OGH vom 25.05.2016, 9Ob22/16z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. J*****, vertreten durch Dr. Clemens Vintschgau, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Birnbaum Toperczer Pfannhauser, Rechtsanwälte in Wien, wegen Rechnungslegung (Streitwert 7.000 EUR), aus Anlass der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 44 R 16/16b 11, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom , GZ 17 C 1286/15k 7, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die angefochtene Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteigt.
Text
Begründung:
Die Streitteile waren verheiratet und haben anlässlich ihrer Scheidung vereinbart, dass der Kläger bis zur rechtskräftigen Erledigung des Aufteilungsverfahrens sämtliche Kosten für die (näher bezeichnete) von ihm benutzte, der Beklagten gehörende Eigentumswohnung zu übernehmen habe.
Mit der gegenständlichen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Rechnungslegung über die Kosten der Wohnung sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Guthabensbetrags.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof kann die Revision des Klägers derzeit nicht erledigen, weil ihre Zulässigkeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann.
Besteht der Entscheidungsgegenstand nicht (ausschließlich) in einem Geldbetrag, so muss das Berufungsgericht in Rechtssachen, in denen die Wertgrenze von 5.000 EUR relevant ist, einen diesbezüglichen Bewertungsausspruch in seine Entscheidung aufnehmen (§ 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO). Der Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands nicht 30.000 EUR übersteigt (§ 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO), ersetzt nicht den Ausspruch, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR übersteigt oder nicht. Auch der Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision ersetzt diesen Ausspruch nicht, weil die rein formale Zulässigkeit des Rechtsmittels das Überschreiten der Wertgrenze voraussetzt und der Oberste Gerichtshof zwar nicht an den Ausspruch über die Zulässigkeit wegen Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage, wohl aber – innerhalb bestimmter Grenzen – an die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht gebunden ist (RIS Justiz RS0042544 [T7], RS0042429 [T2, T 15]; Kodek in Rechberger ZPO 4 § 500 Rz 8 mwN).
Gemäß § 502 Abs 5 Z 1 ZPO gelten die Abs 2 und 3 leg cit nicht für die in § 49 Abs 2 Z 2a und 2b JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten. Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 2a JN liegen hier von vornherein nicht vor.
Nach neuerer und inzwischen ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fallen Ansprüche, auch wenn sie sich aus einem aus Anlass einer einvernehmlichen Scheidung geschlossenen gerichtlichen Vergleich über die Scheidungsfolgen ergeben, jedenfalls dann nicht unter § 49 Abs 2 Z 2b JN, wenn für die Beurteilung der insoweit aufgeworfenen schuldrechtlichen Fragen nicht mehr die dem Eheverhältnis eigentümlichen Rechte und Pflichten maßgebend sind (vgl 5 Ob 134/10g; RIS Justiz RS0044093). Streitigkeiten aus dem gegenseitigen Verhältnis der Eheleute sind nur solche, die ohne Berücksichtigung der den Ehegatten kraft Gesetzes auferlegten besonderen Rechte und Pflichten nicht zu lösen sind; die Wurzel des konkreten Konflikts muss demnach in einem Meinungsstreit über Rechte und Pflichten liegen, die sich aus dem Eheband der Streitteile ergeben, zumindest muss das Eheverhältnis dafür mitbestimmend sein. Ein auch zwischen anderen Personen denkbares Rechtsverhältnis erzeugt keine Streitigkeiten, die für das gegenseitige Verhältnis von Ehepartner typisch sind (RIS Justiz RS0044093; RS0121843).
Für die im hier zu beurteilenden Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen ist das (frühere) Eheband der Streitteile nicht maßgeblich, weshalb die Ausnahme des § 502 Abs 5 Z 1 ZPO iVm § 49 Abs 2 Z 2a und 2b JN nicht gilt. D ie Akten sind daher dem Berufungsgericht zur Ergänzung seines Wertausspruchs zurückzustellen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00022.16Z.0525.000
Fundstelle(n):
JAAAD-80283