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OGH vom 16.04.1987, 7Ob570/87

OGH vom 16.04.1987, 7Ob570/87

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta, Dr.Egermann und Dr.Maier als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Claudia S***, Hausfrau, Bludesch, Hauptstraße 35, vertreten durch Dr.Richard Kempf, Rechtsanwalt in Bregenz, wider den Antragsgegner Albuin S***, Pensionist, Götzis, Steinat 4, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom , GZ. 1 a R 6/87-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bludenz vom , GZ. F 26/86-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Antragsgegner hat zu 9 Cg 4087/85 des Landesgerichtes Feldkirch eine auf § 49 EheG gestützte Ehescheidungsklage gegen die Antragstellerin eingebracht. Im Zuge dieses Verfahrens hat er das Eventualbegehren gestellt, die Ehe nach § 55 EheG zu scheiden. Die Antragstellerin hat für den Fall der Scheidung der Ehe nach § 55 EheG beantragt, das überwiegende Verschulden des Antragsgegners festzustellen.

Das Landesgericht Feldkirch hat mit Urteil vom , 9 Cg 4087/85-45, das auf § 49 EheG gestützte Scheidungsbegehren abgewiesen und die Ehe nach § 55 Abs. 1 EheG geschieden. Hiebei hat es ausgesprochen, daß der Antragsgegner die Zerrüttung der Ehe überwiegend verschuldet hat. Dieses Urteil wurde dem Vertreter des Antragsgegners am zugestellt. Der Antragsgegner hat gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch Berufung erhoben, und zwar wurde die Abweisung des Hauptbegehrens und für den Fall der Bestätigung dieser Abweisung der Ausspruch eines Verschuldens des Antragsgegners an der Zerrüttung der Ehe bekämpft. Der Antragsgegner stellte den Berufungsantrag, das Urteil dahin abzuändern, daß die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile geschieden werde, in eventu den Scheidungsausspruch nach § 55 EheG dahin abzuändern, daß der Verschuldensausspruch betreffend den Antragsgegner ausgeschieden werde.

Da das Berufungsgericht der Berufung nicht Folge gab, erhob der Antragsgegner eine Revision, deren Anträge inhaltlich den Berufungsanträgen entsprachen. Mit Urteil vom , 8 Ob 570/86-54, gab der Oberste Gerichtshof der Revision nicht Folge. Dieses Urteil wurde dem Vertreter des Antragsgegners am zugestellt.

Das Erstgericht hat den am von der Antragstellerin eingebrachten Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens mit der Begründung als verspätet abgewiesen, infolge Nichtanfechtung des Ausspruches über die Scheidung der Ehe sei dieser Ausspruch, ungeachtet der Erhebung einer Berufung, in Rechtskraft erwachsen. Demnach sei die Ehe mit rechtskräftig geschieden gewesen. Die Antragstellerin habe sohin die im § 95 EheG festgehaltene Jahresfrist versäumt.

Das Rekursgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den erstgerichtlichen Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens aufgetragen. Es führte hiebei aus, ein Teilurteil über ein auf § 55 EheG gestütztes Scheidungsbegehren sei dann unzulässig, wenn ein Antrag nach § 61 Abs. 3 EheG gestellt worden sei. Da dies hier der Fall gewesen sei, habe der Scheidungsausspruch vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht in Rechtskraft erwachsen können. Demnach habe die Antragstellerin die im § 95 EheG festgehaltene Frist nicht versäumt. Das Rekursgericht hat den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt.

Der vom Antragsgegner gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Die formelle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung bedeutet deren Unanfechtbarkeit, Unangreifbarkeit in dem Rechtsstreit, in dem sie erflossen ist (Fasching III, 690). Sie tritt so weit ein, als die Entscheidung nicht angefochten wurde (Fasching III, 691).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren ein Begehren auf Scheidung der Ehe nach § 49 EheG gestellt. Hilfsweise wurde auch die Scheidung der Ehe nach § 55 EheG begehrt. Die beiden vom Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren gestellten Begehren sind zwar nebeneinander zulässig, doch schließt die positive Erledigung des einen Begehrens eine positive Erledigung des anderen aus. Die Scheidung der Ehe nach § 49 ist an andere Voraussetzungen gebunden und hat andere Rechtsfolgen, als eine Scheidung der Ehe nach § 55 EheG. Es ist daher undenkbar, daß beiden Begehren stattgegeben wird. Der Anspruch auf Ehescheidung wegen schwerer Eheverfehlungen ist ein anderer Anspruch als der Anspruch auf Scheidung nach § 55 EheG (vgl. Fasching III, 723). Demnach handelt es sich bei einem der beiden Begehren um ein Eventualbegehren. Ein Eventualbegehren ist ein solches, über das vor Entscheidung über das Hauptbegehren nicht entschieden werden soll und darf. Im Ehescheidungsverfahren gehen, falls der Kläger bei mehreren Scheidungsbegehren keine Reihung trifft, Verschuldensgründe den anderen Scheidungsgründen vor (Pichler in Rummel, Rdz 3 zu § 46 EheG, SZ 43/150 u.a.). Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner eine Reihung im Sinne des aufgezeigten Regelfalles getroffen. Demnach war das Begehren auf Scheidung der Ehe nach § 49 EheG das Hauptbegehren, das Begehren auf Scheidung der Ehe nach § 55 EheG ein Eventualbegehren. Vor Abweisung des Hauptbegehrens durfte daher über das Eventualbegehren nicht entschieden werden.

Obsiegt der Kläger mit einem Eventualbegehren, so hat dies eine Abweisung des Hauptbegehrens zur Voraussetzung. Der Kläger ist daher durch die Abweisung des Hauptbegehrens beschwert und kann dagegen ein Rechtsmittel erheben (Fasching Zivilprozeßrecht Rdz 1134, Fasching III, 33, SZ 24/264 u.a.). Hat er mit seinem Rechtsmittel gegen die Abweisung des Hauptbegehrens im Sinne einer Abänderung dieser Entscheidung Erfolg, so führt dies notwendig zu einer Beseitigung der Entscheidung über das Eventualbegehren, weil eine solche Entscheidung überhaupt nur gefällt werden darf, wenn das Hauptbegehren abgewiesen wird. Demnach stellt eine Anfechtung der abweisenden Entscheidung betreffend das Hauptbegehren auch eine Anfechtung der Entscheidung über das Eventualbegehren dar, weil ein Erfolg der Anfechtung, wie bereits dargelegt, zu einer Vernichtung der Entscheidung über das Eventualbegehren führen muß. Dies zeigt aber, daß die Entscheidung über das Eventualbegehren solange nicht in Rechtskraft erwachsen kann, solange das Hauptbegehren nicht rechtskräftig abgewiesen worden ist. Für das Ehescheidungsverfahren bedeutet dies, daß ein Ausspruch auf Scheidung der Ehe nach § 55 EheG solange nicht rechtskräftig werden kann, als das vorrangig gestellte Begehren auf Scheidung der Ehe nach § 49 EheG nicht rechtskräftig abgewiesen worden ist. Daß im Berufungsantrag die Scheidung der Ehe aus gleichteiligem Verschulden verlangt wurde, ändert daran nichts, weil auch eine Entscheidung in diesem Sinne die erstgerichtliche Entscheidung über das Eventualbegehren beseitigt hätte.

Schon aus den aufgezeigten Erwägungen ergibt sich,daß der vorliegende Antrag innerhalb der Frist des § 95 EheG gestellt worden ist, weil diese Frist erst unter Berücksichtigung der Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Ehescheidungsverfahren berechnet werden kann. Es erübrigt sich sohin auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der erkennende Senat der in der Entscheidung EvBl.1986/179 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht beitritt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG.