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OGH vom 25.04.2018, 9Ob14/18a

OGH vom 25.04.2018, 9Ob14/18a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers A*****, vertreten durch Mag. Markus Peißl, Rechtsanwalt in Köflach, wegen Feststellung des Zeitpunktes des Todes des J*****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 5 R 96/17z-10, mit dem dem Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom , GZ 17 T 1/17m-3, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass sein Vater J***** den , in eventu einen anderen, jedenfalls vor September 2012 liegenden Tag nicht überlebt hat. Sein Vater sei im Dezember 2010 als vermisst gemeldet worden. Im Sommer 2012 sei seine Leiche in Kroatien angeschwemmt worden, womit die Vermutung naheliege, dass er bereits am ins Wasser gestürzt und ertrunken sei. Auf der kroatischen Sterbeurkunde sei kein Todeszeitpunkt angeführt, der Antragsteller habe jedoch sowohl in Bezug auf die Zuerkennung einer Waisenpension ab Todestag (§ 86 Abs 3 Z 1 ASVG), als auch für weitere Ansprüche und Forderungen Interesse an der gerichtlichen Feststellung des Todestages. Dass das für eine Feststellung des Todeszeitpunktes einzig vorgesehene Verfahren, nämlich das nach dem Todeserklärungsgesetz (TEG), dem Wortlaut nach nur auf verschollene Personen anwendbar sei, stelle eine vom Gesetzgeber nicht gewünschte, planwidrige Gesetzeslücke dar, sodass zufolge Ähnlichkeit der Interessenlage § 21 Abs 7 TEG analog anzuwenden sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte sich das Erstgericht für unzuständig und wies den Antrag zurück. Das TEG sei nur auf verschollene Personen anwendbar. Die Eintragung eines Todesfalls, wenn der Tod gewiss sei, habe nach dem Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013) im Verwaltungsweg zu erfolgen.

Gleichzeitig mit dem Rekurs gegen diesen Beschluss stellte der Antragsteller an den Verfassungsgerichtshof den Antrag die in BGBl 23/1951 kundgemachte Wiederverlautbarung der Rechtsvorschriften über die Verschollenheit und das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes als gesetzwidrig aufzuheben. Mit Entscheidung vom , WV 1/17-11, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag ab.

Dem Rekurs des Antragstellers gab das Rekursgericht nicht Folge. Der Tod eines Menschen sei durch öffentliche Urkunden festzustellen. Er sei, ebenso wie der Todeszeitpunkt, in das Personenstandsregister einzutragen. Fehle ein Leichnam oder sei dieser nicht identifizierbar, regle das TEG zum einen das Todeserklärungsverfahren, das eine Vermutung des Todes herbeiführe, zum anderen das Todesbeweisverfahren, dessen Ergebnis dieselbe Wirkung wie eine Sterbeurkunde habe. Sei dagegen der Tod einer Person nach den Umständen nicht zweifelhaft, habe nach § 28 Abs 2 PStG 2013 die Behörde die Ermittlungen über den Tod durchzuführen. Nach § 36 Abs 2 PStG 2013 sei vor der Eintragung der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Da der Beweis des Todes des Vaters des Antragstellers erbracht sei, habe die Feststellung und Eintragung des Zeitpunktes des Todes im Verwaltungsweg nach dem Personenstandsgesetz durch die Personenstandsbehörde zu erfolgen.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, da zur Frage, ob das TEG in Fällen eines bereits feststehenden Todes bei nicht feststehendem Todeszeitpunkt analog anwendbar sei, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliegt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und ihnen die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Aufgrund der rechtlichen Bedeutung der Tatsache, ob eine Person noch lebt oder bereits verstorben ist, sieht das Gesetz vor, dass der Umstand des Todes durch öffentliche Urkunden festzustellen und in das Personenstandsregister einzutragen ist (vgl Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG II § 1 TEG Rz 1). Nach § 30 PStG 2013 ist dabei auch der Zeitpunkt und Ort des Todes einer Person einzutragen. Die Eintragung begründet vollen Beweis iSd § 292 Abs 1 ZPO.

Grundlage für die Eintragungen sind nach § 36 PStG 2013 Anzeigen, Anträge, Erklärungen, Mitteilungen und Erhebungen von Amts wegen. Vor der Eintragung ist der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Ist dies im Wege des zentralen Personenstandsregisters nicht möglich, sind hiezu Personenstandsurkunden und andere geeignete Urkunden heranzuziehen. Eintragungen, die nicht auf Grundlage geeigneter Urkunden erfolgen, sind entsprechend zu kennzeichnen. Eintragungen im Ausland erfolgter Personenstandsfälle sind ohne weiteres Verfahren vorzunehmen, wenn die zugrunde liegenden ausländischen Urkunden keinen Anlass zu Zweifel bezüglich ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit aufkommen lassen. Nach § 42 PStG 2013 ist eine Eintragung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.

2. In den Fällen, in denen der Tod nicht feststeht, sondern nur nach den Umständen wahrscheinlich ist, hat die Feststellung des Todes nach dem TEG zu erfolgen. Dieses setzt durchgehend die „Verschollenheit“ der betreffenden Person voraus. Nach § 1 Abs 2 TEG ist nicht verschollen, wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist. Das wesentliche Begriffsmerkmal der Verschollenheit ist daher die Ungewissheit darüber, ob ein Mensch, über den keine Nachrichten vorliegen, noch lebt oder gestorben ist. Die Todeserklärung, die nur eine Vermutung des Todes begründet, kann aber ihrem Wesen nach nicht mehr in Frage kommen, wenn Gewissheit über den Tod besteht (5 Ob 427/60). Dem Bedürfnis nach einem allgemeinen Beweismittel für den Tod, wenn keine Todesurkunde beigebracht werden kann, dient das besondere Verfahren zur Beweisführung des Todes (A. Frisch, Todeserklärung oder Todesbeweis bei historisch-empirischem Nachweis des Ablebens? ÖJZ 1961, 538). Dieses ist immer dann durchzuführen, wenn nach Abwägen aller Anhaltspunkte aus der Sicht eines „vernünftig denkenden Menschen“ kein Zweifel mehr an dem Tod des Vermissten bestehen kann, obwohl seine Leiche nicht gefunden oder identifiziert ist (Aichinger, Die Todeserklärung österreichischer Flutopfer, ÖJZ 2006/1 [6]).

3. Der Antragsteller bestreitet nicht, dass der Tod seines Vaters aufgrund des Auffindens des Leichnams sicher feststeht. Er geht daher selbst nicht von einer unmittelbaren Anwendbarkeit des TEG aus. Er meint jedoch, dass das Fehlen eines Verfahrens zur Feststellung des exakten Todeszeitpunkts eines nachweislich Verstorbenen und daher nicht Verschollenen deshalb eine planwidrige Lücke darstellt, weil die österreichische Rechtsordnung sonst kein Verfahren zur konstitutiven Feststellung dieses personenstandsrelevanten Umstands bieten würde.

Dabei übersieht er, dass die Aufnahme des Zeitpunkts des Todes in die Entscheidung nach dem TEG nur die (widerlegliche) Vermutung begründet, dass die Person an diesem Tag verstorben ist. Dementsprechend kann in einem Verfahren über Ansprüche, für die der Zeitpunkt des Todes relevant ist, der Beweis des Gegenteils geführt werden. Insofern besteht kein Unterschied zu der Beweiskraft der von der Behörde ausgestellten Sterbeurkunde. Eine Bindungswirkung besteht nicht. Für § 9 TEG ergibt sich dies unmittelbar aus dem Gesetz (vgl auch 5 Ob 62/64 = SZ 37/39). Aber auch der gerichtliche Ausspruch, dass der Beweis des Todes als hergestellt anzusehen ist, ersetzt nur die Sterbeurkunde. Seine Wirkung besteht darin, dass jeder, der aus dem Tode der vermissten Person ein Recht ableitet, sich zum Beweis des Todes auf ihn berufen kann, wie auf eine Sterbeurkunde (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG II § 1 TEG Rz 1). Die in § 23 TEG vorgesehene Berichtigung des Todestages ermöglicht die formelle Beseitigung oder Richtigstellung. Der Gegenbeweis kann aber in jedem einzelnen Rechtsstreit erbracht werden ohne dass zuvor eine förmliche Berichtigung oder Aufhebung erfolgt ist (vgl Sabaditsch, Verschollenheit, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, S 66 ff, zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerbestimmung).

Wenn der Antragsteller daher darauf verweist, dass durch eine Eintragung ins Personenstandsregister nicht konstitutiv über den Personenstand abgesprochen wird (VwGH 2010/17/0069) und keine Bindung für Gerichte und Behörden besteht, gilt dies daher in selber Weise für den in die Entscheidungen nach dem TEG aufgenommenen Zeitpunkt des Todes. Ob § 86 Abs 3 Z 1 ASVG nur für die Feststellung des Todeszeitpunktes nach dem TEG gilt oder auch für Berichtigungen des Todeszeitpunktes durch Verwaltungsbehörden, ist hier nicht zu prüfen.

4. Zusammenfassend bedeutet das, dass dann, wenn der Tod einer Person feststeht, der Todeszeitpunkt im Rahmen der Eintragung in das Personenstandsregister von der Behörde nach dem PStG 2013 festzustellen ist. Dabei besteht auch die Möglichkeit bei (vermeintlich) unrichtigen Eintragungen einen Berichtigungsantrag zu stellen (§ 42 Abs 3 PStG 2013), über den die Behörde, wenn sie ihm nicht stattgibt, mit Bescheid abzusprechen hat (§ 14 PStG-DV). Warum eine unvollständige Eintragung einer Berichtigung nicht zugänglich sein soll, wie der Antragsteller meint, ist nicht nachvollziehbar. In einem nachfolgenden Verfahren ist der Beweis der Unrichtigkeit der Eintragung zulässig.

Steht der Tod einer Person nicht fest, ist er bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen vom Gericht nach dem TEG festzustellen. In diese Entscheidung ist auch der mutmaßliche Todeszeitpunkt aufzunehmen. Auch für diese Fälle besteht die Möglichkeit eines Antrags auf Berichtigung (§ 23 TEG), über den mit Beschluss zu entscheiden ist. Unabhängig von einer Berichtigung ist in anderen Verfahren der Beweis des Gegenteils zulässig.

5. Entgegen der Ansicht des Antragstellers besteht daher keine planwidrige Lücke, die durch Analogie zu schließen wäre, sondern eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten der Behörden und der Gerichte. Zu Recht haben die Vorinstanzen den Antrag wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00014.18A.0425.000

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