OGH vom 03.05.2006, 13Os133/05s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günter L***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit b FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom , GZ 24 Hv 119/04m-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Verteidigers Mag. Übermasser sowie des Vertreters des Privatbeteiligten Dr. Koplinger zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch 2. wegen Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit b FinStrG (insoweit ersatzlos) sowie im Strafausspruch aufgehoben, und in der Sache selbst erkannt:
Günter L***** wird in Anwendung des § 21 FinStrG nach § 38 Abs 1 lit a, §§ 37 Abs 2, 46 Abs 2 (§ 44 Abs 2 lit c) FinStrG zu einer Geldstrafe von 66.000 Euro,
im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 27
Wochen
verurteilt.
Der Vollzug von zwei Dritteln der Strafe wird für eine Probezeit von
drei Jahren bedingt nachgesehen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem im ersten Rechtsgang ergangenen Urteil (ON 23) wurde Günter L***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßig begangenen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I. 1.) und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (I. 2.) schuldig erkannt.
Danach hat er
I. (zu ergänzen: im Jänner 2004) im Zuständigkeitsbereich des Zollamtes Linz vorsätzlich
1. eingangsabgabenpflichtige Waren ausländischer Herkunft, nämlich zumindest 395.600 Stück Filterzigaretten der Sorten „Ernte 23", „Milde Sorte", „Memphis Classic", „Memphis Blue", „Memphis Blue Light" und „Marlboro" mit darauf entfallenden Eingangsabgaben in Höhe von 66.996,32 Euro (davon Zoll 17.071,49 Euro, Tabaksteuer 33.819,60 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 16.105,23 Euro) hinsichtlich welcher durch namentlich nicht bekannte Personen anlässlich der Verbringung in das Zollgebiet der Gemeinschaft die Finanzvergehen des Schmuggels „und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols" begangen worden waren, an sich gebracht und in der Absicht weiterverkauft, sich durch die wiederkehrende Begehung dieser strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
2. in Tateinheit hiezu Gegenstände des Tabakmonopols mit einem Kleinverkaufspreis in Höhe von 59.340 Euro, hinsichtlich welcher von namentlich nicht bekannten Personen in die Rechte des Tabakmonopols eingegriffen worden war, an sich gebracht und weiterverkauft. Vom weiteren Anklagevorwurf, er habe im Zuständigkeitsbereich des Zollamtes Linz vorsätzlich
1. eingangsabgabepflichtige Waren ausländischer Herkunft, nämlich zumindest 314.020 Stück Filterzigaretten der Sorten „Ernte 23", „Milde Sorte", „Memphis Classic", „Memphis Blue", „Memphis Blue Light" und „Marlboro" mit darauf entfallenden Eingangsabgaben in Höhe von 52.914,08 Euro (davon Zoll 12.664,69 Euro, Tabaksteuer 27.765,82 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 12.483,57 Euro), hinsichtlich welcher durch namentlich nicht bekannte Personen anlässlich der Verbringung in das Zollgebiet der Gemeinschaft die Finanzvergehen des Schmuggels „und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols" begangen worden waren, gekauft und in der Absicht weiterverkauft, sich durch die wiederkehrende Begehung dieser strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
2. in Tateinheit hiezu Gegenstände des Tabakmonopols mit einem Kleinverkaufspreis von 48.326,60 Euro, hinsichtlich welcher von namentlich nicht bekannten Personen in die Rechte des Tabakmonopols eingegriffen worden war, an sich gebracht und weiterverkauft wurde er „gemäß § 259 Z 3 StPO" freigesprochen.
In Stattgebung gegen den Freispruch ergriffener Nichtigkeitsbeschwerden wurde das angefochtene Urteil im Freispruch sowie im Sanktionsausspruch - ausgenommen betreffend Wertersatzstrafe und Verfall - aufgehoben und insoweit die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Aufhebung erfolgte, weil die Tatrichter das Beweissubstrat lediglich auf den Anklagevorwurf einer eigennützigen, nicht aber hinsichtlich des von der Anklage mit umfassten Vorwurfs einer fremdnützigen (Abgaben-)Hehlerei geprüft hatten, obwohl das Zurverfügungstellen von Autos für Fahrten und für den Verkauf geschmuggelten Zigaretten sowie die Nutzungsberechtigung einer Lagerhalle für die Zwischenlagerung solcher Waren ein Unterstützen iSd § 37 Abs 1 lit b FinStrG sein kann (13 Os 22/05t, S 5 unten). Zu einem Vorgang nach § 290 Abs 1 StPO hinsichtlich des Schuldspruches wegen Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG fand der Oberste Gerichtshof trotz verfehlter Subsumtion keinen Grund, weil die Strafdrohung für das Finanzvergehen des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG, welches rechtsrichtig anzulasten gewesen wäre, mit derjenigen für § 46 Abs 1 lit a FinStrG ident ist (vgl 11 Os 74/05z = EvBl 2006/23).
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde Günter L***** der Finanzvergehen (1.) der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit b FinStrG und (2.) der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit b FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des Zollamtes Linz „vor dem " vorsätzlich
1. namentlich nicht bekannte Personen, welche durch Verbringung von 314.020 Stück Filterzigaretten der Sorten „Ernte 23", „Milde Sorte", „Memphis Classic", „Memphis Blue", „Memphis Blue Light" und „Marlboro" mit darauf entfallenden Eingangsabgaben in Höhe von 52.914,08 Euro (davon Zoll 12.664,69 Euro, Tabaksteuer 27.765,82 Euro und Einfuhrumsatzsteuer 12.483,57 Euro) in das Zollgebiet der Gemeinschaft die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols begangen hatten, nach der Tat dabei unterstützt, diese Sachen, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen begangen wurde, zu verheimlichen oder zu verhandeln, indem er ihnen einen Klein-LKW zum Transport des Schmuggelgutes zur Verfügung stellte und
2. „in Tateinheit hiezu die unbekannt gebliebenen Täter, welche wie oben beschrieben somit Zeugnisse aus Monopolgegenständen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, verheimlicht oder verhandelt hatte, dabei unterstützt, diese Sachen hinsichtlich welcher das Finanzvergehen begangen wurde, zu verheimlichen oder zu verhandeln, indem er ihnen den oben beschriebenen Klein-LKW zur Verfügung stellt."
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Schuldsprüche richtet sich die auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt. Wenn die Mängelrüge (Z 5) einzelne vom Erstgericht in seiner Begründung verwendete Formulierungen („bei lebensnaher Sachverhaltsbeurteilung", US 6 letzter Absatz; „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", US 7 erster Absatz) als Ausdruck willkürlicher Schlussfolgerungen kritisiert, ist sie darauf zu verweisen, dass das Schöffengericht hiermit lediglich eine empirisch nachvollziehbare Würdigung (US 5 ff) dezidiert angeführter Beweisergebnisse (handschriftliche Aufzeichnungen, Niederschrift vor dem Hauptzollamt Linz, gewerbsmäßiger Schmuggel durch den Beschwerdeführer selbst, Rufdatenauswertung) zusammengefasst hat. Die Tatrichter waren dabei sehr wohl befugt, auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse und die rechtskräftige Verurteilung des Angeklagten im ersten Rechtsgang in die Beweiswürdigung einfließen zu lassen. Der Einwand, das Schöffengericht habe sich mit der Verantwortung des Angeklagten, dem „Bulgaren" den Zigarettenumschlag in seiner Lagerhalle untersagt zu haben (S 350 f), nicht auseinandergesetzt, geht ins Leere, weil das Schöffengericht diese Einlassung zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber ausführlich darlegt, weshalb es die die subjektive Tatseite in Abrede stellende Verantwortung für widerlegt erachtete (US 5 ff). Der Rüge zuwider bedurfte es auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit der aus der Rufdatenauswertung gewonnenen Erkenntnis, dass Zweck der Telefonate mit dem Zeugen G***** die „Vereinbarung von Kartonübergaben" gewesen sei, zumal der Angeklagte ohnehin einräumte, die Kartons seien für geschmuggelte Zigaretten benötigt worden (S 273).
Die Tatsachenrüge wiederholt im Wesentlichen die Verantwortung des Beschwerdeführers, der das Erstgericht auf Grund schlüssiger Erwägungen eben nicht gefolgt ist und vermag solcherart keine erheblichen Bedenken an den dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht am Tatsachensubstrat des Urteils, welches mit dem Verweis auf den Grundsatz „in dubio pro reo" in Zweifel gezogen wird, und entbehrt solcherart einer prozessordnungsgemäßen Ausführung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen. Aus deren Anlass hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, dass durch den Schuldspruch 2. wegen Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit b FinStrG ein dem Angeklagten zum Nachteil gereichender Rechtsfehler vorliegt.
Infolge der Aufhebung des § 2 TabMG 1996 durch Art VII des eine Liberalisierung der gewerblichen Einfuhr und Herstellung von Tabakerzeugnissen im Zuge der Vollprivatisierung der Austria Tabak AG anstrebenden (vgl JAB 1202 BlgNR XXI. GP, 4) zweiten Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl I 2002/132, ist nach dem Ausfuhrverbot auch das Verbot der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zivilrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet weggefallen, sodass mangels eines Tabakmonopols für die davon umfassten (§ 17 Abs 4 FinStrG) Gegenstände das Finanzvergehen nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG nicht mehr in Betracht kommt (vgl Kirchbacher /Presslauer in WK² § 164 Rz 12, 12 Os 107/05k, 11 Os 74/05z = EvBl 2006/23).
Die dennoch erfolgte Verurteilung des Angeklagten war somit zu beseitigen, was auch die Aufhebung des Strafausspruches erfordert. Ausgehend von einer Strafdrohung bis zu 366.157,12 Euro war bei der Strafbemessung als erschwerend kein Umstand zu werten, als mildernd hingegen das Teilgeständnis (zu den Schuldspruchsfakten des ersten Rechtsganges) und der bisherige ordentliche Lebenswandel. Im Hinblick auf diesen war die bloße Androhung des Vollzuges von zwei Dritteln der verhängten Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit zu gewähren (§ 26 FinStrG iVm § 43a Abs 1 StGB), nicht jedoch - aus generalpräventiven Erwägungen - die gänzliche bedingte Nachsicht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO. Die (erneute) Beschlussfassung nach § 26 Abs 2 FinStrG ist Sache des Erstgerichtes (vgl Ratz, WK-StPO § 295 Rz 12).