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OGH vom 21.10.2014, 10ObS103/14s

OGH vom 21.10.2014, 10ObS103/14s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Claudia Gründel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Manfred Mögele (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. I*****, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 168/13v 13, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 17 Cgs 37/13z 17, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionswerberin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin steht seit in einem Dienstverhältnis zur A. E. K***** GesmbH (im Folgenden nur mehr: „erster Dienstgeber“) sowie seit dem in einem Dienstverhältnis zur Dr. V***** B***** PR GmbH (im Folgenden nur mehr „zweiter Dienstgeber“). Vom bis war sie aus Anlass der am erfolgten Geburt ihres ersten Kindes in Mutterschutz und bezog Wochengeld. Ab dem war sie in beiden Dienstverhältnissen in Karenz und erhielt bis Kinderbetreuungsgeld.

Vom bis nahm sie ihre Beschäftigung bei ihrem ersten Dienstgeber vorübergehend auf. Daran anschließend (ab dem ) begab sie sich wieder in Karenz, dies bis zum . (Im Dienstverhältnis zu ihrem zweiten Dienstgeber unterbrach sie die Karenz nicht.)

Vom bis vereinbarte die Klägerin mit ihrem zweiten Dienstgeber Bildungskarenz gemäß § 11 AVRAG und bezog in diesem Zeitraum Weiterbildungsgeld vom AMS.

Ab dem trat sie ihre Beschäftigung bei ihrem zweiten Dienstgeber wieder an; ab dem auch bei ihrem ersten Dienstgeber.

Am brachte sie ihr zweites Kind E*****-C***** zur Welt. Sie war in beiden Dienstverhältnissen ab dem in Mutterschutz und bezog im Zeitraum vom bis Wochengeld in der Höhe von 51,13 EUR täglich (aus dem Dienstverhältnis zum zweiten Dienstgeber) und in Höhe von 43,35 EUR täglich (aus dem Dienstverhältnis zum ersten Dienstgeber).

Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom auf Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld für ihr zweites Kind E*****-C***** als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum ab in der Variante „12 + 2“ (täglich maximal 66 EUR) ab.

Das Erstgericht gab dem gegen diesen Bescheid gerichteten Klagebegehren teilweise Folge. Es verpflichtete die beklagte Partei zur Gewährung von Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens in der Höhe von 34,68 EUR täglich für den Zeitraum bis und wies das darüber hinausgehende Klagebegehren (erkennbar gerichtet auf eine tägliche Leistung in der Höhe von insgesamt 66 EUR) ab.

Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und ging nach Wiedergabe der Bestimmung des § 24 KBGG rechtlich davon aus, die Anspruchsvoraussetzungen seien nach beiden Dienstverhältnissen getrennt zu prüfen. Die Zeit des Beschäftigungsverbots der Klägerin ab dem wäre als eine der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellte Zeit im Sinne des § 24 Abs 2 KBGG zu werten, wenn vor Beginn des Beschäftigungsverbots eine mindestens sechs Monate andauernde Erwerbstätigkeit vorläge, somit eine Erwerbstätigkeit ab . Tatsächlich habe die Klägerin ihre Beschäftigung bei ihrem zweiten Dienstgeber erst mit wieder angetreten und sich davor in einer vereinbarten Bildungskarenz befunden, die einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 24 Abs 2 KBGG nicht gleichgestellt sei. In Bezug auf das Dienstverhältnis zum zweiten Dienstgeber habe die Klägerin vor Beginn des Beschäftigungsverbots somit nur etwas mehr als vier Monate und damit nicht die geforderten mindestens sechs Monate gearbeitet. Aus dem ersten Dienstverhältnis sei der Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld hingegen zu bejahen. Die Klägerin, die sich in Mutterschaftskarenz nach der Geburt ihres ersten Kindes befunden habe, habe vor der Geburt dieses Kindes vom bis , somit jedenfalls sechs Monate, gearbeitet. In teleologischer Reduktion und verfassungskonformer Auslegung sei § 24 Abs 1 und Abs 2 KBGG so zu interpretieren, dass die kurzfristige Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit im Zeitraum vom bis nicht das Erfordernis einer neuerlich mindestens sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit auslöse und sich nicht anspruchsvernichtend auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld auswirke. Die Klägerin sei in ihrem Dienstverhältnis zum ersten Dienstgeber demnach im Sinne des § 24 KBGG zumindest sechs Monate lang andauernd erwerbstätig gewesen. Nach § 24a Abs 1 Z 1 KBGG betrage das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld 80 % des auf den Kalendertag entfallenden Wochengeldes. Es bestehe somit ein Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 34,68 EUR täglich (= 80 % des aus dem ersten Dienstverhältnis zustehenden Wochengeldes in der Höhe von 43,35 EUR täglich) ab bis zum (zwölf Monate ab Geburt des Kindes E*****-C*****).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Gebietskrankenkasse Folge, nicht aber der Berufung der Klägerin und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es das Klagebegehren (zur Gänze) abwies. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, nach der im Dienstverhältnis zum zweiten Dienstgeber vor dem Beschäftigungsverbot (ab dem ) keine mindestens sechs Monate andauernde Erwerbstätigkeit vorliege. Der Wortlaut des § 24 Abs 1 Z 2 KBGG spreche deutlich dafür, dass der Beobachtungszeitraum für den Nichtbezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung derselbe sein solle wie der Beobachtungszeitraum für das Vorliegen einer durchgehenden Erwerbstätigkeit einschließlich der Berücksichtigung gleichgestellter Zeiten gemäß § 24 Abs 2 KBGG („... in den letzten 6 Monaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes ... durchgehend erwerbstätig gemäß Abs 2 war sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat ...“). Bei (leiblichen) Müttern sei aufgrund des Beschäftigungsverbots eine durchgehende tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit in den letzten sechs Monaten vor der Geburt nicht möglich. Es stelle daher den Regelfall dar, dass der Beobachtungszeitraum für das Vorliegen einer durchgehenden Erwerbstätigkeit über den Zeitraum der letzten sechs Monate unmittelbar vor der Geburt hinausgehe. Hätte der Gesetzgeber dennoch den Beobachtungszeitraum für den Nichtbezug einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung auch bei Vorliegen gleichgestellter Zeiten absolut auf die letzten sechs Monate vor der Geburt des Kindes beschränken wollen, so hätte er dies wohl durch die gesonderte Anführung dieses Zeitraumes bei diesem Tatbestandsmerkmal getan. Wie bereits das Erstgericht ausgeführt habe, falle der Bezug des Weiterbildungsgeldes durch die Klägerin ( bis ) somit in jenen Zeitraum, in dem eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nicht bezogen werden dürfe. Zu billigen seien auch die Ausführungen des Erstgerichts zum Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 24 KBGG in Bezug auf das Dienstverhältnis zum ersten Dienstgeber. Dass die anlässlich der Geburt des ersten Kindes in Anspruch genommene Mutterschutzkarenz im Juli 2011 ein Monat lang infolge kurzfristiger Erwerbstätigkeit beim ersten Dienstgeber unterbrochen war, schade nicht, weil es sich auch nach der Unterbrechung um denselben Karenzfall (aufgrund der Geburt des älteren Kindes) handle. Das Erfordernis einer durchgehenden (gleichgestellten) Erwerbstätigkeit in den letzten sechs Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes wäre in Bezug auf das erste Dienstverhältnis an sich zu bejahen. Die Klägerin habe in dem gemäß § 24 Abs 1 Z 2 KBGG relevanten Zeitraum aber Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, nämlich vom bis Weiterbildungsgeld (§ 26 AlVG) bezogen, weshalb die (negative) Tatbestandsvoraussetzung des Nichtbezugs einer derartigen Leistung nicht erfüllt sei. Der Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld für ihre Tochter E*****-C***** als Ersatz des Erwerbseinkommens stehe daher bereits dem Grunde nach nicht zu.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den zu lösenden Rechtsfragen fehle.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revision, das Urteil des Berufungsgerichts möge in ein vollinhaltlich stattgebendes Urteil abgeändert werden.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt zusammengefasst den Standpunkt, die Wortfolge „in diesem Zeitraum“ in § 24 Abs 1 KBGG beziehe sich auf den Zeitraum sechs Monate unmittelbar vor der Geburt des Kindes und nicht auf den Zeitraum sechs Monate vor Beginn des Mutterschutzes. Der Beobachtungszeitraum für den Nichtbezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung umfasse demnach (in jedem Fall) den Zeitraum „sechs Monate vor der Geburt“.

Dazu ist auszuführen:

1. Nach § 24 Abs 1 KBGG in der hier maßgebenden Fassung BGBl I 2011/139 hat ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nach diesem Abschnitt („Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“) für sein Kind, sofern

„1. die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 5 erfüllt sind,

2. dieser Elternteil in den letzten 6 Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß Abs 2 war sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken, und

3. ...“

Der Begriff der Erwerbstätigkeit ist in § 24 Abs 2 KBGG idF BGBl I 2011/139 legal definiert:

„Unter Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes versteht man die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt gelten Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl Nr 221, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, sowie Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 6 Monate andauernden Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl. Nr 651/1989, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, bis maximal zum Ablauf des zweiten Lebensjahres eines Kindes.“

2.1 Der Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld wurde durch das BGBl I 2009/116 in das KBGG eingefügt. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 16) soll dadurch jenen Eltern, die vor der Geburt über ein relativ hohes Erwerbseinkommen verfügt haben, die Möglichkeit gegeben werden, trotz kurzzeitigem Rückzug aus dem Erwerbsleben den bisherigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld steht daher nur vor der Geburt tatsächlich erwerbstätigen Eltern offen. Die Erwerbstätigkeit muss durchgehend in den letzten sechs Monaten vor Geburt tatsächlich ausgeübt werden, wobei sehr geringfügige Unterbrechungen (das sind solche bis zu 14 Tagen) zulässig sind. Die Zeiten des Beschäftigungsverbots nach MSchG (Mutterschutz) werden Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt. ... Weiters gelten Zeiträume, in denen die Erwerbstätigkeit unterbrochen wurde, um sich der Kindererziehung zu widmen, als der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt, sofern es sich um Zeiten der gesetzlichen Karenz nach dem MSchG oder VKG handelt (aufrechtes, ruhendes Dienstverhältnis). ... Die gesetzliche Karenz nach MSchG/VKG beginnt frühestens im Anschluss an das absolute Beschäftigungsverbot nach der Geburt und kann maximal bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden (endet daher spätestens am Tag vor dem zweiten Geburtstag des Kindes), diese zeitliche Maximaldauer soll auch hier Anwendung finden. Endet die Karenz früher, so gilt nur die tatsächlich beanspruchte (und nachgewiesene) Karenzzeit als der Ausübung der tatsächlichen Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Mit dieser Gleichstellungsregelung soll insbesondere erreicht werden, dass jene Eltern, die bereits ein älteres Kind haben und jene Eltern, die das Kinderbetreuungsgeld für ihr erstgeborenes Kind beziehen, denselben Zugang zu dieser Leistung haben.

2.2 Mit der KBGG Novelle BGBl I 2011/139 wurde klargestellt, dass (nur) Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung einer zuvor mindestens sechs Monate andauernden sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit unter anderem während eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG oder während der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellte Zeiten gelten.

2.3 Nach den Gesetzesmaterialien (Erläut RV 1522 BlgNR 24. GP 4) sollte durch die Ergänzung, dass die Gleichstellungsbestimmung nur durch die mindestens sechsmonatige durchgehend andauernde tatsächliche Ausübung der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes ausgelöst werden kann, eine Missbrauchsbekämpfung durch Verhinderung von (kurzfristiger) Scheinerwerbstätigkeit in Österreich erfolgen. Zur Einfügung des Nichtbezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung als negative Anspruchs-voraussetzung wurde angeführt, dass Eltern, die vor der Geburt arbeitslos sind, nicht zur Zielgruppe des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes gehören und daher auch dann keinen Anspruch haben sollen, wenn sie vor der Geburt neben dem Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung geringfügig beschäftigt waren (Erläut RV 1522 BlgNR 24. GP 3).

Mit der KBGG Novelle BGBl I 2013/117 erfolgte in § 24 Abs 1 Z 2 KBGG die Beseitigung eines Redaktionsversehens durch die Klarstellung, dass beim Erwerbstätigkeitserfordernis in § 24 Abs 1 Z 2 KBGG auf „Monate“ und nicht auf „Kalendermonate“ abzustellen ist (vgl ErläutRV 2336 BlgNR 24. GP 2).

3.1 Zur Bildungskarenz:

Gemäß § 11 AVRAG können Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Bildungskarenz gegen Entfall des Arbeitsentgelts für die Dauer von mindestens zwei Monaten bis zu einem Jahr vereinbaren, sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate gedauert hat.

3.2 Gemäß § 26 Abs 1 AlVG gebührt Personen, die eine Bildungskarenz gemäß § 11 oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 12 AVRAG in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, für die vereinbarte Dauer ein Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch in der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes gemäß § 3 Abs 1 KBGG, bei Erfüllung der nachstehend in den Z 1 bis 5 genannten Voraussetzungen. Das Weiterbildungsgeld dient als Ersatz für das entfallende Arbeitsentgelt ( Pfeil, Arbeitslosenversicherungsrecht §§ 26, 26a AlVG, 14 Erg.Lfg 246/6).

4.1 Das einkommensabhängige Kinderbetreuungs-geld setzt also voraus, dass neben den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen als weitere Voraussetzung der Elternteil unmittelbar vor der Geburt mindestens sechs Monate lang eine in Österreich sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt haben muss (RIS Justiz RS0128183), wobei zur Vermeidung von Härtefällen kurzfristige Unterbrechungen von höchstens 14 Tagen unschädlich sind und er „in diesem Zeitraum“ keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten haben darf . Die Gleichstellung der Zeiten des Mutterschutzes oder der gesetzlichen Karenz mit den Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit ist nur dann möglich, wenn „ zuvor “ eine mindestens sechs Monate andauernde Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde (RIS-Justiz RS0129310). Im Fall eines Beschäftigungsverbots beginnt der sechsmonatige Beobachtungszeitraum des § 24 Abs 2 KBGG somit sechs Monate vor dessen Beginn (10 ObS 5/14d).

4.2 Dass es sich bei dem von der Klägerin bezogenen Weiterbildungsgeld um eine in § 24 Abs 2 KBGG genannte Leistung aus der Arbeitslosenversicherung handelt, wird von der Revisionswerberin nicht in Frage gestellt. Ebenso nicht, dass der Nichtbezug einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Beobachtungszeitraum eine negative Anspruchsvoraussetzung darstellt, die dem Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld entgegensteht. Im Revisionsverfahren strittig ist aber, wann der Beobachtungszeitraum zu laufen beginnt:

Während die Vorinstanzen davon ausgingen, der sechsmonatige Beobachtungszeitraum beginne mit dem Beschäftigungsverbot am und umfasse den davor liegenden sechsmonatigen Zeitraum bis einschließlich , welcher zugleich für den Nichtbezug einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung relevant sei, vertritt die Revisionswerberin den Standpunkt, es sei für den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht auf diesen Zeitraum abzustellen, sondern auf den Zeitraum bis (= sechs Monate vor dem tatsächlichen Geburtstermin). Dieser Ansicht folgend wäre der Bezug des Weiterbildungsgeldes bis nicht anspruchsschädlich.

4.3 Diesem Standpunkt ist nicht zu folgen:

Wie bereits ausgeführt wurde, soll das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld nur tatsächlich erwerbstätigen Eltern offen stehen. Deshalb wurde das Erfordernis des Nichtbezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung als negative Anspruchsvoraussetzung eingeführt, um zu verhindern, dass auch Eltern, die vor der Geburt Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten, das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld beanspruchen können. Wie sich aus § 24 Abs 2 KBGG ableiten lässt, beginnt bei Eltern, bei denen ein Beschäftigungsverbot nicht in Betracht kommt (etwa bei Vätern, Adoptiv- oder Pflegemüttern), der sechsmonatige Beobachtungszeitraum mit der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld beansprucht wird, während bei leiblichen Müttern, für die ein Beschäftigungsverbot gilt, dieser Beobachtungszeitraum mit Eintritt des Beschäftigungsverbots beginnt (10 ObS 5/14d). Wenn in § 24 Abs 1 Z 2 KBGG ohne Unterschied für beide Gruppen von Eltern angeordnet wird, dass „in diesem Zeitraum“ keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen werden dürfen, ist dies wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben so zu verstehen, dass der für den jeweiligen Elternteil in Betracht kommende sechsmonatige Zeitraum entweder ab Geburt oder ab Beginn des Beschäftigungsverbots als Beobachtungszeitraum auch für den Nichtbezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung heranzuziehen ist. Offenbar wollte der Gesetzgeber somit als Anspruchsvoraussetzung eine durchgehende sechsmonatige „reine“ (ohne gleichzeitigen Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung) Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit vorsehen. Bei der Klägerin ist dies nun der Zeitraum bis zum Eintritt des Beschäftigungsverbots am , in welchen der bis erfolgte Bezug des Weiterbildungsgeldes hineinreicht.

Die Klägerin erfüllt daher nicht das Erfordernis einer durchgehenden sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit in den sechs Monaten unmittelbar vor der Geburt bzw vor Beginn des Beschäftigungsverbots.

5. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die negative Anspruchsvoraussetzung des Nichtbezugs einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Beobachtungszeitraum schließe die Anspruchsberechtigung auch dann aus, wenn eine Mehrfachversicherung (aufgrund eines zweiten Dienstverhältnisses) besteht, wird in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen. Die Revisionswerberin geht vielmehr selbst davon aus, die in ihrer Revisionsschrift aufgeworfenen weiteren Rechtsfragen wären nicht mehr zu lösen, sollte der Oberste Gerichtshof dem von ihr vertretenen Rechtsstandpunkt nicht folgen, nach dem der Beobachtungszeitraum für den Nichtbezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ab der Geburt des Kindes E*****-C***** zu laufen beginne.

Die Revision bleibt somit erfolglos.

Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00103.14S.1021.000