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VfGH vom 03.03.1994, b1106/92

VfGH vom 03.03.1994, b1106/92

Sammlungsnummer

13696

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Nichtanerkennung von Aufwendungen eines Berufstätigen für ein Studium als Werbungskosten; unterschiedliche Behandlung von (nichtabzugsfähigen) Ausbildungskosten und (abzugsfähigen) Fortbildungskosten nicht sachfremd

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Beschwerdeführer, der als Maturant bei der Post- und Telegrafenverwaltung beschäftigt war, machte für die Jahre 1989 und 1990 Aufwendungen für das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz in Höhe von 55.817 S und 41.760 S als Werbungskosten geltend. In der Berufung gegen den ihre Anerkennung versagenden Bescheid weist er darauf hin, daß er seine Berufsausbildung zwar mit der Reifeprüfung 1978 und dem Eintritt in das Berufsleben 1979 abgeschlossen habe. Da ihm ein weiterer Aufstieg verschlossen geblieben sei, habe er sich aber zu einer entsprechenden Ausbildung gezwungen gesehen. Er habe das 1986 begonnene Studium am abgeschlossen und werde seit als Akademiker verwendet.

1. Der angefochtene Berufungsbescheid bestätigt die Entscheidung des Finanzamtes. Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen sie mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, dürften nach § 20 Abs 1 Z 2 lita EStG 1988 von den Einkünften nicht abgezogen werden. Zu diesen Ausgaben für die Lebensführung zählten auch die Ausbildungskosten. Nur Fortbildungskosten, die aus der Weiterbildung im erlernten Beruf erwachsen, seien abzugsfähig. Ein akademisches Studium könne nicht als Fortbildung in einem nicht akademischen Beruf angesehen werden (Hinweis auf VwSlg. 2348(F)/1960 und ). Allenfalls könne ein zweites Studium mit einem bereits abgeschlossenen so verflochten sein, daß es eine den (ausgeübten) Beruf fördernde Ergänzung, Vermehrung und Vertiefung vorhandener Kenntnisse im Sinne einer Berufsfortbildung darstelle (Hinweis auf VwSlg. 5571(F)/1981).

Der Beschwerdeführer sei in der Verwendungsgruppe B als "Planer" beschäftigt worden und werde nunmehr als Fernmeldejurist eingesetzt. Von einer Fortbildung im erlernten Beruf könne daher keine Rede sein. Eine Aufteilung von Lehrveranstaltungen in solche, die nur der Berufsfortbildung, und solche, die nur der Berufsausbildung dienten, sei nicht möglich (Hinweis auf /0078, und vom , Z 90/14/0219).

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz. Es sei gleichheitswidrig, wenn die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst (§20 EStG) anders behandelt werden wie die eines Kindes des Steuerpflichtigen (§34 EStG). Im Zeitalter höherer Bildungschancen und der Notwendigkeit der Ausbildung qualifizierter Arbeitnehmer dürfe man Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht mehr unterscheiden.

In der Gegenschrift bekräftigt die belangte Behörde ihren Standpunkt und weist ergänzend darauf hin, daß ein erstes Hochschulstudium eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe darstelle und nicht nur "der spezifischen Weiterbildung eines vom Studierenden bereits ausgeübten Berufes" diene. Ein Vergleich mit § 34 Abs 8 EStG sei nicht zulässig, weil die Ausbildungskosten für das Kind den Steuerpflichtigen kraft Unterhaltspflicht zwangsläufig träfen, während die Kosten der eigenen Ausbildung in der Regel nicht außergewöhnlich oder zwangsläufig seien.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die Anerkennung der Kosten seines Studiums als Werbungskosten wurde dem Beschwerdeführer deshalb verweigert, weil es sich um Kosten der (allgemeinen) Berufsausbildung und nicht um solche der (besonderen) Fortbildung im ausgeübten Beruf handelt. Der Vorwurf der Verletzung des Gleichheitssatzes wäre dann gerechtfertigt, wenn die Behörde bei Einschätzung dieses Umstandes Willkür geübt hätte oder die Unterscheidung zwischen Ausbildung und Fortbildung unsachlich oder aber der Gesetzgeber verpflichtet wäre, Aus- und Fortbildungskosten jedenfalls als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Für ein willkürliches Verhalten der Behörde sieht der Verfassungsgerichtshof keinen Anhaltspunkt. Auch die Beschwerde behauptet Willkür nicht. Daß der Dienstgeber, der den Beschwerdeführer zunächst als Maturanten ("Planer") beschäftigt hat, auch Bedarf an Absolventen des Jusstudiums hat, tut noch nicht dar, daß dieses Studium bloß der Fortbildung im ausgeübten Beruf gedient hat. Die Auffassung, ein akademisches Vollstudium bereite regelmäßig auf einen neuen Beruf (hier: des Fernmeldejuristen) vor, ist nicht unvertretbar.

Die unterschiedliche Behandlung von Aus- und Fortbildungskosten ist auch nicht sachfremd. Die Kosten einer notwendigen und zweckmäßigen Allgemeinbildung und Berufsausbildung stehen den steuerlich unbeachtlichen Kosten der Lebensführung näher als die Kosten, die ein Aufstieg im ausgeübten Beruf oder eine Anpassung an neue berufliche Erfordernisse auslösen. Während die Ausbildung typischerweise eine Vorbedingung jedes Eintrittes in das Berufsleben darstellt und nach Art und Umfang weitgehend im Belieben des Auszubildenden steht, kommt der Fortbildung viel stärkere Bedeutung für die Sicherung und nachhaltige Ausnützung der Erwerbsgelegenheit zu und läßt den Neigungen des Auszubildenden weniger Spielraum. Dieser Unterschied bleibt auch dann bestehen, wenn es sich nicht um die erstmalige Berufsausbildung, sondern um die Ausbildung für eine andere Tätigkeit als die bisher bereits ausgeübte handelt. Daß die Grenzen zwischen Aus- und Fortbildung fließend sind, kann gegen die Grenzziehung selbst nicht eingewendet werden.

Die verschiedene Behandlung der Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen und jener seiner Unterhaltsberechtigten findet ihre Rechtfertigung im unterschiedlichen Einfluß des Steuerpflichtigen auf die Entstehung dieser Kosten, in der Uneigennützigkeit der Kostentragung durch den Unterhaltspflichtigen, im Umstand, daß der Auszubildende noch nicht selbsterhaltungsfähig ist, und darin, daß die Unterhaltspflicht nicht jedermann trifft.

Damit erweisen sich die Vorwürfe der Beschwerde insgesamt als unbegründet. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid weder im geltend gemachten Grundrecht noch in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder durch Anwendung einer anderen rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs 4 VerfGG).