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OGH vom 25.02.1999, 8Ob304/98h

OGH vom 25.02.1999, 8Ob304/98h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Konkursantragssache der Antragstellerin Wiener Gebietskrankenkasse, Wien 10, Wienerbergstraße 15-19, wider die Antragsgegnerin B***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 131/98k-10, womit der Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 6 Se 389/98t-5, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen die Verpflichtung von Kirill B***** und DI Konstantin M***** zum Erlag eines Kostenvorschusses von S 50.000,-- und zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses über ihr Vermögen richtet (Punkt 2 des Beschlusses des Erstgerichtes), zurückgewiesen.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin beantragte am die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Antragsgegnerin. Diese schulde der Antragstellerin laut beiliegendem Rückstandsausweis Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum August 1997 bis Februar 1998 in der Höhe von rund S 133.000,--. Trotz Fahrnisexekution seien fällige Sozialversicherungsbeitrage seit August 1997 nicht bezahlt worden, sodaß das Unterbleiben der Zahlung nicht bloß auf Nachlässigkeit oder Zahlungsunwilligkeit der Schuldnerin zurückzuführen, sondern als Zeichen des Mangels ausreichender Zahlungsmittel anzusehen sei. Die Antragsgegnerin sei daher zahlungsunfähig.

Am beraumte das Erstgericht die Tagsatzung zur Einvernehmung der Antragsgegnerin zu diesem Konkurseröffnungsantrag für den an. Mit diesem Beschluß sprach das Erstgericht unter anderem aus:

"1. Die Antragsgegnerin wird für den , ......... zur

Vorlage und Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses über das

Firmenvermögen geladen. Es wird ersucht, alle für das

Vermögensverzeichnis wichtigen Unterlagen (................)

vorzulegen.

Wichtige Hinweise:

Wenn der organschaftliche Vertreter dieser Ladung nicht Folge leistet, kann er zwangsweise vorgeführt werden. Verweigert er die Vorlage oder die Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses, so kann gegen ihn die Haft verhängt werden (§§ 71 Abs 4, 101 KO). Im Vermögensverzeichnis hat der Schuldner auch Auskunft über Anfechtungsansprüche zu geben. Wird die Vorlage des Vermögensverzeichnisses oder dessen Unterfertigung vor dem Konkursgericht verweigert, ist das Konkursgericht gemäß § 177 Z 1 KO zur Anzeige an den Staatsanwalt verpflichtet.

2. Hr. Kirill B***** und Hr. Dipl. Ing. Konstantin M*****,

................, werden als Geschäftsführer zur ungeteilten Hand

aufgefordert, binnen 14 Tagen ab der Zustellung dieses Beschlusses

einen Kostenvorschuß in der Höhe von S 50.000,-- für die Anlaufkosten

des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin

einzuzahlen oder das Vermögensverzeichnis auszufüllen und zu dessen

Unterfertigung zum obigen Termin vor Gericht zu erscheinen. Es wird

ersucht, alle für das Vermögensverzeichnis wichtigen Unterlagen

(................) vorzulegen. Verfügt die Antragsgegnerin über

ausreichendes kostendeckendes Vermögen oder wird der Kostenvorschuß fristgerecht bezahlt, entfällt die Vorlage des Vermögensverzeichnisse über sein/ihr Vermögen. Im übrigen wird auf die wichtigen Hinweise im Punkt 1. verwiesen."

Punkt 2. dieser Entscheidung begründete das Erstgericht mit den §§ 72 Abs 1 und 2, 72a KO.

Zur Einvernehmungstagsatzung am kamen für die Antragsgegnerin deren Geschäftsführer Dipl. Ing. Konstantin M***** und der die Antragsgegnerin vertretende Rechtsanwalt. Ein Vermögensverzeichnis wurde nicht vorgelegt.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Antragsgegnerin als unzulässig zurück; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem jeweils S 260.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte den Revisionsrekurs hinsichtlich der Zurückweisung des Rekurses gegen die Verpflichtung der beiden Geschäftsführer zum Erlag eines Kostenvorschusses von S 50.000,-- für jedenfalls unzulässig; im übrigen (dh gegen die Anberaumung der Tagsatzung und der Aufforderung zur Vorlage und Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses) sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, das Konkursgericht habe von Amts wegen (§ 173 Abs 5 KO) zu prüfen, ob kostendeckendes Vermögen des Schuldners vorhanden sei. Das Vorhandensein von Vermögen des Schuldners, das zumindest ausreiche, die Anlaufkosten des Konkursverfahrens zu decken (kostendeckendes Vermögen § 71 Abs 2 KO), sei eine der Konkursvoraussetzungen. Die Prüfung dieser Konkursvoraussetzung gebiete meist eine persönliche Einvernahme des Schuldners, der im allgemeinen allein gründliche Auskunft über sein Vermögen geben könne. Für den Fall dieser mündlichen Einvernahme durch das Konkursgericht lege § 71 Abs 4 KO fest, daß der Schuldner bei seiner Einvernahme ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und vor Gericht zu unterfertigen habe, wobei die §§ 100, 101 KO zitiert werden. Punkt 1 der angefochtenen Entscheidung sei die gemäß § 71 Abs 4 KO ergangene Ladung der Schuldnerin zur Vorlage und Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses im Zusammenhang mit ihrer Einvernahme vor Gericht, was den Erhebungen des Konkursgerichtes zum Vorhandensein kostendeckenden Vermögens der Schuldnerin diene. Dieser Termin zur Einvernahme der Schuldnerin und zur Vorlage sowie Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses vor dem Konkursgericht sei eine Tagsatzung; solche Ladungen könnten aber gemäß § 171 KO iVm § 130 ZPO durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden. Da der Rekurs gegen Punkt 2 der angefochtenen Entscheidung unzulässig sei, sei der gemäß § 171 KO iVm § 515 ZPO unzulässige Rekurs gegen Punkt 1 der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

Der Rekurs gegen den zweiten Teil der Entscheidung sei unzulässig, nicht der Rekurswerberin, sondern ihren Geschäftsführern sei der Erlag eines Kostenvorschusses oder die Vorlage und Unterfertigung eines Vermögensverzeichnisses aufgetragen worden; es fehle daher der Antragsgegnerin an der Beschwer.

Der Revisionsrekurs gegen den Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses sei jedenfalls unzulässig; im übrigen sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig, es fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof zur Frage der Bekämpfbarkeit einer Ladung des Schuldners.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihn abzuändern und in Stattgebung des (zurückgewiesenen) Rekurses den Antrag auf Konkurseröffnung zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist soweit er sich gegen die Vorlage des Vermögensverzeichnisses wendet, jedenfalls unzulässig; im übrigen aus den vom Rekursgericht angeführten Grunde zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Vorlage und Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses durch die organschaftlichen Vertreter gemäß § 72b KO laut Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses ist lediglich akzessorisch zum Kostenvorschuß (8 Ob 29/99v); die Anfechtung ist daher gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO iVm § 171 KO jedenfalls unzulässig.

Zur Ladung der Antragsgegnerin mit der Aufforderung, zur Vorlage und Unterfertigung eines Vermögensverzeichnisses gemäß § 71 Abs 4 KO (Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses):

Mit § 71c Abs 1 KO idF des IRÄG 1997 wurde die Bestimmung des § 71

Abs 1 KO aF über die Legitimation zur Anfechtung des

Konkurseröffnungsbeschlusses sowie des Beschlusses auf Abweisung

eines darauf abzielenden Antrages unter Einräumung einer zusätzlichen

Rechtsmittelbefugnis für die Gläubigerschutzverbände im übrigen

unverändert übernommen. Der Gefahr mißbräuchlicher

Konkurseröffnungsanträge eines Gläubigers versucht der Gesetzgeber

durch die Bestimmung des § 70 Abs 4 KO entgegenzutreten. In der

Vergangenheit wurden Konkursanträge bisweilen als Eintreibungsmittel

mißbraucht. Gläubiger stellten häufig Anträge auf Konkurseröffnung,

um so Druck auf den Schuldner auszuüben. Wurde die ausstehende

Forderung beglichen, so wurde der Antrag wieder zurückgezogen. Der

Konkurs wurde daraufhin trotz Vorliegens der Voraussetzungen nicht

eröffnet. Um zu verhindern, daß der Konkursantrag weiterhin als

Druckmittel mißbraucht wird und es durch Antragsrückziehungen zu

Verfahrensverschleppungen kommt, entscheidet das Gericht nunmehr -

auch nach Antragsrückziehung - über den Konkurseröffnungsantrag von

Amts wegen. Weiters ist bei der Entscheidung über den

Konkurseröffnungsantrag nicht zu berücksichtigen, daß die Forderung

des antragstellenden Gläubigers nach dem Konkursantrag befriedigt

(oder eine Stundungsvereinbarung getroffen) worden ist. Der Schuldner

kann die Konkurseröffnung nur dadurch abwenden, daß er bescheinigt,

zahlungsfähig und - wenn der Schuldner eine juristische Person ist -

nicht überschuldet zu sein (Reich-Rohrwig/Zehetner, Das neue

Insolvenzrecht 26f). Die Voraussetzungen für die Konkurseröffnung

sollen in dem besonderen, durch Bestimmungen für juristische Personen

ergänzten Verfahren nach den §§ 66 ff KO geprüft werden. Der

beabsichtigten Raschheit des Konkurseröffnungsverfahrens und der

Vermeidung der Konkursverschleppung durch organschaftliche Vertreter

(vgl die Sonderbestimmungen für juristische Personen §§ 72 ff KO und

den Hinweis in der Regierungsvorlage 734 BlgNR 20. GP. 41 f, zu §§ 72

ff) liefe es zuwider, wären schon einzelne Verfügungen im Rahmen des Konkursverfahrens - hier die Anberaumung einer Tagsatzung zur Prüfung der Voraussetzungen - anfechtbar. Dem von der Antragsgegnerin behaupteten Mißbrauch des Konkursantrages, insbesondere um der Durchsetzung einzelner Forderungen über ein anhängiges Exekutionsverfahren hinaus mehr Nachdruck zu verleihen, wird durch die amtswegige Prüfung der Konkurseröffnungsvoraussetzungen ungeachtet der Zurückziehung des Konkursantrages begegnet. Eine zusätzliche Prüfung der Zulässigkeit der Anberaumung der in § 70 Abs 2 KO vorgesehenen Tagsatzung zur Einvernahme des Schuldners zum Konkursantrag des Gläubigers sowie des der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung im § 71 Abs 4 KO entsprechenden Auftrages zur Vorlage und Unterfertigung eines Vermögensverzeichnisses bedeutete nur eine Verzögerung und verstieße - wie das Rekursgericht ausgeführt hat - gegen das Verbot eines abgesonderten Rechtsmittels gemäß § 130 Abs 2 ZPO iVm § 171 KO. Die Antragsgegnerin ist daher auf die Anfechtungsmöglichkeit nach § 71c KO zu verweisen.