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OGH vom 19.12.2018, 13Os130/18v

OGH vom 19.12.2018, 13Os130/18v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael M***** wegen des Verbrechens nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Geschworenengericht vom , GZ 23 Hv 16/17h-15, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung einer

Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden der Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil sowie demzufolge auch der Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Ried im Innkreis

als Geschworenengericht verwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael M***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat er sich in „S*****“ auf andere als die in den § 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er vom bis zum auf seiner auch in Österreich abrufbaren Facebook-Seite ein Foto des Geburtshauses von Adolf Hitler mit dem davor aufgestellten Gedenkstein postete, wobei auf dem Gedenkstein nachfolgender Text zu sehen war:

„20-4-1889

Heute noch lieben Dich Millionen

Immer noch rufen sie nach Dir

Heute noch tragen wir die Zeichen

Singen wir die Lieder, egal was passiert“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf „Z 6, 8, 9, 10a, 11a, b, 12“ des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Im Ergebnis zutreffend zeigt der Beschwerdeführer auf, dass dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil ein Rechtsfehler mangels Feststellungen zur

inländischen Gerichtsbarkeit (Z 11 lit a) anhaftet.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die inkriminierten Inhalte auf seine – (auch) in Österreich abrufbare – Facebook-Seite stellte, ist nämlich für sich allein nicht geeignet, einen inländischen Tatort zu begründen (vgl 13 Os 105/18t mwN). Als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipiert, setzt § 3g VG weder den Eintritt des tätergewollten Erfolgs noch eine konkrete Gefährdung voraus (RIS-Justiz RS0079825 [T5]), einzig möglicher Anknüpfungspunkt für die allfällige Bejahung eines inländischen Tatorts ist somit der Handlungsort, also jener Ort, an dem der – dort physisch präsente – Täter das deliktische Verhalten gesetzt hat (13 Os 4/13g, SSt 2013/22; 13 Os 105/18t; Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 20). Fallbezogen ist dem Wahrspruch aber bloß zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland gehandelt hat.

Für im Ausland durch einen Österreicher begangene Straftaten, die weder von § 63 StGB noch von § 64 StGB erfasst werden, gelten die österreichischen Strafgesetze nur im Fall beiderseitiger Strafbarkeit (§ 65 Abs 1 Z 1 StGB).

Daraus ergibt sich für das Geschworenenverfahren das Erfordernis, die in Rede stehende Frage an den Elementen sowohl der inländischen als auch der ausländischen Strafbestimmung auszurichten und die Geschworenen über all diese Elemente zu instruieren. Demnach sind dann, wenn
– wie hier – jede in Betracht kommende ausländische Norm für die Strafbarkeit im Tatortstaat auf ein zusätzliches, dem inländischen Strafgesetz fremdes Deliktsmerkmal abstellt, Fragestellung und Rechtsbelehrung auch darauf zu erstrecken (RIS-Justiz RS0121837 [insbesondere T 1]).

Da sich der Wahrspruch nicht an den dargelegten Erfordernissen orientiert, schafft er somit insgesamt keine hinreichende Feststellungsbasis für den ergangenen Schuldspruch.

Der Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§§ 285e, 344 StPO), weshalb sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt. Die Aufhebung des Urteils hatte jene des gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gefassten Beschlusses zur Folge.

Mit seiner Berufung und seiner implizierten Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00130.18V.1219.000

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