VfGH vom 08.10.2010, B1161/09
19208
Leitsatz
Keine Verletzung der Vereinsfreiheit durch behördliche Auflösung eines Vereins wegen Überschreitung des statutenmäßigen Wirkungsbereiches durch Förderung der Verbreitung von rechtsextremistischem Gedankengut
Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der nach dem Vereinsgesetz 2002 (im Folgenden: VerG),
BGBl. 66/2002, gebildete Verein "Motorradfreunde Bodensee" mit dem Sitz in Wolfurt - Entstehungsdatum laut Eintrag im Zentralen Vereinsregister ist der - wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom gemäß § 29 Abs 1 VerG behördlich aufgelöst.
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (im Folgenden: SiD Vorarlberg) hat der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung mit Bescheid vom keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt.
2. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid, mit dem der Verein "Motorradfreunde Bodensee" aufgelöst wurde, begründend aus, dass führende Vereinsorgane und einzelne Mitglieder des aufgelösten Vereins starke Verflechtungen mit der "Skinhead"-Bewegung "Blood Honour" aufweisen würden. Der Vereinsobmann sei seit Langem bekennender Angehöriger der "Blood Honour" Vereinigung, die Kassiererin des Vereins sei seine Lebensgefährtin und die Obmann-Stellvertreterin des Vereins sei die Lebensgefährtin eines weiteren führenden "Blood Honour" Proponenten.
Die europaweit agierende "Blood Honour"-Bewegung habe zum Ziel, rechtsextremistische Ideologien, insbesondere auf organisierten Konzertveranstaltungen, zu verbreiten. Die "Blood Honour"-Gruppierung in Vorarlberg habe wiederholt bei durchgeführten Konzertveranstaltungen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gestört und innerhalb der Bevölkerung zur Beunruhigung geführt. Zudem sei beispielsweise eine für den angezeigte Versammlung wegen verbotswidriger Vorfälle anlässlich des am veranstalteten "Skinheadskonzerts" in Hohenems untersagt worden (siehe dazu auch VfSlg. 17.261/2004). Im Jahr 2003 sei u.a. verbotswidriges Musikmaterial von amtsbekannten "Skinheads" der "Blood Honour"-Szene Vorarlberg beschlagnahmt worden und einzelne Anhänger der "Blood Honour"-Bewegung seien wegen Verhetzung gemäß § 283 Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt worden. In den Jahren 2004 bis 2008 hätten wiederholt von der "Blood Honour" Szene Vorarlberg organisierte Veranstaltungen stattgefunden, wobei es auch zur Untersagung von Versammlungen gekommen sei.
Zum Naheverhältnis des Vereins "Motorradfreunde Bodensee" zu der "Blood Honour"-Bewegung wird im angefochtenen Bescheid der SiD Vorarlberg begründend wie folgt ausgeführt (Hervorhebungen wie im Original):
"In Vorarlberg existiert seit Jahren eine Blood Honour-Vereinigung, der amtsbekannte Skinheads angehören. Diese sind dem 'harten Kern' der rechtsextremistischen Bewegung zuzurechnen und bekannten ihre Zugehörigkeit zur Blood Honour-Vereinigung wiederholt öffentlich. Beispielhaft wird angeführt, dass bei einem Trauermarsch zu Ehren eines kürzlich verstorbenen Skinheads die Oberbekleidung bzw. Kopfbedeckung mit den Schriftzügen 'Blood Honour Vorarlberg' versehen war. An diesem Trauermarsch nahmen ua. L, V, W sowie S teil.
Der Verein 'Motorradfreunde Bodensee' hat in Wolfurt ein eigenes Vereinslokal angemietet. Betrachtet man die personelle Zusammensetzung der Funktionäre des Vereins sowie den Besucher- und Sympathisantenkreis des Vereinslokals, so steht fest, dass es sich dabei um eine Ansammlung von Personen handelt, aus denen sich die Blood Honour-Division Vorarlberg zusammensetzt. Der Vereinsobmann B ist seit langem ein bekennender Blood Honour-Angehöriger und die Schriftführerin G ist seine Lebensgefährtin. Die Obmann-Stellvertreterin P ist die Lebensgefährtin eines führenden Blood Honour Proponenten.
In diesem Vereinslokal wurden seit seiner Eröffnung nachfolgende Veranstaltungen durchgeführt:
Am , am sowie am wurden drei Veranstaltungen mit Live-Bands durchgeführt. Es wurden jeweils ca. 100 Teilnehmer aus der heimischen Szene (ua B, L, V, W, S) sowie dem benachbarten Ausland (vorwiegend aus der Schweiz) festgestellt.
Am wurde vom Verein 'Motorradfreunde Bodensee' ein Kegelabend (Kegelbahn im ÖBB-Areal Wolfurt) mit anschließendem Live-Konzert im Vereinslokal geplant. Nach einem Aufklärungsgespräch mit dem Betreiber der Kegelbahn wurde von diesem der Mietvertrag aufgekündigt. Im Vereinslokal wurden dennoch Skin-Aktivitäten festgestellt.
Am fand im Clublokal des Motorradvereins 'Outsider' ein tätlicher Übergriff statt. Hierbei wurde ein Skinhead durch Messerstiche getötet. Die Skinheads feierten in ihrem Vereinslokal in Wolfurt zuvor seinen 20. Geburtstag. Gegen 03.20 Uhr wollten fünf Skinheads im Biker-Clublokal noch ein Bier trinken. Kurz darauf kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Ein führendes Mitglied der Blood Honour wurde dabei erheblich verletzt.
Am fand der Gedenkgottesdienst und am Samstag der Trauergottesdienst zu Ehren des verstorbenen Skinheads in Hörbranz statt. Eine größere Anzahl der Beteiligten hatte schwarze Wollmützen mit weißem Schriftzug 'Blood Honour Vorarlberg'. Nach dem Trauergottesdienst, an welchem ca. 100-120 Skins teilnahmen, versammelten sich die Skinheads im Clublokal der 'Motorradfreunde Bodensee' in Wolfurt. Hier entschlossen sie sich nach eigenen Angaben kurzfristig zu einem Trauermarsch. An diesem Trauermarsch nahmen ua. L, V, W sowie S teil. Die Skinheads marschierten von ihrem Clublokal zum Tatort vor dem Biker-Club in Lauterach, wo sie 20 Minuten lang eine Gedenkwache abhielten. Anschließend kehrten sie auf dem Anmarschweg zurück ins Clubheim. Während des Trauermarsches wurde der Straßenverkehr behindert.
Am Sonntag den wiederholte sich erstmalig das monatliche Sterbedatum des der Skinheadszene zugehörig gewesenen 20-jährigen A, welcher am im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung im Clublokal der 'Outsider' in 6923 Lauterach, Bundesstraße 23, tödliche Stichverletzungen erlitten hatte.
Im Gedenken an ihren verstorbenen Freund beschlossen die der Skinheadszene zugehörigen Beschuldigten H und L (Anm: L war an der Auseinandersetzung vom im Clublokal der 'Outsider' persönlich beteiligt), zum annähernden Todeszeitpunkt des A an dessen Sterbeort für den Getöteten eine 'Trauerminute' abzuhalten.
Beim Eintreffen am Clublokal der 'Outsider' stellten die Beschuldigten H, L und F fest, dass in den Clubräumlichkeiten ein 'blaues Licht' (Anm: UV-Beleuchtung/Barlicht) eingeschaltet war. In der vermeintlichen Annahme, das Clublokal der 'Outsider' habe wieder eröffnet und es könnten sich allenfalls noch Personen, welche der Gruppierung der 'Outsider' zugehörig sind, in den Clubräumlichkeiten aufhalten, gerieten H und L in Rage und beschlossen spontan, sich gewaltsamen Zutritt zu den Clubräumlichkeiten zu verschaffen.
H und L schlugen mit einem am Tatort vorgefundenen Regenwasserfallrohr mehrere Fensterscheiben der Clubräumlichkeiten ein. Nachdem auf diese Tathandlung keine Reaktion erfolgte, wurde H und L bewusst, dass sich im Clublokal keine Personen befinden. Dennoch verschafften sich H und L gewaltsam Zutritt zu den Clubräumlichkeiten der 'Outsider', indem L versuchte, unter Anwendung von Körperkraft eine Hintereingangstüre aufzureißen. Anschließend brachen H und L unter Anwendung von Körperkraft die versperrt gewesene Hauseingangstüre und die versperrt gewesene Eingangstüre zu den Clubräumlichkeiten auf und drangen in die Räumlichkeiten ein.
In den Clubräumlichkeiten zerstörten bzw. beschädigten H und L die Clubräumlichkeiten und das darin befindliche Inventar, indem Spirituosenflaschen und Gläser zu Boden geworfen sowie Flaschen gezielt gegen die Fenster geworfen wurden und das noch darin befindliche Mobiliar umgestoßen bzw. zerschlagen wurde. Eine entsprechende Strafanzeige wurde ua. an die Staatsanwaltschaft Feldkirch gerichtet.
Der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wurden trotz Aufforderung die Vereinsmitglieder des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' nicht bekannt gegeben. Dennoch steht es für die Vereinsbehörde fest, dass dieser Vorfall vom ebenfalls dem Verein bzw. den Mitgliedern des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' zuzuordnen ist.
Hauptaktivitäten der Blood Honour-Gruppierung in Vorarlberg waren in den letzten Jahren Konzertveranstaltungen sowie Trauermärsche bzw. sonstige Versammlungen.
Trauermarsch (Versammlung) am in Bregenz zum Gedenken an einen Skinhead, der in Polizeihaft Suizid verübt hatte. Daran schloss ein Skinhead-Konzert mit 200 Teilnehmern in Koblach an.
Trauermarsch (Versammlung) am in Bregenz zum Gedenken an den soeben erwähnten Skinhead. An der Demonstration durch das Ortsgebiet von Bregenz-Vorkloster nahmen ca. 120 Personen teil. Nach dem Trauermarsch fand in Fußach ein Skin-Konzert mit ca. 400 Teilnehmern statt.
Am fand in Laterns ein Konzert mit
ca. 300 Skinheads statt.
Am wurde auf dem Party-Schiff 'Elisa' in Fußach
eine Skin-Veranstaltung abgehalten.
Die bisher größte Skinhead-Veranstaltung fand am in Hohenems statt. Anlässlich einer Kontrolle der Veranstaltungsörtlichkeit konnte von außen wiederholt festgestellt werden, dass in der Veranstaltungshalle von der deutschsprachigen Musikgruppe und dem Publikum lautstark 'Sieg Heil-Rufe' ertönten. Bei Kontrollen der anreisenden Veranstaltungsteilnehmer aus Deutschland war von der Polizeidirektion Kempten einschlägiges Material (CDs und Schriftmaterial) beschlagnahmt worden.
Für den wurde eine Versammlung in Bregenz angezeigt. Diese wurde von der Sicherheitsdirektion Vorarlberg mit Bescheid vom , ZI. III-2190-319/02, untersagt. Die Versammlung wurde aufgrund der verbotswidrigen Vorfälle anlässlich des Skinheadkonzertes am in Hohenems untersagt. Der Verfassungsgerichtshof wies eine Beschwerde mit Erkenntnis vom , B1034/03, ab. Der VfGH sah aufgrund der Annahme eines rechtsradikalen Teilnehmerkreises (Skinheads) und der Befürchtung von Zuwiderhandlungen gegen das Verbotsgesetz keine Verletzung des Versammlungsrechts.
Am wurde in Rankweil ein Konzert mit
ca. 150 Skinheads veranstaltet.
Für Anfang September 2003 war ein zweitägiges Skinkonzert in Rauz/Gemeinde Klösterle vorgesehen. Es war eine Veranstaltung für ca. 2.000 Personen geplant. Von den Sicherheitsbehörden wurde hierauf intensive Aufklärungsarbeit betrieben. Nachdem von der Parkplatz-Eigentümerin die Nutzung untersagt worden war, wurde die Veranstaltung abgesagt. Die für den geplante Ersatzveranstaltung wurde letztendlich in Oberösterreich abgehalten. An dieser Veranstaltung, bei der insgesamt sechs Skinheadbands auftraten, nahmen ca. 650 Personen teil. Wie die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mitteilte, kam es damals aufgrund der Liedertexte zu massiver Wiederbetätigung.
Am wurden bei drei amtsbekannten Skinheads, die ebenfalls der Blood Honour-Szene in Vorarlberg angehören, über richterliche Anordnung Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die richterlichen Anordnungen wurden damit begründet, dass im März 2002 den ermittelnden Behörden die Existenz einer neuen Vorarlberger Skinheadband mit dem Namen 'Stonehead', die der rechten Szene zuzuordnen sei, bekannt geworden war. Informationen aus der Skinheadszene hatten ergeben, dass die Bandmitglieder bei diversen Konzertauftritten Sturmkappen verwendet hatten, um nicht erkannt zu werden. Der Grund dafür seien die aggressiven bzw. stark nationalsozialistischen Liedertexte. Im Juni 2003 wurde ermittelt, dass die Gruppe 'Stonehead' zusammen mit der amerikanischen Skinheadband 'Final War' eine CD mit dem Titel 'American-Austrian Friendship' herausgebracht hatten, deren Texte offensichtlich gegen das Verbotsgesetz verstoßen.
Im Zuge der Hausdurchsuchung wurden unter anderem Fahnen mit Hakenkreuzen sowie T-Shirts mit diversen Aufdrucken wie 'Skinheads Vorarlberg', 'Sektion Vorarlberg', 'Blood Honour Österreich', 'American-Austrian Friendship' beschlagnahmt. Zudem wurden handschriftliche Liedtexte von Liedern aus der CD 'American-Austrian Friendship' sichergestellt.
Erwähnenswerte Textfragmente aus dieser CD:
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- | 'weiße Männer und Frauen bringen unsere Rasse an die |
erste Stelle ... Sieg Heil, Heil, Heil' | |
- | 'zieht in den heiligen Krieg' |
- | 'Zionisten müssen sterben' |
- | 'lasst den Nigger verbrennen' |
Wegen der hetzerischen Texte der Lieder auf dieser CD wurden alle drei Mitglieder nach § 283 StGB (Verhetzung) für schuldig gesprochen.
Ein weiteres Skinheadkonzert fand am in Krumbach, Bregenzerwald, statt. Während des Konzertes kam es zum Tod einer deutschen Konzertbesucherin.
Am zeigte ein Szeneangehöriger für den eine Versammlung in Bregenz in Form eines Trauermarsches an. Begründet wurde die Demonstration mit dem Tod der deutschen Konzertbesucherin. Auf Grund zu erwartender Gefahr der Begehung massiver Rechtsverletzungen wurde der Trauermarsch behördlich untersagt.
Am meldete ein Blood Honour-Zugehöriger für den eine Versammlung in Bregenz in Form eines Demonstrationszuges an. Begründet wurde die Demonstration unter anderem mit dem Verbot von Veranstaltungen, Demonstrationen sowie des Trauermarsches am und der Intoleranz gegenüber national denkenden Bürgern. Als Demonstrationsmotto wurde angegeben:
'Österreichische Jugend gegen Intoleranz, für Meinungsfreiheit'. Die Versammlung wurde behördlich untersagt, da mit der Setzung verbotswidriger Tatbestände auch bei dieser Veranstaltung zu rechnen war, zumal es sich bei diesem Demonstrationszug offensichtlich um eine 'Ersatzveranstaltung' für den zuvor untersagten Trauermarsch handelte.
Ein von der Blood Honour-Szene für den angezeigter Trauermarsch wurde von der Versammlungsbehörde untersagt.
Für den meldete ein Szeneangehöriger eine Versammlung an. Vor dem Landhaus sollte eine Kundgebung abgehalten werden; ein Redner sei vorgesehen. Zweck: Demonstration gegen den EU-Beitritt der Türkei. Die Demo wurde untersagt.
Am war ein Skinhead-Konzert mit fünf Bands im Bodenseeraum in Lustenau geplant. Diese Veranstaltung wurde behördlich unterbunden und von den Skinheads kurzfristig nach Satteins verlagert. Insgesamt kamen trotzdem ca. 160 Teilnehmer und es trat zumindest eine Skinhead-Band auf.
Am wurde in Götzis eine Skinhead-Veranstaltung mit Bandauftritt und ca. 60 Teilnehmern veranstaltet.
Am kam es zu einer Körperverletzung durch zwei Skinheads der Vorarlberger Blood Honour-Szene an einem 19-jährigen deutschen Staatsangehörigen in Lindau. Das Opfer wurde dabei in so einem Ausmaß verletzt, dass er irreversible und gravierende Schädigungen davon trug.
Am wurde in Hohenems ein Skinhead-Konzert mit ca. 50 Personen veranstaltet.
Am fand in Schruns eine Geburtstagsparty mit ca. 50-70 Skinheads statt.
Am brachte ein Blood Honour-Szeneangehöriger die Anzeige einer Versammlung bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg ein. Für den wurde eine Versammlung zum Thema 'Protest gegen Bau von Minaretten in Vorarlberg' zum nach eigenen Ausführungen angegebenen Zweck des Protestes gegen die Unzumutbarkeit der Politik angekündigt. Die Demo wurde nach intensiven Gesprächen mit den behördlichen Entscheidungsträgern mehrmals verschoben und schlussendlich gänzlich abgesagt.
Im Zusammenhang mit Ermittlungen in Deutschland wurde im April 2008 ersucht, einen Blood Honour-Funktionär zu überprüfen, da enge Kooperationen der Vorarlberger Blood Honour-Szene mit der deutschen Szene vermutet wurden."
Diese Analyse wurde am dem Verein "Motorradfreunde Bodensee" im Rahmen des Parteiengehörs mit einer Aufforderung zur Stellungnahme zugestellt. Zugleich wurde der Verein aufgefordert, der Vereinsbehörde eine vollständige Liste der aktuellen Vereinsmitglieder zu übermitteln und die Vereinsbehörde über die Vermögenswerte des Vereins in Kenntnis zu setzen.
In der rechtlichen Würdigung hat die belangte Behörde neuerlich die personellen Überschneidungen zwischen den Anhängern der "Blood Honour"-Bewegung und Organen des Vereins bzw. Teilnehmern an Vereinsaktivitäten dargestellt und daraus wörtlich folgenden Schluss gezogen:
"Im Hinblick auf die Blood Honour-Vereinigung ist festzuhalten, dass diese Vereinigung ein im Rechtssinn nicht organisiertes Gebilde von Personen darstellt. Insbesondere kommt dieser Vereinigung keine Vereinsqualität zu. Die Blood Honour-Bewegung mit der dazugehörigen rechtsextremistischen Ideologie stellt eine inzwischen europaweit agierende Organisation dar, die über das Medium Musik nicht nur die Gruppenidentität und das Zusammengehörigkeitsgefühl rechtsradikaler Gruppen stabilisiert, sondern auch die Vermittlung der nationalsozialistischen Ideologie auf der Basis von Musikveranstaltungen betreibt. Damit ist die Rechtsrockmusik ein wichtiger Bestandteil der Skinhead-Kommunikation. Die szeneinternen Musikveranstaltungen stellen eine Plattform dar, die geeignet ist, Kontakte zu pflegen, auszubauen und zugleich finden über die Liedertexte rassistische, fremdenfeindliche und sonstige einschlägige Ideologiefragmente oder verbotswidrige Inhalte ihre Verbreitung. Gleichzeitig ist die Rechtsrockmusik einer der Wegbereiter für rechtsextremistische Gewalttaten. Eine Analyse der bisherigen Konzerte ergab, dass die Veranstaltungen immer wieder die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gestört und innerhalb der Bevölkerung zur Beunruhigung geführt haben. Darüber hinaus haben diese Konzerte Vorarlberg zum Aufmarschgebiet rechtsextremer Skinheads gemacht. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Name Blood Honour einen eindeutigen NS-Bezug hat. Die Worte 'Blut und Ehre' waren auf den Fahrtenmessern der Hitler-Jugend eingraviert. Weiters ist anzumerken, dass die Nürnberger Rassengesetze offiziell 'Gesetze zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre' hießen.
Im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren ist festzuhalten, dass der Obmann des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' seit langem ein bekennender Blood Honour-Angehöriger und die Schriftführerin G seine Lebensgefährtin ist. Außerdem ist P die Lebensgefährtin eines führenden Blood Honour-Proponenten. Somit ist es für die Vereinsbehörde offenkundig, dass sowohl führende Vereinsorgane als auch sonstige Mitglieder [...] des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' im Nahverhältnis mit der Blood Honour-Vereinigung stehen. Inwiefern diese Tatsache auf alle Vereinsmitglieder zutrifft, kann mangels der Bekanntgabe der Vereinsmitglieder durch den Verein selbst seitens der Vereinsbehörde nicht abschließend beurteilt werden. Jedenfalls haben anlässlich der Trauerfeierlichkeiten zu Ehren des verstorbenen A Mitglieder des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' ihre Zugehörigkeit zu der Blood Honour-Bewegung durch das Tragen von Oberbekleidung bzw. Kopfbedeckung, welche mit Schriftzügen der 'Blood Honour Vorarlberg' versehen war, zum Ausdruck gebracht. Weiters hat nach Mitteilung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom am Standort des Vereinslokals der 'Motorradfreunde Bodensee' am eine Veranstaltung in Form einer Beach-Party stattgefunden. Die Zulassungsbesitzer der Kraftfahrzeuge der Besucher dieser Veranstaltung waren wiederum bekannt Angehörige der Blood Honour-Bewegung.
Jedenfalls steht fest, dass mehrere Personen der losen Vereinigung der Blood Honour-Bewegung seit der Eröffnung des Vereinslokals der 'Motorradfreunde Bodensee' dieses zu teilweise organisierten Veranstaltungen (mehrfach) aufgesucht haben. Beispielhaft können Konzerte am , am sowie am im Vereinslokal in Wolfurt sowie der organisierte Trauermarsch am vom Vereinslokal der 'Motorradfreunde Bodensee' in Wolfurt zum Tatort in Lauterach angeführt werden.
Die getroffenen Feststellungen zeigen deutlich zwei grundlegende Entwicklungen der Skinhead-Szene in Vorarlberg: Auf der einen Seite haben sich im Verein 'Motorradfreunde Bodensee' jedenfalls zum Teil Angehörige der Blood Honour-Szene in Vorarlberg zusammengeschlossen. Auf der anderen Seite setzen der Verein und zum Teil d[essen] Vereinsmitglieder Aktivitäten, die denselben Modus operandi der Blood Honour-Szene vorweisen und darüber hinaus eine tendenzielle Steigerung der Unternehmungen aufweisen.
Aufgrund der verbotswidrigen Vorfälle und Sachverhalte, die sich auf Veranstaltungen der Blood Honour-Skinheads Vorarlberg ereignet haben bzw. von diesen gesetzt wurden, wurden diverse Demonstrationen von den zuständigen Behörden jeweils bescheidmäßig untersagt. Die Prognose wurde für gerechtfertigt gehalten, dass es im Falle der Abhaltung der beantragten Versammlung wiederum zu einschlägigen Verhaltensweisen nach dem Verbotsgesetz kommen werde. Weitere Versammlungsvorhaben konnten auf Grund nachhaltiger Gespräche mit den Anmeldern unterbunden werden.
Die Etablierung des Vereins sowie des Vereinslokals als Plattform für Gleichgesinnte verdeutlicht die Bemühungen, die Szene zu institutionalisieren. Bereits im Jahre 1996 gab es erste Versuche, über die Gründung eines Skinhead-Vereins mit eigenem Vereinslokal eine Plattform zu begründen. Dieser Verein wurde im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Verurteilung einer größeren Anzahl von Skinheads behördlich aufgelöst. Im Jahr 2002 gab es wiederum Bemühungen der Szeneangehörigen, sich - diesmal nur auf der Basis von eigenen Räumlichkeiten ohne Vereinsgründung - zu etablieren. Auch dieses Unterfangen konnte durch behördliche Aufklärungs- und Informationsgespräche bei den zuständigen Immobilienbesitzern unterbunden werden.
...
Für die Vereinsbehörde steht fest, dass die Blood Honour-Bewegung unter dem Deckmantel des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' das Ziel verfolgt, national gesinnte Jugendliche zusammenzuführen und die rechtsextremistische Ideologie zu erhalten bzw. zu fördern. In diesem Sinne stellt der Verein eindeutig ein Gefährdungsrisiko dar.
Insofern wurde der Verein offensichtlich nicht zu den in den Statuten festgelegten Zwecken errichtet und wird auch nicht im Sinne dieser Zwecke geführt. Des Weiteren wurde der statutenmäßige Wirkungskreis insofern überschritten, als sich der Verein in eine Richtung betätigt, die mit seiner Zielsetzung nichts zu tun hat und gegen maßgebliche Bestimmungen des Vereinsgesetzes verstoßen hat.
Die offizielle Vereinstätigkeit ist nach Auffassung der Vereinsbehörde in Wahrheit nur der formelle Deckmantel für die Betätigung der Vereinsmitglieder und deren Freunde im Umfeld der Blood Honour-Bewegung (primär) in Vorarlberg."
Abschließend kommt die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass "[a]ufgrund der Tatsache, dass der Verein 'Motorradfreunde Bodensee' [...] diverse Veranstaltungen mit Skinheads veranstaltet hat bzw. solche Veranstaltungen gefördert hat und diese daher dem Verein zurechenbar sind und der Verein in Wahrheit nur einen Deckmantel für eine Verbindung von Skinheads bzw. von Blood Honour Anhängern darstellt, [...] aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und der Aufrechterhaltung der Ordnung zur Abwendung einer Gefahr für die demokratische Gesellschaft die Auflösung zu verfügen [war]."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde mehrerer ehemaliger Vereinsmitglieder. Die Beschwerdeführer (Obmann, Obmann-Stellvertreterin, Schriftführerin) behaupten, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein faires Verfahren verletzt worden zu sein und beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Auch behaupten die Beschwerdeführer, dass nach § 9 Abs 2 VerG die Sicherheitsdirektion gleichzeitig als Verfolgungsbehörde, welche die Initiative zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vereins ergreift, und als Entscheidungsorgan in zweiter Instanz agiert, hegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung und beantragen sohin die Wortfolge "die Sicherheitsdirektion" in § 9 Abs 2 VerG wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.
Die Beschwerde wird wörtlich wie folgt begründet (Hervorhebungen wie im Original):
"a) Zum behaupteten Verstoß gegen Strafgesetze:
...
... Der Bescheid, in welchem der Bescheid der BH Bregenz
einfach hineinkopiert wurde, nennt von Seite 13 bis einschließlich Seite 17 Vorfälle, welche allesamt vor der Vereinsgründung stattgefunden haben und daher objektiv nicht dem Verein der 'Motorradfreunde Bodensee' zugerechnet werden können. Bei den Konzerten vom , sowie , handelte es sich um Konzerte, die von Mitgliedern des Vereins der 'Motorradfreunde Bodensee' für eigene Mitglieder und geladene Gäste gehalten wurden. Anlässlich der Veranstaltungen vom waren Vertreter der BH Bregenz sowie der Bürgermeister der Gemeinde Wolfurt, Herr M, anwesend. Bei den Veranstaltungen gab es weder behördliche Anzeigen noch wurden sonstige Mängel beanstandet oder wurden die Veranstaltungen untersagt. Von einem rechtswidrigen Verhalten kann daher nicht ausgegangen werden und können die diesbezüglichen Feststellungen auf Seite 30 des Bescheides nicht zu Lasten des Vereins der 'Motorradfreunde Bodensee' ausgelegt werden, wonach eine enge Verbindung zwischen dem Verein 'Motorradfreunde Bodensee' und der Blood Honour Bewegung bestehen würde. Hinsichtlich der Ausführungen auf Seite 31 zum Obmann des Vereins der 'Motorradfreunde Bodensee', B, ist anzuführen, dass der Bescheid lediglich von polizeilichen Wahrnehmungen spricht und es gegenüber dem Obmann B keine verwaltungsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Anzeigen gab.
...
... Darüber hinaus sind die angeführten Sachverhalte
allesamt vor der Gründung des Vereins der 'Motorradfreunde Bodensee' geschehen und ist eine Zurechnung nicht legitim. Gleich verhält es sich auch mit den Feststellungen zur Person des V, der kein Mitglied des Vereins der 'Motorradfreunde Bodensee' ist. Der Vollständigkeithalber wird angeführt, dass die Verurteilung aus dem Jahr 2005 vom LG Feldkirch wiederum in den Zeitraum vor der Gründung des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' fällt.
...
Gesamthaft haben weder die Vereinsmitglieder noch die Organe des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' gegen eine Bestimmung des Strafgesetzbuches verstoßen oder eine Verwaltungsübertretung begangen. Trotzdem nennt der Bescheid als Auflösungsgrund die Gefahr erneuter Gesetzesverletzungen. Auf Seite 25 spricht der Bescheid davon, dass der Verein eindeutig ein Gefährdungsrisiko darstellen würde. Für eine Auflösung muss durch beharrliche Wiederholung der gesetzeswidrigen Handlungen die Gefahr erneuter Gesetzesverletzungen bestehen. Es muss also eine begründete negative Prognose erstellt werden (Höhnel/Jöchel/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine3, Seite 326). Aus dem Bescheid geht kein einziger dokumentierter Gesetzesverstoß des Vereins der Motorradfreunde Bodensee hervor
[...].
...
Der potenzielle Auflösungsgrund wegen eines Verstoßes gegen das Strafgesetzbuch liegt sohin nicht vor und kann daher der Verein 'Motorradfreunde Bodensee' aus diesem Grund auch nicht aufgelöst werden.
b) Zur Statutenüberschreitung:
...
Entgegen den Ausführungen im Bescheid haben die Mitglieder des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' sowohl an Motorradausfahrten, Sportveranstaltungen und an sonstigen Veranstaltungen anderer Vereine teilgenommen [Anm.: In der Beschwerde werden die durchgeführten Vereinsveranstaltungen aufgelistet und durch die Beilage von Fotos belegt]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verein noch nicht einmal zwei Jahre existiert und daher nicht zugemutet werden kann, sämtliche Zwecke ausgeschöpft und sämtliche Mittel der Vereinsstatuten bereits eingesetzt zu haben.
...
... Tatsächlich verhält es sich so, dass die angeführten
Veranstaltungen des Vereins 'Motorradfreunde Bodensee' sehr wohl unter die Vereinszwecke zu subsumieren sind. Sieht man sich die von den 'Motorradfreunden Bodensee' durchgeführten Veranstaltungen an, so ist der Verein sehr ambitioniert, die statutenmäßig festgelegten Zwecke und Ziele zu erreichen. [...] Eine Statutenunterschreitung stellt keinen Auflösungsgrund dar, schon gar nicht bei einem Verein, der erst seit 2 Jahren besteht.
...
c) Nachträglicher Wegfall der Bedingungen des rechtlichen Bestandes
...
... Der Auflösungstatbestand erfasst auch Sachverhalte, bei
denen nachträglich Gründe auftreten, die, wären sie bereits bei der Vereinsbildung vorgelegen, ein Untersagen dieser Vereinsbildung gerechtfertigt hätten. Der BH Bregenz waren bereits bei Gründung des Vereins die Mitglieder/Organe bekannt und wurde der Verein 'Motorradfreunde Bodensee' eingeladen, die Vereinstätigkeit aufzunehmen. Da der Verein 'Motorradfreunde Bodensee' anlässlich dessen Gründung bereits überprüft wurde und keine Mängel beanstandet wurden, kommt auch eine Untersagung der Vereinsausübung nach diesem Punkt nicht mehr in Frage, weil anlässlich der Gründung des Vereins alles in Ordnung war.
..."
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens entgegentritt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den Beschwerdeführern die angefallenen Schriftsatz- und Vorlageaufwandkosten aufzuerlegen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach rechtskräftiger Auflösung eines Vereins sind die ehemaligen Vereinsmitglieder als Träger der Vereinsfreiheit berechtigt, eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Vereinsfreiheit geltend zu machen (vgl. die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zB VfSlg. 8090/1977, 9567/1982, 12.127/1989, 16.078/2001).
Die Beschwerdeführer waren im Zeitpunkt der Auflösung des Vereins dessen Mitglieder (Obmann, Obmann-Stellvertreterin, Schriftführerin). Ihre Legitimation zur Beschwerdeführung war somit gegeben.
Die Beschwerde ist - da auch alle anderen formellen Voraussetzungen gegeben sind - daher zulässig.
2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 29 Abs 1 VerG.
Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"§29. (1) Jeder Verein kann unbeschadet des Falls nach § 2 Abs 3 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art 11 Abs 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, mit Bescheid aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestands nicht mehr entspricht."
Diese Bestimmung ist angesichts des materiellen Gesetzesvorbehaltes in Art 11 Abs 2 EMRK im Einklang mit dieser Verfassungsbestimmung auszulegen. Die Behörde ist nach dieser Bestimmung daher nur dann zur Auflösung eines Vereins befugt, wenn hierfür ein schwerwiegender Grund iSd Art 11 Abs 2 EMRK vorliegt (VfSlg. 8090/1977).
3. Im angefochtenen Bescheid begründet die belangte Behörde die Auflösung des Vereins - auf das Wesentliche zusammengefasst - damit, dass sowohl führende Vereinsorgane als auch sonstige Personen, die an den Aktivitäten des Vereins "Motorradfreunde Bodensee" teilgenommen haben, nachweislich im Naheverhältnis zur "Blood Honour"-Vereinigung stünden. Fest stehe auch, dass mehrere Personen der "Blood Honour"-Bewegung seit der Eröffnung des Vereinslokales der "Motorradfreunde Bodensee" dieses mehrfach zu teilweise organisierten Veranstaltungen aufgesucht haben. Die Vereinsbehörde geht davon aus, dass die "Blood Honour"-Bewegung unter dem Deckmantel des Vereins "Motorradfreunde Bodensee" das Ziel verfolge, national gesinnte Jugendliche zusammenzuführen und die rechtsextremistische Ideologie zu erhalten bzw. zu fördern. Die Erfüllung der Vereinszwecke laut Vereinsstatuten, wie Förderung des sicheren Motorradfahrens oder die Durchführung von Sportveranstaltungen, sei offenkundig nicht erreicht worden.
4. Damit ist die Vereinsbehörde im Ergebnis im Recht:
4.1. Aus den Vereinsstatuten ergeben sich der Zweck des Vereins "Motorradfreunde Bodensee" und die Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks wie folgt (Hervorhebungen wie im Original):
"§2: Zweck
(1) Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt:
* Förderung, Pflege, Ausübung und Erhaltung des sicheren
Motorradfahrens
* Teilnahme an verschiedenen Sportveranstaltungen
* Besuch von Veranstaltungen
* Vereinsanlässe organisieren
* die Bereicherung des Lebens durch sportliche
Veranstaltungen
* Förderung der körperlichen Ertüchtigung seiner
Mitglieder
* Nachwuchsförderung
* die Pflege freundschaftlicher Beziehungen unter den Mitgliedern
* die kameradschaftliche Zusammenarbeit mit anderen
Vereinen und Verbänden
* Öffentlichkeitsarbeit
...
§ 3: Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks
...
(2) Als ideelle Mittel (Tätigkeiten) dienen:
(a) Versammlungen und Besprechungen zur Koordination der
Vereinsinteressen
(b) Abhaltung regelmäßiger Fahrsicherheitstrainings und Ausfahrten
(c) Abhaltung von Veranstaltungen jeglicher Art, vor
allem von Motorradausfahrten
(d) Schaffung von Voraussetzungen (Raum-Platz-Lokal) für
die Ausübung des Vereinszweckes
(e) Mitwirkung bei sportlichen Anlässen
(f) Kontakte und Verbindungen zu Vereinen gleicher
Tendenz und Pflege der Kameradschaft
(g) Herausgeben von Mitteilungsblättern,
Vereinszeitschriften etc.
(h) Vorträge, Diskussionsabende, Publikationen (i) Abhaltung von Veranstaltungen zur Werbung von
Mitgliedern und gesellige Veranstaltungen jeglicher Art"
..."
4.2. Ein Verein kann gemäß § 29 Abs 1 VerG behördlich aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes nicht mehr entspricht.
Ein Verein überschreitet seinen statutenmäßigen Wirkungsbereich, wenn er statutenwidrige Ziele verfolgt oder wenn er sich zur Verfolgung seiner statutenmäßigen Ziele Mittel bedient, die nicht in den Statuten vorgesehen sind.
Diesen Auflösungsgrund sieht die belangte Behörde im vorliegenden Fall als gegeben, da der Verein "Motorradfreunde Bodensee" durch von ihm organisierte Veranstaltungen, insbesondere Konzerte, die Verbreitung von rechtsextremistischem Gedankengut fördert.
Durch die Analyse der personellen Überschneidungen zwischen Verein und den Aktivisten und Sympathisanten der "Blood Honour"-Bewegung, deren Qualifikation durch die Vereinsbehörde zutrifft, und die nach Gründung des Vereins fortgesetzte Durchführung von Aktionen dieser für diese Bewegung typischen Veranstaltungen ist vom Vorliegen dieses Auflösungsgrundes auszugehen.
Allein die Tatsache, dass in Kenntnis der Gründungsmitglieder
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- | der Obmann ist amtsbekannter Anhänger der "Blood Honour"-Bewegung |
- | die Vereinsgründung nicht untersagt wurde, ist - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - nicht als Beweis für die Rechtmäßigkeit des Vereins zu betrachten. Wenngleich es zutrifft, dass die Gründe für die Auflösung eines Vereins erst nach Bildung des Vereins eingetreten sein müssen, um die Auflösung zu rechtfertigen (vgl. VfSlg. 2468/1953), ist diese Voraussetzung im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben, zumal der Verein - entgegen seinen Behauptungen - nach seiner Gründung ein "Blood Honour"-nahes Betätigungsfeld aufgewiesen hat: So wurden Veranstaltungen in den Vereinsräumlichkeiten abgehalten, wie zB organisierte Konzerte, an denen amtsbekannte Mitglieder der "Blood Honour"-Bewegung gleichermaßen wie Vereinsmitglieder teilnahmen. |
Dass die Teilnahme von bekennenden "Blood Honour"-Anhängern von den Vereinsorganen missbilligt worden wäre und durch eine Zutrittsverweigerung in die Clubräumlichkeiten ein Kontakt zu den Vereinsmitgliedern unterbunden worden wäre, wurde von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren weder nachgewiesen noch behauptet.
Bei einer Gesamtbetrachtung der zutreffenden Analyse der handelnden Personen und deren Umfeld ergibt sich geradezu umgekehrt das Bild, dass die Anhänger der "Blood Honour"-Bewegung den Verein - über den statutenmäßigen Wirkungsbereich des Vereins hinausgehend - als Deckmantel zur (strafgesetzwidrigen) Verbreitung ihrer Ideologien unter dem Schutz der Vereinsfreiheit gegründet und fortgesetzt haben (vgl. ).
An dieser Beurteilung ändert auch die Tatsache nichts, dass der Verein auch, aber nicht nur - im Lichte des Vereinsgesetzes und des Art 11 Abs 2 EMRK - unbedenkliche Aktivitäten aufweist, muss er sich doch zur Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit seines rechtlichen Bestandes an dem zur Auflösung berechtigenden Verhalten messen lassen.
Somit durfte die belangte Behörde den Verein im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung im Sinne des Art 11 Abs 2 EMRK gemäß § 29 Abs 1 VerG behördlich auflösen.
Die Beschwerdeführer sind daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit verletzt worden.
4.3. Die Beschwerdeführer machen schließlich geltend, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten deshalb verletzt zu sein, weil die SiD Vorarlberg kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Vor allem wird beanstandet, dass entgegen dem Berufungsvorbringen keine Einvernahme der Vereinsmitglieder als Zeugen stattgefunden habe.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, umfasst die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art 144 B-VG bei behaupteter Verletzung des Vereinsrechtes auch die verfahrensrechtlichen Fragen (vgl. VfSlg. 4816/1964 u.a.). In Bezug auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften muss es sich allerdings um einen derart bedeutenden Mangel handeln, dass "wäre er nicht vorgekommen, die Behörde zumindest möglicherweise anders entschieden hätte" (VfSlg. 11.199/1986).
Ein solcher Mangel liegt nicht vor. Die Beschwerdeführer hatten Gelegenheit im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme abzugeben. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es zur Erhebung des relevanten Sachverhaltes nicht auch noch der Einvernahme der von den Beschwerdeführern beantragten (angeblichen) Vereinsmitglieder als Zeugen bedurfte. Die Behörde hat ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt.
Die Vereinsauflösung war somit zulässig.
5. Die Verletzung eines weiteren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes kommt angesichts der festgestellten Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht (vgl. zB VfSlg. 8567/1979, 9567/1982).
6. Dem Vorbringen, dass eine nicht als Tribunal iSd Art 6 EMRK eingerichtete Sicherheitsdirektion in Vereinsangelegenheiten in zweiter Instanz entscheidet, ist zu entgegnen, dass Vereinsangelegenheiten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zwar grundsätzlich auch zivilrechtlichen Charakter iSd Art 6 EMRK aufweisen können, wenn zB mit dem Recht auf Anerkennung einer Vereinigung über die Zuerkennung von Rechtspersönlichkeit abgesprochen wird (vgl. EGMR , Fall Apeh Üldözötteinek Szövetsege, Appl. 32.367/96, newsletter 2000, 197), allerdings stellt die behördliche Vereinsauflösung eine verwaltungspolizeiliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dar, welche nicht als "Zivilrecht" iSd Art 6 EMRK zu qualifizieren ist.
Die Bedenken, dass ein unabhängiges Tribunal anstelle der Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörde über Vereinsangelegenheiten entscheiden müsste, gehen damit ins Leere. Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch hiezu VfSlg. 9567/1982). Die Beschwerdeführer sind mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
7. Dem Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kosten als Ersatz des Vorlageaufwandes war schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (VfSlg. 18.277/2007; u.a.).
8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.