OGH vom 30.05.1985, 7Ob570/85
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Wurz und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Vermögensberatungs-Gesellschaft m.b.H., Wien 1., Schmalzhofgasse 18, vertreten durch Dr.Wolfgang Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatung Gesellschaft m.b.H., Salzburg, Vogelweiderstraße 50, vertreten durch Dr.Peter Weidisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 346.595,-- samt Anhang, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom , GZ.32 R 9, 34/85-31, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg, vom , GZ.15 C 1189/82-26, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtenen Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 9.257,95 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 640,-Barauslagen und S 783,45 Umsatzsteuer) sowie die mit S 12.861,45 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 360,-- Barauslagen und S 1.081,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt an Provisionen S 352.820,-- für die Vermittlung von Geschäften, die sie für die C Kapitalbeteiligungsgesellschaft m. b.H. & Co.KG vorgenommen habe. Die Beklagte sei in diese Provisionsvereinbarung eingetreten. Im übrigen habe die Beklagte die Forderung ausdrücklich anerkannt.
Die Beklagte bestritt ihre passive Klagslegitimation und das von der Klägerin behauptete Anerkenntnis.
Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen, wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:
Zwischen der Klägerin und der D, Unternehmen für Kapitalanlagen Gesellschaft m.b.H. bestand jene Provisonsvereinbarung, aus der die Klägerin ihre Ansprüche ableitet.
Zwischen der D, Unternehmen für Kapitalanlagen Gesellschaft m.b.H. und der C Kapitalbeteiligungsgesellschaft m.b.H. bestand eine Vertriebsvereinbarung für Beteiligungen. Neben der Klägerin war auch die B, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft m. b.H. & Co.KG als Subvermittler tätig. Persönlich haftender Gesellschafter dieser letztgenannten Gesellschaft ist die Beklagte. Die Gesprächspartner der Klägerin waren sowohl Geschäftsführer der D, Unternehmen für Kapitalanlagen Gesellschaft m.b.H. als auch der Beklagten. Es kann nicht festgestellt werden, daß sich die Beklagte zu einer Zahlung an die Klägerin verpflichtet hat aber auch nicht, daß sie die Unternehmensnachfolge der D, Unternehmen für Kapitalanlagen Gesellschaft m.b.H. antrat. Demnach bestehe keine Haftung der Beklagten für Provisionsforderungen der Klägerin gegen die vorgenannte Gesellschaft.
Das Berufungsgericht hat die erstgerichtliche Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben. Hiebei übernahm es die Feststellungen darüber, daß nicht die Beklagte, sondern die D, Unternehmen für Kapitalanlagen Gesellschaft m.b.H.
Vertragspartnerin und Provisionsschuldnerin der Klägerin war. Die Klägerin habe ihre Forderung jedoch auch auf ein Anerkenntnis der Beklagten gestützt. Diesbezüglich müsse geprüft werden, ob die Verfasserin mehrerer Schreiben an die Klägerin, Eva E, die sowohl Geschäftsführerin der D, Unternehmen für Kapitalanlagen Gesellschaft m. b.H. als auch der Beklagten gewesen sei, ihre Erklärungen im Namen der Beklagten oder der erstgenannten Gesellschaft m.b.H. abgegeben habe, sowie ob diese Absicht für die Klägerin erkennbar war. Sollte sich hiebei eine für die Klägerin erkennbare Absicht der Eva E, die Erklärung namens der Beklagten abzugeben, herausstellen, wäre zu klären, ob es sich hiebei um ein konstitutives oder ein bloß deklaratives Anerkenntnis gehandelt habe. Hiebei werde neuerlich der Parteiwille durch Auslegung im Einzelfall zu ermitteln sein, wobei nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern deren Sinn zu erforschen sei. Da die Beklagte Komplementärin der B, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft m.b.H. & Co.KG sei, würde sie gemäß § 128 HGB für Schulden dieser Firma haften, weshalb die Haftung der Beklagten für die Klagsforderung auch dann gegeben wäre, wenn lediglich ein konstitutives Anerkenntnis der B, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft m.b.H. & Co.KG vorliegen sollte.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs, dem nur mehr ein Betrag von S 346.595,-- samt Anhang zugrundeliegt, ist gerechtfertigt.
Die Klägerin hat zwar in der Klage vorgebracht, ihrer Gesamtforderung liegen eine Reihe von Provisionsforderungen zu Grunde, von denen jede einzelne einen Betrag von S 30.000,-- nicht übersteigt, doch ist im vorliegenden Verfahren nur mehr strittig, ob die Beklagte auf Grund eines Anerkenntnisses des gesamten Klagsbetrages hafte oder nicht. Dieses Anerkenntnis würde daher, seine Richtigkeit vorausgesetzt, einen eigenen Rechtsgrund für die Forderung gegen die Beklagte ergeben. Eine für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erforderliche Zusammenrechnung verschiedener Forderungen ist nach der nunmehrigen Fassung des § 55 JN bereits dann vorzunehmen, wenn zwischen diesen Forderungen ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht (Petrasch in ÖJZ 1983, 173). Hiebei ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen. Da die Klägerin im vorliegenden Fall ihren Anspruch auf ein einheitliches Anerkenntnis bezüglich sämtlicher Teilforderungen stützt, liegt ein einheitlicher Rechtsgrund vor, sodaß sämtliche Forderungen zusammenzurechnen sind. Der Rekurs ist daher gemäß § 528 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 502 Abs. 4 Z. 2 ZPO auf jeden Fall zulässig. Die im Rekurs hauptsächlich angeschnittene Rechtsfrage, nämlich der Haftung der Beklagten für die Schulden der B, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft m.b.H. & Co.KG wurde vom Berufungsgericht richtig gelöst. Die Beklagte ist persönlich haftender Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft. Gemäß § 162 Abs. 2 HGB finden auf die Kommanditgesellschaft, soweit nicht in diesem Abschnitt etwas anderes vorgeschrieben ist, die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung. Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern besteht bei allen Gesellschaftsverbindlichkeiten. Den Gläubigern steht es daher frei, von welchem Gesellschafter sie die Leistung fordern wollen. Sie können alle oder nur einen Gesellschafter belangen. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Gesellschafter verpflichtet (SZ 46/122, GesRZ 1978, 74 u.a.). Die für oder gegen die offene Handelsgesellschaft begründeten Rechte und Pflichten haben unmittelbare Auswirkungen auf die Gesellschafter, sodaß diese materiellrechtlich in ihrer Gesamtheit das Subjekt der Rechte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft bilden (GesRZ 1979, 33 u.a.). Wäre daher die B, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft m.b.H. & Co.KG, durch ein Anerkenntnis Schuldnerin der Klägerin geworden, so würde die Beklagte als persönlich haftende Gesellschafterin dieses Unternehmens der Klägerin unmittelbar und persönlich auf Grund dieses Anerkenntnisses der Kommanditgesellschaft haften. Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, käme auf Grund der von ihm übernommenen Feststellungen eine Haftung der Beklagten nur aus dem Titel eines Anerkenntnisses in Frage. Diesbezüglich hat sich die Klägerin ausschließlich auf das Schreiben vom (Beilage ./B) berufen. Weitere Beweisanträge wurden diesbezüglich nicht gestellt, weshalb die Aufhebung zwecks Durchführung der Parteienvernehmung zu diesem Punkte nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr ist ausschließlich vom Urkundeninhalt auszugehen, sodaß es sich bei der Beurteilung dieser Frage um eine solche der rechtlichen Beurteilung handelt. Diese rechtliche Beurteilung kann ohne Verfahrensergänzung vorgenommen werden.
Richtig hat das Berufungsgericht erkannt, daß nur ein konstitutives Anerkenntnis einen selbständigen Verpflichtungsgrund bilden könnte. Das unechte (deklarative) Anerkenntnis ist eine bloße Wissenserklärung des Schuldners, mit der dieser keine Rechtsfolgen herbeiführen will, sondern nur bekanntgibt, daß das Recht des Gläubigers seines Wissens nach besteht (Ertl in Rummel, Rdz.7 zu § 1380). Maßgeblich sind vor allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses. Geht man von dem Inhalt der Beilage ./B aus, so kann diese unter Zugrundelegung der oben aufgezeigten Kriterien lediglich als eine Wissenserklärung, demnach also als ein bloß deklaratives Anerkenntnis angesehen werden. Es wird dort lediglich auf die ziffernmäßige Höhe einer Abrechnung verwiesen, nicht jdoch zum Ausdruck gebracht, daß der Schreiber mit dieser Erklärung eine bestimmte Schuld unabhängig von einer bestehenden Verpflichtung anerkennen wollte.
Da sohin von einem konstitutiven Anerkenntnis nicht ausgegangen werden kann und im übrigen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes bezüglich des Nichtvorliegens eines sonstigen Haftungsgrundes der Beklagten nicht mehr bekämpft ist, ist die Sache im Sinne der Klagsabweisung spruchreif.
Der Oberste Gerichtshof konnte daher in der Sache selbst im Sinne einer Klagsabweisung entscheiden (§ 519 Abs. 2 ZPO). Demnach war das Ersturteil wieder herzustellen.
Infolge der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung mußte sich der Oberste Gerichtshof auch mit dem Rekurs der Beklagten gegen die Kostenseparationsentscheidung des Erstgerichtes auseinandersetzen. Dieser Rekurs ist nicht gerechtfertigt. In der Tagsatzung vom (ON 16) beantragte die Klägerin Kostenseparation, weil die beiden ordnungsgemäß zur Parteienvernehmung geladenen Geschäftsführer der Beklagten nicht erschienen waren. Auch bei der nächsten Tagsatzung am (ON 22) waren die beiden Geschäftsführer trotz Ladung zur Parteienvernehmung nicht anwesend, weshalb die Tagsatzung auf den erstreckt werden mußte. Diese Tagsatzung diente im wesentlichen nur der Einvernahme der beiden Geschäftsführer. Die ergänzende Einvernahme der Zeugin Eva E war ebenfalls nur im Hinblick darauf, daß die Geschäftsführer seinerzeit nicht erschienen waren, notwendig, weil diese Zeugin bereits in der Tagsatzung vom vernommen worden war, weshalb die im Hinblick auf die Aussage der Geschäftsführer der Beklagten erforderlichen Ergänzungen der Einvernahme der Zeugin E entbehrlich gewesen wären, wenn die Geschäftsführer ihrer Ladung Folge geleistet hätten. Sohin handelt es sich bei der Tagsatzung vom (ON 25) um einen zusätzlichen Aufwand, der nur auf Umstände zurückzuführen ist, die ausschließlich bei der Beklagten lagen. Gemäß § 48 Abs. 1 ZPO hatte daher die Beklagte die Kosten dieser Tagsatzung allein zu tragen, zumal eine Kostenseparation nach dieser Gesetzesstelle einerseits auch von Amts wegen verfügt werden kann und andererseits kein Verschulden voraussetzt. Daß entgegen § 142 Abs. 2 ZPO über den Kostenseparationsantrag nicht sofort entschieden wurde, schließt eine solche Entscheidung schon deshalb nicht aus, weil die zu ersetzenden Mehrkosten erst durch die Tagsatzung vom aufgelaufen sind und vorher eine Entscheidung gar nicht möglich gewesen wäre.
Der vom Erstgericht der Beklagten auferlegte Betrag entspricht den ordnungsgemäß verzeichneten Kosten für die Tagsatzung vom , weshalb die erstgerichtliche Entscheidung auch in diesem Punkte wiederherzustellen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.