OGH vom 23.07.2013, 10Ob12/13g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des R*****, geboren am *****, über den Revisionsrekurs 1. des R*****, vertreten durch die zur Sachwalterin bestellte Dr. E*****, 2. der Dr. E*****, p.a. Vertretungs-Netz-Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft Bewohnervertretung, *****, beide Revisionsrekurswerber vertreten durch Dr. Martin Morscher, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom , GZ 14 R 81/12f 86, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vom , GZ 5 P 97/05p 82 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Dem von der Sachwalterin namens des Betroffenen erhobenen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.
2. Der im eigenen Namen der Sachwalterin erhobene Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Wirkungskreis der Sachwalterin umfasst laut Beschluss des Erstgerichts vom , GZ 5 P 97/05p 11, die Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie die finanziellen Angelegenheiten.
Mit Schreiben vom beantragte die Sachwalterin, es möge gemäß § 268 Abs 4 ABGB ausgesprochen werden, dass der Betroffene „innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters hinsichtlich des Betriebs und der Zulassungsverpflichtung des PKW R***** frei verfügen und sich verpflichten könne“. Für den Betroffenen sei am ein Führerschein der Kategorien B und F ausgestellt worden. Der Betroffene lebe am Land und benötige seinen PKW täglich, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Bisher sei er unfallfrei gefahren und trage umsichtig und verlässlich für Reparaturen und Ausstattung des PKW Sorge. Er komme seit Jahren anstandslos sämtlichen Verpflichtungen eines Zulassungsbesitzers nach. Zuletzt sei ein PKW Mitsubishi für ihn angekauft und auf ihn als Zulassungsbesitzer angemeldet worden. Der Betroffene sei nicht nur fähig, den PKW zu lenken, sondern auch die Zulassungsverantwortung und die Pflichten nach dem KFG selbst und ohne Gefahr von Nachteilen wahrzunehmen (ON 81).
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Rechtlich ging es davon aus, § 103 Abs 9 lit a KFG sehe vor, dass die dem Zulassungsbesitzer auferlegten Pflichten dessen gesetzlicher Vertreter zu erfüllen habe, sofern der Zulassungsbesitzer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig sei. Nach dem Wortlaut des § 103 Abs 9 lit a KFG sei die dem gesetzlichen Vertreter auferlegte Verantwortung als nicht abdingbare, zwingende gesetzliche Folge des Bestehens einer Sachwalterschaft für beschränkt oder völlig geschäftsunfähige Personen anzusehen. Die beantragte Einschränkung des Wirkungskreises sei nicht möglich.
Gegen diese Entscheidung erhob die Sachwalterin im eigenen Namen und im Namen des Betroffenen Rekurs (S 2 der Rekursschrift).
Das Rekursgericht gab dem „Rekurs der Sachwalterin“ (siehe S 2 der Rekursentscheidung) nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und führte ergänzend aus, auch eine Reihe anderer Verwaltungsvorschriften bringe es mit sich, dass eine unter Sachwalterschaft stehende Person von verschiedenen mit Verantwortung verbundenen Tätigkeiten, etwa vom Erwerb einer Jagdkarte oder von der Ausübung bestimmter verantwortungsvoller Berufe (§ 4 ÄrzteG, § 1 Abs 2 lit b RAO, § 2 Abs 1 Z 2 RStDG) ausgeschlossen sei. Auch von einem Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeugs werde ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit abverlangt. Der Gesetzgeber des KFG knüpfe deshalb schon an die beschränkte Geschäftsfähigkeit eines Zulassungsbesitzers die Vermutung, dass dieser nicht in der Lage sei, allen sich aus dem KFG ergebenden Verpflichtungen nachzukommen. Die durch § 268 Abs 4 ABGB für andere Fälle eingeräumte Möglichkeit, einzelne Angelegenheiten aus dem Wirkungskreis des Sachwalters auszunehmen, stehe deshalb in Bezug auf die Pflichten eines Zulassungsbesitzers nicht offen. Aus diesem Grund seien keine Feststellungen dazu erforderlich, ob der Betroffene trotz seiner Einschränkungen in der Lage wäre, den mit dem Halten eines PKWs in Zusammenhang stehenden Pflichten nachzukommen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit zulässig sei, weil zu der vorliegenden Frage keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe und in der Lehre eine enge „wirkungskreisbezogene“ Auslegung der in verschiedenen Verwaltungsvorschriften vorkommenden zivilrechtlichen Begriffe „geschäftsunfähig“ „beschränkt geschäftsfähig“ als möglich erachtet werde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Sachwalterin, den diese im Namen des Betroffenen aber auch im eigenen Namen erhebt, mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Antragsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der namens des Betroffenen erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt. Der von der Sachwalterin im eigenen Namen erhobene Revisionsrekurs ist mangels Rechtsmittellegitimation zurückzuweisen.
Zum im Namen des Betroffenen erhobenen Revisionsrekurs:
Im Revisionsrekurs wird im Wesentlichen geltend gemacht, die vom Rekursgericht vorgenommene Interpretation des § 103 Abs 9 lit a KFG stehe im diametralen Widerspruch zu dem im Sachwalterrecht geltenden Gebot der geringst möglichen Einschränkung der Besachwalterung. Würden zivilrechtliche Begriffe in verschiedenen Verwaltungsvorschriften verwendet, sei im Hinblick auf die Anwendung des Sachwalterrechts einer engen, „wirkungskreisorientierten“ Auslegung der Vorzug zu geben. Demnach habe die dem Zulassungsbesitzer eines Kfz auferlegten Pflichten dessen Sachwalter nur dann zu erfüllen, wenn die von § 103 KFG umfassten Angelegenheiten tatsächlich zum Wirkungskreis des Sachwalters zählen. Die von den Vorinstanzen vertretene gegenteilige Rechtsansicht führte bei Personen, die trotz ihrer Besachwalterung fähig seien, den Pflichten eines Zulassungsbesitzers nachzukommen, zu einer massiven und unzumutbaren Einschränkung. Im Fehlen von Feststellungen dazu, ob der Betroffene fähig sei, die Pflichten eines Zulassungsbesitzers nicht doch selbst zu erfüllen, liege ein sekundärer Verfahrensmangel.
Dazu ist auszuführen:
1.1. Mit dem am in Kraft getretenen Bundesgesetz vom über die Sachwalterschaft für behinderte Personen BGBl 1983/136 (SWG) wurde von der pauschalen Beschränkung bzw vom pauschalen Entzug der Geschäftsfähigkeit, wie sie in der bis dahin geltenden Entmündigungsordnung (Kaiserliche VO vom über die Entmündigung, RGBl 1916/207) abgegangen. Gemäß § 273 Z 1 3 ABGB idF des SWG 1983 bzw nunmehr § 268 Abs 3 ABGB ist der Sachwalter je nach Ausmaß der Behinderung des Betroffenen sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten (Z 1), mit der Besorgung eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten (Z 2) oder soweit dies unvermeidlich ist mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten Person zu betrauen. Der Umfang der dem Sachwalter übertragenen Aufgaben orientiert sich nunmehr am Prinzip der konkreten Erforderlichkeit, erst die höchste Stufe entspricht dem ultima ratio Gedanken ( Hopf in KBB 3 , § 268 Rz 6).
1.2.1. Dieser Gedanke liegt auch der Regelung des § 268 Abs 4 ABGB zugrunde. Soweit nicht das Wohl der behinderten Person gefährdet wird, kann das Gericht zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und des Selbstwertgefühls der behinderten Person (RV 742 BlgNR 15. GP, 18) bestimmen, dass die Verfügung oder Verpflichtung hinsichtlich bestimmter Sachen, des Einkommens oder eines bestimmten Teils davon vom Wirkungsbereich des Sachwalters ausgenommen wird (§ 268 Abs 4 ABGB).
1.2.2. Nach den Gesetzesmaterialien dient § 268 Abs 4 der Förderung der Selbstbestimmung von Menschen unter Sachwalterschaft, indem das Gericht die Verfügung oder Verpflichtung hinsichtlich bestimmter Sachen oder des Einkommens oder eines Teils hievon vom Wirkungskreis des Sachwalters ausnehmen und so in Teilbereichen in denen dem Betroffenen eine selbstständige Besorgung noch zuzutrauen ist dessen Autonomie fördern kann. Zu denken ist dabei an Fälle, in denen der Sachwalter mit relativ weitreichenden Angelegenheiten (zB der Vermögensverwaltung) oder gar allen Angelegenheiten betraut ist. Verfügt der Betreffende über die diesbezügliche Handlungsfähigkeit, bietet es sich allenfalls an, bestimmte Angelegenheiten ausdrücklich aus dem Wirkungsbereich des Sachwalters auszunehmen. Das Gericht geht in diesen Fällen davon aus, dass die betroffene Person diese Angelegenheiten selbst besorgen kann (RV 1420 BlgNR 22. GP 4, 11 f). Der Sachwalter hat in dem vom Gericht umschriebenen Bereich keine Vertretungsbefugnis mehr ( Tschugguel in ABGB ON § 268 Rz 14; Zierl , Sachwalterrecht, 60).
2.1. Die Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers sind in § 103 KFG geregelt. Diese Bestimmung ordnet ua an, dass der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen hat, dass das Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht, dass für Fahrten das Verbandszeug, eine Warneinrichtung, während des Zeitraums vom 1. November bis 15. April die erforderlichen Winterreifen und Schneeketten bereitgestellt sind, weiters dass der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeugs nur Personen überlässt, die über die erforderliche Lenkerberechtigung verfügen (Abs 1), er der Behörde die erforderlichen Lenkerauskünfte erteilt (Abs 2) und ihr auf Verlangen die einschlägigen Statistiken und Evidenzen zur Verfügung stellt (Abs 7).
2.2. Von den in § 103 KFG aufgezählten Angelegenheiten fällt im vorliegenden Fall jedenfalls die Verpflichtung zur Erteilung von Lenkerauskünften in den Wirkungsbereich der Sachwalterin („Vertretung vor Ämter und Behörden“); die anderen Verpflichtungen insoweit, als sie mit finanziellem Folgen bzw Aufwand verbunden sind („finanzielle Angelegenheiten“). Der Wirkungskreis der Sachwalterin umfasst somit ua auch die Veranlassung nötiger Reparaturen und Überprüfungen sowie den Abschluss eines Versicherungsvertrags.
2.3. Mit dem Antrag, es möge gemäß § 268 Abs 4 ABGB ausgesprochen werden, dass der Betroffene „innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters hinsichtlich des Betriebs und der Zulassungsverpflichtung des PKW R***** frei verfügen und sich verpflichten könne“ will die Sachwalterin erreichen, dass die den Betrieb und die Zulassungsverpflichtung des PKW betreffenden Angelegenheiten aus dem ihr übertragenen Wirkungskreis „finanzielle Angelegenheiten“ und „Vertretung vor Ämtern und Behörden“ ausscheiden.
3.1. In diesem Zusammenhang ist der durch die 4. KFG Nov [1977] eingefügte § 103 Abs 9 lit a KFG (idF der 10. KFG Nov [1986] zu beachten.
§ 103 Abs 9 idF der 10. KFG Nov (1977) lautete:
„(9) Die in diesem Bundesgesetz und in den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen dem Zulassungsbesitzer auferlegten Pflichten hat bei nicht voll handlungsfähigen Zulassungsbesitzern deren gesetzlicher Vertreter zu erfüllen.“
Nach den Gesetzesmaterialien (EB abgedruckt in Novak, Österreichisches Straßenverkehrsrecht 2 § 103 KFG, S 38) wurde mit dieser Ergänzung eine Gesetzeslücke geschlossen, weil insbesondere für minderjährige Personen oftmals Kraftfahrzeuge zugelassen werden müssen, obgleich solche Zulassungsbesitzer kaum oder überhaupt nicht in der Lage sind, den ihnen durch das Gesetz auferlegten Pflichten nachzukommen. Da minderjährige, handlungsunfähige oder beschränkt handlungsfähige Zulassungsbesitzer von der Behörde nicht zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie ihre Pflichten nicht erfüllen, soll nun deren gesetzlicher Vertreter diese Pflichten zu erfüllen haben.
Die derzeitige Fassung erhielt § 103 Abs 9 KFG durch die 10. KFG Nov (1986). Nunmehr lautet er wie folgt: „Die in diesem Bundesgesetz und in den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen dem Zulassungsbesitzer auferlegten Pflichten haben zu erfüllen, wenn
... a) der Zulassungsbesitzer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist, sein gesetzlicher Vertreter; dies gilt jedoch nicht hinsichtlich von Fahrzeugen, zu deren Lenken der Zulassungsbesitzer das vorgeschriebene Mindestalter erreicht hat, sofern seine Geschäftsfähigkeit nicht auch aus anderen Gründen beschränkt ist; ...“
Die Gesetzesmaterialien (AB abgedruckt in Novak, Österreichisches Straßenverkehrsrecht 2 § 103 KFG, S 38) führen dazu aus:
„Zu lit a:
Mit Erreichen des Mindestalters zum Lenken soll der Minderjährige die Pflichten eines Zulassungsbesitzers selbst erfüllen, außer es wurde für ihn ein Sachwalter bestellt (früher: entmündigt).“
3.2. Zu beurteilen ist, wie die dem allgemeinen Zivilrecht entstammenden Begriffe „geschäftsunfähig“ oder „beschränkt geschäftsfähig“ in § 103 Abs 9 lit a KFG auszulegen sind, an die der Übergang der Pflichten des Zulassungsbesitzers auf den gesetzlichen Vertreter geknüpft ist.
3.2.1. Grundsätzlich sind zwei Ansätze denkbar: Eigenberechtigt im Sinn einer Verweisungsvorschrift soll nur sein, wer in allen Belangen voll geschäftsfähig ist. Demnach führt jede Art der Sachwalterschaft zum Verlust der Geschäftsfähigkeit (weite Auslegung so etwa Kremzow, Sachwalterrecht 387). Diese Ansicht hätte im vorliegenden Fall zur Folge, dass alle in welcher Stufe auch immer Besachwalteten schlechthin den Geschäftsunfähigen bzw beschränkt Geschäftsfähigen iSd § 103 Abs 9 lit a KFG gleichzuhalten wären und jeweils der Sachwalter die dem Zulassungsbesitzer nach dem KFG auferlegten Pflichten zu erfüllen hätte.
3.2.2. Nach einem anderen Ansatz könnte die Auslegung der Begriffe „geschäftsunfähig“ bzw „beschränkt geschäftsfähig“ vom jeweiligen Aufgabengebiet des Sachwalters abhängig gemacht werden (enge, “wirkungsbezogene“ Auslegung). Eine Geschäftsunfähigkeit bzw beschränkte Geschäftsfähigkeit iSd § 103 Abs 9 lit a KFG läge somit nur dann vor, wenn der Betroffene gerade (auch) in jenen Bereichen der Fürsorge bedarf und besachwaltet ist, die mit dem Betrieb und der Zulassung eines PKW in Zusammenhang stehen.
3.3. Eine zentrale Rolle kommt bei dieser Frage dem Art X Z 5 SWG zu, der nicht nur eine Übergangsvorschrift, sondern eine gesetzliche Interpretationsregel bei der Auslegung von in Verweisungsvorschriften enthaltenen zivilrechtlichen Begriffen darstellt ( Zierl , Sachwalterrecht 99). Nach dieser Regelung soll soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen besonders auf den Begriff der Entmündigung verwiesen wird, die durch das SWG geändert oder aufgehoben werden, die Verweisung ihren Sinn aus den entsprechenden Bestimmungen des SWG erhalten. Bei der Auslegung von Verweisungsnormen soll demnach der Sinn des Sachwalterrechts somit einer teleologischen Interpretation der Vorzug gebühren. Es soll eine differenzierte Betrachtung der in anderen Vorschriften verwendeten zivilrechtlichen Begriffe vorgenommen werden.
3.4. Wie bereits eingangs ausgeführt, liegt dem Sachwalterrecht eine in § 268 Abs 3 ABGB dem Umfang nach individuell festzusetzende und keine schematische Beschränkung der Handlungsfähigkeit zu Grunde. Zudem soll die Handlungsfähigkeit eines psychisch kranken oder geistig behinderten Menschen so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Eine pauschale und a-priori Gleichstellung sämtlicher besachwalteter Personen mit den in § 103 KFG genannten Geschäftsunfähigen bzw beschränkt Geschäftsfähigen, auch wenn ihnen ein Sachwalter nur zur Besorgung einer einzelnen, mit den Pflichten eines Zulassungsbesitzers nicht in Zusammenhang stehenden Angelegenheit zur Seite gestellt wurde, lässt sich mit diesen Grundgedanken des Sachwalterrechts und Art X Z 5 SWG nicht vereinbaren ( Zierl, Sachwalterrecht, 100; Zierl in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts, 686).
4.1. Allerdings ist aber auch die jeweilige Verwaltungsmaterie in die Betrachtung miteinzubeziehen. Der auf dem SWG beruhende Grundsatz, dass die Handlungsfähigkeit eines psychisch kranken oder geistig behinderten Menschen so wenig wie möglich eingeschränkt werden soll, kann durch besondere Verwaltungsvorschriften durchbrochen werden, insbesondere wenn es deren Sinn und Zweck gebieten ( Zierl , Sachwalterrecht 101). Wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat, erfordern es beispielsweise die an den Rechtsanwaltsberuf zu stellenden hohen Anforderungen, dass jede Art der Sachwalterschaft gemäß § 268 ABGB zum Verlust der „Eigenberechtigung“ führt (§ 1 Abs 2 lit b RAO). Eine Prüfung der geistigen Eignung im Einzelfall ist nicht vorzunehmen.
4.2. Zweck des KFG ist es hingegen, den Schutz der Verkehrs- und Betriebssicherheit auf Straßen mit öffentlichem Verkehr sicherzustellen ( Grubmann , KFG 3 § 1 Rz 1). Um dieses Ziel zu erreichen, nimmt der Gesetzgeber jene Personen als Normaddressaten aus, bei denen mit der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Verpflichtungen eines Zulassungsbesitzers nicht von vornherein gerechnet werden kann und bestimmt, dass an deren Stelle der gesetzliche Vertreter diese Pflichten wahrzunehmen hat. Maßgeblich ist, dass der Zulassungsbesitzer von der Behörde zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn er seine Pflichten nicht erfüllt. Ist ein Zulassungsbesitzer aber trotz seiner „partiellen“ Besachwalterung in der Lage, seinen Verpflichtungen als Zulassungsbesitzer selbst nachzukommen (etwa weil seine auf einem Gebiet gegebene Fürsorgebedürftigkeit nichts mit dem Betrieb und der Zulassung eines PKW zu tun hat), erfordert es auch der dem KFG innewohnende Gesetzeszweck nicht, dass diese Pflichten dennoch den Sachwalter treffen ( Zierl , Sachwalterrecht, 60; 101 f).
4.3. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass geschäftsfähig iSd § 103 Abs 9 KFG nur sei, wer in allen Belangen voll geschäftsfähig ist, wird demnach nicht geteilt. Die Begriffe „geschäftsunfähig“ bzw „beschränkt geschäftsfähig“ in § 103 Abs 9 lit a KFG schließen nicht in pauschaler Weise alle unter Sachwalterschaft stehenden Betroffenen mit ein, sondern nur jene, die nicht in der Lage sind, den in § 103 KFG genannten Verpflichtungen eines Zulassungsbesitzers nachzukommen.
5. Ob im vorliegenden Verfahren der Betroffene im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand zur Wahrnehmung seiner gesetzlichen Verpflichtungen als Zulassungsbesitzer in der Lage ist, kann aber derzeit nicht beurteilt werden, weil die Vorinstanzen ausgehend von ihrer Rechtsansicht Feststellungen dazu für nicht erforderlich erachtet haben. Das Verfahren erweist sich daher iSd § 128 AußStrG als ergänzungsbedürftig.
Zum im eigenen Namen der Sachwalterin erhobenen Revisionsrekurs:
1. Gegen einen Beschluss auf Einschränkung der Aufgabengebiete des Sachwalters bzw gegen die Ablehnung einer derartigen Einschränkung kommt die Rekurslegitimation der betroffenen Person, dem allfällig bestellten Verfahrenssachwalter, dem bestellten Sachwalter sowie denjenigen nächsten Angehörigen zu, deren Vertretungsbefugnis im Österreichischen zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert ist ( Zankl/Mondl Rechberger , AußStrG 2 § 128 Rz 7 mwN).
2. Im eigenen Namen steht dem Sachwalter inhaltlich die Rekurslegitimation nur insoweit zu, als in seine eigene Rechtssphäre eingegriffen wird, etwa weil sein Wirkungskreis zu wenig deutlich bestimmt wurde (RIS Justiz RS0008563). Nach 6 Ob 95/12g gilt dies auch dann, wenn der Sachwalter sich gegen den Umfang seiner Bestellung richtet, wobei diese Entscheidung die Bestellung des Sachwalters für die „regelmäßige Kontrolle des Gesundheitszustands des Betroffenen, insbesondere hinsichtlich seiner psychischen Erkrankung“ betraf. Es wurde ausgesprochen, dass je nachdem welches Verständnis man dieser Anordnung beimisst , sie entweder ohnehin von der Bemühungspflicht des Sachwalters umfasst sei oder sie als überflüssig zu entfallen hat, weil der Sachwalter auch mit der Vertretung bei Geschäften betraut wurde, die über das tägliche Leben hinausgehen. Nur eine präzise Bestimmung, welche konkreten Befugnisse ihm (etwa im Bereich der „Personenobsorge“) zukommen, versetzt den Sachwalter nämlich in die Lage, seine Rechte und Pflichten verlässlich abzuschätzen (3 Ob 109/09i; RIS Justiz RS0125158).
3. Im vorliegenden Fall zielt der von der Sachwalterin im eigenen Namen erhobene Revisionsrekurs bzw Rechtsmittelantrag aber nicht auf eine Präzisierung der ihr zugewiesenen Aufgabengebiete ab, sondern iSd § 268 Abs 4 ABGB auf eine Einschränkung ihrer Aufgabengebiete um die von ihr bisher wahrgenommenen Angelegenheiten des Betriebs und der Zulassungsverpflichtung des vom Betroffenen gehaltenen PKW.
4. Wie es aber für einen Sachwalter kein gesetzlich verankertes Recht gibt, eine größere als die tatsächliche vom Gericht für erforderlich erachtete Vertretungsbefugnis für sich zu beanspruchen (7 Ob 82/02p), besteht auch kein subjektives Recht des Sachwalters auf Einschränkung seines Wirkungskreises. Er kann sich demnach gegen die Zuweisung von Aufgabengebieten nicht mit dem Argument zur Wehr setzen, es bestehe kein Grund zur Bestellung eines Sachwalters. Die Frage, ob es für bestimmte Angelegenheiten der Bestellung eines Sachwalters bedarf, ist nicht von ihm, sondern vom Gericht zu beurteilen (RIS Justiz RS0008563 [T5]).
Der von der Sachwalterin im eigenen Namen erhobene Revisionsrekurs ist daher mangels Rekurslegitimation als unzulässig zurückzuweisen.