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OGH vom 16.02.2022, 13Os136/21f

OGH vom 16.02.2022, 13Os136/21f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. SetzHummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Rechtspraktikant Mag. Jäger BA in der Finanzstrafsache gegen Ing. * Z* und einen weiteren Angeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG, AZ 35 Hv 11/19w des Landesgerichts St. Pölten, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , AZ 17 Bs 352/19t, (ON 57) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, des Verurteilten * H* und des Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Kregcjk zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 35 Hv 11/19w des Landesgerichts St. Pölten verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , AZ 17 Bs 352/19t, (ON 57) § 20 Abs 2 FinStrG iVm § 33 Abs 5 erster Satz FinStrG.

Dieses Urteil wird, soweit der Berufung des Angeklagten gegen den Ausspruch über die Strafe auch in Bezug auf das Ausmaß der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe nicht Folge gegeben worden ist, aufgehoben und es wird dem Oberlandesgericht Wien insoweit die Erneuerung des Berufungsverfahrens aufgetragen.

Text

Gründe:

[1] Mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom (ON 49) wurde – soweit hier von Bedeutung – * H* mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 21 Abs 1 (und 2) FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG (idF vor BGBl I 2019/62) zu einer Geldstrafe von 60.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

[2] Das Erstgericht ging bei der Verhängung der Geldstrafe von einer Strafdrohung von bis zu 404.456 Euro (ON 49 S 5 iVm S 3 sowie ON 49 S 7, 15 f und 19) und bei der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe von einem Höchstmaß von einem Jahr aus (ON 49 S 21).

[3] Der dagegen gerichteten Berufung des Angeklagten * H* (ON 53) gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom (ON 57) nicht Folge.

[4] Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts sei die mit rund 15 % des Strafrahmens bemessene Geldstrafe schuldangemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wäre „in einem Rahmen von bis zu eineinhalb Jahren auszumitteln“, wozu im Berufungsurteil auf „§ 20 Abs 2 zweiter Halbsatz“ [FinStrG] verwiesen und (konform mit § 33 Abs 5 FinStrG) festgehalten wurde, dass die Geldstrafdrohung bis zum Zweifachen des strafbestimmenden Wertbetrags reicht. „Angesichts des konkreten Strafrahmens“ sei „die mit weniger als einem Drittel der möglichen Ersatzfreiheitsstrafe“ bemessene fünfmonatige Ersatzfreiheitsstrafe „nicht zu kritisieren“ (ON 57 S 11).

Rechtliche Beurteilung

[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt die Berufungsentscheidung in der Zugrundelegung eines Höchstmaßes von eineinhalb Jahren für die Ersatzfreiheitsstrafe das Gesetz:

[6] Gemäß § 20 Abs 1 FinStrG ist bei Ausspruch einer Geldstrafe oder eines Wertersatzes zugleich auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

[7] Das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe hängt nach § 20 Abs 2 FinStrG davon ab, welches Finanzvergehen der Verurteilung zu Grunde liegt. Ist dessen Ahndung dem Gericht vorbehalten (§ 53 Abs 1 bis 2 FinStrG), beträgt es grundsätzlich ein Jahr (Lässig in WK² FinStrG § 20 Rz 4).

[8] Für den originären gerichtlichen Zuständigkeitsbereich sieht das Gesetz zudem zwei Sonderregeln vor:

[9] In den Fällen, in denen die Strafdrohung des strafbestimmenden Wertbetrags (§ 53 Abs 1 StGB) , liegt das Höchstmaß bei eineinhalb Jahren, sofern der strafbestimmende Wertbetrag 500.000 Euro überschreitet, bei zwei Jahren (Lässig in WK² FinStrG § 20 Rz 4).

[10] Hier liegt keiner dieser Sonderfälle vor.

[11] § 33 Abs 5 FinStrG (in allen in Betracht kommenden Gesetzesfassungen) bedroht die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG mit einer Geldstrafe des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrags (oder der ungerechtfertigten Abgabengutschrift), womit das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ein Jahr beträgt.

[12] Da nicht auszuschließen ist, dass sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00136.21F.0216.000

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