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OGH vom 13.07.2000, 8Ob349/99b

OGH vom 13.07.2000, 8Ob349/99b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei KR Anna W*****, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Friedrich T*****, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher und Dr. Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Aufkündigung, infolge Rekursen beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 237/99b-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom , GZ 11 C 487/98-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Hälfteeigentümerin einer Liegenschaft mit dem darauf errichteten Haus, in dem sich die aufgekündigte Wohnung befindet. Zweiter Hälfteeigentümer ist der Ehegatte der Klägerin.

Die insgesamt 124 m2 große, aus vier Zimmern bestehende, aufgekündigte Wohnung wurde zumindest seit dem Jahr 1977 an mehrere Studenten, darunter auch an den Beklagten vermietet. Die Mitmieter des Beklagten, deren Anzahl das Erstgericht nicht feststellen konnte, zogen im Lauf der Zeit aus dem Bestandobjekt aus, ohne ausdrücklich auf ihre Bestandrechte zu verzichten; sie führten darüber weder Gespräche mit der Hausverwaltung noch mit den Liegenschaftseigentümern. Der Bestandzins beträgt derzeit einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer S 5.455,87 und wurde in den letzten Jahren vom Beklagten allein entrichtet.

Der Beklagte ist Arzt und betreibt eine Ordination in Galtür. Er hat dort im sogenannten "Arzthaus" eine Dienstwohnung gemietet. Im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit hält sich der Beklagte gemeinsam mit seiner Gattin und dem gemeinsamen Kind die Woche über im Wesentlichen in Galtür auf, an den Wochenenden und wenn es beruflich möglich ist, wohnt der Beklagte gemeinsam mit seiner Familie in der aufgekündigten Wohnung. Die Wohnung wird vom Beklagten und seiner Familie - soweit es die Berufsausübung erlaubt - regelmäßig verwendet. Der Beklagte verfügt außer der Dienstwohnung über keine andere Wohnmöglichkeit.

Im März oder April 1994 hat der Beklagte ein Zimmer unter Einräumung eines Mitbenützungsrechts an Küche, Bad und WC untervermietet. Die Untermieterin bezahlte zuletzt an den Beklagten S 1.700 monatlich.

Der Klägerin und ihrem Gatten ist bereits seit 1996 bekannt, dass der Beklagte als Arzt in Galtür arbeitet und dort auch über eine entsprechende Wohnmöglichkeit verfügt. Die Klägerin war bereits im Jahr 1996 der Ansicht, dass das Bestandobjekt vom Beklagten nicht mehr regelmäßig verwendet wird, sondern zur Gänze weitergegeben wurde. In ihrem Auftrag forderte daher der nunmehrige Klagevertreter mit Schreiben vom den Beklagten auf, sich mit ihm in Verbindung zu setzen, da die Klägerin und ihr Gatte festgestellt hätten, dass der Beklagte das Objekt zur Gänze weitergegeben habe und er es offensichtlich nicht mehr zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse brauche. Warum die Klägerin über zwei Jahre mit dem Einbringen der Aufkündigung zugewartet hat, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Mit ihrer am bei Gericht eingelangten Aufkündigung machte die Klägerin die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4, 6 und 7 MRG geltend und brachte vor, dass der Beklagte seit Jahren als Arzt in Galtür tätig sei und dort ständig mit seiner Familie wohne. Seine Kinder besuchten dort die Schule. Der Beklagte sei zwar in der aufgekündigten Wohnung noch polizeilich gemeldet, habe diese aber zur Gänze oder zumindest teilweise zu einem unverhältnismäßig hohen Bestandzins weitervermietet. Er benötige den Mietgegenstand oder auch einen allenfalls nicht weitergegebenen Teil der Wohnung weder für sich noch für eintrittsberechtigte Personen zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses.

In seinen Einwendungen gegen die vom Erstgericht bewilligte Aufkündigung bestritt der Beklagte sowohl die Aktiv- als auch die Passivlegitimation. Die Klägerin sei nur Hälfteeigentümerin der Liegenschaft, auf der sich die aufgekündigte Wohnung befinde und als solche allein nicht zur Kündigung legitimiert. Der Beklagte habe die Wohnung bereits 1976 gemeinsam mit anderen Mitbewohnern im Wege einer "Studentenwohngemeinschaft" gemietet. Seither sei die Wohnung von wechselnden Personen jeweils als Mitmieter bewohnt worden. Nur der Beklagte sei seit Anbeginn durchgehend Mieter bzw Mitmieter gewesen; er allein sei für die Kündigung passiv nicht legitimiert. Bereits bei Begründung des Mietverhältnisses sei vereinbart worden, dass es den Mietern gestattet sei, bei Ausscheiden einzelner Mieter neue Mieter als Ersatzmieter einzubringen. Es sei klar gewesen, dass die Wohnung nur zu Studienzwecken, daher nur als Zweitwohnsitz benützt werden solle und somit eine regelmäßige Benützung als einziger Wohnsitz des oder der Mieter nicht zu erfolgen habe. Die Klägerin habe schon seit Jahren Kenntnis von den tatsächlichen Verhältnissen. In der Unterlassung der Einbringung einer Kündigung durch mehr als zwei Jahre liege zumindest ein konkludenter Verzicht auf die Geltendmachung von Kündigungsgründen. Der Beklagte betreibe die Ordination in Galtür nur tageweise und halte sich zu etwa einem Drittel seiner Zeit in der gekündigten Wohnung in Innsbruck auf. Er bewohne dort mit seiner Familie zwei Zimmer alleine. Der Beklagte benötige die Wohnung nicht nur derzeit, sondern auch vermehrt in der Zukunft, "da aus schulischen Gründen eine gänzliche Verlegung des Wohnsitzes der Familie nach Innsbruck erforderlich ist". Bereits jetzt diene die Wohnung der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses.

Die Klägerin replizierte, dass ihr Ehegatte als weiterer Hälfteeigentümer der Kündigung zugestimmt habe und damit die Aktivlegitimation gegeben sei. Die ursprünglichen Mitmieter des Beklagten seien aus der Wohnung ausgezogen und hätten seither keinen Mietzins bezahlt. Der Mietvertrag sei daher zumindest konkludent beendet worden. Die vom Beklagten ohne Wissen der Klägerin in die Wohnung aufgenommenen Personen stünden in keinem Vertragsverhältnis zu ihr. Das Kündigungsbegehren sei nicht verfristet, da die Klägerin vor Einbringen der Kündigung Nachforschungen anstellen und Beweise habe sichern müssen, um Gewissheit über die Kündigungsgründe zu erlangen.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass die Klägerin zur Einbringung der Aufkündigung allein nicht legitimiert sei. Der Hälfteeigentümer könne nur mit Zustimmung des Gerichts aufkündigen. Mehrere Vermieter und auch mehrere Mieter seien als einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO anzusehen und könnten somit nur gemeinschaftlich klagen oder geklagt werden. Es mangle auch an der Passivlegitimation des Beklagten, weil im bloßen Verlassen des Bestandobjekts durch die Mitmieter noch keine Aufgabe der Mietrechte zu erblicken sei. Darüber hinaus seien im Bereich des Mietrechts Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen. In einem Zuwarten mit der Aufkündigung durch mehr als zwei Jahre könne eine derartige Unverzüglichkeit nicht erblickt werden, zumal der Klägerin sämtliche Umstände, die zur Aufkündigung führten, bereits 1996 bekannt gewesen seien. Auch der geltend gemachte Kündigungstatbestand sei nicht gegeben. Nach den Feststellungen benütze der Beklagte mit seiner Familie das Bestandobjekt nach wie vor. Er halte sich zwar größtenteils in Galtür auf, doch könne ihm dies nicht schaden, weil der Grund dafür seine berufliche Tätigkeit sei. Die Wohnung diene daher zur regelmäßigen Befriedigung der Wohnbedürfnisse des Beklagten und seiner Familie. Von einer Weitergabe des Objekts gegen unverhältnismäßiges Entgelt könne in Anbetracht der festgestellten Zahlungen der Untermieterin keine Rede sein.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil nach Abfertigung einer Mitteilung gemäß § 473a ZPO an den Beklagten auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erachtete sowohl die Aktiv- als auch die Passivlegitimation für gegeben. Zwar könne der Eigentümer einer Hälfte der Liegenschaft ohne Zustimmung des anderen nicht kündigen, es genüge jedoch, wenn die Zustimmung des anderen Hälfteeigentümers im Prozess nachgewiesen werde. Nur wenn eine Aufkündigung gegen den Willen des anderen Hälfteeigentümers eingebracht werden solle, bedürfe es der Genehmigung des Außerstreitrichters. Im vorliegenden Fall habe der Ehegatte der Klägerin der Kündigung zugestimmt, sodass nichts Anderes gelten könne als bei der Klagsführung zur Feststellung oder Durchsetzung mietvertraglicher Ansprüche gegen einzelne Streitgenossen einer einheitlichen Streitpartei. Diese werde für zulässig erachtet, wenn die anderen Streitgenossen den geltend gemachten Anspruch ausdrücklich anerkannt haben. Auch die Passivlegitimation sei vom Erstgericht zu Unrecht verneint worden, lasse doch der schon Jahre zurückliegende Auszug der Mieter aus der Wohnung und die Einstellung der Mietzinszahlungen keinen anderen Schluss zu als dass diese Mieter den Mietvertrag beendet und die Klägerin dies dadurch akzeptiert habe, dass sie den vom Beklagten allein geleisteten Mietzins angenommen habe. Damit sei der Beklagte an die Stelle der bisherigen Mitmieter getreten. Es sei zwar zutreffend, dass Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen seien, doch müsse bei der Annahme eines Verzichts vor allem dann besondere Vorsicht angewendet werden, wenn der Kündigungsgrund auf einen Dauertatbestand zurückgehe. Der Beklagte hätte beweisen müssen, dass ihm keine Umstände bekannt gewesen seien, die ein Zuwarten der Klägerin mit der Kündigung aus einem anderen Grund als dem eines Verzichts auf das Kündigungsrecht erklärlich erschienen ließen. Dass die Klägerin nach ihrem Schreiben vom ein Verhalten gesetzt habe, aus dem der Beklagte zweifelsfrei auf Verzicht habe schließen können, sei nicht unter Beweis gestellt worden. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass sich die Klägerin veranlasst gesehen habe, entsprechende Beweise für ihr Wissen zu sammeln. Es könne einem Vermieter nicht zugemutet werden, ohne entsprechende Grundlage eine Aufkündigung einzubringen.

Die gänzliche Weitergabe sei gemäß § 30 Abs 2 Z 4 Satz 2 MRG einer teilweisen dann gleichgestellt, wenn der Mieter oder Eintrittsberechtigte die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses verwende. Die regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken werde dann angenommen, wenn der Mieter oder eine eintrittsberechtigte Person die Wohnung wenigstens während eines beachtlichen Zeitraumes im Jahr als wirtschaftlichen und familiären Mittelpunkt ausnütze und sie nicht nur der Freizeitgestaltung diene. Eine Benützung im Urlaub oder an freien Wochenenden stelle weder eine regelmäßige Benützung dar noch könne sie ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses begründen. Die vom Gesetz als Ausnahme genannte Abwesenheit aus beruflichen Gründen stelle nur auf eine vorübergehende Nichtbenützung der Wohnung ab und greife nicht bei Verlegung des wirtschaftlichen und familiären Schwerpunkts ohne dass in absehbarer Zeit mit der Rückkehr zu rechnen sei. Dass sich der Beklagte mit seiner Familie nur vorübergehend in Galtür aufhalte, sei von ihm gar nicht ernsthaft behauptet worden und komme im Hinblick auf seine jahrelange Berufsausübung in diesem Ort nicht in Betracht. Somit sei die gänzliche Weitergabe im Sinn des § 30 Ab 2 Z 4 erster Fall MRG zu bejahen. Trotz Weitergabe liege dieser Kündigungsgrund jedoch dann nicht vor, wenn der Mieter nachweise, dass er oder eintrittsberechtigte Personen offenbar in naher Zeit einen dringenden Bedarf an dem Mietgegenstand haben. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang eine gesicherte Zukunftsprognose und nicht so sehr der konkrete Zeitraum, der auch ein Jahr übersteigen könne. Die Zukunftsprognose sei auf den Zeitpunkt der Weitergabe des Mietgegenstandes abzustellen, sodass auf spätere damals nicht absehbare Änderungen nicht Bedacht zu nehmen sei. In seinem gemäß § 473a ZPO eingebrachten Schriftsatz habe der Beklagte in ausreichender Weise darauf hingewiesen, dass zu dem von ihm behaupteten Wohnbedürfnis die von ihm beantragten Beweise nicht aufgenommen worden seien. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren den Beklagten zur Präzisierung seines Vorbringens, wonach aus schulischen Gründen eine gänzliche Verlegung des Wohnsitzes der Familie nach Innsbruck erforderlich sei, anzuleiten und die entsprechenden Beweise aufzunehmen haben. Die im selben Schriftsatz erstmals aufgestellten Behauptungen des Wohnbedürfnisses wegen Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten sowie beruflicher Perspektiven seien unzulässige Neuerungen und unbeachtlich.

Rechtliche Beurteilung

Den dagegen von beiden Parteien erhobenen Rekursen kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der im Rekurs des Beklagten vertretenen Ansicht ist die Aktivlegitimation der Klägerin vom Berufungsgericht zu Recht bejaht worden. Es ist ständige Rechtsprechung, dass ein von den Miteigentümern eines Hauses mit einem außenstehenden Dritten abgeschlossener Mietvertrag von der Mehrheit der Miteigentümer im eigenen Namen gekündigt werden kann (MietSlg 13.287; MietSlg 18.348; SZ 43/157; WoBl 1997, 182; SZ 71/46; WoBl 1999, 100 ua). Ebenso liegt eine einheitliche Rechtsprechung dahingehend vor, dass der Hälfteeigentümer zur Aufkündigung von Mietverträgen zwar nicht legitimiert ist, er aber dann im eigenen Namen aufkündigen kann, wenn er das Einverständnis solcher Mitgenossen hiezu nachweist, denen mit ihm zusammen die Mehrheit der Anteile gehört (SZ 23/108; SZ 43/157; SZ 57/156; MietSlg 48.200 ua). Bereits Klang in Klang2 V, 108 lehrt, es genüge, wenn einer der Miteigentümer kündigt und das Einverständnis der Übrigen durch Vorlage einer Vollmacht oder Zustimmungserklärung nachweist. Dieser Rechtsansicht folgte Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 12 zu § 833 und Würth aaO Rz 16 zu § 1116, der ergänzend unter Hinweis auf SZ 43/157 darauf verweist, dass die Zustimmung bereits im Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung an den Kündigungsgegner vorliegen müsse, lediglich der Nachweis der seinerzeit erteilten Zustimmung könne im Laufe des Verfahrens nachgebracht werden (SZ 57/156). Lediglich Hofmeister/Egglmeier in Schwimann ABGB2 Rz 46 zu § 833 merken kursorisch an, der Hälfteeigentümer erlange die Legitmation zur Kündigung erst auf Grund richterlicher Entscheidung gemäß § 835 ABGB. Aus dem Verweis auf Rz 36 zu § 833 ABGB ist jedoch zu entnehmen, dass lediglich der Fall der Stimmengleichheit uneiniger Miteigentümer behandelt werden sollte. Dies ergibt sich auch aus der weiters zitierten Entscheidung SZ 60/183, wo im Zusammenhang mit dem vorstehend wiedergegebenen Rechtssatz ausdrücklich darauf verwiesen wurde, dass der Hälfteeigentümer die Zustimmung seines Miteigentümers zur Klagsführung nicht einmal behauptet habe. Auch diese Lehrmeinung kann daher keinen Anlass dafür bieten, von der dargestellten Lehre und Rechtsprechung abzugehen, der Hälfteeigentümer könne ein mit allen Miteigentümern der Liegenschaft abgeschlossenes Bestandverhältnis dann im eigenen Namen kündigen, wenn im Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung die Zustimmung des zweiten Miteigentümers gegeben sei und deren Nachweis im Verfahren erbracht werde.

Der 6. Senat des Obersten Gerichtshofs hat in seinen Entscheidungen WoBl 1997, 237 und WoBl 1998, 144 ausgeführt, dass auch ein Minderheitseigentümer, dem der physische Besitz eines Teiles der Liegenschaft durch Benützungsregelung allein überlassen worden sei, auf Grund anzunehmender Verwaltungsvollmacht berechtigt sei, das von ihm eingegangene Mietverhältnis ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer aufzukündigen. Das ändere aber nichts daran, dass als Partei des Kündigungsstreits nicht der Minderheitseigentümer allein, sondern alle Miteigentümer als Bestandgeber anzusehen seien, als deren Vertreter bzw Verwalter der Nutzungsberechtigte auftrete. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer Richtigstellung der Bezeichnung der kündigenden Partei. Diese Rechtsansicht, die für den besonderen dort entschiedenen Fall hier nicht zu überprüfen ist und die - soweit überblickbar - bislang für den hier zu beurteilenden Sachverhalt weder in Lehre noch in der Rechtsprechung vertreten wurde, kann in diesem Rechtsstreit nicht zu einer Berichtigung der Parteienbezeichnung führen, weil dadurch ein weiteres am Prozess bislang nicht beteiligtes Rechtssubjekt in das Verfahren hineingezogen würde (vgl auch die Bedenken Dirnbachers in seiner Glosse zu WoBl 1997, 237).

Die Klägerin hat sich zwar im Verfahren auf Grund der Einwendungen des Beklagten ausdrücklich darauf berufen, dass der zweite Hälfteeigentümer, ihr Ehegatte, die Zustimmung zur Aufkündigung erteilt habe und ein Beweisanbot erstattet (S 2 des Schriftsatzes ON 3). Das Erstgericht hat diesbezüglich keinerlei Feststellungen getroffen, weil es dieses Vorbringen offenkundig auf Grund seiner Rechtsansicht, der klagende Hälfteeigentümer benötige jedenfalls die gerichtliche Zustimmung, nicht für relevant hielt. Das Berufungsgericht ist ohne Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Ehegatte der Klägerin der Kündigung zugestimmt habe (S 8 des Aufhebungsbeschlusses = AS 190). Es hat damit seiner rechtlichen Beurteilung eine vom Erstgericht nicht getroffene Feststellung zugrunde gelegt und damit den Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit begründet (1 Ob 530/88 ua). Der Aufhebungsbeschluss erweist sich im Ergebnis somit schon deshalb als begründet, weil es der Beweisaufnahme durch das Erstgericht und entsprechender Feststellungen über das im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung vorliegende Einverständnis des zweiten Hälfteeigentümers bedarf.

Dem Beklagten kann auch nicht darin beigepflichtet werden, dass es ihm an der Passivlegitimation mangle, weil das Klagebegehren auch gegen Mitmieter zu richten gewesen wäre. Zwar ist es gesicherte Rechtsprechung, dass mehrere Mitmieter als Rechtsgemeinschaft bürgerlichen Rechts nach § 825 ABGB im Kündigungsprozess eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinn des § 14 ZPO bilden, weil sich die Wirkungen des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen erstrecken (SZ 45/70; SZ 51/149; SZ 53/2; RZ 1993/4; 1 Ob 114/00x ua), doch liegt ein derartiger Fall schon nach den Behauptungen des Beklagten hier nicht vor. Danach habe er mit anderen Mitbewohnern die Wohnung im Wege einer "Studentenwohngemeinschaft" bezogen, während er selbst durchgehend Mieter gewesen sei, hätten die Mitmieter ständig gewechselt. In diesem Sinne hat auch das Erstgericht seine Feststellungen getroffen. Insoweit es dabei davon ausging, die Mitmieter seien ausgezogen, "ohne auf ihre Bestandrechte zu verzichten", kann dies im Zusammenhang mit dem folgenden Satz nur dahin verstanden werden, dass sie keinen ausdrücklichen Verzicht erklärt haben. Die Wertung dieses Verhaltens ist dem Rechtsbereich zuzuordnen. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Mietverhältnisse nach dem übereinstimmenden Parteiwillen nicht auf Dauer ausgelegt waren, sondern lediglich die Wohnversorgung während der Dauer des Studiums sicherstellen sollten. Es handelte sich daher um Studentenmietverträge, wie sie nunmehr § 29 Abs 2 MRG regelt. Derartige Verträge enden von selbst, jedenfalls mit Beendigung oder Abbruch der Ausbildung. Der Kläger hat auf S 3 seiner Einwendungen (AS 7) selbst vorgebracht, dass schon bei Begründung des Mietverhältnisses vereinbart und klar gewesen sei, dass die Mieter die gegenständliche Wohnung nur zu Studienzwecken und daher nur als Zweitwohnsitz benützen werden. Daraus ist aber eine dem nunmehrigen § 29 Abs 2 MRG zumindest nahekommende Parteienvereinbarung zu erschließen, sodass der jeweilige Auszug und die Einstellung der Bezahlung des Mietzinses vom Berufungsgericht zutreffend als von den Bestandgebern jeweils akzeptierte Beendigung der Mietverträge beurteilt wurde. Auch ein mit einer Mehrheit von Mietern abgeschlossener Mietvertrag kann bei Willensübereinstimmung sämtlicher Beteiligter, also der Mitmieter und des Vermieters - auch schlüssig - von einem bestimmten Zeitpunkt an dahin noviert werden, dass auf Seiten der Bestandnehmer anstelle der bisherigen Mitmieter nur mehr einer von ihnen tritt (SZ 44/106). Eine derartige Novation ist in dem Umstand zu sehen, dass der Beklagte mit Duldung der Bestandgeber nach Abschluss seines Studiums das Bestandobjekt weiter allein benützte und auch den Mietzins allein bezahlte.

Der Verzicht auf die Geltendmachung eines Kündigungsgrundes darf nur dann angenommen werden, wenn der Vermieter trotz Kenntnis des rechtsbegründenden Sachverhalts die Kündigung ohne die Säumnis erklärende Gründe während längerer Zeit unterlässt (SZ 38/41; SZ 61/42; WoBl 1992, 18 ua). Bei der Prüfung der Voraussetzungen für den stillschweigenden Kündigungsverzicht im Fall eines Dauertatbestandes ist ein besonders strenger Maßstab geboten (SZ 61/42; WoBl 1992, 18; WoBl 1993, 105 ua). Es ist einem Vermieter - insbesondere bei Verschleierungshandlungen des Mieters - nicht zumutbar, ohne ausreichende Grundlagen vorzeitig zu kündigen und die Risken eines verlorenen Prozesses auf sich zu nehmen (MietSlg 40.464; 8 Ob 560/92; 1 Ob 565/95 ua). Nach den Feststellungen hat der nunmehrige Klagevertreter den Beklagten mit Schreiben vom aufgefordert, sich mit ihm in Verbindung zu setzen, da der Beklagte das Bestandobjekt zur Gänze weitergegeben habe. Die gerichtliche Aufkündigung wurde von der Klägerin am eingebracht. Dieser Zeitraum ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten rechtlichen Erwägungen gerade noch nicht so lang, dass er den unzweifelhaften (§ 863 ABGB) Schluss rechtfertigen könnte, die Klägerin habe auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes verzichten wollen, zumal ihr, vom Beklagten offenkundig nicht beantwortetes, Schreiben jedenfalls gerade das Gegenteil zum Ausdruck brachte.

Das Erstgericht hat unter anderem festgestellt, dass der Beklagte an den Wochenenden und wenn es beruflich möglich ist, gemeinsam mit seiner Familie das aufgekündigte Bestandobjekt bewohne. Er verwende die Wohnung regelmäßig. Der nicht untervermietete Teil der Wohnung werde ausschließlich vom Beklagten und seiner Familie benützt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber aus rechtlichen Erwägungen die regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken verneint, weil eine Benützung im Urlaub oder an freien Wochenenden eine solche Regelmäßigkeit nicht darstelle und ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nicht begründen könne. Auch gehe die Nichtbenützung der Wohnung nicht auf eine bloß vorübergehende berufliche Abwesenheit zurück. Damit hat es aber die Rechtsprechung unbeachtet gelassen, dass die Benützung zweier Wohnungen an sich noch nicht den Kündigungsgrund verwirklicht, wenn der Mieter oder eintrittsberechtigte Personen die Wohnung wenigstens während eines beachtlichen Zeitraums im Jahr oder mehrere Tage in der Woche als wirtschaftlichen und familiären Mittelpunkt benützen (SZ 69/32; 8 Ob 112/98y; 10 Ob 370/99f ua; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 41 zu § 30 MRG). Zwar darf die Wohnung nicht nur als gelegentliches Absteigquartier verwendet werden und muss das Interesse an ihr über bloße Bequemlichkeiten hinausgehen, es genügt aber für die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses, wenn die Wohnung zumindest in mancher Beziehung auch Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit und des Familienlebens des Mieters ist. Nicht entscheidend ist hingegen, ob dem Mieter im Hinblick auf das Vorhandensein der Zweitwohnung die Aufgabe der aufgekündigten Wohnung unter Umständen zugemutet werden könnte (SZ 69/32, 10 Ob 370/99f).

Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass auf Grund eines Vorbringens, der Kündigungsgrund sei infolge eines dringenden Wohnbedürfnisses nicht gegeben, alle zur verlässlichen Beurteilung dieser Frage notwendigen Tatsachenfeststellungen zu treffen seien, auch wenn der behauptungs- und beweispflichtige gekündigte Mieter nicht zu jeder in diesem Rahmen fallenden Einzelheit ein konkretes Prozessvorbringen erstattet hat (MietSlg 47.393; 3 Ob 402/97g). In diesem Sinn ist der Beklagte seiner Behauptungspflicht im erstinstanzlichen Verfahren ausreichend nachgekommen und hat in seinem gemäß § 473a ZPO erstatteten Schriftsatz auch die unzulänglichen Feststellungen des Erstgerichtes bekämpft. Dieses wird daher im fortgesetzten Verfahren eingehende Feststellungen darüber zu treffen haben, auf welche Art und in welchem Ausmaß der Beklagte mit seiner Familie die Wohnung benützt und ob dort für den Beklagten zumindest teilweise ein Lebensschwerpunkt liegt.

In diesem Zusammenhang ist auf den Einwand der Klägerin in ihrem Rekurs einzugehen, § 473a ZPO verstoße offenkundig gegen Art 6 MRK, weil er eine Äußerungsmöglichkeit des Berufungswerbers nicht vorsehe und sei daher verfassungswidrig. Zur Sinnhaftigkeit dieser durch die WGN 1997 in die Zivilprozessordnung eingefügten Bestimmung kann auf die sehr eingehenden Ausführungen der Entscheidung JBl 1999, 50 verwiesen werden. Die dort geäußerten Bedenken in der wörtlichen Anwendung des § 473a ZPO könnte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Berufungswerbers erblickt werden, vermögen hier den im Rechtsmittel von der Klägerin vertretenen Standpunkt nicht zu stützen, weil das Berufungsgericht ungeachtet des Inhalts dieses Schriftsatzes jedenfalls zu einer Aufhebung des Ersturteils hätte gelangen müssen. Wie bereits dargestellt, hat der Beklagte in erster Instanz zur Benützung der Wohnung, zum Vorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses und zu der zu erstellenden Zukunftsprognose ausreichendes Vorbringen erstattet. Das Berufungsgericht, das - zu Recht - das Vorliegen der vom Erstgericht primär herangezogenen Abweisungsgründe verneinte, musste daher in jedem Falle die (sekundäre) Mangelhaftigkeit der den Kündigungsgrund selbst betreffenden Feststellungen wahrnehmen. Dass ein Beschluss gemäß § 473a ZPO möglicherweise nicht zu fassen gewesen wäre, kann mangels Relevanz einen Verfahrensmangel nicht begründen.

Der Klägerin ist allerdings insoweit beizupflichten, dass bei der zu erstellenden Zukunftsprognose des Bedarfs des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs der Aufkündigung, sondern auf jenen der Weitergabe des Mietgegenstandes abzustellen ist. Die Beurteilung kann nicht von Ereignissen abhängen, die für den Mieter unvorhersehbar erst nach Weitergabe des Mietgegenstandes oder gar erst nach der Zustellung der Aufkündigung eingetreten sind (WoBl 1991, 141; 7 Ob 639/94; 6 Ob 2305/96f; Würth aaO Rz 34 zu § 30 MRG). Die Beweislast dafür, dass er in naher Zeit die Wohnung dringend benötigt, trifft den Mieter (WoBl 1991, 141; 8 Ob 531/94). Unter dem Begriff "offenbar in naher Zeit" ist nur ein konkreter zukünftiger Bedarf zu verstehen, wobei es nicht so sehr auf den Zeitraum ankommt, der auch ein Jahr übersteigen kann (MietSlg 25.310; 1 Ob 603/85), als auf die gesicherte Zukunftsprognose (Würth aaO). Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass seit der im März oder April 1994 erfolgten teilweisen Untervermietung der Wohnung ein Zeitraum verstrichen ist, der nicht mehr unter den Begriff "in naher Zeit" subsumiert werden kann. Sollten daher die vom Erstgericht zu treffenden Feststellungen zu der Beurteilung führen, dass die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Beklagten oder eintrittsberechtigter Personen regelmäßig verwendet werden (§ 30 Abs 2 Z 4 letzter Satz MRG) müsste die Annahme eines zukünftigen dringenden Bedarfs schon an der seit der teilweisen Weitergabe der Wohnung verstrichenen Zeit scheitern.

Beiden Rekursen ist - wenngleich aus anderen Erwägungen als sie vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt wurden - nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.