OGH vom 01.02.2011, 10ObS1/11m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter und Mag. Irene Kienzl (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Mag. Charlotte Poeffel, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84 86, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 118/10z 31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Kläger, der zuletzt das Gewerbe des Marken und Münzhandels betrieben hat, sei nach der für ihn maßgebenden Bestimmung des § 133 Abs 2 GSVG auf die Tätigkeit als Tabaktrafikant verweisbar, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen (vgl 10 ObS 114/08z = SSV NF 22/60 mwN). Eine Verweisung nach § 133 Abs 2 GSVG hat nach ständiger Rechtsprechung abstrakt zu erfolgen. Es kommt daher nicht darauf an, ob eine Verweisungstätigkeit im Einzelfall auch faktisch erlangt werden kann oder ob dem faktische oder rechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen (RIS Justiz RS0105187). Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen kann der Kläger auch unter Berücksichtigung seines eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls die genannte Verweisungstätigkeit ausüben.
2. Soweit der Kläger unter Verweis auf die durch das Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl I 2010/111) neu geschaffene Bestimmung des § 133 Abs 2a und 2b GSVG geltend macht, er sei erwerbsunfähig, weil er nur noch Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil auf dem Arbeitsmarkt verrichten könne, ist darauf hinzuweisen, dass die genannte Bestimmung gemäß § 339 Abs 1 GSVG idF BGBl I 2010/111 erst mit in Kraft getreten ist und dieser neue Erwerbsunfähigkeitsbegriff nach § 133 Abs 2a und 2b GSVG daher auch erst für Stichtage ab diesem Zeitpunkt in Betracht kommt. In der Pensionsversicherung richtet sich nämlich die Beurteilung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, nach den Verhältnissen zum Stichtag (vgl § 113 Abs 2 GSVG). Ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ist daher nach der Sach und Rechtslage im Zeitpunkt des Stichtags zu beurteilen (10 ObS 199/02s = SSV NF 16/82 ua; RIS Justiz RS0084524). Nach ständiger Rechtsprechung ist dann, wenn eine Änderung des Gesundheitszustands, eine Gesetzesänderung oder eine sonstige Änderung der Anspruchsvoraussetzungen während des Verfahrens eintritt, die sich daraus ergebende Änderung bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Es wird durch diese Änderungen, sofern sie für den erhobenen Anspruch von Bedeutung sind, ein neuer Stichtag ausgelöst und die Anspruchsvoraussetzungen sind zu diesem neuen Stichtag zu prüfen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Anspruchsvoraussetzungen zu einem vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz liegenden Stichtag erfüllt sind (10 ObS 13/04s = SSV NF 18/34 mwN ua; RIS Justiz RS0085973 [T4 und T 5]). Die vom Kläger für seinen Prozessstandpunkt ins Treffen geführte Rechtsänderung ab kann daher im vorliegenden Fall noch keine Berücksichtigung finden.
3. Die Revisionsausführungen des Klägers machen somit insgesamt keine neuen Gesichtspunkte geltend, welche den Senat zu einem Abgehen von seiner bisherigen Rechtsprechung zum Erwerbsunfähigkeitsbegriff des § 133 Abs 2 GSVG, welcher im Übrigen auch durch das Budgetbegleitgesetz 2011 keine diesbezügliche Änderung erfahren hat, veranlassen könnten.