OGH vom 08.03.1984, 7Ob535/84
Norm
WG Art 10;
WG Art 31;
WG Art 32 Abs 3;
Kopf
SZ 57/48
Spruch
Die vereinbarungswidrige Ausfüllung eines Blankowechsels durch Bezeichnung des Wechselbürgen als Bezogenen führt zwischen den Parteien des Grundgeschäftes zur Beschränkung auf die vereinbarten Rechte
(OLG Linz 3 a R 173/83; KG Wels 2 Cg 462/82)
Text
Die klagende Raiffeisenkasse hat der inzwischen geschiedenen Ehegattin des Beklagten Annamaria K am einen Betriebsmittelkredit bis zu einem Betrag von 250 000 S gewährt. Für den Fall der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmerin, insbesondere der Eröffnung eines Ausgleichs- oder Konkursverfahrens, war die klagende Partei berechtigt, den Kredit sofort fällig zu stellen. Schließlich war vereinbart, daß die Kreditnehmerin der klagenden Partei einen akzeptierten Blankowechsel übergibt und der Beklagte sich für die Kreditnehmerin verbürgen werde. Diesbezüglich unterfertigte der Beklagte am eine Wechselverpflichtungserklärung, derzufolge er einen Blankowechsel als Wechselbürge zur Sicherstellung aller wie immer gearteten Forderungen und Ansprüche, die der klagenden Partei aus Geschäftsverbindungen mit der Kreditnehmerin entstanden sind oder entstehen werden, unterfertigen werde. Er erteilte die Ermächtigung zur Ausfüllung des Wechsels bis zu einem Betrag von 300 000 S. Den Blankowechsel hatte die Kreditnehmerin als Annehmerin unterfertigt. Die Unterschrift des Beklagten scheint unmittelbar unter der Unterschrift der Kreditnehmerin auf.
Am verpfändete Annamaria K ein Sparbuch mit einem Stand von damals 150 000 S zur Sicherstellung aller Forderungen der klagenden Partei aus dem Kreditverhältnis sowie aller in Hinkunft entstehenden Forderungen aus allfälligen Erhöhungen des Kredites sowie aus welchem Titel immer. Die klagende Partei erhielt die Berechtigung, bei Fälligkeit ihrer gegen die Kreditnehmerin zustehenden Ansprüche ohne vorherige Verständigung der Pfandbestellerin das Sparguthaben samt Zinsen zur Abdeckung ihrer Forderungen zu verwenden. Es wurde keine Vereinbarung darüber getroffen, welche der Sicherheiten von der Klägerin zuerst auszunützen sei. In der Folge kam es zur Überziehung des Kreditrahmens durch Annamaria K, wovon der Beklagte Kenntnis hatte. Im Jahre 1980 wurde über das Vermögen der Annamaria K der Konkurs eröffnet. Der klagenden Partei kamen im Konkursverfahren keine Leistungen zu. Sie stellte den Kredit fällig und verwendete den Erlös des verpfändeten Sparbuches von 208 600 S zur teilweisen Abdeckung des offenen Kredites. Unter Berücksichtigung dieser teilweisen Abdeckung verblieb ein Negativsaldo von 221 067.69 S.
Am füllte die klagende Partei den Blankowechsel aus. Sie setzte hiebei sowohl die Kreditnehmerin als auch den Beklagten als Bezogene ein. Als Ausstellungsort wurde Th. angegeben, als Zahlstelle die klagende Partei, die auch als Aussteller aufscheint, wobei als Adresse der Ort, an dem die klagende Partei ihren Sitz hat, samt Postleitzahl angegeben wurde.
Mit der vorliegenden Wechselklage begehrt die klagende Partei die Zahlung von 221 067.69 S sA.
Beide Vorinstanzen haben dem Klagebegehren in der Hauptsache stattgegeben. Sie erachteten die Angabe des Zahlungsortes als ausreichend und eindeutig, verneinten die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1360 ABGB, weshalb die dem Vertrag entsprechende Realisierung des Sparbuches zu keiner Minderung der Forderung gegen den Beklagten führe, und sprachen aus, daß die Einsetzung des Beklagten als "Bezogener" zwar nicht dem mit ihm abgeschlossenen Vertrag entsprochen habe, dies jedoch keine Rolle spiele, weil die Haftung als Wechselbürge inhaltlich der Haftung des Bezogenen entspreche.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Entgegen den Ausführungen der klagenden Partei hat der Beklagte eine Einwendung erhoben, mit der er sich dagegen wendete, daß er im Wechsel nicht als Wechselbürge, sondern als Bezogener aufscheint. Demnach wurde zur Erörterung dieser Rechtsfrage mit Recht die Revision zugelassen, weil tatsächlich zu dieser Frage zwar Literatur, nicht aber Judikatur vorliegt.
In der Sache selbst ist vorerst die Einwendung bezüglich des Zahlungsortes nicht berechtigt. Grundsätzlich muß der Zahlungsort bestimmt genug bezeichnet sein. Ob dies der Fall ist, muß, wie bei allen wechselmäßigen Erklärungen, nicht vom Standpunkt der Kontrahenten, sondern eines dritten Lesers des Wechsels beurteilt werden, wobei aber der Wechsel nicht nach einem Maßstab auszulegen ist, den ein Dritter einnehmen muß, welcher den Lokalverhältnissen der Beteiligten fernsteht (SZ 44/70). Hiebei können keinesfalls Anforderungen gestellt werden, die jeden Irrtum auch bei besonders naiven oder unintelligenten Menschen ausschließen würden. Vielmehr muß von durchschnittlichen Fähigkeiten ausgegangen werden. Selbst unter Zugrundelegung geringer Anforderungen können aber die Angaben im Wechsel nur als Bezeichnung ein und desselben Ortes erkannt werden. Insbesondere die Anführung der Postleitzahl bei der Anschrift der klagenden Partei als Ausstellerin macht die weiteren Anführungen für jedermann eindeutig. Von der Angabe zweier Zahlungsorte im Wechsel kann daher keine Rede sein.
Was nun die Frage der Ausfüllung des Wechsels bezüglich der Stellung des Beklagten anlangt, so hat hier die klagende Partei nach den getroffenen Feststellungen tatsächlich dem zwischen ihr und dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag zuwidergehandelt. Der Beklagte wäre nicht als Bezogener, sondern als Wechselbürge für die Kreditnehmerin einzusetzen gewesen. Hiezu hätte es genügt, daß seine Nennung als Bezogener unterblieben wäre, in welchem Falle das bloße Aufscheinen seiner Unterschrift beim Namen der Kreditnehmerin als Verbürgung für diese zu werten gewesen wäre (Art. 31 Abs. 3 WG).
Entgegen der Ansicht des Beklagten macht jedoch die unrichtige Ausfüllung des Wechsels in einem Punkt diesen nicht unwirksam. Würde man dem Standpunkt des Beklagten folgen, hätte die klagende Partei durch ihren Irrtum jeden Anspruch gegen ihn verloren, weil eine Rekonstruktion des ursprünglichen Blankowechsels infolge der unrichtigen Ausfüllung nicht mehr möglich wäre. Entgegen den getroffenen Vereinbarungen hätte dann die klagende Partei durch einen Irrtum keinerlei Anspruch gegen den Beklagten mehr. Die abredewidrige Ausfüllung des Blankowechsels in einem einzelnen Punkt führt jedoch nicht zu dessen Ungültigkeit an sich, sondern hat nur die Wirkung, daß der Kläger, wenn es sich bei ihm um denjenigen handelt, dem die unrichtige Ausfüllung des Wechsels nach Art. 10 WG zur Last fällt, den Wechsel nur insoweit geltend machen kann, als dessen Inhalt den getroffenen Abreden entspricht (Baumbach-Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz[13], 119, Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 49). Demnach kann die klagende Partei gegen den Beklagten nur jene Forderung stellen, die sie bei vereinbarungsmäßiger Ausfüllung des Wechsels gehabt hätte. Nach der getroffenen Vereinbarung hätte sie den Wechsel so ausfüllen müssen, daß der Beklagte als Wechselbürge aufscheint. Dies hätte aber gemäß Art. 32 Abs. 1 WG dazu geführt, daß der Beklagte auf gleiche Weise gehaftet hätte wie derjenige, für den er sich verbürgt hat. Demnach wäre also inhaltlich seine Haftung dieselbe gewesen wie die Haftung des annehmenden Bezogenen. Der Umstand, daß dem Beklagten im Falle einer Zahlung als Bezogener nicht das Rückgriffsrecht iS des Art. 32 Abs. 3 WG zusteht, spielt im Verhältnis zum Wechselgläubiger keine Rolle. Keinesfalls kann dieser Umstand dazu führen, daß der Beklagte in einem weiteren Ausmaß von seiner Haftung gegenüber der klagenden Partei befreit wird, als dies der zwischen ihm und der Klägerin getroffenen Vereinbarung entspricht.
Was schließlich die Einwendung nach § 1360 ABGB anlangt, haben die Vorinstanzen richtig erkannt, daß die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Bürgschaft auf die Wechselbürgschaft nicht anwendbar sind (5 Ob 716/81, 7 Ob 782/81 ua.). Im übrigen hat die klagende Partei nicht ein Pfand aufgegeben, sondern dieses auf eine der Vereinbarung entsprechende Art verwendet. Daß diese Art der Verwendung auch der Vereinbarung mit dem Beklagten entsprach, ergibt sich daraus, daß der Beklagte die Haftung auch für künftige Schulden der Kreditnehmerin übernommen hat. Selbst wenn daher die Bestimmungen des ABGB anwendbar wären, könnten sie im konkreten Fall zu keinem für den Beklagten günstigeren Ergebnis führen.