zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 22.05.2002, 9Ob19/02p

OGH vom 22.05.2002, 9Ob19/02p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr. Reinhard S 2) Mag. Susan S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Egon Sattler ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei *****stift *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Erfüllung eines Mietvertrages (Streitwert EUR 19.412,77 sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 39 R 278/01y-39, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine derartige Rechtsfrage wird von den Revisionswerbern nicht aufgezeigt:

Die Lösung des vorliegenden Falles hängt nicht von den kirchenrechtlichen Erwägungen der Revisionswerber ab, und zwar auch nicht von der Frage, ob und inwieweit ein Dekret der Bischofskonferenz für einen autonomen Orden gilt, sondern allein von der Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen der im Zusammenhang mit einer von den Klägern beabsichtigten Vertragsschließung agierenden Personen. Das Berufungsgericht kam aufgrund seiner Auslegung der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zu dem Ergebnis, dass der wirksame Abschluss des Mietvertrages der Unterfertigung durch den Abt der klagenden Partei vorbehalten wurde. Hätten die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so werde gemäß § 884 ABGB vermutet, dass sie vor der Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen. Ob rechtsgeschäftliche Erklärungen im Einzelfall richtig ausgelegt wurden, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936, RS0044298, RS0044358 ua). Richtig ist, dass es trotz der Vermutung des § 884 ABGB möglich ist, dass die Parteien den Vertrag bereits mündlich bindend abgeschlossen haben und die über den Vertrag zu errichtende Urkunde nur deklarative Bedeutung haben soll (RIS-Justiz RS0017286). Zutreffend verweisen die Revisionswerber auch auf die Entscheidung 3 Ob 300/97g; danach besagt der Umstand allein, dass die Parteien die Errichtung einer schriftlichen Vertragsurkunde vereinbart haben, noch nicht, dass sie im Sinn des § 884 ABGB vor Errichtung der Vertragsausfertigung nicht gebunden sein wollten, sofern nicht ein ausdrücklicher Vorbehalt in diese Richtung gemacht wurde. Letztlich hängt aber die Frage, ob und inwieweit die Parteien einen Vertragsabschluss von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig gemacht haben, stets von den Umständen des Einzelfalles ab, sodass sie regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO bildet (8 Ob 42/00k). Ob auch eine andere Auslegung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien bzw beteiligten Personen vertretbar wäre, ist keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042776, RS0042936, RS0112106 ua). Von einer auffallenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes kann aber nach den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes keine Rede sein (RIS-Justiz RS0042776); ein unvertretbares Auslegungsergebnis wird von den Revisionswerbern nicht aufgezeigt.