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OGH vom 25.05.2016, 9Ob23/16x

OGH vom 25.05.2016, 9Ob23/16x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Michael Ott und Mag. Christoph Klein, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 30.000 EUR sA und Zuhaltung einer Vereinbarung (Streitwert: 30.000 EUR; Gesamtstreitwert: 60.000 EUR), über den „ordentlichen“ Revisionsrekurs der beklagten Partei (Revisionsrekursstreitwert: 30.000 EUR), gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 40 R 194/15y 10, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 61 C 214/15w 2, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt als Mieterin einer Wohnung von der Beklagten als Vermieterin, gestützt auf eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen vom , im streitigen Rechtsweg

a) die Räumung der genannten Wohnung und Verwahrung der Fahrnisse;

b) die Zuverfügungstellung einer gleichwertigen Ersatzwohnung;

c) – h) die Durchführung konkret bezeichneter Sanierungsarbeiten in der gegenständlichen Wohnung sowie

i) die Zahlung von 30.000 EUR sA.

Das Erstgericht wies die Klage hinsichtlich der Punkte c) und d) sowie f) bis h) gemäß § 42 Abs 1 JN wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs a limine zurück. Da über diese Begehren gemäß §§ 3, 6 iVm § 37 Abs 1 Z 2 MRG im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden, davor jedoch zwingend die Schlichtungsstelle zu befassen sei (§§ 39, 40 MRG), sei das angerufene Gericht derzeit sachlich nicht zuständig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin gegen diesen Beschluss Folge, hob den Beschluss ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens auch über die rekursgegenständlichen Klagspunkte auf. Auch für diese Begehren sei der streitige Rechtsweg zulässig. Das Rekursgericht nahm weder einen Bewertungsausspruch noch einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der „ordentliche“ Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, in eventu dahin abzuändern, dass die Klage in den Punkten c) und d) sowie f) bis h) wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen werde. Beim „aufhebenden“ Beschluss des Rekursgerichts handle es sich um eine abändernde Entscheidung, die mit einem ordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 528 ZPO anfechtbar sei, weil das Rekursgericht nicht gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ausgesprochen habe, dass der Revisionsrekurs unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagen ist unzulässig.

Es trifft zu, dass es sich nach herrschender Rechtsprechung beim hier „aufhebenden“ Beschluss des Rekursgerichts, mit dem der Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts wegen Unzulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs beseitigt wird, in Wahrheit um eine abändernde Entscheidung handelt. Ein echter Aufhebungsbeschluss liegt nämlich nur dann vor, wenn eine bestimmte Frage, über die eine selbständige Entscheidung zu ergehen hat, vom Gericht zweiter Instanz noch nicht – jedenfalls für das a limine Stadium – abschließend erledigt wird, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll (RIS Justiz RS0044035; RS0044046; Kodek in Rechberger 4 § 527 ZPO Rz 3).

Die Anfechtbarkeit solcher Beschlüsse richtet sich nicht nach § 527 Abs 2 ZPO, sondern nach § 528 ZPO. In diesen Fällen hat das Rekursgericht Aussprüche nach § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 ZPO zu machen.

Nach ebenfalls ständiger Judikatur steht dem Beklagten kein Rechtsmittel gegen einen Beschluss zu, mit dem das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht (wegen Unzuständigkeit oder aus anderen formellen Gründen, wie etwa auch der Unzulässigkeit des Rechtswegs) a limine – demnach vor Eintritt der Streitanhängigkeit – zurückgewiesene Klage aufträgt (RIS Justiz RS0039200; zuletzt 1 Ob 263/15f; Mayr in Rechberger , ZPO 4 § 42 JN Rz 12).

Der Einwand der Revisionsrekurswerberin, mit dem angefochtenen Beschluss sei bindend über die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs für die in Rede stehenden Klagsansprüche entschieden, ist nicht berechtigt. Da die Beklagte zum maßgebenden Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz (1 Ob 263/15f) am Verfahren noch gar nicht beteiligt war und daher eine Entscheidung des Gerichts ihr gegenüber nicht bindend sein kann, steht ihr nach Einbeziehung in das Prozessrechtsverhältnis im fortgesetzten Verfahren grundsätzlich die Möglichkeit offen, das Fehlen von Prozessvoraussetzungen einredeweise geltend zu machen (RIS-Justiz RS0039200; Mayr in Rechberger , ZPO 4 § 42 JN Rz 3; Schneider in Fasching/Konecny 3 § 46 JN Rz 15 f mwN).

Der „ordentliche“ Revisionsrekurs der Beklagten ist daher zurückzuweisen (9 Ob 71/15d). Dabei wäre es ein überflüssiger Formalismus, wollte man die Akten dem Prozessgericht zweiter Instanz mit dem Auftrag zurückstellen, seinen Beschluss durch Aussprüche nach § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 ZPO zu ergänzen, an die der Oberste Gerichtshof ohnehin nicht gebunden wäre (RIS Justiz RS0042438 [T11]).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00023.16X.0525.000