OGH vom 14.01.2003, 10ObS395/02i

OGH vom 14.01.2003, 10ObS395/02i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Thomas Albrecht (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Karin D*****, Angestellte, ***** vertreten durch Mag. Petra Diwok, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Wochengeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 282/02w-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 3 Cgs 51/02i-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen für den Zeitraum bis einschließlich ein weiteres Wochengeld von täglich EUR 7,39, insgesamt daher EUR 1.034,60 zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung von 4 % Verzugszinsen seit wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 389,08 (darin EUR 64,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 266,68 (darin EUR 44,44 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin ist seit beim Magistrat der Stadt Wien als Angestellte beschäftigt. Aufgrund eines ärztlichen Zeugnisses einer Amtsärztin vom wurde die weitere Beschäftigung der Klägerin wegen der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit ihres Kindes (§ 3 Abs 3 MSchG) für den Zeitraum vom bis untersagt. Die Klägerin erzielte im Zeitraum vom bis einschließlich einen Arbeitsverdienst (ohne Sonderzahlungen) vermindert um die gesetzlichen Abzüge von insgesamt S 50.257,18 netto. Am nahm die Klägerin ihre Beschäftigung wieder auf.

Der voraussichtliche Entbindungstermin war der . Ab bestand das allgemeine Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs 1 MSchG. Die Tochter der Klägerin wurde am geboren. Im Zeitraum vom bis erzielte die Klägerin einen Arbeitsverdienst (ohne Sonderzahlungen) in Höhe von insgesamt S 59.369,68 netto. Die Klägerin bezog im Zeitraum vom bis sowie ab ein tägliches Wochengeld von S 653,34 (EUR 47,48).

Mit Schreiben der beklagten Partei vom wurde der Klägerin mitgeteilt, dass das tägliche Wochengeld (für den Zeitraum vom bis ) S 653,34 (EUR 47,48) betrage. Die Klägerin beantragte daraufhin die bescheidmäßige Feststellung ihres Wochengeldanspruches.

Mit Bescheid vom wies die beklagte Gebietskrankenkasse den Antrag auf Klägerin auf Gewährung eines höheren Wochengeldes als EUR 47,48 (S 653,34) anlässlich der Entbindung am ab. Zur Begründung führte sie aus, der Versicherungsfall der Mutterschaft sei am eingetreten. Gemäß § 162 Abs 3 ASVG sei der für die Berechnung des Wochengeldes maßgebende Zeitraum jener vom bis . Der Klägerin gebühre daher ein Wochengeld in der Höhe von EUR 47,48 (S 653,34) pro Tag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage mit dem sinngemäßen Begehren, der Klägerin für den Zeitraum vom bis ein höheres Wochengeld als täglich EUR 47,48 (S 653,34) samt 4 % Zinsen ab zu zahlen. Die beklagte Partei habe bei ihrer Berechnung außer Acht gelassen, dass der Versicherungsfall der Mutterschaft aufgrund des allgemeinen Beschäftigungsverbotes am neuerlich eingetreten sei, weshalb bei der Bemessung des Wochengeldes ab der im Zeitraum vom bis erzielte (höhere) Verdienst zugrunde zu legen sei. Die Klägerin habe auch Anspruch auf Verzugszinsen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im angefochtenen Bescheid eingenommenen Rechtsstandpunkt, wonach der Versicherungsfall der Mutterschaft am eingetreten sei und daher der im Zeitraum vom bis erzielte (niedrigere) Verdienst der Klägerin der Berechnung des Wochengeldes für die gesamte Zeit der gesetzlichen Anspruchsdauer zugrunde zu legen sei.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ein Wochengeld in Höhe von EUR 47,48 (S 653,34) anlässlich der Entbindung am im gesetzlichen Ausmaß und unter Anrechnung der bereits aus dem Titel des Wochengeldes bezahlten Beträge zu zahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren der Klägerin wies es ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung schloß sich das Erstgericht der Rechtsansicht der beklagten Partei an, wonach der Versicherungsfall der Mutterschaft bereits am eingetreten sei und der Berechnung des Wochengeldes daher ausschließlich der von der Klägerin im Zeitraum vom bis erzielte Verdienst zugrunde zu legen sei. Nach ständiger Rechtsprechung gebührten für sozialversicherungsrechtliche Ansprüche von Versicherten gegen den Versicherungsträger keine Verzugszinsen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und erachtete die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes für zutreffend. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt. Die Revision ist zulässig (vgl SSV-NF 3/85 mwN ua; RIS-Justiz RS0085788) und im Wesentlichen auch berechtigt.

In der Revision verweist die Klägerin darauf, dass Wochengeld für den Zeitraum, während dessen die Dienstnehmerin nicht beschäftigt werden darf, weil Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung oder Aufnahme einer Beschäftigung gefährdet wäre (individuelles Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 3 MSchG), und darüber hinaus auch für den Zeitraum von acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung, für den Tag der Entbindung und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung (generelles Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MschG) gebühre. Die Höhe des Wochengeldanspruches sei dann unterschiedlich, wenn - wie im vorliegenden Fall - in den letzten drei Kalendermonaten vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft aufgrund des generellen Beschäftigungsverbotes ein höheres Entgelt bezogen worden sei als im davor gelegenen Zeitraum. Für diese Auslegung spreche nicht nur der eindeutige Gesetzeswortlaut, sondern auch das Versicherungsprinzip, da die Klägerin im Zeitraum vom bis ein höheres Entgelt bezogen habe als in den Monaten Dezember 2000 bis einschließlich Februar 2001 und somit aufgrund ihres höheren Einkommens auch höhere Sozialversicherungsbeiträge geleistet habe. Schließlich sprächen auch die dem Wochengeld zukommende Einkommensersatzfunktion sowie das in § 162 Abs 3 ASVG ausdrücklich normierte Günstigkeitsprinzip für die von der Klägerin vertretene Auslegung.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Das Wochengeld soll einen Ersatz für den im Zusammenhang mit der Entbindung stehenden Verlust des Arbeitsverdienstes darstellen (Initiativantrag zur 9. ASVG-Nov, 517 BlgNR 9. GP 75). Der Gesetzgeber entschied sich dabei für das Durchschnittsprinzip, das vergangene Werte berücksichtigt, und nicht für das Ausfallsprinzip, das die in Zukunft voraussichtlich zu erwartende Entwicklung in Rechnung stellt. Daher kommt bei der Bemessung des Wochengeldes der Frage des relevanten Berechnungszeitraumes eine wesentliche Bedeutung zu (vgl Löschnigg, Wochengeldberechnung unter Berücksichtigung von Probelehrerzeiten, DRdA 1982, 393 ff [395]; Binder in Tomandl, SV-System 14. Erg-Lfg 264/4).

Nach § 120 Z 3 ASVG idF 9. ASVG-Nov, BGBl 1962/13, galt der Versicherungsfall der Mutterschaft im Regelfall mit dem Beginn der sechsten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung als eingetreten. Weiblichen Versicherten gebührte für die letzten sechs Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung, für den Tag der Entbindung und für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung ein tägliches Wochengeld (§ 162 Abs 1 ASVG idF 9. ASVG-Nov, BGBl 1962/13).

Der durch Art I Z 6 der 11. Nov zum ASVG, BGBl 1963/184, neu angefügte letzte Satz des § 162 Abs 1 ASVG sah die Erweiterung des Wochengeldanspruches ausdrücklich für jenen Zeitraum vor, während dessen Dienstnehmerinnen aufgrund besonderer Vorschriften des Mutterschutzrechtes aufgrund des Zeugnisses eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes nicht beschäftigt werden dürfen, weil Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet wäre. Eine entsprechende Anpassung des § 120 Z 3 ASVG über den Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft erfolgte vorerst nicht. Dennoch vertrat bereits damals der Hauptverband der Sozialversicherungsträger (vgl SozSi 1963, 488 "Aus der Praxis" - abgedruckt in Teschner/Widlar, MGA, ASVG 55. Erg-Lfg 872/3 f) für den Fall, dass eine solche Gefährdung im Sinne des letzten Satzes des § 162 Abs 1 ASVG vorliege und ein entsprechendes Zeugnis vorgelegt werde, die Auffassung, dass das Wochengeld bemessen nach dem durchschnittlichen Nettoarbeitsverdienst der letzten 13 Wochen (drei Monate) auszuzahlen sei und diese Frist hiebei von dem Zeitpunkt an zurückzurechnen sei, mit welchem der Wochengeldanspruch beginne. Sei die Gefährdung nur vorübergehend und werde vor Beginn der sechsten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung von der werdenden Mutter die Beschäftigung bis zum neuerlichen Wochengeldanspruch wieder aufgenommen, so müsse das Wochengeld neu berechnet werden. Dieser neuerliche Beginn des Wochengeldanspruches müsse nunmehr als maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Wochengeldes angesehen werden. Eine zwangsläufige Folge hievon sei, dass die Versicherte in solchen Fällen einer kurzfristigen Wiederaufnahme der Arbeit das Wochengeld vor und nach der zwischenzeitigen Beschäftigung in unterschiedlicher Höhe erhalte.

In der Folge wurde die erwähnte Sechs-Wochenfrist der §§ 120 und 162 ASVG auf acht Wochen verlängert (vgl BGBl 1974/178). Nach § 162 Abs 3 ASVG idF 41. ASVG-Nov, BGBl 1986/111, und in der Fassung des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes, BGBl 1990/408, wurde das Wochengeld nach dem durchschnittlich in den letzten 13 Wochen bzw letzten drei Kalendermonaten gebührenden Arbeitsverdienst bemessen. In seinen Entscheidungen vom , 10 ObS 216/90(SSV-NF 4/131) und vom , 10 ObS 65/91(SSV-NF 5/32), hat der Oberste Gerichshof darauf hingewiesen, dass es wohl einem Versehen des Gesetzgebers entspringe, dass § 120 Abs 1 Z 3 ASVG nicht an die seit der 11. ASVG-Nov bestehende Möglichkeit eines Wochengeldbezuges während eines individuellen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 3 MSchG angepasst wurde. Der Oberste Gerichtshof hob hervor, dass eine Versicherte bei der Bemessung der Höhe des Wochengeldes durch ein individuelles Beschäftigungsverbot nicht anders gestellt werden dürfe als eine Versicherte, deren Anspruch auf Wochengeld nur während des generellen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 1 MSchG bestehe. Der 13-wöchige Beobachtungszeitraum sei daher - entsprechend der Rechtslage vor der 11. ASVG-Nov - immer vom Beginn der generellen Schutzfrist zurückzurechnen. Soweit die Versicherte während dieser Zeit wegen eines individuellen Beschäftigungsverbotes kein Arbeitsentgelt, sondern Wochengeld bezogen habe, sei für die Bemessung von jenem Arbeitsverdienst auszugehen, auf den sie Anspruch gehabt hätte.

Mit der 50. ASVG-Nov (BGBl 1991/676) wurde in § 120 Abs 1 Z 3 ASVG folgender Satz angefügt: "Darüber hinaus gilt der Versicherungsfall der Mutterschaft bei Dienstnehmerinnen und Bezieherinnen einer Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 in jenem Zeitpunkt und für jenen Zeitraum als eingetreten, in dem diese aufgrund besonderer Vorschriften des Mutterschutzrechtes im Einzelfall aufgrund des Zeugnisses eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes nicht beschäftigt werden dürfen, weil Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung oder Aufnahme einer Beschäftigung gefährdet wäre".

In den Erläuternden Bemerkungen (RV 284 BlgNR 18. GP 28) wird dazu ausgeführt, dass es sich bei dieser Ergänzung lediglich um eine Klarstellung handelt, die sich aufgrund von Erfahrungen in der Vollzugspraxis im Interesse der Versicherten als erforderlich erwiesen habe, um allfällige Zweifel daran auszuschließen, dass bei Vorliegen eines Beschäftigungsverbotes im Sinn des § 3 Abs 3 MSchG für werdende Mütter grundsätzlich ein Anspruch auf Wochengeld bestehe. Im Übrigen wird ein Zusammenhang mit den Änderungen des § 157 erster Halbsatz und des § 162 Abs 1 Satz 3 ASVG hergestellt.

§ 157 erster Halbsatz ASVG lautet in der Fassung der 50. ASVG-Nov:

"Der Versicherungsfall der Mutterschaft umfasst den nach seinem Eintritt (§ 120 Abs 1 Z 3) liegenden Zeitraum der Schwangerschaft".

Der dritte Satz in § 162 Abs 1 ASVG wurde folgendermaßen geändert:

"Über die vorstehenden Fristen vor und nach der Entbindung hinaus gebührt das Wochengeld ferner für jenen Zeitraum, während dessen Dienstnehmerinnen und Bezieherinnen einer Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 aufgrund besonderer Vorschriften des Mutterschutzrechtes im Einzelfall aufgrund des Zeugnisses eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes nicht beschäftigt werden dürfen, weil Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung oder Aufnahme einer Beschäftigung gefährdet wäre".

In den Erläuternden Bemerkungen (RV 284 BlgNR 18. GP 31) wird die Änderung in § 157 ASVG als lediglich der Klarstellung dienend und in einem sachlichen Zusammenhang mit der Änderung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG stehend begründet. Ebenso wird bei der Änderung des § 162 Abs 1 ASVG ein sachlicher Zusammenhang mit der Änderung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG hergestellt. Der Begründung der ebenfalls mit der 50. ASVG-Nov vorgenommenen Änderung des § 162 Abs 3 ASVG wird vorangestellt, dass "nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bei der Auslegung und Anwendung des § 162 Abs 3 ASVG unter den letzten drei Kalendermonaten die letzten drei vollen Kalendermonate vor dem Beginn des Anspruches auf Wochengeld zu verstehen sind und dass der in diesem Beobachtungszeitraum gebührende Arbeitsverdienst durch die Zahl aller hineinfallenden Kalendertage und nicht nur die Zahl der tatsächlichen Beschäftigungstage zu teilen ist (so zB OGH 10 ObS 365/88 vom )" (RV 284 BlgNR 18. GP 32). Da diese Rechtsprechung zu einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Härtefall führt, wenn vor dem Kalendermonat des Eintritts des Versicherungsfalles nicht mindestens ein Kalendermonats des Bezuges eines Arbeitsverdienstes lag, wurde in § 162 Abs 3 ASVG ein neuer Satz 2 aufgenommen, wonach in diesem Sonderfall der im Kalendermonat des Eintritts des Versicherungsfalls gebührende Arbeitsverdienst für die Bemessung des Wochengeldes maßgeblich ist. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 284 BlgNR 18. GP 32) bewirken "geringfügige weitere Änderungen des bisherigen Gesetzeswortlautes ... keine weiteren inhaltlichen Änderungen, sondern lediglich textliche Bereinigungen und Klarstellungen". Dies bezieht sich offenbar auch auf die Änderung in § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG, in dem für die Bemessung nun ausdrücklich auf den in den letzten 13 Wochen bzw in den letzten drei Kalendermonaten "vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft" gebührenden Arbeitsverdienst abgestellt wurde. Mit der 55. ASVG-Nov (BGBl I 1998/138) wurden § 120 Abs 1 Z 3 und § 162 Abs 1 ASVG dahin geändert, dass jeweils auch Bezieherinnen einer Leistung nach dem Karenzgeldgesetz (KGG) sowie Versicherte gemäß § 43 Abs 2 KGG einbezogen wurden. In den Gesetzesmaterialien wird die Änderung mit einer Anpassung an das Karenzgeldgesetz begründet (RV 1234 BlgNR 20. GP 30).

Weiters wurde mit der 55. ASVG-Nov § 162 Abs 3 lit b ASVG geändert. Blieben nach der vorher geltenden Fassung für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes in dem dafür maßgeblichen Zeitraum "Zeiten, während derer die Versicherte infolge Krankheit oder Kurzarbeit nicht das volle Entgelt bezogen hat" außer Betracht, wurde mit der Novelle der Ausnahmsfall auf "Zeiten, während derer die Versicherte infolge ... eines mutterschutzrechtlichen

Beschäftigungsverbotes ... nicht das volle Entgelt bezogen hat",

erstreckt. Die Erläuternden Bemerkungen (RV 1234 BlgNR 20. GP 32 f) führen dazu aus: "Gemäß § 162 Abs 3 lit b ASVG sind Zeiten, während derer die Versicherte infolge Krankheit (oder Kurzarbeit) nicht das volle Entgelt bezogen hat, nicht in den 13-wöchigen bzw dreimonatigen Beobachtungszeitraum zur Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, nach dem sich das Wochengeld bemißt, einzubeziehen. Dadurch erhöht sich das Wochengeld, weil sich der Divisor (= Zahl der Kalendertage innerhalb des Beobachtungszeitraumes), durch den der Arbeitsverdienst zu teilen ist, (um diese in Tagen auszudrückenden Zeiten) entsprechend verringert. Nicht auf einer Krankheit beruhende Zeiten eines Beschäftigungsverbotes (etwa aufgrund des § 3 Abs 3 des MSchG), in denen bereits Wochengeld bezogen wurde, müssen hingegen nach geltender Rechtslage in den Beobachtungszeitraum einbezogen werden. Diese unterschiedliche Behandlung von Wochen- und Krankengeldbezug soll durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 162 Abs 3 lit b ASVG (Berücksichtigung auch der Zeiten eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes) beseitigt werden".

Unzweifelhaft besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen § 120 Abs 1 Z 3 und § 162 ASVG. Dieser wird nicht nur in den Gesetzesmaterialien immer wieder betont, sondern kommt auch im Gesetzeswortlaut durch die Bezugnahme auf den (in § 120 Abs 1 Z 3 ASVG definierten) Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft in § 162 Abs 3 ASVG zum Ausdruck. Die Ergänzung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG durch die 50. ASVG-Nov um den Fall des individuellen Beschäftigungsverbots stellt im Zusammenhang mit § 162 Abs 3 ASVG klar, dass für die Bemessung des für die Dauer des individuellen Beschäftigungsverbots gebührenden Wochengeldes der Beobachtungszeitraum vom Eintritt des individuellen Beschäftigungsverbotes zurückzurechnen ist (vgl auch 10 ObS 287/02g; Binder aaO 264/5). Diese Frage ist zwischen den Parteien auch gar nicht strittig.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach Ablauf des individuellen Beschäftigungsverbots (nach § 3 Abs 3 MSchG) ihre Beschäftigung wieder aufgenommen und mit dem Beginn des generellen Beschäftigungsverbotes (nach § 3 Abs 1 MSchG) einen neuerlichen Anspruch auf Wochengeld erworben. Es muss daher auch das Wochengeld neu berechnet werden, wobei dieser neuerliche Beginn des Wochengeldanspruches als maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Wochengeldes angesehen werden muss (in diesem Sinne auch die erst jüngst ergangene E des erkennenden Senates vom , 10 ObS 287/02g, sowie die in SozSi 1963, 488 veröffentlichte Stellungnahme des Hauptverbandes). Bei der Bemessung der Höhe des Wochengeldes bleiben entsprechend § 162 Abs 3 lit b ASVG in der seit der 55. ASVG-Nov geltenden Fassung die Zeiten eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes im 13-wöchigen bzw dreimonatigen Bemessungszeitraum unberücksichtigt, was ebenfalls eine vom Gesetzgeber gewollte Neuberechnung der Höhe des Wochengeldes bei Beginn des generellen Beschäftigungsverbots nahelegt. Diese Auslegung wird auch der Einkommensersatzfunktion des Wochengeldes gerecht, wonach die Höhe des Wochengeldes dem (aktuellen) Durchschnitts-Nettoarbeitsverdienst (der letzten 13 Wochen bzw der letzten drei Kalendermonate) zu entsprechen hat und insoweit auch keinen Beschränkungen (Leistungshöchstgrenzen) unterliegt (vgl Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts5 Rz 189; Firlei in seiner Entscheidungsbesprechung in ZAS 1990/4, 32 ff [33] ua). Der Anspruch der Klägerin auf Wochengeld für den Zeitraum des generellen Beschäftigungsverbots errechnet sich daher wie folgt:

Errechneter Geburtstermin war der ; das generelle Beschäftigungsverbot begann daher am . Maßgeblicher Bemessungszeitraum ist danach der Zeitraum vom 1. 6. bis . Dieser Zeitraum umfasst 92 Tage. In diesem Zeitraum hat die Klägerin ein Gesamteinkommen (ohne Sonderzahlungen) von S 59.369,68 netto erzielt. Geteilt durch 92 ergibt sich ein Quotient von S 645,32, der um 17 % (Sonderzahlungen - § 162 Abs 4 ASVG) zu erhöhen ist, sodass sich das tägliche Wochengeld mit S 755,02 (EUR 54,87) errechnet. Die beklagte Partei hat bisher lediglich ein tägliches Wochengeld von S 653,34 (EUR 47,48) geleistet, sodass sich ein Differenzbetrag von täglich S 101,68 (EUR 7,39) ergibt. Für den Zeitraum vom bis einschließlich (= 140 Tage) ergibt sich daher ein noch offener Anspruch der Klägerin von EUR 1.034,60.

Da die Revision nur Ausführungen zur Bekämpfung des Hauptsachen-, nicht jedoch auch des Nebengebührenanspruches von Verzugszinsen enthält, braucht auf diesen Teil des Anspruches der Klägerin mangels Relevierung nicht mehr eingegangen zu werden (SSV-NF 10/95 mwN ua). Im Übrigen steht dieser Teil der Klagsabweisung mit der Rechtsprechung des Senates in Einklang (ausführlich SSV-NF 4/131 und 8/51).

Da die Berechtigung eines täglichen Wochengeldes von EUR 47,48 (S 653,34) zwischen den Parteien nicht strittig ist, die Klägerin nach den Feststellungen des Erstgerichtes Wochengeld in dieser Höhe auch tatsächlich bezogen hat und sich auch der angefochtene Bescheid sowie das entsprechende Klagebegehren der Klägerin nur auf die Gewährung eines höheren Wochengeldes bezieht, war daher dem Klagebegehren der Klägerin insoweit stattzugeben, als ihr ein weiteres Wochengeld von täglich EUR 7,39, insgesamt daher EUR 1.034,60 zuzuerkennen war (vgl SSV-NF 9/36). Das auf die Gewährung von Verzugszinsen gerichtete Mehrbegehren war hingegen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Bemessungsgrundlage ist der ersiegte Betrag von EUR 1.034,60. Eine Pauschalgebühr fällt in Sozialrechtssachen nicht an (§ 80 ASGG).