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OGH vom 10.12.1990, 15Os120/90

OGH vom 10.12.1990, 15Os120/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Karl F*** und andere wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 (iVm § 161 Abs. 1) StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des genannten Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom , GZ 10 Vr 1338/85-86, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 65 Abs. 1 OGHG) den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Dipl.Ing. Karl F*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des angefochtenen Urteils wurde Dipl.Ing. Karl F*** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 (iVm § 161 Abs. 1) StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 16.September bis zum als Geschäftsführer der "F*** Bau-GesmbH", die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis "des Unternehmens" (gemeint: der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft) die Befriedigung von dessen Gläubigern dadurch teils vereitelte, teils schmälerte, daß er neue Schulden einging, alte Schulden bezahlte und die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des genannten Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Teils aktenwidrig und teils unsubstantiiert ist der die subjektive Tatseite betreffende Vorwurf (Z 5), das Schöffengericht "unterstelle (offensichtlich)", daß der Zeitpunkt des "Kennenmüssens" der Zahlungsunfähigkeit "gleichsam" mit dem Tag der Übernahme der Geschäftsführung durch den Beschwerdeführer anzunehmen sei, ohne hiefür ausreichende Gründe anzuführen.

Zum einen hat nämlich das Erstgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen ausdrücklich konstatiert, daß der Angeklagte schon vor dem Ausscheiden seiner Gattin als Geschäftsführerin am die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft erkannt sowie dementsprechend deren Insolvenz zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführer-Funktion mit dem darauffolgenden Tag (nicht bloß hätte erkennen müssen, sondern bereits tatsächlich) gekannt hat (US 34, 41), und zum anderen ist der Mängelrüge in keiner Weise zu entnehmen, inwiefern die eingehende Urteilsbegründung (US 33 f., 41 bis 43) zu eben dieser Feststellung, die er nach dem Gesagten in ihrem maßgebenden Sinngehalt prozeßordnungswidrig negiert, mit den Denkgesetzen oder mit allgemeiner Lebenserfahrung im Widerspruch stehen sollte. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der damit als erwiesen angenommenen, für den Schuldspruch in subjektiver Hinsicht entscheidenden Tatsachen aber vermag der Beschwerdeführer mit seinen darauf bezogenen, einer sorgfältigen Prüfung unterzogenen Einwänden (Z 5 a), die darauf abzielen, das Ausmaß seines Einblicks in die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft ab Anfang 1987 in Frage zu stellen, im Lichte der gesamten Aktenlage nicht zu erwecken. Soweit er mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) auf die urteilsfremde Prämisse abstellt, er habe aus faktischen Gründen erst nach der Übernahme der Geschäftsführung von seiner Gattin damit beginnen können, sich die zur Erkennbarkeit des "vollen Umfangs der Firmensituation" zwecks sachgerechter Entscheidung betreffend die Notwendigkeit einer Konkurseinleitung erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, bringt er demnach den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der nach der Prozeßordnung nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit den darauf angewendeten Strafbestimmungen aufgezeigt werden kann, nicht zu einer dem Gesetz entsprechenden Darstellung.

Nicht stichhältig ist die im Rahmen der Mängelrüge erhobene weitere Beschwerdebehauptung, das Urteil lasse nicht erkennen, ob dem Angeklagten "die im § 69 KO normierte Frist ... zugebilligt" wurde, womit der Sache nach eine unzureichende Tatbeschreibung (Z 3 iVm § 260 Abs. 1 Z 1 StPO) in bezug auf jenen Zeitraum reklamiert wird, für den ihm die Unterlassung der Antragstellung auf Konkurseröffnung als tatbestandsmäßiges Fehlverhalten zur Last liegt. Wird doch dementgegen auch insoweit in den Entscheidungsgründen ausdrücklich darauf verwiesen, daß dem Beschwerdeführer beim Vorwurf einer fahrlässigerweise verspäteten Konkurseinleitung die in Rede stehende Frist nicht zugute gehalten wurde (US 42 f.), sodaß sich die bekämpfte Verurteilung unmißverständlich in Ansehung des gesamten inkriminierten Tatverhaltens auf den gesamten Tatzeitraum erstreckt. Die mit Bezug auf den Schuldspruch wegen nicht rechtzeitiger Einleitung des Konkursverfahrens vermißten Konstatierungen zur Frage, ab wann der Angeklagte "über die Situation des Unternehmens und die Unmöglichkeit der Weiterführung Bescheid hätte wissen müssen", womit er im gegebenen Zusammenhang ersichtlich den Zeitpunkt der Erkennbarkeit einer Aussichtslosigkeit seines Sanierungsversuchs (US 34, 42) als die in Rede stehende Frist verkürzenden Umstand releviert, waren dementsprechend auch in bezug auf dieses Tatverhalten zur Beschreibung des Tatzeitbeginns nicht erforderlich.

In rechtlicher Hinsicht sei dazu noch klarstellend vermerkt, daß dem Beschwerdeführer solcherart die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf Konkurseröffnung ungeachtet seiner Sanierungsbemühungen im Ergebnis zutreffend schon ab dem als nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB tatbestandsmäßig angelastet wurde.

Denn die dem insolventen Schuldner mehrerer Gläubiger seit dem IRÄG 1982, BGBl Nr 370, in § 69 Abs. 2 KO (nach dem Vorbild des seinerzeitigen § 83 Abs. 2 AktG 1937) eingeräumte 60-tägige Frist für - bei pflichtgemäßer Sorgfalt als aussichtsreich und realisierbar erscheinende (vgl SZ 60/244, 61/26 ua) - Sanierungsversuche (vgl hiezu den JAB, 1147, BlgNR XV. GP 21 f.), innerhalb deren ihm im Fall ihrer Inanspruchnahme dazu nicht nur die Nichteinleitung eines Insolvenzverfahrens nicht vorzuwerfen, sondern zudem (in teleologischer Reduktion des hier aktuellen Straftatbestands) auch die Abwicklung der zur Erhaltung und Fortführung seines Unternehmens erforderlichen Geschäfte erlaubt ist (idS JE-St 1989/311; ebenso Honsell in GesRZ 1984, 140 f., Kienapfel BT II2 § 159 RN 45 mwN und Tschulik im WK Erg § 159 Rz 23 c; aM Bertel-Schwaighofer BT I § 159 Rz 11), wird spätestens durch die Kenntnis des Schuldners vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Konkurseröffnung ausgelöst (für die Maßgeblichkeit jenes Zeitpunkts abermals JE-St 1989/311 und Honsell aaO 136 f. mwN sowie seinerzeit die hM zu § 83 Abs. 2 AktG 1937; für die Relevanz schon des Zeitpunkts der objektiven Erkennbarkeit der Insolvenz Reich-Rohrwig GesmbH-Recht 662; aM Schuhmacher in Ecolex 1990, 340, wonach auf den objektiven Eintritt einer manifesten Insolvenz abzustellen sei). Im vorliegenden Fall stand sie daher dem Angeklagten im Hinblick darauf, daß seine Gattin als seinerzeitige Geschäftsführerin die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft schon im Jahre 1986 erkannt hatte (US 4, 40 f.) und daß der spätere Geschäftsführer-Wechsel einen neuerlichen Fristenlauf nicht auszulösen vermochte, von Anfang an nicht mehr zur Verfügung.

Zur weiteren objektiven Tatseite des ihm angelasteten Vergehens aber geht der Beschwerdeführer mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) insofern, als er auf das Beweisverfahren abstellt, demzufolge (unter anderem auch) keine ihm zuzurechnenden Veränderungen des allen Gläubigern gemeinsamen Befriedigungsfonds vorgenommen worden seien, abermals nicht vom Urteilssachverhalt aus, demzufolge jedenfalls die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf Konkurseröffnung schon wegen der dadurch bestimmten Entstehung zusätzlicher Lohn- und Abgabenverbindlichkeiten zumindest zu einer Schmälerung der Gläubigerbefriedigung führte (US 34, 39, 42 iVm S 47, 55 in ON 62). In Ansehung des Eingehens neuer und der Bezahlung alter Schulden als weiterer alternativer Begehungsarten fahrlässiger Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB schließlich ist demgemäß der Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht anfechtbar, weil er insoweit lediglich die - bloß im Rahmen der Strafbemessung mitaktuelle (§ 32 Abs. 3 StGB) - Intensität der Tatbegehung betrifft (vgl JBl 1988, 732 ua).

Dementsprechend war die Nichtigkeitsbeschwerde nach Anhörung der Generalprokuratur teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) und teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) schon in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen.