OGH vom 13.03.1986, 7Ob551/86
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Maria R***, Hausfrau,
2.) Ekkehard R***, Pensionist, beide Badgastein, Badbruck 7 und vertreten durch Dr. Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei G*** B***, vertreten durch Dr. Wolfgang Schachinger, Rechtsanwalt in Badgastein, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert je 300.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 84/85-27, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 1 Cg 399/83-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 18.934,36 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.200 S Barauslagen und 1.612,21 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind Eigentümer von Liegenschaften im Ortsbereich der beklagten Gemeinde. Sie begehren mit Eigentumsfreiheitsklage die Feststellung des Nichtbestehens der Servitut eines Fußsteiges, des sogenannten Gangsteiges, und die Unterlassung künftiger Benützung. Die beklagte Partei macht Ersitzung der Wegeservitut geltend. Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen besteht seit alters her, jedenfalls seit mehr als 40 Jahren, zwischen den Ortsteilen Badbruck und Kötschachdorf im Bereich der beklagten Gemeinde ein als "Gangsteig" bezeichneter Gehweg. Er führt unter anderem über die Liegenschaften der Kläger EZ 141 und 151 KG Remsach. In seinem ursprünglichen Bestand jedenfalls bis in die Sechzigerjahre hin verlief der Weg über das Grundstück 229/2 (in EZ 141) der Erstklägerin und dann über das Grundstück 46/2 (in EZ 151) des Zweitklägers. In der Folge wurde der Weg im Bereich des Grundstückes 229/2 seit einem Zeitraum von mehreren, aber nicht mehr exakt bestimmbaren Jahren fast zur Gänze von dichtem Schneebeergebüsch überwuchert, das von den Klägern gepflanzt worden war. Da der Weg aber weiterhin ständig benützt wurde, verlagerte er sich an den Rand dieses Gebüsches und verläuft nun an ihm entlang, zuerst über das Grundstück 227 der Erstklägerin (ebenfalls in EZ 141 KG Remsach), dann (nur noch) über einen Zwickel des Grundstücks 229/2 und schließlich so wie früher über das Grundstück 46/2 des Zweitklägers. Dieser Weg wurde und wird sowohl in seiner ursprünglichen als auch teilweise veränderten Gestalt seit mehr als dreißig und vierzig Jahren von der ortsansässigen Bevölkerung als die kürzeste straßenfreie Verbindung zwischen den Ortsteilen Kötschachdorf und Badbruck benützt. Sowohl die einheimische Bevölkerung, darunter etwa die Kinder des Kindergartens Badbruck und ihre Aufsichtspersonen, wie auch Kur- und Feriengäste in Badgastein gehen seit jeher auf diesem Weg, um zu den bezeichneten Orsteilen zu gelangen. Auch die in Badbruck ansässige Jugend benützt seit jeher den Gangsteig, um das sogenannte Mühlfeld zum Schifahren zu erreichen. Von 1939 bis 1957 betrieb die Mutter der Erstklägerin ein Kaffeehaus, zu dem ein Gastgarten im Bereich des Gangsteiges gehörte. In dieser Zeit führte der Weg nicht durch den Gastgarten, sondern an diesem vorbei, er wurde aber auch während des Betriebes des Kaffeehauses vom genannten Personenkreis ungehindert benützt. Als der Gemeindearbeiter Johann O*** vor rund 11 Jahren bei der Straßenmeisterei der beklagten Gemeinde zu arbeiten begann, wurde er vom Straßenmeister darüber informiert, daß die Kläger das Mähen auf ihren Grundstücken, um den Gangsteig frei zu halten, nicht gestatten. Auch die Erstklägerin erwähnte gegenüber dem Arbeiter, daß sie das Mähen und Streuen des Weges nicht gestatte. Anfang 1983 versperrten die Kläger den Zugang von der öffentlichen Straße zum Weg über ihre Grundstücke und brachten eine Tafel mit einem Durchgangsverbot an. Die beklagte Partei wehrte diesen Eingriff mit Besitzstörungsklage erfolgreich ab. Nach der Rechtsansicht des Erstrichters hat die beklagte Gemeinde durch die langandauernde Benützung des Weges durch Ortsbewohner und Touristen das strittige Wegerecht erworben und durch ihre Besitzstörungsklage den Besitzwillen auch zum Ausdruck gebracht. Durch die Verweigerung der Wegerhaltung sei die Benützung nicht unterbunden worden. Auch die nur wenig ins Gewicht fallende Verlegung des Weges begründe keine Unterbrechung der Ersitzung des Wegerechtes und seitens der Kläger keine Ersitzung der Servitutsfreiheit.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters als unbedenklich und trat seiner rechtlichen Beurteilung bei. Die zweite Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in bezug auf jeden Kläger 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt, und erklärte die Revision für nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Kläger ist zwar zulässig, weil die Frage einer nachträglichen Äußerung des Besitzwillens durch die Gemeinde im Hinblick auf die kritischen Stimmen der neueren Lehre einer Überprüfung bedarf, und die Entscheidung des Berufungsgerichtes in der Frage der Verlegung eines Servitutsweges auf ein anderes Grundstück der oberstgerichtlichen Rechtsprechung (SZ 49/5 und EvBl 1979/166) scheinbar widerspricht. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerber bestreiten im Sinne der herrschenden Rechtsansicht nicht, daß die beklagte Gemeinde das strittige Wegerecht als unregelmäßige Dienstbarkeit im Sinn des § 479 ABGB erwerben konnte und daß die hiefür erforderliche Redlichkeit und Echtheit des Besitzes nach den §§ 328 und 345 ABGB im Zweifel vermutet werden (Koziol-Welser, Grundriß 7 II 146, Schubert in Rummel, ABGB, Rz 5, 6 zu § 1460 mwN, SZ 50/53 uva.). Nach dem zutreffenden Revisionsvorbringen ist allerdings der weitere Rechtssatz, die Gemeinde könne den nach den §§ 309 und 1460 f ABGB für die Ersitzung erforderlichen Besitzwillen auch noch durch einen nachträglich gefaßten Gemeinderatsbeschluß "deklarativ" rechtswirksam äußern (so neben älterer Rechtsprechung vor allem SZ 34/59, JBl. 1969, 606 und SZ 50/53 sowie Randa, Der Besitz nach österreichischem Rechte 4 543 ff, Ehrenzweig, System 2 I/2, 75, Gschnitzer zu JBl. 1962, 148, ders., Lehrbuch, Sachenrecht 16), in neuerer Zeit zunehmend in Zweifel gestellt worden (Mayer-Maly, StB 1969 H 11 und 12, ders., StB 1970 H 9 S 1; Reindl, JBl. 1969, 592 f, ders. zu JBl. 1973, 143; Aicher in Sprung-König, Das österreichische Schirecht 5, 20 ff, ders., JBl. 1979, 412; Sprung, JBl. 1978, 151; Iro, JBl. 1982, 34, ders., Besitzerwerb durch Gehilfen 70 f, 105 f; Petrasch, FS Wallner [nö. Pressehaus, 1982] 221).
Der erkennende Senat teilt die Bedenken dieser neueren Lehre. Es wäre kaum erklärbar, wieso eine Äußerung des Besitzwillens der Gemeinde noch zu einem Zeitpunkt nachholbar sein soll, in dem ihre Organe nicht mehr gutgläubig annehmen können, einen nicht schon vorher erworbenen Besitz ausüben und deshalb ein bereits ersessenes Recht durchsetzen zu dürfen, wenn gleichzeitig offen bleibt, auf welche Weise ein früherer Besitzwille geäußert worden sein soll. Auch die Rückwirkung einer Genehmigung vollmachtlosen rechtsgeschäftlichen Verhaltens gemäß § 1016 ABGB könnte nichts helfen, weil eine erst im Status der Schlechtgläubigkeit erfolgte Erklärung des Besitzwillens nur mit diesem Fehler behaftet zurückwirken könnte, vorher aber der Schwebezustand noch nicht beendet und die Ersitzung der Gemeinde noch nicht vollendet wäre. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß nicht einmal ein nachträglich gefaßter Gemeinderatsbeschluß vorliegt und die von der beklagten Gemeinde kurz vor der nunmehrigen Prozeßführung erfolgreich eingebrachte Besitzstörungsklage einem solchen Beschluß auch nicht gleichgehalten werden kann, weil für diese der Besitzwille im Zeitpunkte der Klageführung ausreichen konnte (Aicher, Schirecht 31 mwN).
Es bedarf deshalb der Prüfung, ob und wie die beklagte Gemeinde ihren Besitzwillen schon früher wirksam äußern mußte und geäußert hat. Bei der Beantwortung dieser Frage ist davon auszugehen, daß schon nach einigen älteren Entscheidungen die Gemeinde ihren Besitzwillen auch anders als durch einen Gemeinderatsbeschluß äußern konnte, so durch Anordnung und Durchführung von Ausbesserungen des Weges (GlUNF 1232) oder sogar im Wege der bloßen Benützung des Weges durch die Allgemeinheit (GlU 101, 4044 und GlUNF 1837). In gleicher Weise vertraten Schey und Klang in Klang 2 II 81 die Ansicht, daß es regelmäßig gar keiner formellen Beschlußfassung der Gemeinde bedürfe.
In der neueren Lehre ist man sich darüber uneinig, ob es eines Gemeinderatsbeschlusses bedarf und auf welche andere Weise die Gemeinde ihren Besitzwillen - innerhalb der ganzen Ersitzungszeit - wirksam äußern kann. Mayer-Maly vertritt die Ansicht, die zuständigen Gemeindeorgane müßten den Besitzwillen fassen und bekunden, weil erst auf diese Weise der Gegner von der Gefährdung der Lastenfreiheit Kenntnis erlangen könne. Obwohl das ABGB davon ausgehe, daß derjenige, der Besitzhandlungen setzt, auch den Besitzwillen hat, und Gemeindeangehörige Besitzhandlungen setzen können, die für die Gemeinde wirken, genügten unreflektierte Benützungsakte nicht, eine spezifische Willensrichtung des Publikums müsse vielmehr auf ein Benützungsrecht hin gerichtet sein. Aicher (in Schirecht 33, 37) hält hingegen einen Gemeinderatsbeschluß für nicht erforderlich, sondern meint, daß die Gemeindeangehörigen erkennbare Boten des Besitzwillens der Gemeinde sein können und daß die Warnfunktion der Äußerung des Besitzwillens der Gemeinde als der Trägerin des Interesses an der Wegebenützung schon dadurch zum Ausdruck komme, daß ein Weg nicht nur von einzelnen Gemeindeangehörigen benützt wird, sondern von allen Gemeindeangehörigen und auch von Gemeindefremden als notwendige Verbindung von Gemeindeteilen oder Gemeindeeinrichtungen benützt wird. Mit dem Zeitpunkt, von dem an dem Grundstückseigentümer die Notwendigkeit des über sein Grundstück führenden Weges für die Allgemeinheit erkennbar ist, beginne auch die Ersitzungszeit für die Wegedienstbarkeit zu laufen, weil mit der erkennbaren Notwendigkeit des Weges für die Allgemeinheit auch die Besitzausübungshandlungen der Wegebenützer als zum Nutzen der Gemeinde erscheinen, denen das Dulden des Grundstückseigentümers korrespondieren muß. Petrasch (aaO) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, weil die äußere Erscheinung der ständigen und offenen Inanspruchnahme eines Weges über privaten Grund durch die Allgemeinheit zusammen mit dem Erfahrungssatz, daß die Gemeinde die Zurechnung von Besitzhandlungen wünscht, die für die Gesamtheit der Gemeindeangehörigen von Vorteil sind und dem eigenen Zweck gerecht werden, auch ohne besondere Maßnahmen der Gemeinde zur Verbesserung der Infrastruktur im Bereich eines strittigen Weges als Äußerung des Besitzwillens ausreichen. Der Zweck der Ersitzung, ein anscheinend schon lange bestehendes Recht zu sichern und den Nachweis seines Entstehens zu ersparen, rechtfertige die Berechnung der Ersitzungszeit ab dem Zeitpunkt, in dem die Signalwirkung der allgemeinen Benützung des Weges zugleich die Zuordnung der Ausübung dieses Rechtes durch die Gemeinde eindeutig erkennen lasse. Dabei sei allerdings nach den §§ 472 f ABGB statt einer Notwendigkeit die Nützlichkeit der Wegeverbindung ausreichend. Iro hält gleichfalls einen Gemeinderatsbeschluß für nicht erforderlich und die Äußerung des Besitzwillens durch die Gemeinde durch schlüssige Handlungen im Sinn des § 863 Abs. 2 ABGB für ausreichend. Er meint allerdings, daß die Möglichkeit einer Willensbildung durch bloßes Untätigbleiben der zuständigen Organe trotz Kenntnis von der allgemeinen Inanspruchnahme des Wegerechtes "wegen des Formerfordernisses" für das Vorliegen des Besitzwillens "wohl" ausscheide, zumal der Gemeinde eine Einflußmöglichkeit auf die Benützer anders als etwa bei der Besitzdienerschaft durch einen Mieter fehle (aaO 104, 106). Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 1460, folgt Petrasch, wonach der Besitzwille auch schlüssig (§ 863) geäußert werden könne, sodaß es im Regelfall einer ausdrücklichen Beschlußfassung durch die zuständigen Gemeindeorgane gar nicht bedarf und einem dennoch gefaßten Beschluß dann nur die Bedeutung zukommt, den bereits vorher erworbenen Besitz deklarativ zum Ausdruck zu bringen.
Der erkennende Senat schließt sich der Meinung von Aicher, Petrasch und Schubert an. Besitz ist die bloße Erscheinung der Zugehörigkeit einer Sache oder eines Rechtes zu einer bestimmten Person, sodaß die vom Gegner unwidersprochene Vornahme der zu duldenden Handlung mit dem ersichtlichen Willen, dadurch ein Recht auszuüben, genügt (Ehrenzweig aaO 72, 79 f, Schey, Klang in Klang 2 II 60). Mindestens im Tatsächlichen kann der Besitz unbestrittenermaßen auch durch Vertreter ausgeübt werden. Für das Zustandekommen und die Äußerung des Besitzwillens ist aber auch eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Demnach besteht kein Zweifel, daß der Besitzwille einer Gemeinde gemäß § 863 Abs. 2 ABGB auch schlüssig erklärt werden kann. Darüber hinaus wird er ganz allgemein vermutet, wenn Handlungen gesetzt werden, die einer Rechtsausübung entsprechen (Mayer-Maly aaO; SZ 50/53 ua.). Ist nun das Verhalten nicht nur einzelner Gemeindebewohner, sondern aller nach der räumlichen Nähe in Betracht kommenden Personen (Gemeindeangehörigen wie Fremden) offenkundig auf die Benützung eines Weges zum allgemeinen Vorteil gerichtet, so ist einerseits die Signalwirkung dieser allgemeinen Benützung des Weges für den Belasteten unübersehbar (was Mayer-Maly übersieht) und andererseits im Zweifel, also bis zum Beweis des Gegenteiles, ebenso leicht erkennbar, daß die Gemeinde als Träger des Interesses für das Wohl der Gemeindeangehörigen einen durch diese vermittelten Besitz auch ausüben und erhalten will. Die Gemeinde ist hier nicht anders gestellt als etwa ein Grundeigentümer, der ohne besondere Willensäußerung bloß infolge der Benützung eines Weges durch seine Familienangehörigen, Dienstnehmer und Gäste in den Besitz einer (regelmäßigen) Wegservitut gelangt, während er selbst zB wegen Krankheit sein Haus nicht verlassen kann. Entgegen der Ansicht von Iro ist auch nicht zu erkennen, daß der Gemeinde gegenüber ihren Mitgliedern als den Besitzdienern keine Einflußmöglichkeit zustünde. Und auch sonst ist keine Besserstellung der Gemeinde gegenüber physischen Personen zu erblicken, wenn wie im vorliegenden Fall auch eine gewisse Notwendigkeit der Wegeverbindung für die Bewohner ganzer Ortsteile vorliegt. Darunter kann nämlich - wenn sie überhaupt neben der Nützlichkeit hier Tatbestandsmerkmal ist - nicht geradezu die (kaum jemals gegebene) Unentbehrlichkeit verstanden werden, sondern bloß ein für die ganze betroffene Bevölkerung bestehendes Erfordernis (Schubert aaO Rz 5 mwN).
Ist somit der Besitzwille der Gemeinde im vorliegenden Fall schon in der Ersitzungszeit zu bejahen, dann ist entgegen der Ansicht der Revisionswerber die Vollendung der Ersitzung des Wegerechtes auch nicht aus anderen Gründen unvollendet geblieben oder umgekehrt von den Klägern die Freiheit von der strittigen Belastung ersessen worden:
Daß die Kläger vor rund 11 Jahren gegenüber einem Gemeindearbeiter und vorher gegenüber dem Straßenmeister erklärten, das Mähen und Streuen des Weges, um den Gangsteig freizuhalten, nicht zu gestatten, konnte für eine Ersitzung der Freiheit vom Wegerecht im Sinn des § 1488 ABGB nicht ausreichen. Die Revisionswerber haben sich mit dem bloßen Verbot des Mähens und Streuens nicht auch der Ausübung der Servitut durch Benützung des Weges widersetzt, bei der es vielmehr weiterhin geblieben ist. Auch der Beweis einer Schlechtgläubigkeit der beklagten Partei ist den Klägern in diesem Zusammenhang nicht gelungen. Denn die Revisionsgegnerin hatte gerade bei einem bloßen Verbot, den Weg in einer besonderen Weise zu pflegen, noch keinen Anlaß, das bei dieser Gelegenheit nicht bestrittene Benützungsrecht in Zweifel zu ziehen. Es kann deshalb unerörtert bleiben, ob das Verbot den vertretungsbefugten Organen der Gemeinde überhaupt bekannt wurde und ob nicht schon damals die Ersitzung (durch die festgestellte mindestens 40-jährige Benützung) gutgläubig vollendet war. Ebenso ohne entscheidende Bedeutung ist der Umstand, daß die Kläger vor mehreren Jahren, aber nicht zur gleichen Zeit, im Grenzbereich der Grundstücke 229/2 und 227 Sträucher setzten und es dadurch infolge der Notwendigkeit, diese Sträucher zu umgehen, zu einer gewissen Verlegung des Weges gekommen ist. Einerseits ist auch dadurch die Ausübung des Wegerechtes nicht unmöglich gemacht worden, weil die Sträucher nicht etwa wie ein Zaun oder ein sonstiges künstliches Hindernis quer zum Weg verlaufen, sondern bloß zu einem (anfangs geringen, allmählichen erst im Lauf der Zeit deutlicheren) Ausweichen zwangen. Das Wegerecht als solches blieb dadurch unbeeinträchtigt. Die Verlegung des Weges war auch insoferne geringfügig, als sie nicht zu einer räumlichen Erweiterung der Servitut führte. Da die Ausübung des Rechtes auch nicht ernstlich erschwert oder gefährdet wurde, sondern der örtlich veränderte Servitutsweg dem bisherigen Zweck voll oder wenigstens im wesentlichen entsprach, mußte die Veränderung von der beklagten Partei auch hingenommen werden (SZ 32/113, SZ 38/162, EvBl 1973/3). Dann wurde dadurch aber andererseits die Identität des Rechtsobjektes nicht berührt (SZ 49/33, zust. Pfersmann, ÖJZ 1979, 562; Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 484).
Allerdings darf nach herrschender Ansicht der Servitutsweg - ausgenommen den Fall des § 495 ABGB, daß Wege und Steige durch Überschwemmungen oder durch einen anderen Zufall vorübergehend unbrauchbar werden - nicht ohne Zustimmung des Berechtigten auf ein anderes Grundstück selbst desselben Eigentümers verlegt werden (EvBl 1979/166), und auch der Berechtigte darf im Falle einer unzulässigen Sperre nicht eigenmächtig einen anderen Weg in Anspruch nehmen (SZ 43/145; Petrasch aaO). Die erstgenannte Einschränkung dient aber, wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung EvBl 1979/166 ausgeführt hat, nur dem Schutz des Berechtigten, damit dieser nicht ohne Änderung der Eintragung im Grundbuch seines dinglichen Rechtes verlustig gehen kann; der Belastete darf sich hingegen nicht darauf berufen, daß infolge der von ihm veranlaßten Verlegung des Dienstbarkeitsweges dem Berechtigten deswegen nun überhaupt keine Dienstbarkeit mehr zustehe. Von einer eigenmächtigen Inanspruchnahme eines anderen Weges kann hingegen nach der durch die Kläger damals geschaffenen neuen Sachlage ohnehin keine Rede sein. Dazu kommt, daß das Verbot der Verlegung des Servitutsweges auf ein anderes "Grundstück" auf der Unzulässigkeit des Wechsels der grundbücherlichen Belastung von einem Grundstück auf ein anderes beruht (vgl. Klang in Klang 2 II 565). Nach § 3 Abs. 1 GBG ist aber jeder Grundbuchskörper als ein Ganzes zu behandeln. Eine Beschränkung der Dienstbarkeit auf bestimmte räumliche Grenzen ist allerdings nach § 12 Abs. 2 GBG zulässig. Nach § 847 ABGB kann aber die Teilung der dienenden Sache dem Berechtigten nicht zum Nachteil gereichen; daher ist ohne seine Zustimmung eine lastenfreie Abschreibung nur der von einer Grunddienstbarkeit eindeutig und dauernd nicht betroffenen Teilstücke zulässig (§ 847 ABGB aE, § 3 Abs. 2 LTG; 5 Ob 14/80; Petrasch in Rummel, Rz 2 zu § 485). Im vorliegenden Fall sind nun beide, von der Verlegung des Weges durch das Setzen der Sträucher betroffenen Grundstücke der Erstklägerin Teil eines einzigen Grundbuchskörpers. Aus der oben dargestellten Zulässigkeit einer für den Berechtigten unschädlichen bloßen Verlegung des Servitutsweges folgt dann aber im Zusammenhang mit dem bisherigen Fehlen einer Grundbuchseintragung, die auf räumliche Grenzen beschränkt wäre, daß auch der ganze Grundbuchskörper mit dem noch immer den gleichen und nicht etwa (wie in SZ 43/145 ua.) einen ganz anderen Weg betreffenden Recht der beklagten Partei belastet ist (vgl. SZ 49/33) und erst eine allfällige Grundbuchseintragung die nunmehrigen räumlichen Grenzen der Servitut zum Ausdruck bringen könnte. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.