6,231.085,05 S (= 452.830,61 EUR) samt 4 % Zinsen aus 4,886.325,41 S vom bis , aus 4,869.260,91 vom bis und aus 6,231.085,05 S seit und 20 % USt aus diesen Zinsen statt, während es das Klagemehrbegehren von 605.240,36 S (= 43.984,53 EUR) sowie das Zinsenmehrbegehren abwies.
Es traf folgende - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Feststellungen:
Infolge behördlicher Auflagen wurde die Weiterführung der "Nerzfarm" unrentabel, sodass sich die Streitteile zur Beendigung der Gesellschaft per entschlossen. Die Buchhaltung der "Nerzfarm" wurde von der Beklagten geführt. Auf Grund dieser Buchhaltung wurden von einem Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater im Auftrag der Gesellschaft die Jahresabschlüsse 1980 bis 1985 erstellt, die jeweils nach eingehender Besprechung von den Streitteilen unterfertigt wurden. Lediglich der Jahresabschluss 1983 wurde vom Kläger nicht unterfertigt. Da zur Finanzierung der "Nerzfarm" Mittel aus dem Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmen des Klägers herangezogen wurden, schien laut Bilanz der "Nerzfarm" zum (richtig offenbar: 1985) ein Schuldsaldo gegenüber dem Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmen von 11,029.888,57 S auf. In der Bilanz des Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmens zum (richtig offenbar: 1986) ergibt sich zu diesem Stichtag ein Forderungssaldo (abzüglich Bewegungen bis [richtig offenbar: 1986]) von 10,535.141,76 S.
Zur Bedienung eines von der "Nerzfarm" aufgenommenen Kredites wurden die auf einem Konto des Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmens des Klägers eingehenden Mieten von monatlich 22.190,68 S auf das Kreditkonto der "Nerzfarm" im Zeitraum 11/80 bis 12/85 überwiesen, sodass sich diesbezüglich insgesamt 1,375.822,16 S als Verbindlichkeit der "Nerzfarm" gegenüber dem Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmen des Klägers ergeben.
Der Kläger bürgte für einen von Herrn Jensen, dem Leiter der Nerzfarm, aufgenommenen Kredit. Da Jensen den Kredit nicht zur Gänze zurückzahlte, wurde der Kläger als Bürge von der kreditgewährenden Bank zur Zahlung von 176.169,-- S herangezogen. Dieser Betrag wurde aus Mitteln der "Nerzfarm" im Jahr 1985 bezahlt und in der Buchhaltung der "Nerzfarm" auch unter Schadensfälle verbucht. In den Verrechnungskontensalden der Buchhaltung der Kürschnerei ist dieser Betrag nicht als Forderung gegenüber der "Nerzfarm" enthalten. Nach der Schließung der "Nerzfarm" wurden die zum Betrieb des Unternehmens erforderlichen Anlagen im Jahr 1986 an die Firma B***** verkauft. Der erzielte Betrag von 1,964.137,90 S wurde zur Saldoabdeckung der offenen Bankkredite, die zum Betrieb der "Nerzfarm" aufgenommen worden waren, herangezogen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass Beträge aus dem Verkaufserlös eines Traktors, Zinsenerträge der Firma Badenhopp, Zinsen für einen Exportkredit und aus einem Verkaufserlös eines PKW Alfa in Höhe von insgesamt 193.499,-- S aus dem Anlagevermögen der "Nerzfarm" nach Schließung der "Nerzfarm" erzielt werden konnten und dass dieser Betrag dem Kläger zugutegekommen wäre.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger für die Inanspruchnahme von Bankkrediten in einer den Klagsbetrag übersteigenden Höhe 9,75 % Zinsen zu zahlen hat.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sei einvernehmlich zum (richtig offenbar: 1985) beendet worden. Dieser Tag sei als Stichtag für die Teilung des gesellschaftlichen Vermögens im Verhältnis der Beteiligung der Streitteile am Vermögensstamm heranzuziehen. Zum habe das Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmen des Klägers gegenüber der "Nerzfarm" einen Forderungssaldo von 10,535.141,76 S gehabt. Die Unterzeichnung einer Bilanz einer OHG oder KG enthalte ein Anerkenntnis der Richtigkeit. Dieser Grundsatz sei auch auf die Bilanz einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes anzuwenden. Daher sei von der Richtigkeit der von der Beklagten unterzeichneten Bilanzen auszugehen. Im Forderungssaldo zum sei der sich aus dem Schadensfall Jensen ergebende Betrag von 176.169,-- S nicht enthalten. Die Erträgnisse aus dem Anlagenverkauf seien zur Abdeckung bestehender Bankschulden der "Nerzfarm" verwendet worden. Insgesamt ergebe sich somit, dass dem Kläger ein Betrag von 60 % des Forderungssaldos seines Kürschnerei- und Pelzhandelsunternehmens gegenüber der "Nerzfarm" zustehe. Dem Kläger seien daher 6,231.085,05 samt 4 % Zinsen aus 4,869.160,91 S vom bis und aus 6,231.085,05 S zuzusprechen. Da der Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 4,886.325,41 S gefordert und hiefür eine 14-tägige Zahlungsfrist gesetzt habe, seien erst ab diesem Tag Zinsen zuzusprechen gewesen. Da der Beklagten am die Klage über 4,869.260,91 S zugestellt worden sei, die eine 14-tägige Zahlungsfrist vorsehe, stünden ab Fälligkeit dieses Betrages gesetzmäßige Zinsen zu. Ab der Ausdehnung des Klagebegehrens gebührten Zinsen aus dem zugesprochenen Betrag. Es stünden nur die gesetzlichen Zinsen von 4 % zu, weil nicht festgestellt habe werden können, dass der Kläger einen Bankkredit in einer den Klagsbetrag übersteigenden Höhe in Anspruch nehme und hiefür 9,5 % Zinsen zu zahlen habe.
Gegen die Entscheidung des Erstgerichtes erhob die Beklagte in getrennten, zu verschiedenen Zeitpunkten eingebrachten Schriftsätzen Rekurs, mit dem sie beantragte, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Gegenforderung von 1,971.236,70 S (= 142.255,36 EUR) als zu Recht bestehend in der Entscheidung berücksichtigt werde, und Berufung, mit der sie die Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung anstrebte. Der Kläger bekämpfte mit seiner Berufung den klageabweisenden Teil des Urteiles mit dem auf Klagestattgebung im vollen Umfang gerichteten Abänderungsantrag.
Das Gericht zweiter Instanz gab als Berufungs- und Rekursgericht in einer einheitlichen Entscheidung
a) dem Rekurs der Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Entscheidung über die Gegenforderung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf;
b) der Berufung des Klägers teilweise, der Berufung der Beklagten zur Gänze Folge und hob das angefochtene Urteil in seinem klagestattgebenden Teil einschließlich des Zinsenausspruches sowie im Kostenpunkt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs und die ordentliche Revision (gegen den bestätigenden Teil) nicht zulässig seien. Es bejahte die Rechtswegzulässigkeit der zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderung von 1,971.236,70 S = 143.255,36 EUR. Der Berufung der Beklagten sei Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes im klagestattgebenden Teil aufzuheben, zumal die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung konnex sei, weshalb die Fällung eines Teilurteiles unzulässig sei. Der Rüge des Klägers, es hätte festgestellt werden müssen, dass der Forderungssaldo des "Pelzgeschäftes" gegenüber der "Nerzfarm" laut Buchhaltung und Bilanz des "Pelzgeschäftes" zum 11,393.875,69 S betragen habe, woraus sich die zuletzt geltend gemachte Klageforderung von 6,836.325,41 S ergebe, hielt das Berufungsgericht entgegen, damit würden nicht etwa nur die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, sondern die Feststellungen über den Forderungssaldo gerügt. Diese habe das Erstgericht allerdings in unbedenklicher Weise auf das Gutachten des Sachverständigen gestützt. Der Sachverständige habe den Saldo zum ermittelt. Dem habe sich das Erstgericht angeschlossen, zumal die Gesellschaft bürgerlichen Rechts einvernehmlich zum beendet worden sei. Soweit der Zinsenausspruch bekämpft werde, sei die Berufung des Klägers teilweise berechtigt. Zutreffend habe das Erstgericht nur 4 % Zinsen zugesprochen, zumal ein höherer Zinssatz nicht nachgewiesen worden sei. Ein Zuspruch von 5 % Zinsen nach Handelsrecht sei mangels Kaufmannseigenschaft der Beklagten nicht möglich. Dennoch werde das Erstgericht auch den Zinsenzuspruch von 4 % neu zu fassen und zu begründen haben, zumal der Zinsenlauf nicht nachvollziehbar sei. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes, soweit dieses die Abweisung des Klagebegehrens von 605.240,36 S (= 43.984,53 EUR) "samt Anhang" bestätigt, richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Zuspruches von 605.240,36 S "sA" abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrages auch berechtigt.
1.) Der Revisionswerber meint, die Begründung des Berufungsgerichtes, mit der es die Rüge fehlender Feststellungen zur geltend gemachten Forderung zum unter Übergehen wesentlicher Teile des Sachverständigengutachtens erledigt habe, sei derart mangelhaft, dass sie einer Nichtigkeit gleichkomme.
Der damit offenbar geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nicht vor. Der Tatbestand dieses Nichtigkeitsgrundes umfasst drei Fälle:
a) die Fassung des Urteiles ist so mangelhaft, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann;
das Urteil steht mit sich selbst in Widerspruch;
für die Entscheidung sind keine Gründe angegeben. Keiner dieser Fälle ist hier gegeben. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung konkret begründet. Die Begründung lässt sich auch überprüfen. Der Fall b) betrifft nur den Spruch; ein Widerspruch in den Gründen würde nicht ausreichen (EvBl 1958/111 uva). Die Revision wegen Nichtigkeit war dazu zu verwerfen.
2.) Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
3.) Die Rechtsrüge ist begründet.
Die einverständliche Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist jederzeit möglich, weil in § 1205 ABGB die Auflösungstatbestände nicht abschließend aufgezählt sind (Strasser in Rummel, ABGB2 § 1205 Rz 6 mwN; Jabornegg/Resch in Schwimann, ABGB2 § 1205 Rz 8). Die Auflösung der Gesellschaft lässt aber die einmal begründete Haftung der Gesellschafter hinsichtlich vorher entstandener gesellschaftlicher Verbindlichkeiten unberührt (Strasser aaO §§ 1202, 1203 Rz 10 mwN; Jabornegg/Resch aaO § 1203 Rz 9 mwN). Der Kläger nimmt die Beklagte aus ihrer anteiligen Haftung (§ 1203 Satz 2 ABGB) für Gesellschaftsschulden, die aus der laufenden Geschäftsbeziehung seines Einzelunternehmens mit der Gesellschaft entstanden seien, also als Gesellschaftsgläubiger in Anspruch. Das Erstgericht stellte zwar einen Forderungssaldo des Klägers gegen die Gesellschaft zum , dem nach den Feststellungen vereinbarten Tag der Auflösung der Gesellschaft fest, traf aber keine Feststellungen, die die Beurteilung erlaubten, ob der darüber hinausgeltend gemachte, vom Kläger zum berechnete Forderungsbetrag Forderungen betrifft, die vor der Auflösung der Gesellschaft entstanden waren. Zutreffend macht daher der Kläger in der Rechtsrüge in diesem Punkt einen Feststellungsmangel geltend, dessen Verneinung durch das Berufungsgericht vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen war und zur Aufhebung führen muss.
In Bezug auf die Bestätigung der Abweisung des 4 % übersteigenden Zinssatzes sowie der vor dem liegenden Zinsen wird in der Revision nichts ausgeführt. Insofern hat es bei der Abweisung zu bleiben.
Da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, waren die Urteile der Vorinstanzen daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben und die Streitsache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht zunächst den Kläger aufzufordern haben, darzulegen, aus welchen vor der Auflösung der Gesellschaft entstandenen Forderungen gegen die Gesellschaft sich das Klagebegehren zusammensetzt, da dies bislang nicht erörtert wurde. Die Art der Forderungen ist auch zur Prüfung des Verjährungseinwandes der Beklagten notwendig. Über nach Erörterung strittig gebliebene Tatsachenbehauptungen wird das Erstgericht Beweis aufzunehmen und Feststellungen zu treffen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2002:0100OB00225.02I.1022.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAD-80611