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OGH 21.04.2004, 9Ob151/03a

OGH 21.04.2004, 9Ob151/03a

Rechtssatz


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Normen
Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates 32001R0044 Brüssel I - Verordnung (EuGVVO) allg
EuGVÜ allg
LGVÜ allg
RS0119190
Dass die Zuständigkeitsbestimmungen des EuGVVO (bzw - insoweit vergleichbar - des EuGVÜ oder des LGVÜ) bei Rechtsstreitigkeiten nicht anzuwenden sind, an denen als Kläger und Beklagter ausschließlich Personen beteiligt sind, die im Inland ihren Wohnsitz haben, entspricht der völlig herrschenden Auffassung.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karoline W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Mag. Heidemarie Gratz, Rechtsanwältin in Linz, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 4.066,31 sA und Feststellung (EUR 2.180,19), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom , GZ 22 R 260/03x-9, womit über Rekurs der Klägerin der Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom , GZ 5 C 76/03z-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begründet in ihrer auf eine Pauschalreisevereinbarung gestützten Klage die Zuständigkeit des Erstgerichtes mit der Behauptung, sie sei zur Klageführung bei ihrem Wohnsitzgericht berechtigt, weil es sich beim mit der Beklagten geschlossenen Vertrag um ein Verbrauchergeschäft handle, sodass Art 16 der VO 44/2001 (EuGVO) zur Anwendung komme.

Über einen entsprechenden Einwand der Beklagten wies das Erstgericht, das das Verfahren auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit eingeschränkt hatte, die Klage zurück. Die in der Klage zitierte Verordnung sei nicht anwendbar, weil beide Parteien ihren Sitz in Österreich hätten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Obzwar dies dem Wortlaut der EuGVO nicht ausdrücklich zu entnehmen sei, komme sie nach überwiegender, aber nicht einhellig vertretener Auffassung nur zur Anwendung, wenn der betroffene Fall eine Auslandsbeziehung aufweise. Für Inlandsfälle sei die Verordnung nicht konzipiert. Hier hätten beide Streitteile ihren Sitz in Österreich. Einziger Auslandsbezug sei der Umstand, dass die Klägerin eine Reise in die Türkei gebucht und sich dort verletzt habe. Dieser Umstand sei jedoch für die Zuständigkeitsfrage nicht relevant. Damit sei die österreichische Zuständigkeitsordnung anzuwenden, die für Verbraucherklagen keinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers vorsehe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit des § 16 EuGVO auf Verfahren mit nur in Österreich beheimateten Parteien fehle. Zudem könne auch der Standpunkt vertreten werden, dass die vom Rekursgericht vertretene Rechtsauffassung eine Bevorzugung des mit einem ausländischen Unternehmen kontrahierenden Verbrauchers bedeute.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 526 Abs 2 ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage die in § 528 Abs 1 ZPO geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt.

Dass die Zuständigkeitsbestimmungen des EuGVO (bzw - insoweit vergleichbar - des EuGVÜ oder des LGVÜ) bei Rechtsstreitigkeiten nicht anzuwenden sind, an denen als Kläger und Beklagter ausschließlich Personen beteiligt sind, die im Inland ihren Wohnsitz haben, entspricht der völlig herrschenden Auffassung (JBl 2002, 603; JBl 2002, 250; RZ 1999/52; Burgstaller/Neumayr in Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht II Rz 26 zu Art 1 EuGVO sowie - ausdrücklich zum Verbrauchergerichtsstand - Rz 5 zu Art 16 EuGVO; Czernich in Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Rz 4 zu Art 1 EuGVO; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht7 Rz 7 vor Art 2 je mwN).

Die dagegen im Revisionsrekurs vorgebrachten Einwände überzeugen nicht: Aus dem Umstand, dass die Entscheidung JBl 2002, 603 vor dem Inkrafttreten des EuGVO zum EuGVÜ ergangen ist, ist für die Revisionsrekurswerberin nichts zu gewinnen, weil das EuGVO die Systematik und den Inhalt des EuGVÜ weitestgehend übernommen hat und die gegenüber dem EuGVÜ bestehenden Unterschiede für die hier zu beurteilende Frage ohne Bedeutung sind.

Dass die EuGVO "in ihrem Anwendungsbereich" die nationalen Zuständigkeitsvorschriften ausschließt, sagt darüber, ob eine Sache in diesen Anwendungsbereich fällt, nichts aus. Auch der Umstand, dass die EuGVO - im Unterschied zum EuGVÜ - für Klagen des Verbrauchers gegen den ausländischen Vertragspartner auch die örtliche Zuständigkeit regelt, verhilft dem Kläger ebenfalls nicht zum Erfolg, weil diese Regelung des EuGVO ja gar nicht zur Anwendung kommt. Dass der Verbraucher einen inländischen Vertragspartner nur beim für dessen Sitz zuständigen Gericht, den ausländischen Unternehmer jedoch beim eigenen Wohnsitzgericht klagen kann, trifft zu, ändert aber am Ergebnis nichts. Art 16 EuGVO soll dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnen, den ausländischen Unternehmer im Inland zu klagen; dass diese Bestimmung auch die örtliche Zuständigkeit regelt (zu den Gründen: Schoibl, JBl 2003, 149 ff [162 f]), erweitert weder ihren Anwendungsbereich auf Binnensachverhalte, noch kann daraus abgeleitet werden, dass die auf Binnensachverhalte anzuwendende inländische Zuständigkeitsordnung, die einen vergleichbaren Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers nicht kennt, als europarechtswidrig und ihre Anwendung daher als unzulässig zu qualifizieren wäre.

Im Sinne der hier zu lösenden Zuständigkeitsfrage handelt es sich beim vorliegenden Sachverhalt um einen Binnensachverhalt. Zwar hat die Sache - durch die Tatsache, dass sich der der Klage zugrunde liegende Unfall in der Türkei ereignete - einen Auslandsbezug; dieser betrifft aber in keiner Weise die Zuständigkeit für den von Inländern im Inland geführten Rechtsstreit und ist daher für die Frage der Anwendung der EuGVO ohne Bedeutung.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ausdrücklich hingewiesen.

V

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karoline W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Mag. Heidemarie Gratz, Rechtsanwältin in Linz, gegen die beklagte Partei G***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 4.066,31 sA und Feststellung (EUR 2.180,19), den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf "G***** GmbH & Co KG" richtiggestellt.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom hat der Oberste Gerichtshof einen Revisionsrekurs gegen die Rekursentscheidung, mit der die Zurückweisung der Klage bestätigt wurde, zurückgewiesen.

Bereits am - zu diesem Zeitpunkt war der Revisionsrekurs schon dem Obersten Gerichtshof vorgelegt worden - hatte die Beklagte - damals bezeichnet als "G*****GmbH" beantragt, ihre Bezeichnung wie im Spruch ersichtlich richtigzustellen, weil die G*****GmbH entsprechend den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes in die G*****GmbH & Co KG umgewandelt worden sei.

Dieser Antrag wurde vom Erstgericht noch am dem Rekursgericht vorgelegt, das ihn am (!) unter Hinweis auf die Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof dem Erstgericht zurückstellte. Nunmehr legte das Erstgericht den Antrag dem Obersten Gerichtshof vor, bei dem er am - und damit nach der Beschlussfassung des Obersten Gerichtshofs über den vorgelegten Rekurs - einlangte.

Rechtliche Beurteilung

Da - wie die Einsicht ins Firmenbuch ergab - das Vorbringen der Beklagten zur begehrten Berichtigung ihrer Parteienbezeichnung zutrifft - die ursprünglich beklagte GmbH wurde als übertragende Gesellschaft mit einer AG als übernehmender Gesellschaft verschmolzen, aus der durch Umwandlung gemäß §§ 1 ff UmwG die G*****GmbH & Co KG entstand - und eine solche Berichtigung auch noch nach rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens vorgenommen werden kann (9 ObA 178/90; 3 Ob 285/02m uva), war daher dem Antrag der Beklagten stattzugeben.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2004:0090OB00151.03A.0421.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAD-78379