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OGH vom 09.07.1999, 9Ob157/99z

OGH vom 09.07.1999, 9Ob157/99z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertrude H*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Gerhard H*****, Servicetechniker, *****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens (8 C 802/96z des Bezirksgerichtes Favoriten) und Ergänzungsklage (Streitwert jeweils S 60.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 1017/98x-6, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom , GZ 8 C 1909/98x-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom , GZ 8 C 802/96z-19, wurde die am geschlossene Ehe der Streitteile aus dem Verschulden der Klägerin, die im Scheidungsprozeß die Beklagtenrolle innehatte, geschieden. Die Berufung und die außerordentliche Revision der Klägerin blieben ohne Erfolg.

Die Klägerin stützt ihre Klage auf Wiederaufnahme des Scheidungsverfahrens darauf, daß sie im Vorprozeß aufgrund ihrer psychischen Beeinträchtigung nach einem Selbstmordversuch vom nicht in der Lage gewesen sei, eine glaubwürdige Aussage zu dem ihr vorgeworfenen Ehebruch abzulegen. Sie habe diesen - zu Unrecht - damit zu rechtfertigen versucht, daß sie hiezu von ihrem Ehegatten aufgefordert worden sei. Dies sei ihr im Vorprozeß - zu Recht - nicht geglaubt worden. Sie habe sich damit allerdings auch um die Glaubwürdigkeit in den anderen Punkten ihrer Aussage gebracht. Ihre psychische Sperre sei erst nach rechtskräftigem Abschluß des Vorprozesses durch den Befund und das Gutachten des Kaiser Franz-Josef-Spitals vom offenbar geworden.

Zur gemeinsam mit der Wiederaufnahmsklage geltend gemachten Ergänzungsklage, das Scheidungsurteil durch den Ausspruch, daß den Scheidungskläger das überwiegende Verschulden treffe, zu ergänzen, führt die Klägerin aus, daß sie im Vorprozeß das primäre Prozeßziel verfolgt habe, die Abweisung des Scheidungsbegehrens ihres Ehegatten zu erreichen. Sie habe deshalb keinen Mitverschuldensantrag gestellt. Tatsächlich hätte jedoch der klagende Ehegatte selbst schwere Eheverfehlungen gesetzt (ehebrecherisches Verhältnis; Auszug aus der Ehewohnung), die ihr auch schon im Vorprozeß bekannt gewesen seien. Die Voraussetzungen für eine Ergänzungsklage seien daher gegeben.

Das Erstgericht wies beide Klagen zurück. Der Befund des Kaiser Franz-Josefs-Spitals vom sei kein neues Beweismittel im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO. Die Klägerin sei hiedurch auch nicht in Kenntnis neuer Tatsachen im Sinne dieser Bestimmung gelangt. Der Befund handle primär vom stationären Aufenthalt der Klägerin vom bis . Er sei daher deckungsgleich mit jenem Arztbrief vom , der bereits im Vorprozeß als Beilage ./3 vorgelegen sei. Der Gesundheitszustand der Klägerin sei bereits im Vorprozeß erörtert und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a ZPO ausdrücklich verneint worden. Auch nach dem neuen Befund vom habe das Erstgericht keine Bedenken, daß die Klägerin im Vorprozeß nicht prozeßfähig gewesen wäre. Neue Tatsachen - außer der Behauptung, im Vorporzeß falsch ausgesagt zu haben - seien nicht vorgebracht worden. Die Wiederaufnahmsklage sei nicht dazu bestimmt, von den Parteien begangene Fehler der Prozeßführung zu beheben.

Die Ergänzungsklage sei ebenfalls verfehlt, weil keine weiteren Verschuldensgründe vorgebracht worden seien, sondern nur solche, die ohnehin schon Gegenstand des Vorprozesses gewesen seien. Der von der Klägerin behaupete Ehebruch ihres Ehegatten und das Verlassen der Ehewohnung seien bereits im Vorprozeß im Zusammenhang mit der Prüfung der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens beurteilt worden. Es liege daher eine bereits entschiedene Sache vor.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Es trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Ein neues Beweismittel im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO liege nicht vor. Das Vorhaben der Klägerin, nunmehr die Wahrheit zu sagen und ihre außereheliche Beziehung uneingeschränkt zuzugeben, führe zu keinem anderen Verfahrensergebnis. Die Wiederaufnahmsklage sei daher nicht zulässig.

Mit der Ergänzungsklage könnten nur solche Umstände zur Klärung der Verschuldensfrage oder Änderung des Verschuldensausspruches geltend gemacht werden, die dem Ergänzungskläger im Vorprozeß bekannt gewesen seien, die aber noch nicht erörtert oder berücksichtigt worden seien. Dies sei aber bezüglich des ehebrecherischen Verhältnisses des Beklagten, der im Vorprozeß die Klägerrolle innehatte, und seinem Auszug aus der Ehewohnung nicht der Fall. Diese Umstände seien bereits im Zusammenhang mit der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens erörtert worden. Die Ergänzungsklage würde zu einem "willkürlich einsetzbaren Instrument zur Umgehung der Rechtskraft von Scheidungsurteilen", könnten dieselben Gründe nochmals geltend gemacht werden. Der wiederholten Geltendmachung stehe daher die Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozeß entgegen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Wiederaufnahme bewilligt und dem Erstgericht auch aufgrund der Ergänzungsklage die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs ist zufolge Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechtes zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Ob ein neues Beweismittel im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO vorliegt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Es kann daher weder die von der Rekurswerberin begehrte diesbezügliche "Feststellung" getroffen werden, noch kann die gegenteilige Ansicht des Rekursgerichtes, daß kein neues Beweismittel im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO vorliege, aktenwidrig sein (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 503). Ob der psychisch beeinträchtigte Gesundheitszustand der Klägerin im Hinblick auf deren Prozeßfähigkeit bereits im Vorprozeß (ausreichend) bekannt war, muß hier nicht weiter geprüft werden, weil keine Nichtigkeitsklage erhoben wurde (§ 529 Abs 1 Z 2 ZPO; Fasching, Lehrbuch2 Rz 2047). Die Rekurswerberin ist auch darauf zu verweisen, daß bereits im Vorprozeß nicht nur vom Erstgericht Anzeichen für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 273 ABGB (§ 6a ZPO) ausdrücklich verneint wurden, sondern auch vom Berufungsgericht, woran der Oberste Gerichtshof - abgesehen davon, daß dieser Umstand von der Klägerin in der außerordentlichen Revision gar nicht weiter verfolgt wurde - gebunden war (Kodek aaO Rz 2 zu § 503). In der Beschränkung auf eine bloße Wiederaufnahmsklage könnte auch eine allfällige Genehmigung einer nichtigen Prozeßführung gelegen sein (Fasching IV 473).

Ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, kann auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO). Letzteres ist hier nicht der Fall, weshalb Überlegungen zur Frage, inwieweit überhaupt neue Tatsachen oder ein neues Beweismittel vorliegen, dahingestellt bleiben können. Die Rekurswerberin macht gar nicht geltend, daß ihre Aussage zur Gänze zufolge einer psychischen Beeinträchtigung unrichtig gewesen sei, sondern bezieht dies lediglich auf die Frage ihrer ehewidrigen Beziehung. Gerade in diesem Punkt wurde ihrer Aussage, die auch von einem entsprechenden Prozeßstandpunkt getragen wurde, im Vorprozeß aber ohnehin nicht gefolgt, sondern genau jener Sachverhalt festgestellt, den auch sie nunmehr als richtig zugesteht. Die gerichtliche Entscheidung entspricht damit in der Frage der ehewidrigen Beziehung der Klägerin ohnehin den tatsächlichen Verhältnissen. Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist es, eine unrichtige Tatsachengrundlage des mit der Wiederaufnahmsklage angefochtenen Urteils zu beseitigen. Die bloße Änderung eines im Vorprozeß eingenommenen Prozeßstandpunktes bringt keinen Wiederaufnahmsgrund im Sinne der genannten Bestimmung (RIS-Justiz RS0039991). Die Annahme der Klägerin, sie hätte durch ihre unrichtige Aussage in der Frage ihrer ehewidrigen Beziehung bewirkt, daß ihr im Vorprozeß auch in den übrigen Punkten ihrer Aussage nicht gefolgt worden sei, ist unzutreffend. Die Behauptung, ihre "Gesamtaussage" wäre im Vorprozeß als "unglaubwürdig abgetan" worden, findet im Vorakt keine Deckung. Die Vorinstanzen haben sich vielmehr detailliert mit allen relevanten Sachverhaltsdetails auseinandergesetzt, wobei keineswegs ausschließlich dem Scheidungskläger gefolgt wurde. Damit steht aber schon im Vorprüfungsverfahren aufgrund der Angaben in der Wiederaufnahmsklage selbst bei bloß abstrakter Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen fest, daß allein durch das nunmehr vorbehaltlose Eingestehen eines ohnehin schon im Vorprozeß trotz unrichtiger Aussage angenommenen Sachverhaltes keine für die Rekurswerberin günstigere Entscheidung bewirkt werden kann (§ 538 Abs 1 ZPO; RIS-Justiz RS0044504, RS0044631). Wenn aber der behauptete Wiederaufnahmsgrund in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht, wenn die geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinerlei Einfluß auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können (10 ObS 394/98h), dann ist die Wiederaufnahmsklage zurückzuweisen.

Richtig ist, daß die Judikatur mit Billigung der Lehre eine Ergänzungsklage zur Nachholung eines im rechtskräftigen Scheidungsurteil nicht enthaltenen Verschuldens- oder Mitverschuldensausspruches zuläßt (JBl 1991, 50 mwN; EFSlg 48.801; 7 Ob 77/99w; Fasching IV 500). Einer der möglichen Anwendungsfälle einer solchen Klage (siehe dazu Jelinek, Die Wiederaufnahme wegen neuer Tatsachen und Beweismittel im Eheprozeß, JBl 1968, 510 [514 f]) ist jedoch hier nicht gegeben.

Die Ergänzungsklage dient, wie schon ihr Name sagt (Jelinek aaO 515 bezeichnet sie auch als "Schuldausspruchsänderungsklage"), der Nachholung oder Korrektur eines Schuldausspruches, der mangels Ausschöpfung vorhandener prozessualer Gestaltungsmöglichkeiten im Urteil des Vorprozesses nicht enthalten oder unvollständig geblieben ist. Dabei geht es stets um Gestaltungsmöglichkeiten des im Scheidungsverfahren beklagten Ehegatten durch einen Verschuldens- oder Mitverschuldensantrag, weil der Scheidungskläger den Ausspruch eines Verschuldens der beklagten Partei nur durch die Geltendmachung eines darauf abzielenden Scheidungsgrundes (§§ 47 bis 49 EheG) erwirken kann und seine prozessualen Möglichkeiten zur gerichtlichen Erörterung der Verschuldensfrage endgültig vergibt, wenn er sich auf einen anderen Scheidungsgrund festlegt. In einem solchen auf die Scheidungsgründe der §§ 50 bis 52 EheG oder § 55 EheG beschränkten Verfahren bliebe nur dann Raum für einen Schuldausspruch, wenn die beklagte Partei einen Antrag nach § 61 Abs 2 oder 3 EheG stellt. Darum steht die Ergänzungsklage auch nur der im vormaligen Scheidungsprozeß beklagten Partei offen. Es geht darum, das im Vorprozeß nach Maßgabe des Klagebegehrens ergangene, durch die Unterlassung eines Mitverschuldens- oder Verschuldensantrages der beklagten Partei jedoch unvollständig gebliebene Scheidungsurteil zu ergänzen (vgl JBl 1971, 574), und nicht um die Gewährung eines zusätzlichen Rechtschutzanspruches an den, der mit seinem frei gewählten, die Verschuldensfrage ausklammernden Scheidungsbegehren bereits durchgedrungen ist. Grundsätzlich gilt, daß die rechtskräftige Scheidung einer Ehe dem Erfolg einer zweiten, sei es auch auf neue Scheidungsgründe gestützten Klage entgegensteht (vgl Jelinek aaO) und damit auch die nachträgliche Erörterung von Verschuldensfragen ausschließt (in diesem Sinne auch Judikat Nr 57 neu = SZ 25/331); die Ergänzungsklage soll die Ausnahme sein (SZ 67/45).

Folgerichtig wurden als Anwendungsbereiche der Ergänzungsklage bisher nur Fälle diskutiert und als Ausnahme vom grundsätzlichen Verbrauch des Klagerechtes durch Auflösung der Ehe anerkannt, in denen das Scheidungsurteil im Vorprozeß mangels Antrages des Beklagten keinen Verschuldensausspruch oder Mitverschuldensausspruch enthielt (Jelinek aaO). In dieser Beschränkung des Klagerechts liegt keine gleichheitswidrige Bevorzugung der im Ehescheidungsstreit beklagten Partei. Für sie läßt sich ins Treffen führen, einen Verschuldens- oder Mitverschuldensantrag nur deshalb unterlassen zu haben, weil sie an der Ehe festhalten wollte und ihr primäres Prozeßziel die Abweisung des Scheidungsbegehrens war. Die Geltendmachung von Eheverfehlungen des Prozeßgegners, mit dem sie in der Ehe verbunden bleiben wollte, konnte dabei den eigenen Interessen widersprechen und folglich unzumutbar sein (SZ 67/45).

Gerade diese Gründe kann jedoch die Rekurswerberin für ihren Standpunkt nicht ins Treffen führen. Richtig wiesen die Vorinstanzen darauf hin, daß die Klägerin jene Verschuldensgründe, auf die sie die Ergänzungsklage stützt (ehewidriges Verhältnis des Ehegatten; Auszug aus der Ehewohnung), von Anfang an auch im Scheidungsverfahren geltend machte (siehe Klagebeantwortung ON 3, AS 6 f des Scheidungsaktes). Die Klägerin kann demnach auch nicht für ihren Standpunkt in Anspruch nehmen, die Geltendmachung von Eheverfehlungen des Prozeßgegners hätte ihren eigenen Interessen widersprochen und wäre demzufolge unzumutbar gewesen. Im Gegenteil vertrat die Rekurswerberin, wenn auch ihr primäres Prozeßziel unstrittig die Abweisung des Scheidungsbegehrens gewesen sein mag, in der außerordentlichen Revision des Scheidungsverfahrens noch den Standpunkt, daß in ihrem Vorbringen der Eheverfehlungen des Ehegatten ohnehin ein (schlüssiger) Mitverschuldensantrag gelegen wäre, was aber der Annahme, die Geltendmachung von Eheverfehlungen des Gegners hätte den eigenen Interessen widersprochen und wäre unzumutbar gewesen, entgegensteht. Eine Ausweitung der nur ausnahmsweise zulässigen Durchbrechung der Rechtskraft des Scheidungsurteils durch eine Ergänzungsklage auf den vorliegenden Fall hätte, wie das Rekursgericht zu Recht befürchtete, zur Folge, daß die Ergänzungsklage zum "willkürlich einsetzbaren Instrument zur Umgehung der Rechtskraft von Scheidungsurteilen" würde. Die Ergänzungsklage hindert nicht die Geltendmachung "weiterer" Verschuldensgründe nach bereits erfolgter Ehescheidung mit selbständiger Klage (Fasching Lehrbuch2 Rz 2365; Hopf/Kathrein, Eherecht, § 460 ZPO Anm 17; JBl 1991, 50). Verschuldensgründen, die aber bereits im Scheidungsverfahren - wenn auch ohne Stellung eines Mitverschuldensantrages - in der erkennbaren Absicht, die sittliche Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens in Frage zu stellen (vgl EFSlg 46.182, 51.607, 60.194 ua), geltend gemacht wurden, ist jedoch die Eignung, eine Ergänzungsklage als "weitere" Verschuldensgründe zu tragen, abzusprechen. Es würde damit nicht nur die Rechtskraftwirkung (§ 411 ZPO) als entscheidende Urteilswirkung, die den Urteilen ihre rechtliche Sonderstellung verleiht, ihnen die "Kraft des Rechts" und die "Autorität des Richterspruchs" gibt (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1492), in unzulässiger Weise ausgehöhlt. Die Ergänzungsklage würde damit auch zum taktischen Instrument des beklagten Ehegatten, um Verschuldensgründe auf Seite des Scheidungsklägers je nach Belieben zunächst im Scheidungsverfahren einem "ersten Test" zu unterziehen, um sie dann später in der Ergänzungsklage neuerlich aufzurollen. Der gleiche Verschuldensgrund könnte damit zweimal, einmal ohne, einmal mit einem Mitverschuldensantrag geltend gemacht werden. Eine Bedachtnahme auf die oben genannten Gründe, die die - ausnahmsweise - Bevorzugung der im Entscheidungsstreit beklagten Partei rechtfertigen, wäre damit aber nicht mehr möglich. Damit würde aber auch der allgemeine Grundsatz, wonach Ausnahmen stets restroktiv auszulegen sind (vgl Arb 10.415; RIS-Justiz RS008975, RS0017010, RS0095387, RS0098309, RS0111003, RS0011009 ua), aufgegeben. Zusammenfassend wurde daher die Ergänzungsklage mangels Geltendmachung "weiterer" Verschuldensgründe ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.