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VfGH vom 01.12.1992, B1052/92

VfGH vom 01.12.1992, B1052/92

Sammlungsnummer

13262

Leitsatz

Keine Verletzung im Eigentumsrecht durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Grundstückserwerbs mangels Fähigkeit juristischer Personen zur Begründung eines Wohnsitzes; keine Gewährleistung der Liegenschafts- und Niederlassungsfreiheit für Ausländer

Spruch

Der beschwerdeführende Verein ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom erwarb der beschwerdeführende Verein M P Ges. zur Förderung der Wissenschaften von einem deutschen Ehepaar Anteile an einer Liegenschaft in Maria Alm, verbunden mit dem Wohnungseigentum an einer Wohnung. Im Hinblick auf die - unbestrittene - Ausländerstellung des Käufers beantragte dieser unter Berufung auf § 9 Abs 1 Z 3 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. für das Land Salzburg 73/1986 (im folgenden: SGVG 1986) (die Novelle LGBl. für das Land Salzburg 43/1992, welche einen Tag vor Zustellung des bekämpften Bescheides in Kraft getreten ist, betrifft die vorliegende Sache nicht) die grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Rechtsgeschäftes.

2. Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg wies mit Bescheid vom diesen Antrag mit der Begründung ab, daß das Ermittlungsverfahren ergeben habe, daß die Grundstücke, auf welchen sich die Eigentumswohnung befinde, laut Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Alm im Zweitwohnungsgebiet liegen und daß eine Überfremdung derzeit nicht gegeben sei. Der vom Beschwerdeführer in seinem Antrag geltend gemachte Zustimmungstatbestand des § 9 Abs 1 Z 3 des SGVG 1986 liege deshalb nicht vor, weil dieser keine natürliche Person sei und den "Vertragsgegenstand auch nicht individuell nutzen" könne; einen Zweitwohnsitz im Sinne der genannten Gesetzesstelle könne nur eine natürliche Person begründen. Da die Nutzung einer Zweitwohnung "auch nur dem Erholungsbedürfnis eines einzelnen in Ballungszentren dienen kann, spricht die Bestimmung des § 9 (1) Ziff 3 nur Einzelpersonen an", heißt es in der Begründung des bekämpften Bescheides abschließend.

3. Gegen diesen abweislichen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der durch Art 5 und 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. etwa VfSlg. 12527/1990, ) - Beschwerde erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall in erster Linie bedeutsamen Vorschriften des SGVG 1986 haben folgenden Wortlaut:

"Ausländer

§ 7. Als Ausländer im Sinne dieses Gesetzes gelten:

a) natürliche Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen;

...

d) Vereine, deren ordentliche und stimmberechtigte Mitglieder überwiegend Ausländer sind;

...

Beschränkung des Grundverkehrs für Ausländer

§8. (1) Unbeschadet des Erfordernisses einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß § 2 Abs 1 bedürfen folgende Rechtsgeschäfte unter Lebenden einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn der Rechtserwerber ein Ausländer ist und staatsvertragliche Verpflichtungen nicht anderes bestimmen:

a) die Übertragungen des Eigentums an einem Grundstück, Gebäude oder an Teilen hievon;

...

Voraussetzungen für die Zustimmung

§9. (1) Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund gemäß § 10 vorliegt und

1. ...

3. der Gegenstand des Rechtsgeschäftes dem Ausländer zur Begründung eines Zweitwohnsitzes dienen soll, sofern dieser in einem Zweitwohnungsgebiet (§12 Abs 1 Z. 6 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. Nr. 26), gelegen ist und in diesem Gebiet oder in dem betreffenden Wohnobjekt noch keine Überfremdung (Abs3) besteht oder durch das Rechtsgeschäft eintritt;

..."

2. Begründet wird die behauptete Verletzung der durch Art 5 und 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte in der Beschwerde damit, daß der beschwerdeführende Verein § 7 litd SGVG 1986 zuzuordnen sei. § 9 Abs 1 Z 3 leg.cit. stelle ausdrücklich auf Ausländer ab und schränke diesen Begriff in keiner Weise auf den Personenkreis gemäß § 7 lita (natürliche Personen) leg.cit. ein. Der Gesetzgeber hätte es zum Ausdruck bringen müssen, wenn er den Personenkreis des § 9 Abs 1 Z 3 SGVG 1986 auf natürliche Personen hätte beschränkt wissen wollen. Es sei nicht einsichtig, weshalb ein Verein oder dessen Mitarbeiter eine Ferienwohnung oder eine Zweitwohnung nicht nutzen können sollten. Die belangte Behörde habe daher § 9 Abs 1 Z 3 SGVG 1986 "schier denkunmöglich" angewendet.

3.1. Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück (Gebäude, Grundstücks- oder Gebäudeteil) vom bisherigen Eigentümer an einen Ausländer wird sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber in der Ausübung privater, den Schutz des Art 5 StGG genießender Rechte beschränkt und somit ein Eingriff in das Eigentum bewirkt (s. etwa VfSlg. 6546/1971; s. auch, was den Erwerber betrifft, etwa VfSlg. 10271/1984, 10895/1986, 11689/1988).

Ein Eingriff in das Eigentum wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (s. zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte.

3.2. Daß der angefochtene Bescheid nicht gesetzlos ergangen ist, ist offenkundig.

3.3. Gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften trägt die Beschwerde keine verfassungsrechtlichen Bedenken vor. Auch beim Verfassungsgerichtshof sind weder bislang (vgl. - mit weiteren Hinweisen - ) noch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdeverfahrens solche entstanden. Der angefochtene Bescheid beruht folglich nicht auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage.

3.4. Auch die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde habe § 9 Abs 1 Z 3 SGVG 1986 "schier" denkunmöglich angewendet, ist nicht gerechtfertigt. Die genannte Regelung stellt auf eine allfällige Begründung eines Zweitwohnsitzes ab, wobei der angefochtene Bescheid davon ausgeht, daß ein solcher nur von natürlichen Personen begründet werden kann. Dem hält die Beschwerde im Kern nur entgegen, es sei nicht einsichtig, weshalb ein Verein oder dessen Mitarbeiter eine Ferienwohnung oder eine Zweitwohnung nicht nutzen können sollten.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, daß auch ein Verein bzw. dessen Mitarbeiter eine Ferien- bzw. Zweitwohnung - was immer man darunter verstehen mag - nutzen könnten. Sie geht dabei aber am eindeutigen Wortlaut der zitierten Regelung vorbei, welche auf die Begründung eines Zweitwohnsitzes abstellt. Es ist nun aber offenkundig und bedarf keiner weiteren Begründung, daß die Annahme keinesfalls denkunmöglich ist, daß ein Wohnsitz iS der Rechtsordnung (vgl. insbesondere auch § 66 JN) und gleicherweise ein Zweitwohnsitz iS des § 9 Abs 1 Z 3 SGVG 1986 nur von natürlichen Personen begründet werden kann.

Der beschwerdeführende Verein ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

4. Der beschwerdeführende Verein behauptet auch eine Verletzung des Art 6 StGG. Diese Verfassungsbestimmung gilt aber nur für Staatsbürger (vgl. VfSlg. 12527/1990, , , B1371/90) bzw. für inländische juristische Personen (vgl. ). Es ist daher ausgeschlossen, daß der beschwerdeführende Verein, dessen Ausländereigenschaft unbestritten ist, durch den angefochtenen Bescheid in den durch Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt werden könnte.

5. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.

6. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu unter II.3.3.) ist es auch ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.