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OGH vom 20.09.1990, 7Ob574/90

OGH vom 20.09.1990, 7Ob574/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Egermann, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 8., Auerspergstraße 1, vertreten durch Dr.Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Gerhard H***, Galeriebesitzer, 2. Annemarie H***, Geschäftsfrau, beide Wien 8., Auerspergstraße 1, beide vertreten durch Dr.Peter Pewny, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 41 R 917/89-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 41 C 336/89y-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Mietvertrag vom vermietete die Klägerin den Beklagten die in einem angeschlossenen Plan näher dargestellten Räumlichkeiten im Palais Auersperg in Wien (ab dem Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung für die von den Mietern beabsichtigten Adaptierungen, spätestens jedoch ab ) auf unbestimmte Zeit. In diesem Mietvertrag wurde schriftlich vereinbart, daß die Vermieterin zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist unter anderem auch dann berechtigt sei, wenn sie das Palais Auersperg verkaufe und den Mietern für die von ihnen aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusage. Dieser Auflösungsgrund wurde auch als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart. Die Klägerin kündigte den Beklagten mit am bei dem Erstgericht eingelangtem Schriftsatz das Mietverhältnis zum aus den Gründen des § 30 Abs 2 Z 8 und Z 13 MRG auf. Sie werde die Liegenschaft an die Residenz Realbesitz AG verkaufen und den Beklagten die vereinbarte Ablöse bezahlen. Die Käuferin werde wesentliche Teile des Palais Auersperg für eigene Zwecke benötigen und würde bei Aufrechterhaltung des Mietvertrages einen größeren Nachteil erleiden, als er den Mietern aus der Kündigung erwüchse.

Die Aufkündigung wurde den Beklagten am zugestellt. Die Beklagten erhoben Einwendungen und bestritten darin das Vorliegen der behaupteten Kündigungsgründe.

Die Klägerin verkaufte mit Vertrag vom das Palais Auersperg an die Residenz Realbesitz AG; das Eigentum der Käuferin ist inzwischen bücherlich einverleibt worden.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Die Klägerin sei nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft. Überdies rechtfertige die Vereinbarung, daß der Verkauf des Hauses ganz allgemein als Kündigungsgrund gelte, nicht die Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG, weil gemäß § 30 Abs 3 MRG eine Vereinbarung, nach der dem Vermieter das Kündigungsrecht in einem weiteren Ausmaß als nach § 30 Abs 1 und Abs 2 MRG zustehen soll, rechtsunwirksam sei und das Bestehen von Mietverhältnissen die schon erfolgte Veräußerung nicht gehindert habe. Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG setze die unabänderliche und nur durch eine gerichtliche Kündigung zu verwirklichende Notwendigkeit voraus, den derzeitigen Zustand so bald als möglich zu beheben. Die klagende Partei mache unter diesem Kündigungsgrund aber geltend, daß nicht sie, sondern der Erwerber Teile der Liegenschaft für sich selbst benötige.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt und daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Klägerin sei als Vermieterin zur Aufkündigung legitimiert. Die Liegenschaft sei erst verkauft worden, nach dem das Verfahren bereits anhängig gemacht worden sei. Die Klägerin habe sich in der Aufkündigung auf den vereinbarten Kündigungsgrund (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG) gestützt und dort vorgebracht, sie werde das Palais Auersperg verkaufen. Sie habe den Kaufvertrag erst nach Zustellung der Aufkündigung abgeschlossen und sich selbst im Verfahren darauf berufen, daß der vereinbarte Kündigungsgrund nach Einbringung der Aufkündigung eingetreten sei. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung sei der Kündigungsgrund daher noch nicht vorgelegen. Wollte man aber die Vereinbarung so verstehen, daß schon die bloße Verkaufsabsicht als Kündigungsgrund gelte, sei die Vereinbarung nach § 30 Abs 3 MRG unwirksam, weil das Berufungsgericht den Verkauf eines Hauses entgegen der Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht als Kündigungsgrund, der im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG wirksam vereinbart werden könne, anerkenne. Die in den Entscheidungen MietSlg 35.382/36 und ImmZ 1989, 153 f, vertretene Rechtsauffassung führe zur Beseitigung eines der fundamentalen Grundsätze des Kündigungsschutzes zu Gunsten des Gedankens "Kauf bricht Miete". Es bestehe kein gerechtfertigtes Anliegen des Vermieters, bei Veräußerung der Liegenschaft einen höheren Preis zu erzielen, in dem er sich die Beendigung unter Kündigungsschutz stehender Mietverhältnisse für den Fall der Liegenschaftsveräußerung durch schriftliche Vereinbarungen des Kündigungsgrundes im Mietvertrag sichere. Wegen dieser abweichenden rechtlichen Beurteilung seien die Voraussetzungen für die ordentliche Revision (§ 502 Abs 1 ZPO) gegeben.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß die Aufkündigung nicht aufgehoben werde", hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes ist die Revision nunmehr nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung über die Kündigung in dem unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Rechtsstreit hängt von der vom Berufungsgericht zum Anlaß seines Ausspruches, mit dem es die ordentliche Revision für zulässig erklärte, genommenen Rechtsfrage, ob der Verkauf des Palais Auersperg rechtswirksam im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG als wichtiger und bedeutsamer Kündigungsgrund im Mietvertrag vereinbart werden konnte, nicht ab.

Dem klaren Wortsinn der Mietvereinbarung sollte der Verkauf des Palais Auersperg den Kündigungsgrund abgeben. Die Klägerin hat sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, im Verfahren erster Instanz selbst darauf berufen (siehe insbesondere ON 7), der vereinbarte Kündigungsgrund sei eingetreten, als das Palais verkauft wurde. Der Kaufvertrag wurde aber erst nach der Zustellung der Aufkündigung an die Beklagten abgeschlossen. Daß schon davor ein mündlicher Kaufvertragsabschluß vorlag, wurde nicht behauptet. Die in der Revision aufgestellte Behauptung, ein Verkauf sei (im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung) konkret erwogen und unmittelbar bevorstehend gewesen, erfüllt nicht das Kriterium der Rechtsverbindlichkeit und stellt darüber hinaus eine unzulässige Neuerung dar. Es stellt aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, daß für das Vorliegen des behaupteten Kündigungsgrundes der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an den Gegner maßgeblich ist: Insoweit sind Lehre und Rechtsprechung einheitlich (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, § 33 MRG Rz 26; Würth in Rummel ABGB § 33 MRG Rz 5; MietSlg 30.464, 35.388; EvBl 1965/89 ua). Auch im Fall der Entscheidung MietSlg 35.282/36 erfolgte die Aufkündigung erst am Tag nach Abschluß des Kaufvertrages über das Wohnhaus: Im Fall der Entscheidung ImmZ 1989, 154, hat zuerst überhaupt der Erwerber gekündigt. Da es immaßgeblichen Zeitpunkt am Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG fehlte, konnte selbst eine nach Zustellung der Aufkündigung erfolgte Verwirklichung des Kündigungsgrundes, die jedenfalls nicht vor dem Abschluß des Kaufvertrages am eingetreten sein konnte, nicht zur Wirksamerklärung der Aufkündigung aus diesem Grunde führen.

Auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG, der schon daran scheitert, daß das Bestandobjekt für Ausstellungs- und Verkaufszwecke gemietet wurde und nur ein Eigenbedarf der künftigen Käuferin geltend gemacht wurde, bei der jedenfalls § 30 Abs 3 zweiter Satz MRG zum Tragen käme, ist die Klägerin nicht mehr zurückgekommen.

Die Aufkündigung war schon deshalb aufzuheben, weil der Verkauf der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung noch nicht wirksam zustandegekommen war. Daß die bloße Verkaufsabsicht selbst dann, wenn sie bis zum Stadium vor Vertragsabschluß gediehen sein sollte, nicht einmal nach der Vereinbarung den Kündigungsgrund darstellte, folgt schon daraus, daß es die Vermieterin - unterstellt man die Zulässigkeit einer Vereinbarung dieses Kündigungsgrundes - in der Hand hätte, die Kündigungsschutzbestimmungen jederzeit dadurch zu umgehen, daß sie ihre Verkaufsabsicht nach erfolgreicher Kündigung aufgibt. Überdies mangelte es an der nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG erforderlichen Schriftform, weil die Verkaufsabsicht im Mietvertrag nicht als Kündigungsgrund vereinbart wurde (so auch 3 Ob 548/90, 1 Ob 576/90, 2 Ob 541/90, 4 Ob 530/90, 6 Ob 569/90).

Die Revision der Klägerin ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Klägerin hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen. Die Beklagten haben keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung, weil sie auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen haben (§§ 41, 50 ZPO).