VfGH vom 27.09.2003, B1054/02
Sammlungsnummer
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Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit 2.142,- € bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bürgermeister der Gemeinde Hof bei Salzburg erteilte den mitbeteiligten Parteien mit Bescheid vom die Bewilligung zum "Zu- und Umbau des bestehenden Objektes mit Generalsanierung des Altbestandes" auf dem Grundstück Nr. 1117/3, KG Hof mit der Widmung "Grünland-ländliches Gebiet". Er verfügte mit Bescheid vom eine Baueinstellung, da die genehmigte Generalsanierung nicht konsensgemäß ausgeführt wurde; Infolge des Abtragens sämtlicher alter Mauerwerksteile handle es sich um einen kompletten Neubau. Am beantragten die mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung zur "Wiedererrichtung mit geringfügigen Erweiterungen des Altbestandes". Der Eigentümer der anrainenden Straßenparzelle Grundstück Nr. 1483/2, KG Hof, erhob in der mündlichen Verhandlung Einwendungen. Mit Eingabe vom beantragten die Bauwerber, die mit vorgelegten Austauschpläne als Bauanzeige zur Kenntnis zu nehmen und den Baueinstellungsbescheid ersatzlos zu beheben und zogen einen am eingelangten Antrag auf Abänderung der Baubewilligung zurück. Im Zuge der Errichtung des bewilligten Vorhabens sei das Mauerwerk des Altbestandes eingestürzt. Mit Bescheid vom nahm der Bürgermeister der Gemeinde Hof bei Salzburg die Bauanzeige [gemäß § 3 Abs 1 Z 4 BauPolG] betreffend den "Austausch des ursprünglichen Mauerwerks, welches eingestürzt ist", zur Kenntnis.
Der nunmehrige Beschwerdeführer regte mit Schreiben vom bei der Vorstellungsbehörde die Nichtigerklärung des Kenntnisnahme-Bescheides an, da die gesetzlichen Mindestabstände nicht eingehalten worden seien. Vorsichtshalber erhob er gegen den Kenntnisnahme-Bescheid vom als "übergangene Partei" auch Berufung und stellte den Antrag auf Nichtigerklärung des bekämpften Bescheides durch die Gemeindevertretung. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Hof wies die Berufung mit Bescheid vom mangels Parteistellung im Bauanzeigeverfahren als unzulässig zurück.
In der dagegen erhobenen Vorstellung berief sich der Beschwerdeführer ua. auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg. 16.103/2001) zur eingeschränkten Parteistellung des Nachbarn in der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren. Die Vorstellungsbehörde verknüpfte im bekämpften Bescheid vom die erhobene Vorstellung mit der Anregung auf Nichtigerklärung des Kenntnisnahmebescheides der Bauanzeige und wies die Vorstellung als unbegründet ab.
2. Die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.
Die Beschwerde verweist auf das Erkenntnis VfSlg. 16.103/2001 zur beschränkten Parteistellung im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren und behauptet, die Nachbarrechte könnten allein durch ein baupolizeiliches Verfahren gemäß § 16 Abs 6 BauPolG nicht gewahrt werden.
3. Die Salzburger Landesregierung erstattete nach Ablauf der ihr zur Äußerung gesetzten Frist eine Gegenschrift und legte die Verwaltungsakten vor.
4. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten innerhalb offener Frist eine Äußerung.
5. Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik.
6. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine weitere Dußerung.
7. Der Beschwerdeführer erstattete ebenso eine weitere Äußerung.
II. 1. Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen mit Beschluss vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs 1 Z 4 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG), Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom über die Wiederverlautbarung des Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 40/1997, eingeleitet.
In der nichtöffentlichen Sitzung am , protokolliert zu G20/03, hat der Verfassungsgerichtshof § 3 Abs 1 Z 4 BauPolG als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Die belangte Behörde hat daher eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von 327,- € und eine Eingabegebühr in Höhe von 180,- € enthalten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.