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OGH vom 16.03.2021, 13Os123/20t

OGH vom 16.03.2021, 13Os123/20t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof.Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pateisky in der Strafsache gegen Christian A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Christian A*****, Sabrina W***** (nunmehr Ad*****) und Gerhard L***** sowie die Berufungen der Angeklagten Rene Ad*****, Patric K***** und Laura T***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 16 Hv 44/20y-245, sowie die Beschwerden der Angeklagten Rene Ad***** und Laura T***** gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf

Verlängerung von Probezeiten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten Christian A*****, Sabrina W***** (nunmehr Ad*****) und Gerhard L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden

Christian A***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB (A 1 a) sowie nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A 1 b), jeweils eines Vergehens des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31a Abs 1 zweiter Fall SMG (A 2 a) und nach § 31a Abs 1 sechster Fall SMG (A 2 b), des Vergehens nach § 4 Abs 1 NPSG (A 3), jeweils mehrerer Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 12 zweiter Fall, 223 Abs 1, 224 StGB (G 1) und nach § 12 zweiter Fall, 223 Abs 2, 224 und 15 StGB (G 2), mehrerer Verbrechen der schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 15 StGB (L) und des Vergehens nach § 12 zweiter Fall StGB, § 50 Abs 1 Z 5 WaffG (N),

Sabrina W***** (nunmehr Ad*****) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (E) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (F 4) sowie

Gerhard L***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (D 1) und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (D 2), des Vergehens der Vorbereitung des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31 Abs 1 zweiter Fall SMG (D 3), mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs 1 achter Fall SMG (D 4), des Vergehens nach § 4 Abs 1 NPSG (D 5), jeweils mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (F 5) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs 1, 224 StGB (I) sowie jeweils eines Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (J 2), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (K) und nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (M) schuldig erkannt.

[2] Danach haben – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung –

Christian A***** in H*****

(A 1) vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

a) vom März 2019 bis zum anderen verschafft oder zu verschaffen versucht, und zwar insgesamt 63.510 Gramm Amphetamin (mit einem Reinheitsgrad von 14 % bis 18 %), 23.240 MDMAhältige Ecstasy-Tabletten (mit einem Reinheitsgrad von 38 % bis 43 %), 4.889 Gramm Kokain (mit einem Reinheitsgrad von 43 % bis 81 %), 1.415 Gramm Heroin (mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich 33 %), 876 Gramm 3-/4MMC (mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich 60 %) und 250 Gramm Methamphetamin (mit einem Reihnheitsgrad von durchschnittlich 78 %) den Mitangeklagten K*****, T***** und Ad***** sowie Philipp S*****, und

b) vom März 2019 bis zum als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) aus Polen und aus den Niederlanden nach Österreich eingeführt, und zwar, insgesamt 6.480,30 Gramm Amphetamin (beinhaltend 892,35 Gramm Amphetamin-Base), 1.149 Gramm Kokain (beinhaltend 660,79 Gramm Cocain-Base), 500 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich 33 % und 10.000 Gramm Amphetamin (beinhaltend 1.800 Gramm Amphetamin-Base),

(A 2) vom März 2019 bis zum vorschriftswidrig einen psychotropen Stoff in einer die Grenzmenge (§ 31b SMG) übersteigenden Menge

a) als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) eingeführt, indem er andere anwies, insgesamt 6 Gramm Alprazolam Reinsubstanz aus Großbritannien nach Österreich an Patric K***** zu schicken, und

b) anderen verschafft, indem er insgesamt 11,25 Gramm Alprazolam Reinsubstanz nach Österreich an Patric K***** und Rene Ad***** liefern ließ,

(A 3) vom März 2019 bis zum mit dem Vorsatz, daraus einen Vorteil zu ziehen, eine mit Verordnung gemäß § 3 NPSG bezeichnete oder von einer gemäß § 3 NPSG definierten chemischen Substanzklasse umfasste Neue Psychoaktive Substanz mit dem Vorsatz, dass sie von einem Dritten zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper angewendet wird, anderen verschafft, indem er Ketamin an die Mitangeklagten K***** und Ad***** zur gewinnbringenden Veräußerung liefern ließ,

(G) vom März 2019 bis zum November 2019 andere dazu bestimmt, falsche inländische öffentliche Urkunden, nämlich

1) falsche österreichische Führerscheine (a) und falsche § 57a KFG-Plaketten (b) mit dem Vorsatz herzustellen, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, sowie

2) falsche österreichische Führerscheine im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache zu gebrauchen, wobei es teilweise beim Versuch blieb,

(L) Nachgenannte durch im Urteil näher beschriebene gefährliche Drohungen mit dem Tod zu Handlungen genötigt (1) oder zu nötigen versucht (2), und zwar

1) zwischen April 2019 und Juni 2019 den Philipp S***** zur Bezahlung eines geschuldeten Geldbetrags sowie

2) zwischen Juni 2019 und Ende November 2019 einen verdeckt ermittelnden Polizeibeamten zur Rückgabe von Suchtgift, weiters

(N) im Sommer 2019 durch Erteilung eines Hinterlegungsauftrags einen anderen dazu bestimmt, eine Schusswaffe der Kategorie B einem anderen zu überlassen, der zu deren Besitz nicht befugt ist, sodass Rene Ad***** diese Waffe zur Sicherung seines Suchtgiftbunkers verwenden konnte,

Sabrina W***** (nunmehr Ad*****)

(E) vom August 2019 bis zum im Raum E***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (§ 28b SMG) anderen überlassen, indem sie den Großteil der von Christian A***** an Rene Ad***** übermittelten Pakete, in denen sich zumindest nachstehende Mengen an Suchtgift befanden, von Abholstationen holte und an Ad***** übergab sowie teilweise Pakete mit Suchtgift an diversen Orten hinterlegte oder bei der Post aufgab, und zwar

1) 9.000 Gramm Amphetamin (beinhaltend 1.350 Gramm Amphetamin-Base),

2) 19.820 Ecstasy-Tabletten (beinhaltend 3.540 Gramm MDMA-Base),

3) 750 Gramm Kokain (beinhaltend 322,5 Gramm Cocain-Base) und

4) 350 Gramm Heroin (beinhaltend 115,5 Gramm Heroin-Base), sowie

(F 4) vom August 2019 bis zum vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Delta-9-THC-hältiges (US 29) Cannabiskraut, bis zum Eigenkonsum besessen, weiters

Gerhard L*****

(D 3) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Rene Ad***** in W***** und andernorts vom April 2019 bis zum vorschriftswidrig einen psychotropen Stoff in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (§ 31b SMG) mit dem Vorsatz besessen, dass er in Verkehr gesetzt werde, indem sie für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte 2.125 XANAXTabletten á 2 mg (beinhaltend 4,25 Gramm Alprazolam Reinsubstanz) bis zur Sicherstellung durch die Polizei zu Hause lagerten, sowie

(I) vom April 2019 bis zum Dezember 2019 in E***** im Zusammenwirken mit Rene Ad***** falsche inländische öffentliche Urkunden, nämlich zumindest zwei § 57a KFG-Plaketten, mit dem Vorsatz hergestellt, sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Verkehrstauglichkeit von Pkw, zu gebrauchen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich die von Christian A***** aus Z 4, 5, 9 lit a und 11, von Sabrina W***** (nunmehr Ad*****) aus Z 5, 5a, 10 und 11 und von Gerhard L***** aus Z 5, 10 und 11 jeweils des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden.

[4]

[5] Der Angeklagte Christian A***** beantragte (ON 244 S 39)

die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem „Fachgebiet der EDV mit dem Fachgebiet Kryptowährung“ zum Beweis dafür,

„dass die Unmöglichkeit der Inbetriebnahme des Notebooks des A***** nicht auf dessen mangelnde Mitwirkung, sondern auf eine Beschädigung von Hardware oder Software zurückzuführen ist, und zwar durch das BKA,

dass sich aus der Auswertung der bei A***** beschlagnahmten Hardware-Wallets ergibt, dass über diese keinerlei Kryptowährungstransaktionen durchgeführt wurden,

dass sich aus dem Umstand, dass bei der Auswertung eine Firmware aktualisiert werden musste, ergibt, dass diese Wallets zuvor über einen Zeitraum von zumindest sechs Monaten überhaupt nicht benutzt worden sein konnten,

dass eine Zuordnung der dem A***** zugeordneten Wickr-Me-Accounts an diesen in technischer Weise gar nicht möglich ist,

dass derartige Accounts von jedermann, dem das Passwort bekannt ist, benutzt bzw. übernommen werden könne und

dass entgegen den diesbezüglichen Behauptungen des BKA-Beamten die Vergabe von Alibi-Passwörtern bei Hardware-Wallets nicht möglich ist und dass die vom verdeckten Ermittler behaupteten Tastatur- bzw. Schreibanomalien in den Chatprotokollen nicht mit dem Notebook des A***** vereinbar sind“,

weiters „die Einvernahme des verdeckten Ermittlers zum Beweis dafür, dass die Ausdrücke aus dem Darknet selbst mit dem Nutzernamen 'c3rberus' bzw. 'cr4you' nach dem Inhalt überhaupt nicht oder zumindest nicht zur Gänze die Chats mit Rasputin wiedergeben“.

[6] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung dieser Beweisanträge (ON 244 S 40) keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt.

[7] Einen Konnex zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage ließen die Anträge nämlich nicht erkennen (RIS-Justiz RS0118444).

[8] Von der Nichtbenutzung der sichergestellten Hardware-Wallets für Kryptowährungstransaktionen in den letzten Monaten des Tatzeitraums und der Benutzbarkeit des Accounts von jedermann, der das Passwort kennt, ging das Erstgericht im Übrigen ohnehin aus (US 51 [siehe dazu § 55 Abs 2 Z 3 StPO]).

[9] Mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot hat das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).

[10] Die Mängelrüge (Z 5) zieht mit dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellung einer an A***** ergangenen Überweisung im Wert von 209.840 Euro in Zweifel, dass es sich bei A***** um den im Darknet als Suchtgiftverkäufer agierenden „Rasputin“ handelt.

[11] Die Feststellungen zur Täterschaft des Christian A***** unter dem Pseudonym „Rasputin“ leitete das Erstgericht aus einer Rufdatenrückerfassung, den Ergebnissen einer Telefonüberwachung, den Angaben der Zeugen H***** und Sc*****, des Mitangeklagten Ad***** sowie der (ebenfalls als Zeugen vernommenen) verdeckt ermittelnden Polizeibeamten und weiteren Verfahrensergebnissen ab (US 45 bis 53). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit ist diese Ableitung nicht zu beanstanden.

[12] Die Kritik der Rüge an Überweisungen (US 21) und die Löschung von Nachrichten (US 47) betreffenden Urteilspassagen geht schon deshalb ins Leere, weil das Erstgericht in der sachverhaltsmäßigen Bejahung dieser Umstände keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache erblickte (vgl zum Erfordernis RIS-Justiz RS0116737).

[13] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu A 3 Feststellungen zur Zuordnung von Ketamin zu einer der von § 1 NPSV erfassten Substanzen, Substanzklassen oder chemischen Strukturen vermisst, sich dabei aber nicht an den Konstatierungen zur Arylcyclohexylamin-Verbindung (§ 1 Abs 1 Z 2 NPSV iVm Anlage II dieser Verordnung) orientiert (US 28), verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[14] Gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB wurde bei Christian A***** der aus dem Suchtgifthandel erlangte Erlös von 262.340 Euro für verfallen erklärt (US 13).

[15] Gegen diesen Ausspruch wendet sich die Sanktionsrüge (Z 11). Die vermisste Begründung (Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Höhe des Betrags findet sich auf US 67 iVm US 19, 20, 21 und 24 sowie 48 ff. Die dabei vorgenommene Ableitung der Konstatierungen aus den Angaben des Zeugen S***** und der Mitangeklagten zur Übermittlung der Suchtgifterlöse an „Rasputin“ – also an A***** – ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

[16] ):

[17] Entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5) blieben bei den Feststellungen zur objektiven Tatseite zu E (US 26) weder die Verantwortung der Beschwerdeführerin noch die Aussagen der Mitangeklagten Gerhard L***** und Rene Ad***** unberücksichtigt (US 41 bis 44 [Z 5 zweiter Fall]). Soweit die Beschwerde aus diesen Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für die Angeklagte W***** günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[18] Mit der Kritik an den Feststellungen zur Übernahme von Amphetamin spricht sie – im Hinblick auf die Konstatierungen zur Überlassung von MDMA, Cocain und Heroin in einer bereits für sich das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28 SMG) übersteigenden Menge (US 26) – auch keine entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0106268).

[19] Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite leitete das Erstgericht nicht bloß aus dem objektiven Tatgeschehen, sondern auch aus der früheren Aussage der Angeklagten W*****, wonach sie ab August 2019 über die Suchtgiftgeschäfte ihres Lebensgefährten Bescheid wusste, aus der Tatsache des Erwerbs von Bitcoins und anderen im Urteil dargelegten Umständen ab (US 41 bis 44).

[20] Der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen orientiert sich nicht an der Gesamtheit dieser Entscheidungsgründe. Solcherart ist die Mängelrüge (Z 5) nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0119370).

[21] Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS-Justiz RS0119089).

[22] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS-Justiz RS0099431).

[23] Derartige Begründungsfehler werden zwar behauptet, mit dem Vorbringen, die Entscheidungsgründe würden mit „den im Akt befindlichen Urkunden“ oder mit „nicht vollständig aufgearbeiteten“ Aussagen im Widerspruch stehen, aber nicht dargetan.

[24] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den Angaben der Angeklagten Rene Ad***** und Gerhard L***** anhand eigener Beweiswerterwägungen andere, nämlich für die Angeklagte W***** günstigere, Schlüsse zieht als das Erstgericht, bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (RIS-Justiz RS0099674).

[25] Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten W***** in Bezug auf die Art des Suchtgifts und das (gemeint) Überschreiten des 25-Fachen der Grenzmenge finden sich auf den US 28 f. Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) diese Konstatierungen bestreitet, verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[26] Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) verstößt die Wertung der Überschreitung der Grenzmenge (§ 28b SMG) um das 312-Fache als erschwerend (US 63) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB), weil dieser Umstand nicht schon die Strafdrohung bestimmt (RIS-Justiz RS0088028).

[27] Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erhard L*****:

[28] Gerhard L***** verantwortete sich zum Vorwurf der Fälschung besonders geschützter Urkunden (I) nach der Aktenlage geständig (ON 213 S 37). Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dieser geständigen Verantwortung (US 40) widerspricht weder den Denkgesetzen noch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

[29] Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) zu I die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 30) teils bestreitet, teils übergeht, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099810).

[30] Gleiches gilt, soweit sie zum Schuldspruch D 3 Feststellungen zum auf das In-Verkehr-Setzen gerichteten Vorsatz vermisst, dabei aber die insoweit getroffenen Konstatierungen des Erstgerichts (US 25 und 29) übergeht.

[31] Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) verstößt die Wertung der Überschreitung der Grenzmenge (§ 28b SMG) um das 290-Fache in Bezug auf D 1 sowie um das 175-Fache in Bezug auf D 2 als erschwerend (US 63) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB), weil dieser Umstand nicht schon die Strafdrohung bestimmt (RISJustiz RS0088028).

[32] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[33] Die Entscheidung über die Berufungen und die gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtenden Beschwerden kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[34] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00123.20T.0316.000

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