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OGH vom 13.04.2010, 10ObS11/10f

OGH vom 13.04.2010, 10ObS11/10f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Stefan Jöchtl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Jakob M*****, vertreten durch Dr. Johannes Grund, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, wegen Pensionshöhe, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 146/09s-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 16 Cgs 92/09i-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Antrag des Klägers, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung des § 637 Abs 2 ASVG wegen Verfassungswidrigkeit zu beantragen, wird zurückgewiesen.

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Der Kläger bezieht von der beklagten Partei seit eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer.

Mit Eingabe vom beantragte er bei der beklagten Partei die Neuberechnung seiner Pension unter Berücksichtigung der neuen Anrechnung von Pensionszeiten nach § 607 Abs 12 vierter und fünfter Teilstrich ASVG in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2008 (BGBl I 2008/129 [= „Hacklerregelung“]).

Mit Bescheid vom wies die beklagte Partei diesen Antrag ab. Die mit BGBl I 2008/129 geänderten Bestimmungen des § 607 Abs 12 ASVG seien gemäß § 637 Abs 1 ASVG mit in Kraft getreten und daher beim Pensionsanspruch des Klägers nicht zu berücksichtigen, weil sein Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bereits zum Stichtag festgestellt - also vor dem anerkannt - worden sei.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, dem Kläger ab die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer unter Berücksichtigung der nach § 107 Abs 1 Z 1 BSVG erworbenen Ersatzmonate im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Es gelangte in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, die Neuregelung sei im Fall des Klägers nicht anzuwenden, weil er die Anspruchsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bereits seit erfülle und die Neuregelung erst für Pensionsansprüche ab gelte. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass bereits zuerkannte Alterspensionen neu berechnet werden müssten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts: Die mit dem SRÄG 2008 geschaffene Erweiterung des Katalogs der im Rahmen der Langzeitversichertenregelung als Beitragszeiten zu wertenden Ersatzmonate um Zeiten des Bezugs von Krankengeld sowie um die so genannten Ausübungsersatzzeiten (§ 116 Abs 1 Z 1 GSVG bzw § 107 Abs 1 Z 1 BSVG) sei zwar rückwirkend ab in Kraft getreten (§ 637 Abs 1 ASVG). Es lasse sich aber weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG entnehmen, dass bereits zuerkannte Pensionsansprüche unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage neu zu berechnen und gegebenenfalls als abschlagsfreie Langzeitversichertenpension gemäß § 607 Abs 12 ASVG weiter zu gewähren seien. Hätte der Gesetzgeber auch bereits bestehende Pensionsansprüche begünstigen wollen, hätte er wohl eine amtswegige Neubemessung der Pension vorgesehen. Der Kläger beziehe die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer mit Stichtag . Nach ständiger Rechtsprechung sei auch die Ermittlung der Höhe der gebührenden Leistung gemäß § 223 Abs 2 ASVG ausgehend von der Rechtslage am Stichtag vorzunehmen. Für den Pensionsanspruch des Klägers werde durch die Neuregelung des SRÄG 2008, BGBl I 2008/129, kein neuer Stichtag ausgelöst, zu dem der Pensionsanspruch des Klägers neu zu prüfen wäre. Eine zeitliche Differenzierung der Rechtslage durch eine Stichtagsregelung verstoße auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob § 607 Abs 12 ASVG idF SRÄG 2008 auch auf bereits zuerkannte Pensionen anzuwenden sei, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Ersturteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern „bzw“ an den Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, den § 637 Abs 2 ASVG auf seine Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.

Die beklagte Partei hat sich nicht am Revisionsverfahren beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber macht im Wesentlichen geltend, aus dem Wortlaut des § 637 Abs 2 ASVG sei nicht abzuleiten, dass diese Bestimmung ausschließlich für Erstanträge auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gelten solle. Er gesteht zu, dass die Ermittlung der Höhe der gebührenden Leistung gemäß § 223 Abs 2 ASVG ausgehend von der Rechtslage am Stichtag vorzunehmen sei. Das Berufungsgericht übersehe aber, dass der Kläger einen Antrag gestellt habe, der seiner Meinung nach im Sinne der Schlussbestimmung des § 637 ASVG zum SRÄG 2008 einen Stichtag ausgelöst habe. Zu diesem Stichtag sei die Ermittlung der Höhe der Leistung ausgehend von der Rechtslage am Stichtag vorzunehmen. Da die Gesetzesänderung rückwirkend mit in Kraft gesetzt worden sei, sei die Pension und die Leistung zu diesem Stichtag neu zu berechnen. Um eine Gleichheitswidrigkeit hintanzuhalten müsste es sachliche Argumente für die unterschiedliche Regelung geben. Hier gebe es aber keine sachlichen Argumente dafür, dass Bezieher von vorzeitigen Alterspensionen dadurch anders behandelt würden als Erstantragsteller, dass gewisse Arten von Ersatzzeiten jetzt berücksichtigt würden, früher aber nicht. Nach der Auslegung der Vorinstanzen wäre der § 637 Abs 2 ASVG verfassungswidrig.

Der erkennende Senat hat dazu erst jüngst, in der Entscheidung vom , 10 ObS 26/10m, Folgendes erwogen:

1. Zunächst ist die (auch für den vorliegenden Fall maßgebende) Gesetzeslage darzustellen.

1.1 Die erste Langzeitenversichertenregelung (sogenannte „Hacklerregelung“) wurde im Rahmen der Pensionsreform 2000 (BGBl I 2000/92) geschaffen. Mit der Anhebung des Frühpensionsantrittsalters um 1,5 Jahre (56,5 Jahre für Frauen bzw auf 61,5 Jahre für Männer) wurde zur Vermeidung von Härten eine Sonderregelung für vor dem geborene männliche Versicherte mit mindestens 540 Beitragsmonaten sowie für vor dem geborene weibliche Versicherte mit mindestens 480 Beitragsmonaten (unter Berücksichtigung von bis zu zwölf Ersatzmonaten an Präsenz- oder Zivildienst und bis zu 60 Kindererziehungsmonaten) eingeführt, die eine Wahrung des Anfallsalters (60. bzw 55. Lebensjahr) vorsah. Mit der im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003 beschlossenen Pensionsreform 2003 (BGBl I 2003/71) wurde der vergleichsweise enge Anwendungsbereich ausgeweitet, sodass für Langzeitversicherte insgesamt drei unterschiedliche Regelungen für die Inanspruchnahme der Langzeitversichertenpension bestanden haben. Mit der Pensionsreform 2004 wurde die grundsätzliche Abschaffung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer beibehalten, die Langzeitversichertenregelung jedoch weiter ausgedehnt, indem die Abschlagsfreiheit eingeführt wurde (§ 607 Abs 23 ASVG). Weiters wurde eine schrittweise Auslaufregelung bis 2014 eingeführt. Mit dem Sozialrechts Änderungsgesetz 2007 (BGBl I 2007/31) wurde im Wesentlichen die Abschlagsfreiheit bis 2010 verlängert; die Auslaufregelung bis 2014 blieb im Wesentlichen unverändert (vgl dazu näher Neumann/Schindler , Die „Hacklerregelung“ - ein Pensionsprivileg?, ASoK 2008, 476 [477 ff]).

1.2 Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008 (SRÄG 2008), BGBl I 2008/129, wurde die Langzeitversichertenregelung („Hacklerregelung“) um weitere drei Jahre bis 2013 verlängert. Damit wird Frauen, die vor dem (bisher ) geboren sind und mindestens 480 Beitragsmonate erworben haben, mit Vollendung des 55. Lebensjahres sowie Männern, die vor dem (bisher ) geboren sind und mindestens 540 Beitragsmonate erworben haben, mit Vollendung des 60. Lebensjahres die Möglichkeit eröffnet, abschlagsfrei in Pension zu gehen (vgl § 607 Abs 12 ASVG idF BGBl I 2008/129). Im Rahmen dieser Schutzbestimmung für Langzeitversicherte gelten bestimmte Ersatzzeiten - wie jene für Kindererziehung, Wochengeld oder Präsenz- bzw Zivildienst - als Beitragszeiten. Nach § 227 Abs 1 Z 6 ASVG gelten Zeiten, während derer die versicherte Person nach dem Krankengeld bezog, als Ersatzzeiten. Seit dem SRÄG 2008 werden auch Krankengeldzeiten als „Beitragszeiten“ iSd § 607 Abs 12 ASVG gewertet und können damit zu einem Anspruch auf eine Pension nach der Langzeitversichertenregelung führen. Auch sogenannte Ausübungsersatzzeiten (Ersatzmonate nach § 116 Abs 1 Z 1 GSVG und § 107 Abs 1 Z 1 BSVG) sind nach § 607 Abs 12 ASVG idF BGBl I 2008/129 nunmehr als „Beitragsmonate“ zu berücksichtigen.

1.3 Nach § 637 Abs 1 ASVG idF BGBl I 2008/129 tritt unter anderem die Bestimmung des § 607 Abs 12 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 2008/129 rückwirkend mit in Kraft. § 637 Abs 2 ASVG idF BGBl I 2008/129 enthält folgende weitere Übergangsbestimmung:

„Werden die Anspruchsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension (vorzeitige Knappschaftsalterspension) nach § 607 Abs 12 ASVG erst unter Berücksichtigung der im vierten und fünften Teilstrich dieser Bestimmung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 129/2008 genannten Ersatzzeiten als Beitragszeiten erfüllt, so fällt die Leistung abweichend von § 86 Abs 3 Z 2 jedenfalls auch dann mit dem Monatsersten an, an dem die Voraussetzungen erfüllt werden oder der der Erfüllung der Voraussetzungen nachfolgt, frühestens jedoch mit , wenn die Leistung bis zum Ablauf des beantragt wird. Die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen steht dem nicht entgegen.“

1.4 In den Gesetzesmaterialien zum SRÄG 2008 (vgl IA 889/A 23. GP 7) wird ausdrücklich auf die Übereinkunft der Regierungsparteien verwiesen, in Hinkunft auch Zeiten des Krankenstands sowie Ausübungsersatzzeiten als Beitragszeiten in die Langzeitenversicherungsregelung einzubeziehen. Weiters wird darauf hingewiesen, dass durch eine Übergangsbestimmung (§ 637 Abs 2 ASVG) sichergestellt werden soll, dass die vorgeschlagene Berücksichtigung der erwähnten Ersatzzeiten als Beitragszeiten bereits zu Pensionsansprüchen ab führen kann.

2. Im vorliegenden Fall ist strittig, wie diese Übergangsbestimmung des § 637 ASVG zu verstehen ist. Auch dazu hat der Senat in der Entscheidung 10 ObS 26/10m bereits Stellung genommen wie folgt:

2.1 Es ist davon auszugehen, dass die Langzeitversichertenregelung (sogenannte „Hacklerregelung“) nicht in das Dauerrecht, sondern in das Übergangsrecht aufgenommen und seit ihrer Einführung mehrmals mit teilweise unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen verlängert wurde. Es wurde bereits dargelegt, dass die Langzeitversichertenregelung auch durch das SRÄG 2008 neuerlich bis zum verlängert sowie durch die Anrechnung von Krankengeld- und Ausübungsersatzzeiten erweitert wurde. Diese Zeiten werden - ohne dass für sie Beiträge geleistet worden sind - nunmehr als Beitragszeiten gewertet. Diese „neue“ Langzeitversichertenregelung trat gemäß § 637 Abs 1 ASVG rückwirkend mit in Kraft und konnte von den Anspruchsberechtigten daher ab diesem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden. Der Initiativantrag zu dieser Gesetzesänderung wurde am eingebracht, die Kundmachung des SRÄG 2008 erfolgte am . Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, musste im Hinblick auf das vom Gesetzgeber gewollte rückwirkende Inkrafttreten der Neuregelung mit auch eine Übergangsbestimmung geschaffen werden, die es ermöglicht, auch bei einer späteren Antragstellung einen Pensionsanspruch ab zu erwirken, da sonst das geplante rückwirkende Inkrafttreten der Neuregelung für die Versicherten nicht zum Tragen gekommen wäre. Es wurde daher in der Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG vorgesehen, dass dann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension nach der geänderten Bestimmung des § 607 Abs 12 ASVG erst unter Anrechnung von Krankengeld- und Ausübungsersatzzeiten als Beitragszeiten erfüllt werden, die Leistung abweichend von § 86 Abs 3 Z 2 ASVG jedenfalls auch dann mit dem Monatsersten anfällt, an dem die Voraussetzungen erfüllt werden oder der der Erfüllung der Voraussetzungen nachfolgt, frühestens jedoch mit , wenn die Leistung bis zum Ablauf des beantragt wird. Die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen steht dem nicht entgegen. Durch diese Übergangsbestimmung sollte sichergestellt werden, dass die Berücksichtigung der erwähnten Ersatzzeiten als Beitragszeiten bereits zu Pensionsansprüchen ab führen kann (vgl IA 889/A 23. GP 8).

2.2 Die zitierte Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG ist nach Ansicht des erkennenden Senats dahin zu verstehen, dass Pensionswerber, die wegen der ursprünglich fehlenden Krankengeldbezugs- und Ausübungsersatzzeiten die Langzeitversichertenregelung nicht in Anspruch nehmen konnten, nunmehr die Möglichkeit haben, diese rückwirkend zu beantragen. Die Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG sieht dazu vor, dass sogar rückwirkend (frühestens ab ) eine Leistungsgewährung erfolgen kann, wenn sich nunmehr herausstellt, dass durch die Anrechnung von Krankengeldbezugs- oder Ausübungsersatzzeiten bereits zu einem früheren Stichtag die Anspruchsvoraussetzungen vorlagen. Bedingung dafür ist aber eine Antragstellung beim Pensionsversicherungsträger bis spätestens .

2.3 Der weitere Passus in § 637 Abs 2 ASVG, wonach die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen dem nicht entgegensteht, ist im Zusammenhang mit der gesamten Übergangsbestimmung zu sehen. Demnach hindern rechtskräftige Entscheidungen nicht die rechtliche Neubeurteilung unter dem Gesichtspunkt der neuen Rechtslage, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension nach § 607 Abs 12 ASVG erst unter Berücksichtigung der Kindergeldbezug- und Ausübungsersatzzeiten als Beitragszeiten erfüllt werden. Dies bedeutet nach zutreffender Rechtsansicht der beklagten Partei in ihrer Revisionsbeantwortung, dass die ergangenen rechtskräftigen Bescheide inhaltlich nur abweisende Bescheide nach § 607 Abs 12 ASVG sein können.

2.4 Der Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG ist jedoch nach ebenfalls zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, dass bereits zuerkannte Pensionsansprüche (etwa auch bezüglich einer anderen Pensionsart) unter Berücksichtigung der neuen Langzeitversichertenregelung neu zu berechnen und gegebenenfalls als abschlagsfreie Langzeitversichertenpension gemäß § 607 Abs 12 ASVG weiter zu gewähren seien. Unabhängig von der Frage, wie der Gesetzgeber eine solche - hier nicht feststehende - Absicht vermutlich verwirklicht hätte, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer mit Stichtag bezieht. Gemäß § 223 Abs 2 ASVG ist der Stichtag nicht nur maßgeblich für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sowie in welchem Zweig der Pensionsversicherung eine Leistung zu gewähren ist, sondern auch für die Frage, in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt. Die Leistungsberechnung erfolgt daher nach der Rechtslage zum jeweiligen Stichtag (RIS-Justiz RS0110084). Durch die Neuregelung des SRÄG 2008 wird kein neuer Stichtag ausgelöst, zu dem der Pensionsanspruch des Klägers neu zu prüfen wäre. Davon zu unterscheiden ist die Frage des Anfalls der Leistung iSd § 86 ASVG. Eigenpensionen fallen gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an, wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einem Monat nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt wird. Wird der Antrag auf die Pension erst nach Ablauf dieses Monats gestellt, fällt die Pension mit dem Stichtag an.

Durch die Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG wird der Leistungsanfall für die Langzeitversichertenpension abweichend von der allgemeinen Anfallsregelung des § 86 Abs 3 Z 2 ASVG dahin geregelt, dass die Pension auch bei einer erst späteren Antragstellung (frühestens) ab gewährt werden kann. Diese Bestimmung derogiert jedoch nicht dem § 223 Abs 2 ASVG. Die Übergangsbestimmung des § 637 Abs 2 ASVG ist daher auf Personen, die - wie der Kläger - bereits vor dem einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension hatten, nicht anzuwenden.

3. Wie ebenfalls schon in der Entscheidung 10 ObS 26/10m ausgeführt wurde, hat auch hier bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt, dass gegen dieses Ergebnis keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen; dem Gesetzgeber steht nämlich nach ständiger Rechtsprechung ein Gestaltungsspielraum insofern zu, als er in seinen rechts- und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist. Gerade im Sozialversicherungsbereich sind Stichtagsregelungen in Anpassung an die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unvermeidlich, mögen sie auch in Einzelfällen Härten mit sich bringen. Eine zeitliche Differenzierung durch eine Stichtagsregelung verstößt nicht grundsätzlich gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, weil es im Wesen einer Änderung materiellrechtlicher Bestimmungen liegt, dass Rechtsfälle je nach dem für maßgeblich erklärten zeitlichen Sachverhaltselement unterschiedlich nach der alten oder neuen Rechtslage behandelt werden. Es steht daher grundsätzlich auch in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers festzulegen, wann eine neue, den Versicherten begünstigende Bestimmung zu gelten hat (vgl RIS-Justiz RS0117654). Weshalb die im vorliegenden Rechtsmittel monierte Differenzierung zwischen „Erstantragstellern“ und Beziehern von Pensionen mit einem anderen Stichtag diesen Grundsätzen widersprechen sollte, ist nicht einzusehen.

3.1 Der Oberste Gerichtshof sieht sich somit zu der vom Kläger beantragten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst. Da der Kläger die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nur anregen kann, ist sein diesbezüglicher Antrag zurückzuweisen (10 ObS 123/09z; 10 ObS 146/09g; RIS Justiz RS0054189 ua).

Auch der Revision des Klägers muss daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers, welche ausnahmsweise einen Kostenersatzanspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.