VfGH vom 10.12.2003, B1202/02
Sammlungsnummer
17085
Leitsatz
Keine Auswirkungen der Aufhebung einer Bestimmung des Bezügegesetzes auf den Beschwerdeführer des Anlassverfahrens; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abberufung des infolge seiner Angelobung als Mitglied einer Landesregierung außer Dienst gestellten Beschwerdeführers als Sektionsleiter im Bundeskanzleramt, insbesondere keine Verletzung im Recht öffentlich Bediensteter auf ungeschmälerte Ausübung ihrer politischen Rechte; Kostenzuspruch
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisten Recht noch durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.142,00 bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Er wurde mit zum Leiter der (damaligen) Sektion III (Kunstsektion) im Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst bestellt. Auf Grund der BundesministerienG-Novelle BGBl. I 1997/21 wurden mit ua. die "Angelegenheiten der Kunst; Bundestheater" in den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes übertragen. Im Hinblick darauf wurde ua. die Planstelle des Beschwerdeführers gemäß § 16 Z 1 BundesministerienG in den Planstellenbereich des Bundeskanzleramtes übernommen; der Beschwerdeführer leitete dort die Sektion II (Kunstangelegenheiten).
Mit schriftlicher Erklärung vom bewirkte er gemäß § 254 Abs 1 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 (im Folgenden: BDG) - mit Wirkung vom - seine Überleitung in den Allgemeinen Verwaltungsdienst, u. zw. in die Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 8; im Hinblick darauf galt er gemäß Abs 4 leg. cit. - mit - für einen Zeitraum von fünf Jahren, d.h. bis , als mit der genannten Funktion (befristet) betraut.
Am wurde der Beschwerdeführer vom Wiener Landtag zum amtsführenden Stadtrat für Kultur und Wissenschaft gewählt und als solcher angelobt.
Dies teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom dem Bundeskanzleramt mit. Dieses gab ihm daraufhin mit Schreiben vom bekannt, dass er gemäß § 19 Abs 1 Z 1 BDG für die Dauer der Ausübung der genannten Funktion unter Entfall der Bezüge außer Dienst gestellt sei.
Mit Schreiben des Bundeskanzlers vom wurde der Beschwerdeführer von der Absicht verständigt, ihn von der Verwendung als Leiter der Sektion II des Bundeskanzleramtes abzuberufen, die er im Zeitpunkt der erwähnten Außerdienststellung innegehabt hatte. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Einwendungen und beantragte seine "im Zeitpunkt der Außerdienststellung bestehende beamtenrechtliche Stellung unangetastet zu lassen".
In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundeskanzlers vom gemäß § 38 Abs 2 iVm § 40 Abs 1 und 2 BDG - mit Wirkung von der Zustellung des Bescheides an - von der "zuletzt wahrgenommenen Verwendung als Leiter der Sektion II des Bundeskanzleramtes abberufen"; weiters wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer "[g]emäß § 141a BDG 1979 ... die für die Versetzung maßgebenden Gründe nicht zu vertreten" habe.
Der gegen diesen Bescheid des Bundeskanzlers erhobenen Berufung an die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport (im Folgenden: Berufungskommission) gab diese Behörde mit Bescheid vom keine Folge.
2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Gewährleistung der ungeschmälerten Ausübung der politischen Rechte der öffentlich Bediensteten sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht wird.
Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:
[1.] Entscheidungsgegenstand ist die Frage, ob ein gemäss § 19 Abs 1 BDG 1979 unter Entfall der Bezüge ausser Dienst gestellter Beamter gemäss §§40 Abs 2 iVm § 38 Abs 2 BDG von seiner bisherigen Verwendung abberufen werden kann.
Der Hohe Verfassungsgerichtshof hat zu B499/00-9 erkannt, dass diese Bestimmungen auf Verwaltungsbeamte, welche zu Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes ernannt und damit 'ausser Dienst gestellt' werden, nicht anwendbar sind, wobei der Lauf der fünfjährigen Frist gemäss §§254 Abs 4 bzw. 141 Absl BDG für die Dauer der Funktionsausübung gehemmt ist. Dies beruhe auf dem den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes in Art 147 Abs 2 B-VG eingeräumten und damit verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht.
Zweifellos ist der vom VfGH in diesem Zusammenhang dargelegte Schutz der richterlichen Unabhängigkeit seiner Mitglieder als Zielsetzung der genannten Verfassungsnorm richtig. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob ein derart verfassungsrechtlicher Schutz, wenn auch aus anderen Gründen, den Beamten, die gemäss § 19 BDG ausser Dienst gestellt wurden, eingeräumt ist.
Die belangte Behörde verneint dies. Da eine Rechtsnorm fehlt, beruft sie sich im wesentlichen auf eine im Interpretationsweg zu erschliessende bestehende einfach gesetzliche Regelung unter Hinweis auf die historische Entwicklung betreffend die Ausserdienststellung von Beamten bei Übernahme besonderer Funktionen. Sie ist damit nicht im Recht, wobei ihr schon aus historischer Sicht nicht gefolgt werden kann.
...
Aus der Kapitelüberschrift 'Ausserdienststellung' im BDG und dem gleichen Wort in Art 147 Abs 2 letzter Satz B-VG ergibt sich der, wenn auch auf verschiedener Motivation beruhende Wille des Gesetzgebers, Beamte, welche bestimmte Funktionen, sei es als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, sei es als eine der sonstigen, in § 19 BDG angeführten Positionen übernehmen, in den Auswirkungen auf ihr Dienstverhältnis zum Bund gleichzustellen.
Daran ändert auch nichts, dass seit [der] Dienstrechtsnovelle BGBl. 1983/612 die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes im Text der §§17-19 (Ausserdienststellung) des BDG nicht mehr aufscheinen. Damit wurde lediglich die Doppelanführung in B-VG und BDG beseitigt. Einer Anhebung der Schutzbestimmung zugunsten der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes auf verfassungsrechtliche Ebene kann dieser Vorgang nicht gedient haben, da eine solche ja bereits seit langem bestand.
[2.] Abgesehen von diesen Erwägungen wäre aber bei einer Interpretation der Auswirkungen des § 19 BDG auf die Bestimmungen der §§40 und 38 BDG bei mehreren gegebenen Möglichkeiten von der verfassungskonformen Version auszugehen gewesen. Eine solche liegt entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid vor.
Art 7 Abs 4 B-VG garantiert den öffentlichen Bediensteten einschliesslich den Angehörigen des Bundesheeres die ungeschmälerte Ausübung der politischen Rechte. Es ist richtig, dass Lehre und Rechtsprechung diesen Begriff dahin auslegen, dass damit jene Rechte zu verstehen sind, die den Berechtigten einen Einfluss auf die Staatswillensbildung einräumen. Sie folgen damit dem Wortlaut des Rechtssatzes 2 im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B21/27, jedoch unter Auslassung von Teilen der dortigen Begründung. In dieser führt der VfGH die Grundlage für seine Entscheidung an wie folgt:
'Dass Art 7 (2) (in damaliger Fassung) des Bundesverfassungsgesetzes die politischen Rechte im engeren Sinn im Auge hat, ergibt sich daraus, dass die Angehörigen des Bundesheeres, denen das Wahlrecht vorher nicht zustand, besonders erwähnt werden, ferner daraus, dass das Bundesverfassungsgesetz von politischen Rechten ausser im Art 7 (2), nur noch im Art 142 (3), spricht und darin den Begriff dieser Rechte ganz klar und unzweideutig in dem angeführten engeren Sinn verwendet. Nach Art 142 (3) des Bundesverfassungsgesetzes hat im Falle der Verurteilung eines der da selbst genannten obersten Bundes- und Landesorgane wegen der durch ihre Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen das verurteilende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes unter besonders erschwerenden Umständen auch auf zeitlichen Verlust der politischen Rechte zu lauten, worunter doch nur das Wahlrecht, nicht aber die Grund- und Freiheitsrechte wie die Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit verstanden werden können.'
Damit wurden dem 'Wahlrecht' als politischem Recht im engeren Sinn die Grund- und Freiheitsrechte wie Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit gegenübergestellt. Dies konnte und kann nur dahin verstanden werden, dass nach Ansicht jenes Erkenntnisses zu den politischen Rechten im engeren Sinn nicht nur das aktive und passive Wahlrecht zu allgemeinen Vertretungskörpern zu zählen ist. In Wahrheit finden sich auch keine vertretbaren Argumente, die genannten politischen Rechte auf gerade diese 'Wahlrechte zu allgemeinen Vertretungskörpern' zu beschränken.
Vielmehr ist Bedacht zu nehmen auf die direkte aber auch indirekte Einflussmöglichkeit des jeweils Berechtigten und verfassungsrechtlich Geschützten auf die staatliche Willensbildung an sich. Das bedeutet, dass auch Vollzugsorgane, soweit sie mittelbaren oder unmittelbaren Einfluss auf eine solche Willensbildung haben, in ihrem aktiven und passiven Wahlrecht zu solchen Organen verfassungsrechtlich geschützt sind. (siehe auch Koja: Die 'politischen Rechte' in der österreichischen Bundesverfassung, ÖJZ 1963, 646).
Ich wurde gemäss Art 101 Abs 1 B-VG vom Wiener Landtag als Mitglied der Wiener Landesregierung gewählt. Gemäss § 125 Abs 1 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, LGBl. 2001/26, sind Gesetzesvorlagen vom zuständigen Mitglied der Landesregierung in der Landesregierung einzubringen. Als Stadtrat habe ich daher einen mittelbaren Einfluss auf die Rechtserzeugung im Bundesland Wien. Damit falle ich in den Personenkreis, dessen 'politische Rechte' gemäss Art 7 Abs 4 verfassungsrechtlich geschützt sind. Dieser Schutz erstreckt sich rechtswirksam auch darauf, dass mit der Ausserdienststellung gemäss § 19 BDG abgesehen vom Entfall der Bezüge im Zusammenhang mit der Entbindung von der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben kein Verlust der beamtenrechtlichen Stellung verbunden sein darf. Diese Konsequenz ergibt sich nicht nur aus der Erwägung, dass Bewerbungen um die in § 19 BDG angeführten Positionen von höchst qualifizierten Beamten erwartet werden, welche durch den Verlust eines Teiles ihrer dienstrechtlichen Stellung von Bewerbungen Abstand nehmen würden, was abgesehen von einem empfindlichen Eingriff in die ungeschmälerten politischen Rechte für den Beamten auch zu einem empfindlichen Schaden für das Gemeinwesen führen könnte.
[3.] Aber auch der Umstand, dass bei der von der belangten Behörde angenommenen Zulässigkeit des Abberufungs- bzw. Versetzungsverfahrens die Rechtskontrolle auf einfach gesetzlicher Ebene empfindlich eingeschränkt ist, bestätigt diese Konsequenz. Der Rechtszug zum Verwaltungsgerichtshof ist im Versetzungsverfahren ausgeschlossen, der Standard der Berufungskommissionen hat nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht jenen eines Gerichtsforums. Die besonderen Regeln des Versetzungsverfahrens bieten daher - abstrahiert betrachtet - der Dienstbehörde die Möglichkeit, die ausser Dienst gestellten Beamten im Weg eines angeblichen dienstlichen Interesses zu benachteiligen, ohne dass diese sich davor umfassend schützen können. Dieses Ergebnis mag einseitig im Hinblick auf die erforderliche Mobilität der Verwaltung zu rechtfertigen sein, dort aber, wo es sich um Eingriffsmöglichkeiten in Verbindung mit politischen Aspekten handelt, ist es unvertretbar.
[4.] Gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde spricht auch noch ein weiterer Umstand. Der Gesetzgeber unterlässt jeden Hinweis darauf, dass die Ausserdienststellung gemäss § 19 BDG unter den Begriff eines 'dienstlichen Interesses' im Sinn von dessen § 38 Abs 3 fallen könnte. Es ist zwar richtig, dass die Fälle dienstlichen Interesses in jener Gesetzesstelle nicht abschliessend aufgezählt werden. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass eine Ausserdienststellung auch nur annähernd mit keinem der dort aufgezeigten Fälle vergleichbar ist.
Durch sein Schweigen bringt der Gesetzgeber daher erkennbar zum Ausdruck, dass eine Ausserdienststellung nach § 19 nicht zu Massnahmen gemäss § 38, 40 BDG berechtigt. Somit wurde ohne gesetzliche Grundlage eine Entscheidung getroffen, die essentiell mit meiner Stadtratsfunktion zusammenhängt, meine Rechtsstellung beeinträchtigt und somit auch eine negative Auswirkung auf die Ausübung meiner politischen Rechte als Beamter iSd Art 7 Abs 4 B-VG hat. In dem durch diese Norm verfassungsgesetzlich geschützten Recht werde ich daher durch den beschwerdegegenständlichen Bescheid mangels gesetzlicher Grundlage verletzt. Der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf § 10 des Bezügegesetzes BGBl. 273/1972 in der Fassung BGBl. 128/2000 vermag dessen Standpunkt nicht zu stützen, weil er am gegebenen Problem vorbeigeht. Diese Gesetzesstelle schliesst die Inhaber der in ihr nicht genannten Positionen des § 19 BDG keineswegs von einer 'Besitzstandeswahrung' aus, sie regelt lediglich den Bezügemodus für die in ihr Genannten. Die Nichtnennung beschränkt sich auch keineswegs auf die Mitglieder von Landesregierungen. Die Heranziehung dieser Gesetzesstelle für die Argumentation der belangten Behörde würde daher zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Gleichheitsverletzung führen.
[5.] Abgesehen von diesem Abgrenzungsaspekt ist auch absolut kein sachlicher Grund dafür denkbar, dass speziell Landesregierungsmitglieder weniger schützenswert seien, als Bundesregierungsmitglieder bzw. die sonstigen in § 10 Bezügegesetz genannten (begünstigten) Organträger. Gerade wenn man daher in Übereinstimmung mit der belangten Behörde davon ausgeht, dass diesen Begünstigten der Besitzstand auch puncto Arbeitsplatz gewahrt ist, stellt es sich als gleichheitswidrig dar, dass ein derartiger Schutz für mich nicht bestehen soll. Die verfassungsrechtlich vorgegebene föderalistische Staatsstruktur ist unvereinbar damit, dass eine Gebietskörperschaft solche Diskriminierungen zu Lasten anderer Gebietskörperschaften vornimmt und damit sachlich nicht begründete Ungleichheiten schafft. Es ist auch in diesem Zusammenhang das Gebot der verfassungskonformen Gesetzesinterpretation zu berücksichtigen, welches gerade im Hinblick auf die komplexe gegenständliche Regelung (siehe dazu auch die nachfolgenden Ausführungen) ganz zweifellos dahingehend Beachtung finden kann und muss, dass die Bestimmungen der §§38ff BDG 1979 auf Fälle der Dienstfreistellung nach § 19 dieses Gesetzes nicht anzuwenden sind.
[6.] Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass die einfach gesetzliche Rechtslage alles andere als einfach ist und deren Erforschung wohl besonderen Fleiss und eine gewisse Freude an der Lösung von Denksportaufgaben voraussetzt (ag. Bescheid S 20). Das Ergebnis solcher Bemühungen deckt sich allerdings nicht mit jener des angefochtenen Bescheides. Als Normbezogener habe ich vor der Bewerbung um das politische Amt des Mitgliedes einer Landesregierung für den Fall meiner Wahl die eintretenden Konsequenzen auf mein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu beurteilen. Die Schwierigkeiten einer solchen Beurteilung führt die belangte Behörde, wie oben ausgeführt, selbst aus.
Der Hohe Verfassungsgerichtshof verlangt von Normen ein unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erforderliches Mindestmass an Verständlichkeit. Dem entspricht eine Normenregelung nicht, welche nur mit subtiler Sachkenntnis, ausserordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksportaufgaben verstanden werden kann (VfSlg. 12420). Unter diesem Aspekt habe ich vor meiner Bewerbung nicht erkennen können, dass meine Ausserdienststellung gemäss § 19 BDG den Dienstgeber berechtigt, mich trotz Ausserdienststellung und Bezugsentfall von der Funktion des Leiters einer Sektion im BKA abzuberufen und mir auf einfachgesetzlicher Ebene eine nur beschränkt durch Rechtsmittel überprüfbare Ungewissheit zustünde. Nicht auf den konkreten Fall bezogene, sondern grundsätzliche politische Erwägungen in Verbindung mit der Gestaltungsmöglichkeit des 'dienstlichen Interesses', welches für eine Abberufung festzustellen wäre, können nicht ausgeschlossen werden. Es ist daher gemäss obigen Ausführungen die angefochtene Entscheidung an sich schon nicht rechtlich gedeckt. Sie beruht aber ausserdem auf einer Regelung, die mangels eines Mindestmasses an Verständlichkeit dem verfassungsrechtlichen Bestimmungserfordernis nicht gerecht wird.
[7.] Schliesslich mache ich auch [die] Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Richters zufolge Unzulässigkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gemäss § 41a Abs 5 letzter Satz BDG 1979 geltend. Dies in Kenntnis der gegenteiligen Judikatur des Hohen Verfassungsgerichtshofes. Dass nach dessen Formulierung die belangte Behörde (Berufungskommission) kein 'Tribunal' iSd MRK ist bzw. die dafür gegebenen Voraussetzungen insbesondere puncto richterlicher Unabhängigkeit für ihre Mitglieder nicht erfüllt sein müssen (Erkenntnis vom , B4768/96 u.a.), erweist sich gerade angesichts der Charakteristik meines Falles als unerträglich. Bei derartigen Entscheidungen, die im Vollzugsbereich einer Gebietskörperschaft mit wesentlicher Auswirkung auf Spitzenorgane einer anderen Gebietskörperschaft getroffen werden, muss die Gesetzmässigkeitskontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als absolut unverzichtbar gewertet werden. Ich mache dies ausdrücklich im Hinblick darauf geltend, dass ich mir eine MRK-Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorbehalte. Ich mache insbesondere eine Verletzung des Art 6 MRK geltend."
3. Die Berufungskommission legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt der Beschwerde nicht Folge zu geben.
II. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
1. Die §§19 Abs 1, 36 Abs 1, 38, 40 und 41a Abs 5 BDG lauten (in der hier jeweils maßgeblichen Fassung) wie folgt:
"§19. (1) Der Beamte, der
1. Bundespräsident, Mitglied der Bundesregierung, Staatssekretär, Präsident des Rechnungshofes, Präsident des Nationalrates, Obmann eines Klubs des Nationalrates, Amtsführender Präsident des Landesschulrates (Stadtschulrates für Wien), Mitglied der Volksanwaltschaft, Mitglied einer Landesregierung, Landesvolksanwalt, oder
2. a) Mitglied des Europäischen Parlaments oder
b) der Kommission der Europäischen Gemeinschaften
ist, ist für die Dauer dieser Funktion unter Entfall der Bezüge außer Dienst zu stellen."
"§36. (1) Jeder Beamte, der nicht vom Dienst befreit oder enthoben ist, ist mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung seiner Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes zu betrauen."
"§38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.
(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.
(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor
1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder
2. bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerber vorhanden sind, wenn der Beamte die für diesen Arbeitsplatz erforderliche Ausbildung und Eignung aufweist, oder
3. wenn der Beamte nach § 81 Abs 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder
4. wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.
(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs 3 Z 3 und 4 wie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs 3 Z 4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.
(5) Eine Versetzung des Beamten von Amts wegen durch das Ressort, dem der Beamte angehört, in ein anderes Ressort bedarf bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheides der schriftlichen Zustimmung des Leiters dieses Ressorts.
(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.
(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.
(8) Im Fall der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Beamten eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren."
"§40. (1) Wird der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. § 112 [betreffend die Suspendierung] wird hiedurch nicht berührt.
(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn
1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder
2. durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder
3. dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.
(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.
(4) Abs 2 gilt nicht
1. für die Zuweisung einer drei Monate nicht übersteigenden vorübergehenden Verwendung, wenn dem Beamten daran anschließend eine der bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zugewiesen wird,
2. für die Beendigung der vorläufigen Ausübung einer höheren Verwendung zur Vertretung eines an der Dienstausübung verhinderten oder zur provisorischen Führung der Funktion an Stelle des aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten und
3. für das Enden des Zeitraums einer befristeten Ernennung des Beamten, ohne daß dieser weiterbestellt wird."
"§41a.
...
(5) Die Berufungskommission hat ihre Entscheidung ohne unnötigen Aufschub, möglichst aber binnen drei Monaten ab Einbringung der Berufung zu treffen. Die Bescheide der Berufungskommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen."
2. § 10 Abs 1 des Bezügegesetzes idgF, auf den sich die belangte Behörde im bekämpften Bescheid ausdrücklich stützt, (s. dazu unten Pkt. III.) lautet wie folgt:
"§10. (1) Der Bundespräsident, Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder der Volksanwaltschaft, Landeshauptmänner und der Präsident des Rechnungshofes erleiden, wenn sie Bedienstete einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, einer solchen Stiftung, Anstalt oder eines solchen Fonds sind, deren Dienstrecht hinsichtlich Gesetzgebung in die Kompetenz des Bundes fällt, als solche in ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung keine Einbuße. Ihre Ruhe- und Versorgungsbezüge und - soweit § 13 Abs 9a des Gehaltsgesetzes 1956 nicht anderes bestimmt - ihre Dienstbezüge sind jedoch, solange sie einen im § 5 oder § 6 bezeichneten Bezug erhalten, so weit stillzulegen, als sie nicht einen Bezug auf Grund dieses Gesetzes übersteigen. Die Zeit der Stillegung ist für die Bemessung des Ruhe- oder Versorgungsgenusses nur anrechenbar, wenn hiefür ein Pensionsbeitrag entrichtet wird."
III. Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am , § 10 Abs 1 Bezügegesetz gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Mit Erkenntnis vom G45/03 hob der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (siehe das eben zitierte Erkenntnis vom ) - Beschwerde erwogen:
1. Die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde hat gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG nach der Rechtslage zu erfolgen, wie sie sich nach der Aufhebung der verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung darstellt. Nach Lage des vorliegenden Falles wirkt sich die Aufhebung des § 10 Abs 1 BezügeG aber auf den Beschwerdeführer - was dieser in Pkt. 5 des oben unter Pkt. I.2. wiedergegebenen Beschwerdevorbringens übersieht - nicht aus.
Des Weiteren stützt sich der bekämpfte Bescheid auf die - anders als der Beschwerdeführer meint (s. im Besonderen Pkt. 3 des Beschwerdevorbringens) - unbedenklichen Bestimmungen der §§38, 40 und 41a Abs 5 BDG (vgl. dazu VfSlg. 16.338/2001 mwH). Auch § 19 Abs 1 BDG erscheint - entgegen der diesbezüglichen Argumentation in Pkt. 6 des Beschwerdevorbringens - aus Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht verfassungsrechtlich bedenklich.
Daher ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
2. Mit seinen Ausführungen unter Pkt. 1. des Beschwerdevorbringens ist der Beschwerdeführer deshalb nicht im Recht, weil er dabei übersieht, dass für ihn eine dem Art 147 Abs 2 vorletzter Satz B-VG vergleichbare bundesverfassungsgesetzliche Vorschrift - die im Sinne des vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführten Erkenntnisses VfSlg. 16.110/2001 die Anwendbarkeit des § 40 BDG von vornherein ausschlösse (sva. Pkt. 3 vorletzter Absatz dieses Erkenntnisses) - nicht besteht.
3. Den Argumenten in Pkt. 2 und 4 des Beschwerdevorbringens ist Folgendes entgegenzuhalten:
Zwar schließt Art 7 Abs 4 B-VG - grundsätzlich - auch das Recht in sich, die Beamtentätigkeit neben der in Betracht kommenden politischen Funktion ohne Nachteile fortzusetzen (vgl. VfSlg. 13.976/1994). Für den Beschwerdeführer ist daraus jedoch insofern nichts zu gewinnen, als ihm als amtsführenden Stadtrat der Bundeshauptstadt Wien auf Grund der Verfassungsbestimmung des § 2 Abs 1 Unvereinbarkeitsgesetz 1983 die Ausübung eines Berufes mit Erwerbsabsicht ausdrücklich untersagt ist. Seine "Außerdienststellung" - wie sie § 19 BDG auch vorsieht - ist also bundesverfassungsgesetzlich geradezu geboten (woraus erhellt, dass sich der hier vorliegende Fall von dem mit oben erwähnten Erkenntnis VfSlg. 13.976/1994 entschiedenen ganz wesentlich unterscheidet). Angesichts dessen bestehen aber auch gegen die dienstrechtlichen Konsequenzen (hier die Abberufung des Beschwerdeführers von der Verwendung als Leiter der Sektion II des Bundeskanzleramtes), die sich - gestützt auf die §§40 iVm 38 BDG - im vorliegenden Fall aus der Außerdienststellung ergeben, mit Blick auf Art 7 Abs 4 B-VG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
4. Zu Pkt. 7 des Beschwerdevorbringens genügt es auf die einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, im Besonderen auf die Erkenntnisse VfSlg. 14.854/1997 und 16.338/2001, hinzuweisen, von der abzugehen der Verfassungsgerichtshof auch angesichts des hier vorliegenden Falles keinen Anlass sieht.
5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Ob der Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zu Grunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, dass eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 14.573/1996, 14.811/1997).
7. Da die Beschwerde jedoch insofern Erfolg hatte, als sie zur Aufhebung einer im Beschwerdefall präjudiziellen Gesetzesbestimmung, nämlich des § 10 Abs 1 Bezügegesetz, führte, waren dem Beschwerdeführer nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. 6505/1971, 13.545/1993) die Kosten der Beschwerde zuzusprechen. In den zugesprochenen Kosten sind € 180,00 Eingabengebühr sowie € 327,00 USt enthalten.