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OGH vom 19.10.1994, 7Ob568/94

OGH vom 19.10.1994, 7Ob568/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Heinz Oppitz und Dr.Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Stadt Linz, vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer und Dr.Alfred Hawel, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 450.000 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 207/93-18, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom , GZ 4 Cg 183/92-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Gemeinderat der beklagten Partei beschloß am die Gründung der Firma D***** GesmbH (DCG), die im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragen wurde. Die beklagte Partei ist nunmehr deren alleinige Gesellschafterin. Gegenstand des Unternehmens ist die Planung und Errichtung von Baulichkeiten für die beklagte Partei nach Maßgabe von im einzelnen abzuschließenden Verträgen. Mit Übereinkommen vom übertrug die beklagte Partei der DCG die Planung und Errichtung seines Kongreß- und Ausstellungszentrums. In diesem Übereinkommen wurde unter anderem folgendes festgehalten: "Die Planung und Errichtung des Kongreß- und Ausstellungszentrums durch die Gesellschaft erfolgt im Namen und für Rechnung der Stadt (Punkt 3.). Es besteht Einverständnis darüber, daß an dem zu errichtenden Bauwerk einschließlich technischer Ausstattung und Einrichtung unmittelbar Eigentum der Stadt entsteht (§ 2 Punkt 4.)." Im Rahmen der Bauausführung hatte die DCG unter anderem die Entscheidung über die Ausschreibung zu treffen, die in Betracht kommenden Firmen auszuwählen, die Anbotseröffnung durchzuführen und mit den Offerenten zu verhandeln, um möglichst wirtschaftliche Bedingungen zu erzielen.

Mit Schreiben vom lud die DCG im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung betreffend die Stahlbauarbeiten mehrere Unternehmen, darunter auch die klagende Partei, zur Anbotslegung bis spätestens , 9,30 Uhr ein. In dieser Ausschreibung wurde ausdrücklich angeführt, daß das Kongreß- und Ausstellungszentrum von der DCG im Namen und für Rechnung der Stadt Linz errichtet werde. Bei den übersendeten Ausschreibungsunterlagen befanden sich auch die allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Ausführung von Leistungen, Ausgabe März 1991 (AVB), in denen darauf hingewiesen wurde, daß diese Bestimmungen Bestandteil der einzelnen Verträge seien. In der Einladung wurde darauf hingewiesen, daß der DCG durch die Ausschreibung und Entgegennahme des Anbotes keine wie immer geartete Verpflichtung erwachse und daß die Bieter nicht berechtigt seien, an der Angebotseröffnung teilzunehmen. Weiters war in den AVB festgehalten, daß dem Auftraggeber die freie Auswahl für die Vergabe der Arbeiten unter den gelegten Angeboten vorbehalten sei. Die angeschlossenen Ausschreibungsunterlagen wiesen hinsichtlich der technischen Anforderungen vorwiegend auf die einschlägigen Ö-Normen. Eine Einbeziehung der das Vergabeverfahren regelnden Ö-Norm A 2050 konnte aber nicht festgestellt werden.

Bereits vor Beginn der Ausschreibung war die staatlich autorisierte Prüf- und Versuchsanstalt der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich mit der brandschutztechnischen Begutachtung des geplanten Kongreß-Zentrums betraut worden. Dieses Gutachten war den Ausschreibungsunterlagen nicht beigelegt. Es wurden jedoch die daraus abgeleiteten Werkstoffmengen und -maße, welche nach statischen Gesichtspunkten deutlich überhöht waren, der Ausschreibung zugrunde gelegt.

Die klagende Partei erstellte ihr Anbot ausgehend von den im Leistungsverzeichnis vorgeschriebenen Mengen. Sie gab dieses Anbot, das eine Gesamtsumme von S 38,700.553 ohne Umsatzsteuer auswies, am beim Magistrat der Stadt Linz, das ist die in der Ausschreibung angeführte Abgabestelle, ab. Dem Anbot waren neben anderen Unterlagen die unterzeichneten AVB beigelegt. Die klagende Partei wies in einem Begleitschreiben darauf hin, daß sie im Auftragsfall noch über die einzelnen Bestimmungen verhandeln werde. Sie gab die geplante Zusammenarbeit mit der tschechischen Firma V***** bekannt, die vor allem in den Bereichen Ingeneering, Fertigung und Montage unter Leitung der klagenden Partei tätig werden sollte.

Die V***** reichte ebenfalls ein Hauptanbot und zwei Varianten desselben ein. Das Hauptanbot orientierte sich an den in der Ausschreibung auf Grund des Brandschutzgutachtens vorgegebenen Mengenangaben und belief sich auf eine Nettosumme von S 58,799.0113,91. Bei den Varianten 1 (Anbotssumme S 51,621.831,26) und 2 (Anbotssumme S 48,243.591,26) ging die V***** von eigenen statischen Berechnungen aus und gelangte demnach zu reduzierten Blech- bzw Profilstärken.

Im Zeitpunkt der Angebotseröffnung lagen fünfzehn Angebote von insgesamt dreizehn Interessenten vor, wobei nach Prüfung der Nettosummen, die bei der klagenden Partei den Betrag von S 37,682.339,90 ergab, das Angebot der klagenden Partei an erster Stelle lag, während die Angebote der V***** an sechster bis achter Stelle gereiht wurden. Die klagende Partei wurde von der Reihung der Anbote nicht informiert.

Vom 22.5. bis wurden die Angebote ausgewertet. Die Bieter wurden zu Verhandlungen und technischen Gesprächen eingeladen, weil sich auf Grund der in einzelnen Punkten unzureichenden Ausschreibung die Notwendigkeit ergeben hatte, Ergänzungen und Präzisierungen vorzunehmen. Die Bieter wurden nach Gesprächen mit dem verantwortlichen Architekten auf die besonders großen Anforderungen an Qualität und Perfektion der Ausführung hingewiesen und aufgefordert, bezüglich dieser "finish-Anforderungen" (vor allem Einschränkung der Toleranzen im Hinblick auf die Ebenheit der Sichtflächen) die erforderlichen Nachtragsangebote zu legen. Die präziseren Vorgaben für die Ausführung von Details wurden den Offerenten übermittelt.

Die klagende Partei überarbeitete daraufhin ihr ursprüngliches Angebot und legte am 24.6. und am Nachtragsofferte, welche die erweiterten Auflagen entsprechend berücksichtigten und auch zusätzliche Konstruktionen enthielten. Der dadurch anfallende Mehraufwand wurde in Rechnung gestellt und bei den folgenden Preisverhandlungen ins Kalkül gezogen.

Anfang Juli 1991 besichtigten Vertreter der DCG die Firma V***** an Ort und Stelle. Die Firma V***** wurde als Sublieferant der klagenden Partei für qualitativ geeignet befunden, insbesondere auch hinsichtlich der Fertigungsqualität. Hinsichtlich der Montageart stellte man Unterschiede zum Verfahren der V***** fest, doch es gab prinzipiell keine Einwände. Zudem wurde die Frage, wie die Montage konkret durchzuführen sei, weiteren Gesprächen vorbehalten.

Die V***** brachte auf Grund von Gesprächen mit dem Planungsteam am eine Modifikation der ursprünglich angebotenen Variante 2 ein, in der von reduzierten Mengen ausgegangen wurde und die nachträglichen technischen Anforderungen entsprechend berücksichtigt wurden. Es mußte insbesondere bei den Decken eine grundlegende Überarbeitung vorgenommen werden, um geringere Toleranzen zu erzielen. Die Anbotssumme dieser Variante betrug S 42,613.894,30.

Am fand zwischen der klagenden Partei und der DCG das Schlußgespräch statt, in dem über alle technischen und kaufmännischen Punkte endverhandelt wurde. Dabei wurde vor allem auch die konkrete Montagearbeit erläutert. Nach eingehenden Preisverhandlungen gewährte die klagende Partei letztlich einen Nachlaß von 4 %. Der Endpreis für die Durchführung der Stahlbauarbeiten wurde schließlich mit S 37,548.000 festgehalten. Ob der klagenden Partei bei diesem Gespräch verbindlich zugesagt wurde, daß sie den Auftrag erhalten werde, kann nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei setzte die Firma V***** am von den Verhandungsergebnissen in Kenntnis und wies nochmals auf die Anforderungen hinsichtlich Montage und Produktqualität hin. Gleichzeitig gab sie der Firma V***** die Vereinbarungen mit der DCG hinsichtlich der zeitlichen Abwicklung, der Zahlungsbedingungen und der Gewährleistungsmodalitäten bekannt. Anschließend teilte die klagende Partei der DCG die Akzeptanz dieser Punkte mit und sicherte die problemlose Auftragsabwicklung zu. Hiebei äußerte die klagende Partei insoweit Bedenken, als sie von der Firma V***** informiert wurde, daß Vertreter der V***** sehr detaillierte Fragen betreffend ihres Angebotes gestellt hätten.

Inzwischen hatte sich herausgestellt, daß das Brandschutzgutachten in seiner ursprünglichen Form von der Baubehörde nicht akzeptiert wurde. Während dieser Umstand keinen Einfluß auf das Angebot der klagenden Partei hatte, war die Variante der V***** vom aus technischen Gründen nicht mehr realisierbar. Dies hatte auch eine gravierende Änderung der Kalkulationsgrundlagen zur Folge. In einem am zwischen der DCG und der V***** geführten Gespräch wurde diese Thematik auch unter kaufmännischen und preislichen Aspekten erörtert. Die DCE legte neue Rahmenbedingungen fest und räumte der V***** eine letzte Frist bis ein, um die endgültige Dimensionierung und den endgültigen Preis festzulegen. Die V***** legte am ein auf Basis ihres ersten Angebotes ausgerichtetes Anbot vor und verhandelte noch am selben Tag mit der DCG über die technischen Punkte und kaufmännischen Bedingungen der Auftragsabwicklung. Im Unterschied zum ursprünglichen Hauptanbot wies das Anbot vom bei grundsätzlich gleichen Mengenangaben, abgesehen von fünf Positionen, zum Teil deutlich niedrigere Einzelpreise aus. Nach zähen Verhandlungen erklärte sich die V***** schließlich bereit, auf die nunmehr angebotenen Preise einen Nachlaß von 1,1 % zu gewähren, sodaß letztlich der Preis mit einer Nettosumme von S 37,489.103,23 festgesetzt wurde. Damit lag die V***** um S 58.896,77 unter dem zuletzt fixierten Preis der klagenden Partei. Ob der V***** der mit der klagenden Partei zuletzt ausgehandelte Preis mittlerweile bekanntgeworden war, kann nicht festgestellt werden.

Durch die Verhandlungen sowohl mit der klagenden Partei als auch mit der V***** wurde die qualitative, technische und kaufmännische Gleichstellung der Anbote erzielt.

Nach dem verhandelte die DCG weder mit der V***** noch mit der klagenden Partei weiter. Zuvor hatte es jedoch Gespräche zwischen diesen beiden Bietern bezüglich der Bildung einer ARGE zur Ausführung der Stahlbaubarbeiten gegeben. Das der DCG am vorgelegte ARGE-Angebot über S 39,901.303 wurde aber wegen der hohen Differenz zu dem letzten Offert der V***** von der Geschäftsführung abgelehnt.

In der am stattfindenden Sitzung des Aufsichtrates der DCG beschloß dieser auf Antrag der Geschäftsführung, die Stahlbauarbeiten an die V***** mit einem Auftragswert von S 37,489.100 zu vergeben.

Mit Schreiben vom machte die klagende Partei die DCG darauf aufmerksam, daß eine Vergabe der Arbeiten an die V***** einen massiven Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und damit gegen die Vergaberichtlinien darstelle. Gleichzeitig äußerte sie den Verdacht, daß die Anbotssumme der klagenden Partei im Zuge der Verhandlungen der V***** zur Kenntnis gelangt sei. Um den Zuschlag dennoch zu erhalten, bot die klagende Partei nun auf alle Positionen ihres Angebotes einen Rabatt von 1 % an.

Am wurde in einer weiteren Aufsichtsratssitzung der DCG der Bericht des Kontrollamtes der Stadt Linz vom , der eine Stellungnahme zur Anwendung der Vergabevorschriften sowie zur Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Zuge des abgewickelten Ausschreibungsverfahrens enthielt, diskutiert. Der Beschluß vom über die Vergabe der Stahlbauarbeiten wurde aber vollinhaltlich aufrecht erhalten. Eine Berücksichtigung des nachträglich gewährten zweiten Nachlasses der klagenden Partei wurde unter Berufung auf den Grundsatz der Gleichbehandlung abgelehnt.

Die klagende Partei begehrte S 450.000 primär als Erfüllungsinteresse, das rechnerisch ihrem entgangenen Gewinn aus dem angestrebten Auftrag entspreche. Hilfsweise machte sie geltend, daß ihr allein im Zusammenhang mit der Anboterstellung Auslagen in der Höhe von S 524.860 entstanden seien. Da die DCG bei der Ausschreibung im Namen und auf Rechnung der beklagten Partei gehandelt habe, sei die Vergabeordnung der beklagten Partei einzuhalten gewesen. Es sei jedoch insbesondere gegen den vorgesehenen und verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen worden. Der Zuschlag hätte der klagenden Partei als Bestbieter erteilt werden müssen. Es sei unzulässig gewesen, mit der V***** weiter zu verhandeln, deren weitere Anbote zuzulassen und dieser schließlich auf Grund eines verspätet abgegebenen Anbotes den Auftrag zu erteilen. Dieses rechtswidrige Verhalten der DCG bzw deren Aufsichtsrates, der sich trotz des eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bestätigenden Berichtes des Kontrollamtes der Stadt Linz über die Bestimmungen der Vergabeordnung der beklagten Partei hinweggesetzt habe, sei der beklagten Partei als der durch die DCG vertretenen juristischen Person zuzurechnen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden sei. Die V***** habe sich bei Erstellung der ursprünglichen Anbote in einem Geschäftsirrtum befunden, weil sie von der Anerkennung des ihr bekannten Brandschutzgutachtens durch die betreffende Behörde ausgegangen sei. Es sei daher lediglich aus technischen Gründen eine Überarbeitung des ursprünglichen Anbotes notwendig geworden. Das Anbot der V***** sei aus technischer Sicht befriedigender erschienen. Nach Anbotseröffnung seien nicht nur mit der V**********, sondern auch mit anderen Bietern Verhandlungen geführt worden. Nach der Vergabeordnung der Stadt Linz seien Anbotsänderungen nach Anbotseröffnung noch möglich. Das letztlich gestellte Anbot sei nicht verspätet gewesen, weil es lediglich eine Überarbeitung des ursprünglichen Anbotes dargestellt habe. Im übrigen finde die Vergabeordung keine Anwendung, weil die DCG keine Dienststelle der beklagten Partei, sondern ein selbständiger Rechtsträger sei, der ausschließlich den Grundsätzen des Privatrechts unterliege. Die Anwendung der Ö-Norm A 2050 sei nicht vereinbart worden. Im Einladungsschreiben sei unter den AVB vielmehr klargestellt worden, daß der Stadt Linz durch die Ausschreibung und Entgegennahme der Anbote keine Verpflichtungen erwachsen, daß die Bieter an der Anbotseröffnung nicht teilnahmeberechtigt seien und daß sich die Auftraggeber die freie Auswahl für die Vergabe vorbehalten. Zudem begründe die Vergabeordnung keine subjektiven Rechte der Rechtsunterworfenen, sondern binde nur den Rechtsträger.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Ansicht, daß die DCG zwar ein ausgegliedertes Unternehmen der beklagten Partei, im vorliegenden Fall aber nur im Namen und auf Rechnung der beklagten Partei tätig geworden sei. Der Umstand, daß sich die beklagte Partei der DCG bedient habe, könne keinen Einfluß auf die Frage der Anwendbarkeit der Vergabeordnung haben. Die klagende Partei könne dennoch aus der Vergabeordnung keinen Rechtsanspruch auf ein vergaberechtskonformes Verhalten der DCG und damit der beklagten Partei ableiten, weil in den AVB und im Einladungsschreiben darauf hingewiesen worden sei, daß die wesentlichen Punkte der Vergabeordnung nicht eingehalten werden. Der DCG könne im übrigen auch keine schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten angelastet werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt worden. Nach Anbotseröffnung sei nicht nur mit der V*****, sondern auch mit der klagenden Partei in technischer und preislicher Hinsicht verhandelt worden. Es könne daher von der Vorlage eines neuen und damit verspäteten Angebotes der V***** keine Rede sein, auch wenn das Beweisverfahren keinen Hinweis darauf ergeben habe, daß sich die V***** in einem Geschäftsirrtum befunden habe. Das Weiterverhandeln mit der V***** nach dem Schlußgespräch mit der klagenden Partei sei technisch notwendig gewesen. Letztlich sei der Zuschlag ja doch dem Bestbieter erteilt worden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Da die DCG sich selbst als Bauherr bezeichnet und in ihrer Einladung im Rahmen der beschränkten Ausschreibung Bedingungen festgelegt habe, die der Vergabeordnung der beklagten Partei nicht entsprochen hätten, habe die klagende Partei nicht auf die Einhaltung der Vergabeordnung vertrauen dürfen. Es sei ihr auch nicht gelungen darzutun, daß die beklagte Partei auf Grund des Verhaltens der klagenden Partei annehmen hätte müssen, daß die klagende Partei mit der Einhaltung der Vergabeordnung rechne. Die klagende Partei habe selbst Nachtragsofferte gelegt, Preisverhandlungen geführt und letztlich einen Nachlaß von 4 % eingeräumt. Allein der Umstand, daß die DCG im Namen und für Rechnung der beklagten Partei gearbeitet habe, rechtfertige im Hinblick auf das konträre Vorgehen der DCG nicht die Annahme der klagenden Partei, daß die einschlägigen Ö-Normen oder die Vergabeordnung der beklagten Partei anzuwenden seien. Die DCG sei zwar als Vertreterin der beklagten Partei ebenfalls an die Vergabeordnung gebunden gewesen, habe jedoch mit ihrem Verhalten mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck gebracht, sich darüber hinwegzusetzen. Die Frage nach der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei daher nicht mehr weiter zu prüfen.

Die Revision sei zuzulassen, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Verletzung von Vergabenormen durch ausgegliederte Unternehmen und zur Frage des Vertrauens des Vertragspartners auf die Einhaltung der Vergabenormen durch ausgegliederte Unternehmen vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich in den letzten Jahren mehrfach mit

dem Vergabewesen der öffentlichen Hand und der Frage des Einflusses

der Vergabenormen auf das Anbieter-Bieterverhältnis zu befassen (4 Ob

406/87 = ÖBl 1989, 77 = WBl 1988, 433 = SZ 61/134; 1 Ob 539/88 = WBl

1988, 342 = SZ 61/90; 1 Ob 663/89 = JBl 1990, 520 = Jus extra 1990,

390 = ecolex 1990, 144; 4 Ob 535/89 = RdW 1990/2; 6 Ob 564/91 = WBl 1991, 338 = AnwBl 1991, 854 = ecolex 1991, 769).

Das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum und das damit in Kraft getretene Bundesvergabegesetz bewirkten für den vorliegenden Fall - abgesehen davon, daß im Bundesvergabegesetz ausschließlich das Bundesvergabewesen geregelt wird und sich die Länder noch nicht zu entsprechenden Modifikationen entschließen konnten - noch keine Änderung der hier maßgeblichen Rechtslage (vgl die Übergangsbestimmung des § 104 Bundesvergabegesetz). Das hier zu beurteilende Rechtsverhältnis zwischen dem Vergeber der Leistung und dem Bieter entbehrt ebenso wie alle anderen bisher vom Obersten Gerichtshof behandelten Fälle einer näheren gesetzlichen Regelung. Das Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, BGBl 1981/452 (GATT-Abkommen) enthält keine diesbezüglichen Bestimmungen. Es betrifft auch nicht die Parteien dieses Verfahrens. Die Anwendung einer bestimmten, die Vorgangsweise bei der Vergabe regelnden Norm (insbesondere Ö-Norm A 2050 oder die Vergabeordnung der beklagten Partei) wurde nicht vereinbart.

Im Sinne der zitierten, insoweit nunmehr als gesichert anzusehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes liegt jedoch die Einhaltung von Vergabevorschriften nicht nur im Interesse des Ausschreibenden und der öffentlichen Hand, die die Mittel zur Verfügung stellt, sondern dient auch dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise. Die Vergabevorschriften legen der öffentlichen Hand im vorvertraglichen Stadium zu beachtende Verhaltenspflichten auf, auf deren Einhaltung auch die Bieter vertrauen dürfen (1 Ob 539/88 mit Literaturnachweisen). Die Verletzung dieser "Selbstbindungsnormen" und die Nichtbeachtung des sich aus Art 7 B-VG sowie Art 2 Staatsgrundgesetz ergebenden Gleichbehandlungsgebotes durch den Vergeber kann daher im vorvertraglichen Schuldverhältnis nach den Grundsätzen der Haftung für culpa in contrahendo zu Schadenersatzverpflichtungen des Vergebers führen (4 Ob 406/87 mit Literaturnachweisen; 4 Ob 535/89). Wenngleich man nicht den gesamten Normenkomplex als Inhalt vorvertraglicher Sorgfaltspflichten sehen kann, so wirken sich Vergaberegeln jedenfalls in ihren Grundlinien und Hauptanliegen aus. Soweit die öffentliche Hand im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Ausschreibungen vornimmt, wird die sich aus den vorvertraglichen Sorgfaltspflichten ergebende Verpflichtung des Ausschreibenden, die Bewerber gleich zu behandeln und nicht einzelne zu diskriminieren, durch verfassungsrechtliche Erwägungen gestützt. Es ist weitgehend anerkannt, daß der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz auch im Verhältnis der öffentlichen Hand als Träger von Privatrechten zum einzelnen Rechtssubjekt Anwendung findet, soweit dies sachlich überhaupt möglich ist. Bei Ausschreibungen versteht sich dies geradezu von selbst (Aicher in Korinek-Rill, Zur Reform des Vergaberechtes, 345 ff; 1 Ob 663/89).

Die Entscheidung 4 Ob 146/93, veröffentlicht in WBl 1994, 169, steht entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht der beklagten Partei dem bereits in drei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes mit umfangreicher Begründung und unter Hinweis auf die Lehre zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, daß das verfassungsrechtlich verankerte Gleichheitsgebot bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten ist, nicht entgegen. Es ging dort um einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt und ein nicht vergleichbares Rechtsproblem. Im übrigen läßt auch die zitierte Entscheidung keinen Zweifel daran, daß ein Versorgungsunternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter die öffentliche Hand ist, wie ein Unternehmen der öffentlichen Hand zu behandeln ist und das im Kern ihrer Tätigkeit die Pflicht zur Gleichbehandlung trifft. Daß in dieser Entscheidung auf ein Versorgungsunternehmen abgestellt wurde, ergibt sich daraus, daß die Frage nach dem Kontrahierungszwang strittig war, läßt aber nicht den von der beklagten Partei gewünschten Schluß zu, daß die öffentliche Hand, wenn sie nicht im Versorgungsbereich tätig wurde, den Gleichheitsgrundsatz trotz sachlicher Rechtfertigung nicht beachten müßte.

Aus den aufgezeigten Erwägungen folgt vielmehr, daß Bund, Länder und Gemeinden im Vergabeverfahren zwingend zur Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes und damit jener Vergabenormen - auch wenn diese bloß eine interne Dienstanweisung darstellen - verpflichtet sind, die das Gleichbehandlungsgebot zur Durchsetzung bringen und dessen Einhaltung gewährleisten sollen. Könnte sich die öffentliche Hand dieser Verpflichtung einfach dadurch entledigen, daß sie in der Ausschreibung darauf hinweist, keine Verpflichtungen eingehen und sich nicht an die die Gleichbehandlung statuierenden Bestimmungen halten zu wollen, könnte dieses Gebot jederzeit umgangen werden. Der Zweck der Ausschreibung wäre damit überhaupt beseitigt. Sollte durch derartige Klauseln das Vertrauen desjenigen, der sich als Bieter beteiligen will, in die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes einer veröffentlichten, den Ausschreibenden bindenden Vergabenorm erschüttert werden können, könnten bestimmte in Frage kommende Bieter von vornherein von der Beteiligung am Wettbewerb abgehalten werden, insbesondere wenn sich ein Konkurrent bewirbt, der aus welchen Gründen immer in einem besonderen Naheverhältnis zum ausschreibenden Rechtsträger steht. Nach Sinn und Zweck des Gleichbehandlungsgebotes soll aber allen in Betracht kommenden Bewerbern die Möglichkeit geboten werden, am Wettbewerb teilzunehmen und ihre Chance, als Bestbieter zum Zug zu gelangen, zu wahren (vgl 1 Ob 663/89). Wie Krejci in seiner Abhandlung "Zum vergaberechtlichen Verhandlungsverbot" in WBl 1991, 341 ff zutreffend ausführt, ist von demjenigen, der öffentlich Interessenten sucht bzw zur Zeit und Mittel kostenden Anbotsstellung einlädt, zu erwarten, daß er seinen Aufruf ernst meint und auch bereit ist, die bei ihm einlangenden Angebote nach sachlichen Grundsätzen mit hinlänglicher Sorgfalt zu prüfen und die Bewerber dabei grundsätzlich fair und somit auch gleich zu behandeln. Das Geheimhalten der selbstbindenden Vergaberegeln bzw ausdrückliche Hinweise darauf, daß die Vergaberegeln für die Rechtsbeziehungen zwischen Ausschreibendem und Bieter keine bzw nur bezüglich ganz bestimmter Anordnungen Bedeutung haben, vermag eine Außenwirkung öffentlich-rechtlicher Selbstbindungsnormen nicht zu unterbinden. Denn die Geltung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebotes auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung verbietet der öffentlichen Hand, die Bieter ohne sachlichen Grund verschieden zu behandeln (ebenfalls Krejci, Der Angebotsirrtum bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge, in ÖJZ 1979, 97 ff/101).

Auch in den in 4 Ob 535/89 und 6 Ob 564/91 behandelten Fällen fanden sich in der Ausschreibung bzw in der Einladung zur Anbotsstellung in ähnlicher Weise wie im vorliegenden Fall dem Gleichheitsgebot widersprechende Passagen ("Der Ausschreiber behält sich in allen Fällen die freie Auswahl unter den Angeboten ... vor" bzw "... der Bauherr ist nicht an den Bestbieter gebunden"). Diese Textstellen wurden von den erkennenden Senaten jeweils nicht zum Anlaß genommen, den geltend gemachten Schadenersatzanspruch des nicht zum Zuge gekommenen Bieters zu verneinen. Der Ansicht Auer's in AnwBl 1991, 856 f, der die Entscheidung 6 Ob 564/91 dahin kommentierte, daß dort der Schadenersatzanspruch schon deshalb zu verneinen gewesen wäre, weil mit der genannten Klausel eben etwas anderes als in der einschlägigen Vergabenorm zur Grundlage des vorvertraglichen rechtsgeschäftlichen Verkehrs erklärt worden sei, kann aus den dargelegten Erwägungen nicht beigepflichtet werden.

Im vorliegenden Fall wurde die Ausschreibung nicht von der beklagten Partei persönlich, sondern von einer von ihr auf der verfassungsrechtlichen Grundlage des Art 116 Abs 2 B-VG gegründeten GesmbH vorgenommen. Nach der (den Verfassungsbestimmungen über den Rechnungshof entnommenen) Definition des Verfassungsgerichtshofes ist unter einer Unternehmung eine in einer bestimmten Organisationsform in Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit zu verstehen, die sich auf Vermögenswerte stützt und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden ist. Für den Begriff der Unternehmung ist es unmaßgebend, in welcher Organisationsform sie auftritt, ob sie Rechtspersönlichkeit besitzt oder nicht, ob zur Entfaltung der wirtschaftlichen Tätigkeit eine besondere Berechtigung notwendig ist, ob die Tätigkeit auf Gewinn gerichtet ist und dergleichen (VFSlg 3.296). Mit dem Begriff der "wirtschaftlichen Unternehmung" des Art 116 Abs 2 B-VG sind konkrete Organisationsformen der wirtschaftlichen Betätigung gemeint. Sie liegt erst dann vor, wenn die nichthoheitliche Tätigkeit der Gemeinde in irgend einer Weise organisatorisch verfestigt ist (Binder, Wirtschaftsunternehmungen, in: Das österreichische Gemeinderecht, 4 ff mwN). Nach dem Grad der organisationsrechtlichen Verselbständigung wird zwischen Eigenunternehmungen und ausgegliederten Unternehmungen unterschieden. Letztere werden von einer Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit besorgt. Hiebei kommen insbesondere Kapitalgesellschaften unter (nahezu) ausschließlicher Beteiligung der öffentlichen Hand in Betracht ("Ausgegliederter Rechtsträger").

Nach dem - hier nicht anzuwendenden - Bundesvergabegesetz gelten Vergabevorschriften auch für ausgegliederte Unternehmen (vgl §§ 66 und 67 Bundesvergabegesetz).

Davon abgesehen erstreckt sich die Bindungswirkung derjenigen Rechtsakte, durch die die Vergabevorschriften für die Gebietskörperschaft selbst verbindlich geworden sind, nicht automatisch auf deren Ausgliederungen. Von der Erwägung ausgehend, daß die Vergabeordnungen der öffentlichen Hand Konkretisierungen des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes sind und daß sich die öffentliche Hand ihrer verfassungsrechtlichen Bindungen nicht dadurch entledigen kann, daß sie die Besorgung öffentlicher Aufgaben ausgegliederten Rechtsträgern überantwortet, bleibt sie aber zumindest verpflichtet, auf diese Rechtsträger einzuwirken, daß diese die entsprechenden verfassungsrechtlichen Bindungen befolgen. Bei der GesmbH könnte eine derartige Bindung im Gesellschaftsvertrag ausgesprochen, durch Gesellschafterbeschluß begründet oder durch verbindlichen Beschluß des Aufsichtsrates angeordnet werden (Aicher in Korinek-Rill, Zur Reform des Vergaberechtes, 217 ff). Ob im vorliegenden Fall auf diese Weise vorgegangen wurde, läßt sich den Feststellungen nicht entnehmen.

Dies ist hier aber nicht entscheidend. Die DCG ist auf Grund ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit zwar dem Begriff des ausgegliederten Rechtsträgers zu unterstellen. In diesem konkreten Ausschreibungsverfahren wurde sie aber sowohl nach dem zwischen ihr und der beklagten Partei geschlossenen Vertrag als auch nach dem den Bietern gegenüber kundgemachten Vertragsverhältnis nicht im eigenen Namen und nicht für eigene Rechnung, sondern ausschließlich namens und auf Rechnung der beklagten Partei tätig. Sie handelte daher als direkter Stellvertreter der beklagten Partei. Die konkret entfaltete Tätigkeit kann nicht dem Begriff der ausgegliederten Unternehmung unterstellt werden, weil das wesentliche Begriffselement des Handelns des ausgegliederten Rechtsträgers im eigenen Namen (vgl Binder aaO, 30) fehlt. Die klagende Partei weist zu Recht auf die Ähnlichkeit des Rechtsverhältnisses zwischen der beklagten Partei und der DCG mit dem sogenannten Architektenvertrag hin (vgl hiezu Strasser in Rummel2 I, Rz 27 zu § 1002 ABGB). Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß die DCG an einer Stelle der Ausschreibungsunterlagen selbst als "Bauherr" bezeichnet wird. Nach der oö Bauordnung ist derjenige "Bauherr" bzw Bauwerber, der um die Baubewilligung ansucht (§ 43 oö BauO). Hievon bleibt aber die zivilrechtliche Position der beklagten Partei als derjenigen Rechtsperson, auf deren Rechnung und in deren Auftrag das Bauwerk errichtet werden sollte unberührt. Die Planung und Errichtung des Kongreß-Zentrums und die zu diesem Zweck vorgenommene Ausschreibung und auch der Abschluß der Werkverträge wurde daher im Sinne der aufgezeigten Terminologie als Eigenunternehmungen der beklagten Partei durchgeführt, wobei sie sich einer ausgegliederten juristischen Person als eines direkten Stellvertreters bediente. Andernfalls wäre sie im vorliegenden Rechtsstreit ja auch nicht passiv legitimiert. Einen derartigen Einwand hat die beklagte Partei zu Recht nicht erhoben. Da die beklagte Partei selbst jedenfalls an ihre Vergabenormen gebunden (gewesen) ist und die beklagte Partei als Körperschaft öffentlichen Rechts auf Grund der oben aufgezeigten Erwägungen dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende Regelungen nicht wirksam vorsehen kann, stellt sich hier die Frage nach der Bindung auch eines ausgegliederten Unternehmens, das im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig wird, an als Dienstanweisungen zu verstehende vertragliche Normen nicht. Die öffentliche Hand kann sich ihrer Bindung an ihre eigenen Vergabenormen jedenfalls nicht dadurch entledigen, daß sie einen direkten Stellvertreter mit der Durchführung derartiger Angelegenheiten betraut (§ 1017 ABGB). Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die klagende Partei trotz der in den Ausschreibungsunterlagen (AVB) enthaltenen Bestimmungen, daß dem Auftraggeber die freie Auswahl für die Vergabe der Arbeiten unter den gelegten Anboten vorbehalten sei und daß der DCG bzw der Stadt Linz durch die Ausschreibung und Entgegennahme des Anbotes keine wie immer geartete Verpflichtung erwachse, auf die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vertrauen durfte.

§ 10 Abs 2 lit a der Vergabeordnung der beklagten Partei sieht zwar vor, daß die Ausschreibung den Hinweis zu beinhalten hat, daß durch die Ausschreibung und die Entgegennahme der Angebote der Stadt Linz keine wie immer gearteten Verpflichtungen erwächst. Es kann auf sich beruhen, was darunter zu verstehen ist (etwa daß die Angebote grundsätzlich nicht honoriert werden). Eine Gebietskörperschaft kann sich im Rahmen einer Ausschreibung vor Auftragsvergabe durch einen solchen Hinweis nicht von ihrer Verpflichtung befreien, den Gleichbehandlungsgrundsatz einzuhalten.

Es bleibt daher zu prüfen, ob das Gleichbehandlungsgebot zum Nachteil der klagenden Partei verletzt wurde. Dies ist entgegen der Ansicht der ersten Instanz zu bejahen.

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war das Angebot der klagenden Partei im Zeitpunkt der Angebotseröffnung das niedrigste Angebot. Es wurde nicht von vorneherein ausgeschlossen und galt daher als Angebot der engeren Wahl (vgl § 18 der Vergabeordnung der Stadt Linz).

Gemäß § 19 Abs 1 Vergabeordnung ist für den Zuschlag aus den Angeboten der engeren Wahl das im Preis niedrigste Angebot zu wählen, wenn nicht besondere Umstände dies ausschließen. Nach § 19 Abs 2 Vergabeordnung kann das niedrigste Angebot ausgeschlossen werden, wenn ein im Preis annähernd gleichwertiges Angebot erhebliche Vorteile in bezug auf die Qualität der Leistung bietet. Nach § 19 Abs 3 Vergabeordnung soll unter der Voraussetzung, daß Angebote ortsansässiger und sonstiger Unternehmen im Preis annähernd gleichwertig sind, auf Linzer Unternehmen Bedacht genommen werden.

Die drei ursprünglichen Angebote der V***** waren nicht annähernd gleichwertig. Die beiden günstigeren Angebotsvarianten entsprachen nicht den in der Ausschreibung vorgegebenen Mengenangaben, sondern gingen von eigenen Berechnungen und demnach von reduzierten Blech- und Profilstärken aus. Insbesondere aber lagen alle drei Anbote preislich weit über jenem der klagenden Partei. Es sprachen auch sonst keine Umstände gegen die Zuschlagserteilung an die klagende Partei. Deren Anbot entsprach den technischen Anforderungen. Der vorgesehene Subunternehmer, die Firma V*****, wurde von Vertretern der DCG überprüft und für geeignet befunden. Es gab auch keine prinzipiellen Einwände gegen die geplante Montageart.

Ob die Vorgangsweise, die festgestellten punktuellen Unzulänglichkeiten der Ausschreibung durch die Aufforderung, Nachtragsangebote zu legen, der Vergabeordnung entsprach (vgl insbesondere § 10 Vergabeordnung, wonach in der Ausschreibung die geforderte Leistung nach Quantität und Qualität eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben ist, daß alle Bieter sie im gleichen Sinn verstehen müssen, die Preise sicher berechnen können und klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden), kann dahingestellt bleiben. Unerfindlich ist aber, warum sich dadurch das Angebot der V***** (Variante 2) von S 48,243.591,26 auf S 42,613.894,30 verbilligen hätte sollen, obwohl noch die nachträglich bekanntgegebenen zusätzlichen technischen Anforderungen und erweiterten Auflagen eingearbeitet wurden. Der günstigere Preis ist daher nur dadurch erklärbar, daß dieses Anbot mit geringeren Mengen kalkuliert wurde. Gerade deshalb war dieses Anbot aber unbrauchbar, weil es nun nicht den Anforderungen der Brandverhütung entsprach.

Dessen ungeachtet wurde der V***** nochmals Gelegenheit gegeben, ihre Anbote zu überarbeiten, wodurch schließlich erreicht wurde, daß das letzte Anbot inklusive eines Preisnachlasses von 1,1 % knapp unter dem Anbot der klagenden Partei lag, das letztlich schließlich S 37,548.000 ausgehandelt worden war. Im letzten Anbot der V***** wurden einzelne, bereits im ursprünglichen Anbot enthaltene Positionen einfach niedriger angesetzt.

Es wurden zwar auch mit der klagenden Partei nach Angebotseröffnung Verhandlungen geführt. Hiebei wurden aber lediglich technische Anforderungen berücksichtigt, und es wurde ein genereller Rabatt ausgehandelt. Der V***** wurde hingegen die Möglichkeit eröffnet, solange Varianten und Neukalkulationen zu bieten, bis das Angebot schließlich einerseits den technischen Anforderungen entsprach und andererseits das preislich günstigste war.

Punkt 17 Abs 7 der Vergabeordnung lautet: "Verhandlungen mit einem Bieter, die auf die Erlangung von Preisnachlässen abzielen oder sonst gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verstoßen, sind während der Dauer des Vergabeverfahrens untersagt. Ausnahmen hievon sind nur auf Grund einer ausdrücklichen Ermächtigung des Stadtsenates zulässig." Es kann dahingestellt bleiben, ob jegliches Verhandeln nach Angebotseröffnung mit dem Gleichbehandlungsgebot in Widerspruch steht oder ob die im letzten Satz vorgesehene Ausnahme in bestimmten Grenzen zu tolerieren ist (vgl zum Problem Krejci, Zum vergaberechtlichen Verhandlungsverbot, in WBl 1991, 341 ff). Im vorliegenden Fall wurde der V***** nämlich nicht nur Gelegenheit gegeben, kleinere Unzulänglichkeiten - sei es auf Grund verschiedener Ungenauigkeiten bei den Ausschreibungsunterlagen, sei es auf Grund eigener Fehler - zu beseitigen und einen nicht wesentlich ins Gewicht fallenden Preisnachlaß zu gewähren. Es wurde ihr vielmehr die Möglichkeit eingeräumt, während des Ausschreibeverfahrens nach Angebotseröffnung in wesentlichen Punkten geänderte weitere Anbote einzubringen, ohne daß diese Änderungen plausibel zu rechtfertigen wären. Von einer geringfügigen Modifikation, die dem Gleichbehandlungsgebot keinen wesentlichen Abbruch täte, kann hier keine Rede sein. Es sind keine Umstände hervorgekommen, die die große Preisdifferenz zwischen den ursprünglichen Angeboten und dem letztendlich vorgelegten Angebot allein mit einem Geschäftsirrtum der V***** erklären ließen. Überhöhte Preisfestsetzungen können nicht Grundlage einer zulässigen Angebotsanpassung sein. Die Geltendmachung von Irrtum darf nicht dazu mißbraucht werden, den Sinn und Zweck des gesamten Ausschreibungsverfahrens zu unterlaufen (vgl Krejci, Der Angebotsirrtum bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge, in ÖJZ 1979, 97 ff insbesondere 106).

Der Umstand, daß die klagende Partei nach Abschluß der mit ihr geführten Verhandlungen einen weiteren 1-%igen Nachlaß bot, als sie vom Beschluß des Aufsichtsrates der DCG erfuhr, die Arbeiten an die V***** zu vergeben, vermag ihren Anspruch auf Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes nicht zu beseitigen. Dieses Verhalten der klagenden Partei erscheint insbesondere unter dem Aspekt verständlich, daß die Vorgangsweise der V*****, solange Preisnachlässe zu gewähren, bis das Anbot den Zielvorstellungen der DCG entsprach, nicht nur toleriert, sondern sogar gefördert wurde.

Es ist daher der klagenden Partei ein Schadenersatzanspruch zuzuerkennen. Da die Untergerichte das Klagebegehren aus anderen Gründen abgewiesen haben, blieb bislang ungeprüft, ob der klagenden Partei ein Schaden entstanden ist und wenn ja, welcher. Primär begehrt die klagende Partei das mit mindestens S 450.000 bezifferte Erfüllungsinteresse, hilfsweise das negative Vertragsinteresse (frustrierter Aufwand für die Auslagen im Zusammenhang mit der Planerstellung).

Daß bei culpa in contrahendo das negative Vertragsinteresse zu ersetzen ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Auf Grund des Primäranspruches der klagenden Partei ist allerdings zu prüfen, ob unter Umständen auch das positive Vertragsinteresse zusteht.

Nach § 98 Bundesvergabegesetz hat ein übergangener Bewerber oder Bieter nunmehr einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung und der durch die Teilnahme am Vergabeverfahren entstandenen sonstigen Kosten. Der Ersatz eines entgangenen Gewinns kann nicht geltend gemacht werden. Gemäß § 101 Bundesvergabegesetz bleiben die nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Ersatzansprüche unberührt.

Ob der Gesetzgeber (auch) das Erfüllungsinteresse ausschließen wollte oder ob mit § 98 Bundesvergabegesetz (nur) der Ersatz des Schadens, der dem Bieter erwachsen ist, weil ihm ein günstigeres Geschäft entgangen ist, ausgeschlossen werden soll (vgl die Ausführungen Aichers in Korinek-Rill, Zur Reform des Vergaberechts, 351), kann dahingestellt bleiben, weil dieses Gesetz aus den eingangs dargelegten Gründen auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist. Es kann auch nicht unterstellt werden, daß mit der zitierten Bestimmung ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck gebracht werden sollte, weil dieses Gesetz nur auf bestimmte Fälle der öffentlichen Auftragsvergabe abstellt. Das Inkrafttreten des Bundesvergabegesetzes vermag daher an der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur anstehenden Frage nichts zu ändern.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in 1 Ob 539/88 (mit weiteren Nachweisen insbesondere aus der Lehre), 1 Ob 663/89 und 4 Ob 535/89 die Ansicht vertreten, daß ausnahmsweise bei der Verletzung vorvertraglicher Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Ausschreibungen der öffentlichen Hand auch der Ersatz des Erfüllungsinteresses in Betracht kommt, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag zustandegekommen wäre. Ähnlich wie bei Vorhandverträgen, die eine dem Vorvertrag vergleichbare vertragliche Bindung schaffen, könne auch bei Ausschreibungen die Annahme einer solchen Bindung gerechtfertigt sein, könne man doch in der Ausschreibung Elemente eines Auslobungsverhältnisses erblicken. Diese Erwägung berechtige zur Annahme einer verstärkten Pflichtenbindung des Ausschreibenden. Diese Bindung könnte die tragfähige Grundlage für den Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses durch jenen Bieter, der bei Eröffnung der Anbote Bestbieter war, bilden.

Ungeachtet dessen, daß diese Erwägungen bisher noch nicht zum Zuspruch eines entsprechenden Schadensbetrages führten (in 1 Ob 663/89 war Gegenstand des Begehrens nicht ein Schadenersatzanspruch, sondern der Anspruch auf Ausfolgung der Ausschreibungsunterlagen; in den anderen beiden Entscheidungen wurde der Schadenersatzanspruch aus anderen Erwägungen als nicht berechtigt erkannt), sieht der erkennende Senat keinen Anlaß, hievon in dem hier vorliegenden Fall, in dem unter anderem diese Frage entscheidungsrelevant ist, abzugehen. Das in der Revisionsbeantwortung vorgebrachte Argument, daß hier ein wesentliches Auslobungselement fehle, weil eine beschränkte Ausschreibung - also eine Übersendung von Einladungsschreiben an ausgewählte Unternehmen (§ 12 Vergabeordnung) - stattgefunden habe, kann nicht überzeugen. Wohl tritt die Ähnlichkeit mit der Auslobung (§ 860 ABGB) bei einer beschränkten Ausschreibung zurück, doch kommt der Grundgedanke der verstärkten Pflichtenbindung noch stärker zum Tragen, wenn sogar eine persönlich adressierte Aufforderung zur Anbotslegung ergeht.

Es wird daher im fortgesetzten Verfahren die Behauptung der klagenden Partei zu prüfen sein, daß ihr mangels Auftragserteilung ein Entgelt entgangen sei, das zumindest die Höhe des eingeklagten Betrages erreicht (positives Vertragsinteresse).

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.