VfGH vom 09.06.2011, B1126/10

VfGH vom 09.06.2011, B1126/10

19381

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung des Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Weisung in Bezug auf die Übertragung der Leitung einer Krankenhausambulanz an eine andere Ärztin mangels Parteistellung

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.1.1. Die Beschwerdeführerin steht als Ärztin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Mit Wirksamkeit vom wurde die Beschwerdeführerin in das Geriatriezentrum Floridsdorf des Sozialmedizinischen Zentrums (im Folgenden: SMZ) Floridsdorf als ärztliche Institutsvorständin des Instituts für physikalische Medizin versetzt. Mit E-mail des Ärztlichen Direktors des SMZ Floridsdorf vom wurde die Beschwerdeführerin "[b]is zur Entscheidung der

Unternehmensdirektion ... interim...istisch mit der ärztliche[n]

Leitung der Physikalischen Ambulanz im sozialmedizinischen Zentrum Floridsdorf betraut." Mit an die Kollegiale Führung des SMZ Floridsdorf gerichtetem Schreiben des Direktors der Teilunternehmung "Wiener Städtische Krankenanstalten und Pflegeheime" vom wurde u.a. mitgeteilt, dass die

Beschwerdeführerin "für die ärztliche Leitung ... der

Krankenhausambulanz für Physikalische Medizin ... vorgesehen" sei;

damit würden "[d]ie beiden Einheiten (Krankenhausambulanz und Institut des Geriatriezentrums) [in] Personalunion geführt." Der Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf teilte der Beschwerdeführerin mit E-mail vom u.a. mit, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer und der Versetzung eines anderen näher genannten Arztes in das SMZ Floridsdorf "mit der Leitung der ho. Ambulanz für PMR betraut" worden sei. In der Sitzung der Kollegialen Führung des SMZ Floridsdorf am , in der auch die Beschwerdeführerin anwesend war, erteilte der Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf die mündliche Weisung, dass "der Dienstauftrag

vom ... interimistisch bis auf weiters ... mit sofortiger

Wirkung abgeändert" werde, und zwar in dem Sinn, dass die Leitung der Ambulanz des Krankenhauses einer anderen Ärztin übertragen werde; nur die Urlaubsscheine würden noch von der Beschwerdeführerin unterzeichnet. Nachdem die Beschwerdeführerin mit E-mail vom gegen diese Weisung "Einspruch" erhoben hatte, wurde die Weisung vom Ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem E-mail vom schriftlich wiederholt.

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin beim Magistrat Wien den "Antrag, mit Bescheid festzustellen, dass die vom ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf

... am ausgesprochene Dienstanweisung ... rechtswidrig war

und ist."

In der Folge erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, einen mit datierten, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid, in dem u. a. festgestellt wird, dass "die vom ärztlichen Direktor des

SMZ Floridsdorf ... in der Sitzung der Kollegialen Führung vom

mündlich erteilte und am schriftlich bestätigte Weisung, dass Ihnen die interimistische ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz für physikalische Medizin mit sofortiger Wirkung entzogen wird, nicht rechtswidrig war und ist."

1.1.2. Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom erhobene Berufung wies der Dienstrechtssenat der Stadt Wien mit Bescheid vom mit der Maßgabe ab, dass "gemäß § 20 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. für Wien Nr. 56, festgestellt [wird], dass die vom ärztlichen

Direktor des SMZ Floridsdorf ... in der Sitzung der Kollegialen

Führung vom mündlich erteilte und am schriftlich bestätigte Weisung, dass Ihnen die interimistische ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz für physikalische Medizin im Krankenhaus Floridsdorf mit sofortiger Wirkung entzogen wird, rechtmäßig war."

Der Verfassungsgerichtshof hob den Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom , B1933/07 wegen Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK auf.

1.2.1. Der Dienstrechtssenat der Stadt Wien führte - im nunmehr zweiten Rechtsgang - am eine mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin sowie der Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf und die Ärztin, der mit Weisung des Ärztlichen Direktors des SMZ Floridsdorf vom , schriftlich wiederholt am , die Leitung der Physikalischen Ambulanz im SMZ Floridsdorf übertragen worden war, einvernommen wurden. Die Beschwerdeführerin legte elf Urkunden zum Beweis dafür vor, dass ihre Leitung der Krankenhausambulanz nicht interimistisch war.

Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin dem Dienstrechtssenat der Stadt Wien zum Beweis ihres bisherigen Vorbringens Unterlagen vor, bestritt die Echtheit und Richtigkeit einer vom Ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Urkunde und beantragte die Einvernahme mehrerer namentlich genannter Zeugen sowie die Beischaffung eines Strafaktes der Staatsanwaltschaft Wien gegen den Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf und die Ärztin, der mit Weisung des Ärztlichen Direktors des SMZ Floridsdorf die Leitung der Physikalischen Ambulanz im SMZ Floridsdorf übertragen worden war.

1.2.2. Mit Bescheid vom entschied der Dienstrechtssenat der Stadt Wien über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, vom wie folgt:

"Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, wird der Berufung teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass dessen Spruch wie folgt zu lauten hat:

'I. Auf Grund des Antrages vom wird gemäß '20 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. für Wien Nr. 56, festgestellt, dass die vom ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf … in der Sitzung der Kollegialen Führung vom mündlich erteilte und am schriftlich bestätigte Weisung, dass [der Beschwerdeführerin] die (interimistische) ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz für Physikalische Medizin im Krankenhaus Floridsdorf mit sofortiger Wirkung entzogen wird, rechtswidrig war.

II. Soweit sich der Antrag [der Beschwerdeführerin] auch auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung in Bezug auf die Übertragung dieser Aufgaben auf eine andere Fachärztin des SMZ Floridsdorf bezieht, wird dieser mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.'"

Begründend wird u.a. Folgendes ausgeführt:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Partei des Verwaltungsverfahrens, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung der Antragstellerin oder des Antragstellers zu beseitigen (vgl. ZI. 97/12/0265).

Es besteht sowohl ein rechtliches Interesse an der Feststellung der (fehlenden) Befolgungspflicht (Wirksamkeit) einer Weisung als auch ein solches an der Feststellung ihrer Unrechtmäßigkeit infolge Verletzung subjektiver Rechte der Beamtin oder des Beamten ( ZI. 2008/12/0177). Ein Recht auf bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen (Weisungen) besteht dann, wenn durch einen solchen Dienstauftrag die aus dem Dienstrecht entspringenden Rechte und Pflichten der Beamtin oder des Beamten berührt werden. Zweck des Feststellungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit eines Dienstauftrages kann es daher nur sein, bei der Auferlegung von Pflichten, die nicht durch Bescheid vorzunehmen ist, nachträglich rechtliche Klarheit zu schaffen, ob die Beamtin oder der Beamte durch die Erteilung der Weisungen in einem subjektiven, sich aus dem Dienstrecht ergebenden Recht verletzt wurde (vgl. Erkenntnis des ZI. 95/12/0058).

Zu Spruchpunkt 2 wies die erstinstanzliche Behörde zu Recht darauf hin, dass niemand ein subjektives Recht hat, eine Weisung überprüfen zu lassen, die nicht an ihn, sondern an eine andere Person gerichtet ist, sodass der Berufungswerberin die Parteistellung für dieses Verfahren fehlt (vgl. § 8 AVG)."

2. Gegen den soeben genannten Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Zum Anfechtungsumfang führt die Beschwerdeführerin Folgendes aus:

"Der … Berufungsbescheid wird insoferne angefochten, als der Punkt II angefochten wird."

Das Beschwerdevorbringen bezieht sich zum Teil auf die Versetzung der Beschwerdeführerin in das Geriatriezentrum im Jahr 2001, die Beurteilung der Dienstleistung der Ärztin, der die Leitung der Ambulanz des Krankenhauses übertragen wurde, den Betrieb im Geriatriezentrum, die Frage der Systemisierung des Dienstpostens der Beschwerdeführerin im Geriatriezentrum, die Betreuung von Patienten, die Form der ausgeübten Leitungsfunktion im Geriatriezentrum, behauptete Organisationsmängel der Dienstaufsicht und die Frage, ob eine Patientenbeschwerde zu einem Vertrauensverlust gegenüber der Beschwerdeführerin geführt hat, der Ursache für den Entzug ihrer Leitungsfunktion war.

Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Spruchpunktes II des Bescheides des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vor:

"Es wird ausdrücklich die Verletzung des Gleichheitssatzes

geltend gemacht. ... In gegenständlichem Bescheid geht die belangte

Behörde davon aus, dass die vom ärztlichen Direktor Dr. S in der Sitzung der Kollegialen Führung vom mündlich erteilte und am schriftlich bestätigte Weisung, dass mir die angeblich interimistische ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz für physikalische Medizin mit sofortiger Wirkung entzogen wird, rechtswidrig war und ist. Unter angeblicher interimistischer ärztlicher Leitung ist zur Erklärung auszuführen, dass die interimistische ärztliche Leitung als solche mir von Dr. S unterstellt wurde und von diesem behauptet wird, dass ich das Wort 'angeblich' gebrauche. Es bezieht sich daher auf die Behauptung der Gegenseite und nicht auf meine Behauptungen. Konsequenterweise hätte daher die Behörde die Ermittlungsergebnisse und den Spruchpunkt 1 nicht außer Acht lassen dürfen und ist von einer Denkunmöglichkeit des Bescheidinhaltes auszugehen. In Punkt II hätte daher die Behörde dem Antrag ebenfalls stattgeben müssen und mir auch die Parteistellung zuerkennen müssen.

Ausgeführt wird, dass ein eklatanter Widerspruch darin liegt, dass die Behörde … konstatiert, dass Rechtswidrigkeit der von Dr. S am erteilten und am schriftlich bestätigten Entziehung der Leitungsfunktion als solche feststeht. Alleine aufgrund dieser Feststellung hätte daher bereits die belangte Behörde im Spruch meinem Antrag vollinhaltlich stattgeben müssen. Es handelt sich dabei jedenfalls nicht um ein Versehen der Behörde, da diese an anderer Stelle feststellt, dass ein Entzug der Leitungsfunktion gegeben war, wobei die Behörde auf einen Aktenvermerk vom verweist. Ferner hat die belangte Behörde auch festgestellt, dass Dr. S entgegen seiner Aussage bei der Besprechung am keinen Vorschlag unterbreitet hat, sondern einen klar definierten Dienstauftrag erteilt hat, mit welchem mir die angeblich interimistische Leitung der physikalischen Ambulanz entzogen wurde … . Gerade durch diese Feststellungen übt die Behörde Willkür, weil sie zwar in meinem Sinne die Feststellungen und den Spruch Punkt 1 trifft, aber den Spruchpunkt II so verfasst, dass meinem Antrag nicht Folge gegeben wird. Dabei lässt auch die Behörde wesentliche Ermittlungsergebnisse außer Acht: Es wurden nämlich die beantragten Beweismittel in keinster Weise berücksichtigt. Durch die beantragten ZeugInnen sowie durch die Beischaffung des Strafaktes der Staatsanwaltschaft Wien wäre die Rechtswidrigkeit der Entziehung der Leitungsfunktion eindeutig erweislich gewesen.

…. Gesteht die Behörde … zu, dass die Entziehung der Leitungsfunktion rechtswidrig war[,] und hat eben deswegen von der Einvernahme der von mir beantragten Zeugen abgesehen. Tatsächlich wurden diese Zeugen aber nicht unmittelbar zum Beweisthema Rechtswidrigkeit der Entziehung der Leitungsfunktion als Zeugen geführt, sondern eben zum Beweis dafür, welches Motiv Dr. S gesucht hat, um mir die Leitungsfunktion zu entziehen bzw welche tatsächlichen Mittel Dr. S ergriff, um mir zu schaden. Gerade auch zu diesem Aspekt wurde die Beischaffung des Strafaktes der Staatsanwaltschaft Wien beantragt, um aufzuzeigen, zu welch vielfältigen Mitteln Dr. S in dieser Causa griff. All dies wird in diesem Verfahren mit Stillschweigen übergangen, was von besonderer Bedeutung ist, begnügt sich daher die belangte Behörde bloß mit einer Feststellung, dass die Vorgangsweise Dr. S rechtswidrig war. Dh wenn die Behörde zwar die Rechtswidrigkeit des Vorgehens von Dr. S

betreffend de[n] Dienstauftrag... vom Mai 2005 als solche darstellt,

im Spruch unter Punkt I [gemeint wohl: Punkt II] aber feststellt, dass diese Vorgangsweise nicht rechtswidrig war, so ist dies ein eklatanter Widerspruch und liegt entsprechende Denkunmöglichkeit vor. Die belangte Behörde kann nämlich nicht einerseits im Spruch die Behauptung aufstellen, dass die Vorgangsweise von Dr. S nicht rechtswidrig war[,] und an anderer Stelle sagen, dass die Vorgangsweise vom rechtswidrig war und deswegen eben die von mir beantragten Zeugen nicht einvernommen werden müssen. Dies ist ein eklatanter Widerspruch und verletzt neben dem Gleichheitssatz auch den Artikel 6 MRK, da nicht mehr von einem Fair Trial gesprochen werden kann, die Behörde meinem Antrag nicht Folge gibt, in der Begründung des Bescheides aber [gemeint wohl: von einer] Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise von Dr. S ausgeht und dabei gleichzeitig einen berechtigten Antrag auf Feststellung abweist. Es erweist sich daher auch der Spruchpunkt II als willkürlich, da aufgrund des Spruchpunktes I der Spruchpunkt II in meinem Sinne hätte ausfallen müssen. Meine Parteistellung nach § 8 AVG ist nämlich sehr wohl gegeben. In diesem Antrag auf Feststellung geht es nämlich um nichts anderes, als dass Aufgaben meinerseits auf eine andere Fachärztin des SMZ Floridsdorf übertragen worden sind, wodurch ich auch einen finanziellen Nachteil erleide. Die belangte Behörde übt Willkür, wenn diese lapidar behauptet, dass meine Parteistellung hier nicht gegeben wäre.

Dies ist insoferne absurd, da diese Vorgangsweise gleichzeitig in meine subjektiv öffentlichen Rechte eingreift, die verfassungsgesetzlich geschützt sind. Durch die Übertragung dieser Aufgaben an eine andere Person wird gleichzeitig in meine Recht[s]sphäre eingegriffen, da hier sehr wohl Parteistellung vorgelegen ist. Abgesehen davon, dass diese Vorgangsweise gegen das Diskriminierungsverbot verstößt und diese Maßnahme als diskriminierend anzusehen ist, schon deswegen die Klärung der Parteistellung willkürlich ist, kommt hiezu, dass offensichtlich die belangte Behörde negiert, dass in meine Recht[s]sphäre eingegriffen wurde und lapidar davon ausgeht, dass lediglich einer anderen Person Rechte übertragen worden sind. Durch diese willkürliche Betrachtungsweise wird das Wesen der Parteistellung ausgeschalten und wird daher aus meiner Sicht in Bezug dieses Punktes betreffend meine… Person nicht bloß der Gleichheitssatz verletzt, sondern auch der Artikel 6 MRK, da die Parteistellung an sich negiert wird … bzw das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf [ein] Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, da mir mit der Aberkennung der Parteistellung von vornherein die Möglichkeit genommen wird, dass diese Sache materiellrechtlich überprüft wird. Diese Vorgangsweise wirkt besonders schwer.

… [I]ch [hätte] spätestens zum Zeitpunkt des Entzuges meiner Kompetenzen im Krankenhaus Floridsdorf Parteistellung … erlangen müssen, da durch die Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise vom 13.05. in weiterer Folge auch ein Entzug meines Aufgabenbereiches die Konsequenz war. Durch die Übertragung der Rechte an Dr. St wurden auch mir gleichzeitig Rechte entzogen, wodurch ein Eingriff in ein subjektives öffentliches Recht gegeben ist, sodass ich Parteienstellung im Sinne des § 8 AVG habe. Ferner hat auch die belangte Behörde die Frage der Versetzung unrichtig gelöst. Es mag zwar sein, dass keine Änderung meiner besoldungsrechtlichen Stellung eingetreten ist, ich habe jedoch durch diese Vorgangsweise einen finanziellen Schaden erlitten, da mir durch diese Vorgangsweise

entsprechende Sonderklassegebühren entgangen sind ... Ich stelle

daher nachstehende

Anträge:

Der Verfassungsgerichtshof wolle meiner Beschwerde Folge geben und den Berufungsbescheid vom vollinhaltlich aufheben. …" (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Der Dienstrechtssenat der Stadt Wien als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er mit näherer Begründung die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Rechtslage

1. § 20 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl. 56, lautet wie folgt:

"Dienstpflichten gegenüber dem Vorgesetzten

§20. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung aus einem anderen Grund für gesetzwidrig, so kann er, bevor er die Weisung befolgt, seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen. Bestätigt jedoch der Vorgesetzte diese Weisung schriftlich, so hat der Beamte die Weisung zu befolgen.

(4) Der Beamte hat eine Weisung, die er für gesetzwidrig hält, ohne schriftliche Bestätigung zu befolgen, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt."

2. Die § 1 Abs 1 und § 3 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 - DVG, BGBl. 29, § 1 Abs 1 idF BGBl. 362/1991, lauten wie folgt:

"Anwendungsbereich

§1. (1) Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses (im folgenden 'Dienstverhältnis' genannt) zum Bund, den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit den nachstehenden Abweichungen anzuwenden."

"Zu § 8 AVG

§ 3. Im Verfahren in Dienstrechtsangelegenheiten sind die Personen Parteien, deren öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis oder deren Rechte oder Pflichten aus einem solchen Dienstverhältnis Gegenstand des Verfahrens sind."

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

Der Verfassungsgerichtshof wertet die Beschwerde - trotz des im Rahmen der Beschwerdeanträge gestellten Antrages, "den Berufungsbescheid vom vollinhaltlich auf[zu]heben", - auf Grund des Beschwerdevorbringens und der ausdrücklichen Anfechtung des "Punkt II" als ausschließlich gegen Spruchpunkt II des Bescheides des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom , nicht aber auch gegen dessen Spruchpunkt I - durch den die Rechtsposition der Beschwerdeführerin nicht zu deren Nachteil verändert wurde - gerichtet. Die Beschwerde ist daher in ihrer Gesamtheit zulässig (zur Unzulässigkeit einer Beschwerde mangels formeller Beschwer vgl. etwa VfSlg. 13.433/1993 mwN).

2. In der Sache

1.1.1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch Spruchpunkt II des Bescheides des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt, weil in Spruchpunkt I dieses Bescheides entsprechend ihrem Antrag die Rechtswidrigkeit der vom Ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf am ausgesprochenen und am schriftlich wiederholten Weisung, dass der Beschwerdeführerin die (interimistische) ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz mit sofortiger Wirkung entzogen wird, bescheidmäßig festgestellt wird, in Spruchpunkt II aber nicht auch die Rechtswidrigkeit der in der genannten Weisung verfügten Übertragung der Leitung der Ambulanz des Krankenhauses an eine andere Ärztin festgestellt wird. Die belangte Behörde habe bei Spruchpunkt II Ermittlungsergebnisse außer Acht gelassen und die von der Beschwerdeführerin beantragten Beweismittel nicht berücksichtigt. Es hätte "aufgrund des Spruchpunktes I der Spruchpunkt II [im] Sinne [der Beschwerdeführerin] ausfallen müssen", weil ihre "Parteistellung nach § 8 AVG … sehr wohl gegeben" sei; durch die Übertragung ihrer Aufgaben an eine andere Ärztin erleide die Beschwerdeführerin einen finanziellen Nachteil und werde dadurch in ihre Rechtssphäre eingegriffen.

1.1.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor.

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann - da sich aus § 3 DVG allein noch nichts ergibt - nur aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Vorschriften beurteilt werden (vgl. auch VfSlg. 10.150/1984 zu § 8 AVG mwH). § 20 DO 1994 statuiert die grundsätzliche Pflicht des Beamten, die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen.

Ein Recht auf eine bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht bloß dann, wenn durch einen Dienstauftrag die Rechtssphäre des Beamten berührt wird; der Zweck von Feststellungen betreffend Dienstpflichten ist es nämlich, bei der Auferlegung von Pflichten, die nicht durch Bescheid vorzunehmen sind bzw. nicht durch Bescheid vorgenommen wurden, nachträglich rechtliche Klarheit zu schaffen, ob der Beamte durch die Erteilung der Weisung in seinen Rechten verletzt wurde (vgl. mwN).

Demnach ist die Annahme der belangten Behörde - auf die sie auch in ihrer Gegenschrift hinweist -, dass ein Beamter nur die Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer an ihn ergangenen Weisung, nicht aber die Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer an einen anderen Beamten ergangenen Weisung begehren kann und die Rechte und Pflichten der Beschwerdeführerin aus ihrem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien nur in dem Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der mittels Weisung verfügten Entziehung ihrer (interimistischen) Leitung der Krankenhausambulanz Gegenstand des Verfahrens sind, jedenfalls denkmöglich. Es ist dem Dienstrechtssenat der Stadt Wien daher nicht entgegenzutreten, wenn er eine Parteistellung der Beschwerdeführerin nur hinsichtlich des Entzuges ihrer Leitungsfunktion, nicht aber bei der Übertragung dieser Funktion an eine andere Ärztin annimmt.

1.1.3. Das übrige Beschwerdevorbringen betrifft nicht die Frage der - hier zu beurteilenden - Verfassungsmäßigkeit der bescheidmäßigen Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung in Bezug auf die \bertragung der Leitung der Krankenhausambulanz an eine andere Ärztin mangels Parteistellung. Mit dem Vorbringen, die Nichtzulassung der von der Beschwerdeführerin - hinsichtlich der nicht die Frage ihrer Parteistellung betreffenden Umstände - angebotenen Beweismittel durch die belangte Behörde bedeute "eine eklatante Verletzung des Parteiengehörs", macht die Beschwerdeführerin im Übrigen allenfalls eine vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfende Verletzung einfachgesetzlicher Verfahrensvorschriften geltend (zB VfSlg. 10.194/1984, 11.102/1986).

2. Im Hinblick auf die Ausführungen zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ist auch auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin durch den von ihr bekämpften Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf ein faires Verfahren verletzt wurde.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.