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VfGH vom 30.11.1993, B1216/93

VfGH vom 30.11.1993, B1216/93

Sammlungsnummer

13609

Leitsatz

Keine Verletzung im Eigentumsrecht durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu einem Ausländergrunderwerb aufgrund eines Vermächtnisses; Bewilligungspflicht des Rechtserwerbs von Todes wegen durch die nicht zu den gesetzlichen Erben der Legatarin zu zählende Vermächtnisnehmerin

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland. Nachdem ihre beiden Versuche, eine einer österreichischen Staatsbürgerin gehörende Liegenschaft im Ausmaß von 1.094 m2 mit darauf befindlichem Haus in Kirchberg in Tirol käuflich zu erwerben, an der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung gescheitert waren, setzte die Eigentümerin die Liegenschaft mit Kodizill vom als Vermächtnis zugunsten der Beschwerdeführerin aus; am verstarb die Vermächtnisgeberin. Am bestätigte das Bezirksgericht Hopfgarten gemäß § 178 Außerstreitgesetz, daß das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin aufgrund des von der Erbengemeinschaft anerkannten Kodizilles im Grundbuch einverleibt werden könne.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu dem aus der letztwilligen Verfügung resultierenden Rechtserwerb, welche die Grundverkehrsbehörde Kirchberg in Tirol mit Bescheid vom auch erteilte. Über Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten erging der angefochtene Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , mit dem der Berufung Folge gegeben und dem Rechtserwerb durch die Beschwerdeführerin die Zustimmung versagt wurde.

Begründend führt die Berufungsbehörde aus, als Zeitpunkt des Erwerbes der Liegenschaft sei der Anfallstag, somit der Todestag der Vermächtnisgeberin anzusehen. Zu diesem Zeitpunkt () sei der Rechtserwerb gemäß § 3 Abs 1 lita des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. für Tirol 69/1983, genehmigungspflichtig gewesen; die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 2 lita GVG 1983 idF vor der Novelle LGBl. für Tirol 74/1991 könne nicht zur Anwendung kommen, da die Beschwerdeführerin nicht dem Kreis der gesetzlichen Erben der am verstorbenen Vermächtnisgeberin angehöre. Dem vorliegenden Rechtserwerb sei gemäß § 4 Abs 2 lita GVG 1983 die Zustimmung zu versagen gewesen.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

3. Die Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

4. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in welcher abschließend beantragt wird, die Beschwerde wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Nicht, wie die belangte Behörde vermeine, der Todestag der Legatarin, sondern der Zeitpunkt der Ausstellung der Amtsbestätigung gemäß § 178 Außerstreitgesetz am sei maßgeblich dafür, ob der vorliegende Rechtserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfe oder nicht. Der gegenständliche Rechtserwerb sei nach der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11777/1988 bereinigten Rechtslage, die mit Ablauf des maßgeblich gewesen sei, zu beurteilen. Gemäß § 3 Abs 2 lita leg.cit. idF ab sei für den vorliegenden Rechtserwerb eine Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde nicht mehr erforderlich gewesen. Indem die belangte Behörde dies übersehen habe, habe sie die Beschwerdeführerin in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.

1.2. Die Beschwerde ist nicht begründet:

1.2.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums würde nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen worden wäre oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985, 11650/1988).

1.2.2. Der Verfassungsgerichtshof konnte in Fällen der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung, die mit dem vorliegenden vergleichbar sind, schon bislang im Abstellen auf den Todestag nicht einen in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler erkennen (VfSlg. 12338/1990, ); das diese Rechtsprechung nicht berücksichtigende Beschwerdevorbringen veranlaßt den Verfassungsgerichtshof nicht, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Es bleibt sohin festzuhalten, daß der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie auf Grundlage des GVG 1983 angenommen hat, im Zeitpunkt des Rechtserwerbes habe dieser nach dem GVG 1983 der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung bedurft.

Es kann aber auch kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß ein solches Zustimmungserfordernis im Zeitpunkt der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde bestand.

Gemäß § 3 Abs 1 lita GVG 1983 bedarf, soweit im Abs 2 nicht anderes bestimmt ist, jeder Eigentumserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Gemäß ArtII Abs 1 des Landesgesetzes LGBl. für Tirol 74/1991 ist dieses Gesetz mit in Kraft getreten; nach seinem ArtI Z 6 erhielt § 3 Abs 2 lita GVG 1983 folgende Fassung:

"a) beim Rechtserwerb durch Erben oder Vermächtnisnehmer, sofern nicht von der Anordnung des Gesetzes oder des Erblassers oder von den Bestimmungen des Erbvertrages durch besondere Übereinkommen (Erbteilungsübereinkommen) abgegangen wird; bei Rechtsnachfolgern, die dem Personenkreis nach § 1 Abs 1 Z 2 angehören, jedoch nur dann, wenn die Rechtsnachfolger zu den gesetzlichen Erben zählen;"

Als Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland gehört die Beschwerdeführerin dem Personenkreis nach § 1 Abs 1 Z 2 GVG 1983 an. Sie zählt unbestrittenermaßen nicht zu den gesetzlichen Erben der Legatarin. Somit erweist sich aber der Eigentumsübergang ohne Zweifel als bewilligungspflichtig. Der bekämpfte Bescheid leidet sohin nicht an einer denkunmöglichen Anwendung von Rechtsvorschriften; die Beschwerdeführerin wurde daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

2. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder - da Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides weder vorgebracht wurden noch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hervorgekommen sind (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 3 Abs 1 und 2 und des § 4 Abs 1 GVG 1983 zuletzt etwa , , B1841/92) - wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wäre.

3. Die Beschwerde war deshalb insgesamt als unbegründet abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, und Z 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.