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OGH vom 07.11.2001, 13Os132/01

OGH vom 07.11.2001, 13Os132/01

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing. August Z***** wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 und Abs 5 Z 3 und Z 5 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 5 Vr 926/00-35, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ing. August Peter Z***** wurde des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 und Abs 5 Z 3 und Z 5 StGB (I.), des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (II.) und des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (III.), jeweils iVm § 161 Abs 1 StGB, schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen und in Graz als leitender Angestellter einer juristischen Person, nämlich als allein vertretungsbefugter Geschäftsführer der Z***** GmbH, zu I. in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Z***** GmbH grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines ihrer Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er kridaträchtig handelte, indem er entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens

1. durch das Betreiben mehrerer Büros übermäßigen, mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Z***** GmbH in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb,

2. keine Jahresabschlüsse zu deren Erstellung er innerhalb von neun Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres verpflichtet war, erstellte,

zu II. deren Vermögen unter Herbeiführung eines Schadens in der Höhe von 318.253,29 S verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, indem er unzulässige Privatentnahmen tätigte,

zu III. nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Z***** GmbH, indem er unzulässigerweise das eigenkapitalersetzende Darlehen in der Höhe von 265.162,25 S tilgte, einen Gläubiger (nämlich sich selbst) begünstigt und hierdurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt.

Dagegen richtet sich die aus Z 8, 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.

Vorweg bedarf die Beschwerde folgende grundsätzlicher Bemerkung:

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet. Der in der Beschwerdeschrift zu jedem Nichtigkeitsgrund verwendete Einleitungssatz "Die Vorbringen zu den anderen Nichtigkeitsgründen werden, um Wiederholungen zu vermeiden, auch zum Vorbringen hinsichtlich dieses Nichtigkeitsgrundes erhoben" entspricht daher nicht der Strafprozessordnung.

Die von der Nichtigkeitsbeschwerde behauptete Anklageüberschreitung (Z 8) liegt nicht vor.

Die Anklageschrift (ON 26) hatte dem Angeklagten zu Punkt B das Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB mit einem Schaden von 583.415,54 S zur Last gelegt. Das Erstgericht hat jedoch in diesem Betrag enthaltene Entnahmen von 265.162,25 S in Abweichung von der Anklage unter Schuldspruch III. (bloß) als Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB subsumiert und dies damit rechtlich ausführlich begründet, dass der Angeklagte mit der genannten Summe unzulässigerweise das Eigenkapital ersetzende Darlehen tilgte und dadurch einen Gläubiger der Z***** GmbH, nämlich sich selbst, begünstigte, während er die anderen Gläubiger gleichzeitig benachteiligte, und wobei es an einer im § 156 StGB tatbestandlich geforderte effektive Gesamtvermögen reduzierenden Schuldnerdisposition fehlte.

Die Beschwerde übersieht demnach, dass die Anklage nicht nur die zu Punkt II. des Schuldspruchs umfasste Tat, sondern auch jene zu Punkt III. inkriminiert hat. Gegenstand des Urteils war somit das Verhalten des Angeklagten, wie es sich aus der gesamten Anklage ergibt, sohin der "historische Sachverhalt", dessen rechtliche Beurteilung das Gericht unabhängig von der Rechtsmeinung der Anklage vorzunehmen hat. Wenn daher das Urteil nur in der rechtlichen Beurteilung der Tat von der Anklage abweicht, kann von einer Nichtigkeit begründenden Überschreitung der Anklage keine Rede sein (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 8 E 8, 3).

Die Beschwerdemeinung, es sei "daher unzulässig, ohne protokollierte Erörterung und "Klags"ausdehnung in der Hauptverhandlung, im Urteil weitere Qualifikationen innerhalb und außerhalb des vom Ankläger angenommenen Delikts anzunehmen", ist daher nicht zutreffend. Auch fiel zufolge dieses von der Anklage abweichenden Schuldspruches III. beim strafbestimmenden Schuldspruch II. die Qualifikation des § 156 Abs 2 StGB weg, was dem Angeklagten zum Vorteil gereicht, wodurch der behauptete (ohnedies nicht mit Nichtigkeit bedrohte) Verstoß gegen § 262 StPO ohne Nachteil für den Angeklagten blieb.

Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) zufolge unpräziser Formulierungen die Geltendmachung von Verfahrensmängeln und nicht bloße Kritik an der Verfahrensführung erkennen lässt, dabei teils sogar unverständlich ist ("Tatsächlich wurden Erkenntnisse aus diesem Strafverfahren auch anderweitig verwertet."), lässt sie eine Hintansetzung bzw unrichtige Anwendung von "Grundsätzen des Strafverfahrens, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften durch Art 6 EMRK .... oder sonst durch das Wesen einer die Strafverfolgung und die Verteidigung sichernden fairen Verfahrens geboten ist" (so die Rechtsmittelschrift) durch die Anwesenheit des RA Mag. Michael P*****, dem Masseverwalter der Konkursmasse Z***** GesmbH als Privatbeteiligtenvertreter in der Hauptverhandlung (ON 34) während deren gesamten Dauer trotz seiner beantragten (Anklageschrift ON 26) und tatsächlichen Vernehmung als Zeuge nicht erkennen. Der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellte Antrag, den als Zeuge geladenen Masseverwalter der Konkursmasse der Z***** GmbH nicht als Privatbeteiligtenvertreter der Vernehmung des Beschuldigten beiwohnen zu lassen, wurde zu Recht abgewiesen. Der Masseverwalter kann sich nämlich kraft seiner besonderen Stellung als gesetzlicher Vertreter der Konkursmass (Mohr Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung9 § 83 E 2) und (zugleich) Treuhänder der Massegläubiger (Herz, Masseverwalter, Gläubiger und Gemeinschuldner, ÖJZ 1962, 120 ff; JBl 1994, 345) in deren Namen dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anschließen (Mayerhofer aaO § 47 E 100). Als solcher ist er gemäß § 47 Abs 2 Z 3 StPO zur Teilnahme an der Hauptverhandlung und Fragestellung an den Angeklagten sowie die übrigen Prozessbeteiligten berechtigt. Anders als ein noch nicht vernommener Zeuge, der zufolge der - nicht mit Nichtigkeit bewehrten (Mayerhofer aaO § 248 E 4) - Bestimmung des § 248 Abs 1 zweiter Satz StPO bei der Beweisaufnahme nicht zugegeben sein darf, kann der als Zeuge zu vernehmende Privatbeteiligte gemäß § 241 Abs 1 zweiter Satz StPO nur nach Umständen zur Entfernung aus dem Sitzungssaal angewiesen werden. Solche werden aber mit der allgemein gebliebenen Antragsbegründung, "dass er Zeuge Dr. P***** (Masseverwalter) in verschiedenen anderen Rechtsstreitigkeiten mit dem Beschuldigten involviert ist, und seine Anwesenheit daher die Zeugenaussage beeinflussen könnte (S 390/II)", nicht mit der für die Erheblichkeitsbeurteilung erforderlichen Bestimmtheit dargetan. Welche Beweisaufnahmen angesichts der angeblichen Widersprüche des Zeugen Dr. P***** zusätzlich erforderlich gewesen wären, nennt die Beschwerde nicht; es wäre dem Verteidiger des Angeklagten auch unbenommen gewesen, den Zeugen hiezu ergänzend zu befragen. Im Übrigen ist die Antragsbegründung, dass der Zeuge Mag. P***** in verschiedenen anderen Rechtsstreitigkeiten mit dem Angeklagten involviert sei und seine Anwesenheit daher die Zeugenaussage beeinflussen könnte, weder konkret erläutert worden noch ist sie nachvollziehbar; letztlich ist darauf hinzuweisen, dass eine für den Privatbeteiligtenvertreter geltende Bestimmung ähnlich dem § 40 Abs 1 StPO fehlt.

Ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten konnte der Schöffensenat auch den Antrag auf Vernehmung des Steuerberaters Mag. N. R***** zum Beweis, "dass die wirtschaftliche Situation der Z***** GmbH sich in wesentlichen Teilen anders dargestellt hat, als im Gutachten des Herrn Sachverständigen Dr. K***** ausgeführt wird, und dass daher zumindest hinsichtlich des Betrages von 367.000 S dem Angeklagten kein Vorwurf gemacht werden kann" (S 422/II), abweisen. Denn mit der pauschal geäußerten Kritik an der Richtigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens wird nicht einmal ansatzweise dargetan, inwiefern die begehrte Beweisaufnahme ein positives Beweisresultat in Ansehung einer entscheidenden Tatsache erbringen könnte (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 19 bb), zumal der Wegfall eines Teilbetrages ohne Auswirkung für die Verurteilung wegen § 159 StGB bleibt. Die Mängelrüge kritisiert den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K*****, übersieht jedoch, dass die Beurteilung der Richtigkeit eines Gutachtens eine Frage der Beweiswürdigung durch das erkennende Gericht ist.

Soweit sie meint, dass die "rechtliche Beurteilung (Strafbarkeit nach § 156 Abs 1 iVm § 161 Abs 1 StGB insbesondere dadurch, dass der Angeklagte ohne Rechtsgrundlage Privatentnahmen tätigte, und zwar in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit) der Aktenlage und bei richtiger Beweiswürdigung auch diesen diametral entgegenstehe", lässt sie einerseits eine deutliche und bestimmte Bezeichnung von Mängeln vermissen, jedoch auch erkennen, dass sie einmal mehr die tatrichterliche Beweiswürdigung in Frage stellt und somit den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung bringt. Dies gilt auch für den Einwand, die gekauften Forderungen hätte der Angeklagte nicht gegen das Unternehmen geltend machen wollen.

Gleiches trifft für die Tatsachenrüge (Z 5a) zu, welche keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den einzelnen Schuldsprüchen zugrunde liegenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen aufzeigt, sondern nach Art einer Schuldberufung - und damit unzulässig - die erstrichterlichen Beweiserwägungen in Frage stellt.

Dass das Erstgericht das eingeholte Gutachten als ausreichend ansah "ohne im Sinne des Art 6 EMRK die begründeten Zweifel des Angeklagten an der Richtigkeit dadurch auszuräumen, die Einvernahme des Steuerberaters der Z***** GmbH als sachverständigen Zeugen zuzulassen, oder ein weiteres Gutachten erstatten zu lassen", ist kein der Prozessordnung entsprechendes Rechtsmittelvorbringen, ebensowenig wie die Behauptung einer nicht näher bezeichneten "Aktenwidrigkeit" der Zeugenaussage des Mag. P***** als auch der Feststellungen des Erstgerichtes, oder die "begründeten Zweifel" an der Richtigkeit des Sachverständigengutachtens "gegenüber den Konkursakten des Angeklagten bezüglich der Z***** GmbH". Die Behauptung fehlender weitergehender Erörterungen zur subjektiven Tatseite lässt eine genaue Bezeichnung der vermissten, angeblich notwendigen Urteilsausführungen unerwähnt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufung des Angeklagten und seine Beschwerde gegen einen gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.