VfGH vom 30.11.2004, B1150/03
Sammlungsnummer
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Spruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.142,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft - eine Handelsagentur - vermittelt Warenhandelsgeschäfte zwischen Großhändlern und Gastronomiebetrieben bzw. schließt Warenhandelsgeschäfte in fremdem Namen und für fremde Rechnung ab. Der Gewinn der Gesellschaft besteht in Bonusbeträgen, die verbuchten Umsätze sind reine Durchlaufbeträge.
1.2. Der beschwerdeführenden Gesellschaft wurden mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom Fremdenverkehrsverbandsbeiträge für die Jahre 1998 bis 2000 vorgeschrieben. Für die Berechnung dieser Beiträge wurde die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze iSd § 1 Abs 1 Z 1 und 2 UStG herangezogen, die - wie die belangte Behörde ausführt - bereits in rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheiden festgestellt worden seien. Ausnahmeregelungen wie die des § 36 Salzburger Fremdenverkehrsgesetz oder § 32 Abs 4 leg.cit. fänden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Auch sei die Behörde gemäß § 41 Abs 3 leg.cit. an die für die Umsatzsteuer maßgebenden Feststellungen gebunden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
Begründend wird in der Beschwerde im Wesentlichen auf das hg. Erkenntnis VfSlg. 16.198/2001 hingewiesen, dem eine ähnliche Rechtslage wie die hier vorliegende zugrundelag. Überdies hält die beschwerdeführende Gesellschaft die Bindung an (rechtskräftige) Umsatzsteuerbescheide für die Berechnung der Fremdenverkehrsbeiträge für verfassungswidrig.
3. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Präjudizialität des § 32 Abs 3 FremdenverkehrsG bestreitet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Die Beschwerde ist begründet:
1. Der Verfassungsgerichtshof leitete aus Anlass dieser Beschwerde mit Beschluss vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "von einer Betriebsstätte des Unternehmers" und des Wortes "aus" im zweiten Satz des § 32 Abs 3 des Gesetzes vom über den Fremdenverkehr im Lande Salzburg (Salzburger Fremdenverkehrsgesetz), LGBl. für das Land Salzburg Nr. 94/1985, ein und sprach in dem am gefällten Erkenntnis G83/04 aus, dass diese Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben wird.
2. Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass diese Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste, aufzuheben.
III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabengebühr iHv € 180,-- und Umsatzsteuer iHv € 327,-- enthalten.
IV. Diese Entscheidung wurde gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.
Fundstelle(n):
OAAAD-79406