OGH vom 24.10.2006, 10Ob119/05f

OGH vom 24.10.2006, 10Ob119/05f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Sabine C*****, vertreten durch Dr. Dietrich Clementschitsch und andere Rechtsanwälte in Villach gegen die beklagte Partei Josef R*****, vertreten durch Dr. Kleinszig/Dr. Puswald Partnerschaft OEG, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 25.000), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 80/05k-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 20 Cg 81/04w-15, (teilweise) aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.315,08 (darin enthalten EUR 219,18 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Analog § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung eines nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassenen Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (6 Ob 123/05i mN). Das Erstgericht wies die Begehren der Klägerin, festzustellen, dass

1.) die Beeinträchtigung der ob der Liegenschaft der Klägerin Grundstück 407/1 (inliegend EZ 2) Grundbuch 75444 S***** zu Gunsten der Liegenschaft des Beklagten EZ 545 Grundstück 463 Grundbuch 75444 S***** lastenden Dienstbarkeit durch Abwässer und dadurch verfrachtetes Schottermaterial keinen Verstoß gegen das Erfolgsverbot des Urteils des Bezirksgerichtes Villach vom , 9 C 3169/95y-17, beinhalte,

2. a) der Anspruch des Beklagten, aufgrund dieses Urteils gegen die Klägerin die Exekution durch Strafbeschluss zu beantragen, nicht bestehe,

2. b) sie durch Errichtung eines Schutzwalls im Mai 1999 in ihrem Wald oberhalb der Liegenschaft des Beklagten ihre Unterlassungsverpflichtung aus dem Urteil im Verfahren 9 C 3169/95y des Bezirksgerichtes Villach zur Gänze erfüllt habe, ab. Mit unangefochtenem - bereits rechtskräftigem - Teilurteil bestätigte das Berufungsgericht die Abweisung der zu Punkt 1.) und 2.a) genannten Feststellungsbegehren. Im Übrigen, also hinsichtlich der begehrten Feststellung, dass die Klägerin ihre Unterlassungsverpflichtung aus dem Urteil im Verfahren 9 C 3169/95y des Bezirksgerichtes Villach durch Errichtung des Schutzwalls im Mai 1999 zu Gänze erfüllt habe (Punkt 2.b), hob es das Ersturteil unter Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei, weil die Frage, inwieweit eine objektiv gefasste Unterlassungsverpflichtung durch Maßnahmen des Verpflichteten zur Gefahrenabwehr erlöschen könne, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe. Es könnte hier auch die Auffassung vertreten werden, dass solche Maßnahmen nur das Verschulden des Verpflichteten am (objektiven) Verstoß gegen das Erfolgsverbot wegfallen ließen, was in jedem Einzelfall mit Impugnationsklage geltend zu machen wäre (RIS-Justiz RS0107694). Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung „ersatzlos zu beheben und das klageabweisende Ersturteil zu bestätigen" (gemeint: wiederherzustellen); hilfsweise wird (erkennbar) ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, den Rekurs zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist - entgegen dem, den Obersten Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 ZPO nicht bindenden, Ausspruch des Berufungsgerichts - nicht zulässig.

Der Rekurswerber macht geltend, die Klägerin hätte mit einer Impugnationsklage vorgehen müssen und nicht mit einer negativen Feststellungsklage. Sie habe - wie sich aus dem zutreffenden Hinweis des Berufungsgerichts auf RIS-Justiz RS0107694 ergäbe - das falsche „Rechtsschutzinstrument" gewählt. Wenn die klagende Partei behaupte, ein Unterlassungsgebot ohne jedes Verschulden verletzt zu haben, müsse sie ausschließlich mit Impugnationsklage gemäß § 36 EO vorgehen; eine „Wahlmöglichkeit" bestehe nicht.

Richtig ist, dass Strafen im Rahmen der Unterlassungsvollstreckung nach § 355 EO grundsätzlich Verschulden des Verpflichteten verlangen (Klicka in Angst, Kommentar zur EO, Rz 7 zu § 355 EO mwN; Neumayr, Exekutionsrecht [2004] 210; SZ 68/151; RIS-Justiz RS0085147). Mit Impugnationsklage (nach § 36 Abs 1 Z 1 EO) kann der Verpflichtete daher auch geltend machen, er habe dem Exekutionstitel überhaupt nicht zuwider gehandelt oder es treffe ihn kein Verschulden (stRsp; RIS-Justiz RS0000939 [T1]; RS0107694; zu allem: 7 Ob 261/04i = NZ 2005/69, 270).

Das noch zu beurteilende Klagebegehren betrifft jedoch weder mangelndes Verschulden an der Verletzung eines Unterlassungsgebots, noch wird die infolge Verletzung eines solchen verhängte Strafe bekämpft; begehrt wird vielmehr festzustellen, dass die Klägerin durch bestimmte Maßnahmen die Unterlassungsverpflichtung aus dem Exekutionstitel „zur Gänze erfüllt habe", dass also der Anspruch erloschen sei.

Wie der Rekurs offenbar verkennt, schließt aber - nach Rechtsprechung und Lehre - die Möglichkeit, eine (Impugnations-)Klage nach § 36 EO zu erheben, eine (Feststellungs-)Klage auf Nichtbestehen der vollstreckbaren Forderung gerade nicht aus und begründet gegenüber einer solchen auch keine Streitanhängigkeit (Fasching in Fasching/Konecny² III § 228 ZPO Rz 19; Jakusch in Angst, Kommentar zur EO,§ 36 Rz 3 mwN; Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, Kommentar zur EO,§ 36 Rz 48 mwN; 3 Ob 50/92 [mit Hinweis darauf, dass das Rechtsschutzziel der Impugnationsklage enger ist, als jenes der Feststellungsklage]).

Dass mit negativer Feststellungsklage (auch) begehrt werden kann, das Erlöschen der vollstreckbaren Forderung wegen eines der in § 36 EO genannten Gründe feststellen zu lassen, weil der Klägerin nicht zugemutet werden kann, eine Exekutionsführung abzuwarten, entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre (Fasching aaO § 228 ZPO Rz 17 mwN; SZ 54/85; RIS-Justiz RS0039067; 2 Ob 93/00s; 6 Ob 212/03z; zuletzt: 6 Ob 43/05z). Demgemäß vermag der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.