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OGH vom 13.04.1994, 8Ob517/94

OGH vom 13.04.1994, 8Ob517/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** S*****, vertreten durch Dr.Rudolf Watschinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagten Parteien 1. S***** H*****, und 2. M***** H*****, beide vertreten durch Dr.Utho Hosp, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 154.465,60 sA (Revisionsinteresse S 60.000) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 221/92-45, mit dem infolge Berufungen beider Teile das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom , GZ 1 Cg 39/91-36, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, das hinsichtlich eines Zuspruchs von S 90.852 samt 4 % Zinsen seit und hinsichtlich der Abweisung von S 3.613,60 sA sowie eines weiteren Zinsenmehrbegehrens mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird im übrigen, also hinsichtlich der Abweisung von S 60.000 samt 4 % Zinsen aus S 44.000 seit und aus weiteren S 16.000 seit , ebenso wie das Urteil des Erstgerichtes in diesem Umfang sowie im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Im Revisionsverfahren ist nur mehr der von den Vorinstanzen abgewiesene Betrag von S 60.000 "samt Zinsen" strittig; gemeint sind offenbar 4 % Zinsen aus S 44.000 seit (Klagszustellung) und aus weiteren S 16.000 seit (Klagsausdehnung).

Die Klägerin hatte den Beklagten ihre drei Katzen in Pflege und Verwahrung gegeben und hiefür durch 15 Monate vereinbarungsgemäß ein monatliches Entgelt von S 4.000, insgesamt also S 60.000, bezahlt. Als sie Ende 1990 die Rückgabe der Katzen begehrte, waren diese nicht mehr vorhanden. Die Beklagten behaupteten, die Katzen seien ihnen entwischt.

Die Klägerin forderte die Rückerstattung des Pflegeaufwandes von S 60.000 als frustrierte Aufwendungen aus dem Titel des Schadenersatzes bzw aus bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten, weil die Beklagten den Geschäftszweck (Rückgabe der Katzen) wider Treu und Glauben verhindert hätten.

Die Beklagten beantragten auch die Abweisung dieses Ersatzbegehrens mit der Begründung, die Katzen seien ihnen am entwischt, nachdem durch einen umgefallenen Holzstoß ein Fenster zerbrochen sei.

Das Erstgericht wies diesen Teil des Klagebegehrens ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Abweisung, ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zu und führte hiezu aus, aus dem Verschwinden der Katzen könne rechtlich nicht geschlossen werden, daß es sich bei dem Pflegeaufwand bis zum Abhandenkommen der Katzen um einen "verlorenen und vergeblichen Aufwand" gehandelt habe, der zurückverlangt werden könnte. Es liege ein entgeltlicher Verwahrungsvertrag vor, der auch Elemente des Werkvertrages enthalte, weil die Beklagten auch für das leibliche Wohl der Katzen zu sorgen und somit auch Leistungen zu erbringen gehabt hätten. Zwar habe im Falle eines aus der Unterlassung der pflichtgemäßen Obsorge verursachten Schadens der Verwahrer seine Schuldlosigkeit zu beweisen; diesen Beweis hätten die Beklagten nicht erbracht. Die Feststellung, daß die Zweitbeklagte dem Klagevertreter mitteilte, die drei Katzen seien am entkommen und in der Folge nicht mehr aufgetaucht, lasse nämlich die Frage, ob den Beklagten im Zusammenhang mit dem Verschwinden der Katzen der Klägerin ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen sei, völlig offen. Selbst für den Fall, daß ein solches vorläge, wäre der daraus von der Klägerin abgeleitete Anspruch auf Rückersatz der monatlichen Pflegekosten nicht berechtigt. Der Zweck des vorliegenden Vertrages sei ja nicht primär darin gelegen, der Klägerin irgendwann einmal die Katzen wieder zurückzugeben, sondern in der Sicherstellung einer laufenden Betreuung der Katzen; diese seien von ihnen bis zu ihrem Verschwinden tatsächlich gepflegt und versorgt worden, zumindest stehe nichts Gegenteiliges fest, sodaß die monatlichen Aufwendungen für die Katzen nicht als frustrierte Aufwendungen zu betrachten seien. Zwar könnte die Klägerin Schadenersatzansprüche aus dem Verlust der Katzen ableiten; solche Ansprüche habe sie aber nicht erhoben, sodaß es unerheblich sei, den Beklagten grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz im Zusammenhang mit dem Verschwinden der Tiere vorzuwerfen, in welch letzterem Falle sie auch den Wert der besonderen Vorliebe hätte begehren können.

Gegen die Abweisung des Begehrens auf Rückerstattung des Pflegeaufwandes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das berufungsgerichtliche Urteil im Sinne des Zuspruchs von weiteren S 60.000 sA abzuändern; hilfsweise stellt die Klägerin auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagten haben von der ihnen eingeräumten Möglichkeit einer Revisionsbeantwortung nicht Gebrauch gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Nach herrschender Rechtsprechung (JBl 1974, 622 ua) liegt ein Verwahrungsvertrag vor, wenn jemandem die Wartung und Pflege eines Tieres (hier von Katzen) anvertraut wird. Auch wenn die Tiere während der Vertragszeit zu pflegen und zu versorgen sind, also nicht nur eine passive Verwahrung vorliegt, sondern damit eine Verpflichtung zu positiven Handlungen verbunden ist - dem Berufungsgericht ist daher zuzustimmen, daß dieser Vertrag auch Elemente eines Werkvertrages enthält -, rechtfertigt das nicht die berufungsgerichtliche Ansicht, daß das vereinbarte Entgelt zur Gänze nicht mehr zurückverlangt werden könne, weil Hauptzweck des Vertrages die Sicherstellung der laufenden Betreuung und nicht die Rückgabe der Katzen gewesen sei und daher der Pflegeaufwand für die Katzen bis zu ihrem Verschwinden sich nicht als "verlorener oder vergeblicher" Aufwand darstelle. Bei der Annahme, Hauptzweck des Vertrages sei die Sicherstellung der laufenden Betreuung der Katzen, nicht aber ihre Rückgabe nach Ende des Verwahrungsvertrages gewesen, findet das Berufungsgericht im festgestellten Sachverhalt keine Stütze. Mangels einer solchen Feststellung ist vom Grundtyp eines solchen Vertrages auszugehen, für den die sorgfältige Verwahrung und Rückgabe Hauptpflicht ist (§ 961 ABGB):

Wird ein Tier in Pflege und Verwahrung gegeben, enthält der Vertrag zwei verschiedene Aufgaben: Einerseits die Verpflegung und Versorgung der Tiere (hier der Katzen) und andererseits Verwahrung und Rückgabe der Tiere nach Vertragsablauf.

a) Die erste Leistung (Verpflegung und Versorgung der Katzen) hatten die Beklagten offenbar erfüllt; die Frage ist nur, wie lange sie dieser Verpflichtung nachgekommen sind; die Leistung endete jedenfalls mit dem behaupteten Zeitpunkt des Entlaufens der Katzen am (zu den diesbezüglichen Unsicherheiten auf der Tatsachenebene siehe das erstgerichtliche Urteil S. 25 unten). Diesbezüglich sind die Beklagten rechnungslegungspflichtig, dh, sie trifft die Beweislast dafür, bis wann sie die Katzen verpflegt und versorgt haben.

Diese Leistungen hätte die Klägerin - wie sie in ihrer Revisionsbeantwortung (S. 6) zutreffend erkennt - auch selbst, also bei Eigenbetreuung, erbringen müssen; sie kann daher aus dem Titel des Schadenersatzes nicht von frustrierten Leistungen reden (siehe Koziol, Haftpflichtrecht I2 35 f mwN in FN 130 bis 134).

b) im Rahmen der Verwahrungspflicht haben die Beklagten aber auch einen Entgeltanspruch, der wohl in dem vereinbarten Gesamtentgelt von

S 4.000 monatlich enthalten ist. Diesen Entgeltanspruch haben sie aber wegen der letztlich vereitelten Rückgabepflicht (also wegen Nichterfüllung des Vertrages in dieser Hinsicht) verloren, sodaß die Klägerin diesen Entgeltteil zurückverlangen kann, denn den hiefür gemäß § 1298 ABGB beweispflichtigen Beklagten ist der Beweis ihrer Schuldlosigkeit an der Unmöglichkeit der Rückgabe der Katzen nicht gelungen: Auch wenn man ihren Beteuerungen glaubt, daß ein Stapel Holz umgefallen ist und dadurch eine Fensterscheibe zerschlagen wurde, sodaß die Tiere entlaufen konnten, so trifft sie dennoch ein Verschulden durch fahrlässige Schaffung oder Aufrechterhaltung einer Gefahrenlage, die aus dem möglichen Umstürzen eines Holzstapels hervorgeht, wenn er sich vor dem Fenster des Verwahrraumes befindet. Das bedeutet, daß sich die Beklagten nicht von Schuld frei beweisen konnten und dementsprechend den Entgeltanspruch verwirkt haben, ohne daß es hiebei auf den Grad des Verschuldens ankommt.

Im fortgesetzten Verfahren ist daher außer der Frage, wie lange die Beklagten die Katzen tatsächlich gepflegt und versorgt haben (siehe a)) auch noch - gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen und unter Anwendung des § 273 ZPO - zu klären, wie viel vom monatlich geleisteten "Gesamtpflegeentgelt" für die reine Pflege und Versorgung der Katzen tatsächlich aufgewendet werden mußte und welcher Teil als Entgelt der Beklagten für die Verwahrung zu betrachten ist; letzterer Teil ist der Klägerin - nebst allenfalls überhaupt nicht mehr aufgelaufener Verpflegs- und Versorgungskosten - jedenfalls zurückzuerstatten.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.