Suchen Hilfe
OGH 18.12.1996, 7Ob2344/96y

OGH 18.12.1996, 7Ob2344/96y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Mörth und Dr.Georg Buder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Karl T***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 610.203,58 sA (Revisionsinteresse S 499.903,58 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 106/96d-16, mit dem das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom , GZ 2 Cg 43/95z-14, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben, die angefochtene Berufungsentscheidung aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen haben folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die klagende Bauunternehmung errichtete über Bestellung der beklagten Partei in M***** eine Dreiplatztennishalle, wobei als Fertigstellungstermin der vereinbart wurde, "nachträglich wird eine Pönale in Höhe von 1/4 % der Auftragssumme pro Arbeitstag anerkannt, max. jedoch 5 % der Auftragssumme" (Beilage C S.3). Als Zahlungsziel wurde ein 3-prozentiger Skonto innerhalb von 14 Tagen vereinbart. Weiters einigten sich die Parteien auf einen 5 %igen Haftrücklaß. Während auf Seite 8 der Auftragsbestätigung unter Punkt "08.00 Gewährleistung entsprechend den Bestimmungen der ÖNORM 2110" aufscheint, ist dazu in einem späteren Antwortschreiben der Klägerin vermerkt: Zu 08-Gewährleistung: "Mit den Bestimmungen des ABGB sind wir einverstanden" (Beil./8). Mit Telefax vom teilte die Klägerin der Beklagten die "Gesamtfertigstellung mit " mit. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom darauf, daß die Arbeiten an der Halle zwar weitgehend beendet seien, daß sie jedoch zum Teil recht beträchtliche Mängel aufweisen, die in diesem Schreiben auch aufgelistet wurden (Beil./7). Im Folgeschreiben der Beklagten vom heißt es: "Daß die Aufnahme des Tennisspielbetriebes mit einer Übernahme der Anlage zwangsläufig verbunden ist, geht aus dem mit uns abgeschlossenen Vertrag keineswegs hervor. Davon abgesehen liegt es aber im Interesse Ihres Unternehmens, daß wir den Spielbetrieb alsbald aufnehmen, da dessen Verzögerung durch noch zu behebende Mängel Schadenersatzansprüche auslösen würde, die S***** abzugelten hätte. Vermieden werden solche Schadenersatzansprüche dadurch, daß die im Halleninneren zu sanierenden Mängel noch im Laufe dieser Woche beseitigt werden" (Beil./6). Am erfolgte die "Projektabnahme", worüber ein von den Streitteilen unterfertigtes Protokoll aufgenommen wude. Demnach wurde die Gesamtleistung laut Auftrag vom plus Nachträge mit "umseitig angeführten Mängeln" abgenommen. Ein Teil dieser Mängel wurde bis November 1994 behoben, der Rest mit einem Preisnachlaß von S 85.000,-- abgegolten.

Die Klägerin begehrt einen Restwerklohn von S 610.203,58 sA unter Berücksichtigung des 5 %igen Haftrücklasses und brachte vor, daß der Beklagten kein 5 %iger Pönaleabzug zustehe, weil die Tennishalle fristgerecht übergeben worden sei. Da die beklagte Partei in Ansehung der Gesamtwerklohnforderung ihrer Zahlungsverpflichtung nicht fristgerecht nachgekommen sei, stünde ihr auch nicht der Abzug eines 3 %igen Skontos zu.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß das von der Klägerin hergestellte Werk im Juni 1994 noch nicht fertiggestellt gewesen sei, da es gravierende Mängel aufgewiesen habe, die nur teilweise behoben worden seien. Für die unbehobenen Mängel sei eine Preisminderung von 104.000,-- S angemessen. Da die nicht von der Preisminderung umfaßten Mängel erst im August 1994 behoben worden seien, sei von einer Fertigstellung erst ab diesem Zeitpunkt auszugehen, weshalb der Beklagten der Abzug des vereinbarten Pönales, des Preisminderungsanspruches sowie eines 3 %igen Skontos zustünde.

Das Erstgericht sprach der Klägerin S 518.903,58 zu und wies das Mehrbegehren von S 91.300,-- ab. Bei Annahme eines fristgerecht fertiggestellten, jedoch mit behebbaren Mängeln behafteten Werkes stehe es dem Besteller zwar zu, den offenen Werklohn zurückzuhalten, er habe jedoch nicht das Recht auf Geltendmachung einer für den Fall der verspäteten Erfüllung vereinbarten Vertragsstrafe, sodaß im vorliegenden Fall die beklagte Partei nicht zum Abzug des Pönales berechtigt gewesen sei. Dazu sei auch der Abzug des 3 %igen Skontos nicht gerechtfertigt, weil dies eine Zahlung innerhalb von 14 Tagen nach Fertigstellung und Abnahme vorausgesetzt hätte.

Über Berufung der Beklagten gegen einen S 19.000,-- sA übersteigenden Zuspruch hat das Berufungsgericht mit der angefochtenen Entscheidung das Ersturteil bestätigt. Es erklärte die ordentliche Revision für unzulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Der Terminus "Fertigstellung" müsse mangels anderer Anhaltspunkte in der Vereinbarung unter Zugrundelegung eines vernünftigen Parteiwillens im Sinne des § 914 ABGB dahingehend verstanden werden, daß darunter die Herstellung einer grundsätzlich funktionsfähigen Tennishalle bis verstanden wurde. Daß die Vereinbarung der Konventionalstrafe über die Sanktionierung einer verspäteten Fertigstellung der Tennishalle hinaus auch noch den Zweck der Besicherung einer gänzlichen Mängelfreiheit des übergebenen Werkes haben sollte, könne weder aus dem Wortlaut der diesbezüglichen Bestimmung noch aus dem objektiv erkennbaren Zweck des Vertrages abgeleitet werden. Die beklagte Partei habe es unterlassen, zu behaupten und zu beweisen, daß die gegenständliche Tennishalle am noch nicht funktionsfähig gewesen sei. Aus der Unterfertigung des Abnahmeprotokolles am ohne Hinweis auf die abzuziehende Konventionalstrafe sowie aufgrund der Tatsache, daß nach Verbesserung eines Teils der Mängel eine Preisminderung in Höhe von nur S 85.000,-- als gerechtfertigt vereinbart worden sei, sei eher davon auszugehen, daß die dem Werk anhaftenden Mängel nicht derart gravierend waren, daß sie nach dem Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung zum Abzug der Pönale berechtigt hätten. Mangels Berechtigung eines Pönaleabzuges sei mit der Teilzahlung die Berechtigung zum Abzug eines 3 %igen Skontos verlorengegangen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung von der beklagten Partei erhobene Revision ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.

Die in der Lehre und älteren Judikatur teilweise kontroversiell beantwortete Frage, ob eine Konventionalstrafe nur für den Fall der Nichterfüllung des Vertrages oder aber auch für den Fall der Nichteinhaltung der Modalitäten von Zeit und Ort, sohin kumulativ mit der Erfüllung versprochen werden darf (vgl Harrer in Schwimann ABGB § 1336 Rz 8 mwN sowie Reischauer in Rummel ABGB2 § 1336 Rz 8 mwN) wurde in der jüngeren Rechtsprechung dahin beantwortet, daß sich der Konventionalstrafengläubiger sowohl für den Fall der Nichterfüllung, als auch für den der nicht gehörigen Erfüllung eine Konventionalstrafe versprechen lassen darf (vgl JBl 1986, 246 = SZ 58/152). Wenn auch die Konventionalstrafe vom Gesetzeswortlaut her eine Schadenspauschalierung bewirken soll, kann sie bei entsprechender Vereinbarung durchaus der Verstärkung und Befestigung der Vertragsverbindlichkeit dienen. Nach herrschender Ansicht ist die Vertragsstrafe von der Höhe des tatsächlichen Schadens daher unabhängig, sie gebührt grundsätzlich auch dann, wenn noch gar kein Schaden entstanden ist (vgl. Harrer aaO Rz 10). Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichtes kann daher eine Konventionalstrafe durchaus auch für den Fall der Nichteinhaltung von Gewährleistungsverpflichtungen vereinbart werden. Eine Beschränkung des Konventionalstrafengläubigers bei mängelbehafteter Lieferung des Werkes allein auf sein Leistungsverweigerungsrecht entspricht daher nicht dem Gesetz. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, mangels anderer Anhaltspunkte sei die Konventionalstrafenvereinbarung dahin auszulegen, daß sie nur auf die Herstellung einer "grundsätzlich funktionsfähigen Tennishalle" bis gedient habe, entspricht nicht der Feststellungslage und übergeht gleichzeitig die in diesem Zusammenhang von der beklagten Partei im Rahmen ihrer Berufungsmitteilung erhobene Beweis- und Feststellungsrüge, wonach für die Annahme des Erstgerichtes, daß keine Beeinträchtigung des Spielbetriebes ab vorgelegen sei, es an Beweisergebnissen mangle. Vor allem besteht für die vom Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrundegelegten Annahme, daß ab eine grundsätzlich funktionsfähige Tennishalle vorgelegen sei, keine Feststellungsgrundlage; die in den Monaten darauf erfolgte Mängelbehebung sowie der Preisnachlaß von S 85.000,-- lassen diesen Schluß nicht zu. Für die Annahme, daß die Konventionalstrafe vereinbarungsgemäß nur bei gravierenden Mängeln begehrt werden dürfe und solche offensichtlich nicht vorlägen, fehlt, da keiner der von den Streitteilen einvernehmlich festgelegten Mängel festgestellt worden ist, eine nachvollziehbare Grundlage für die rechtliche Beurteilung. Der Revisionsgegnerin ist in diesem Zusammenhang zuzugestehen, daß für die vom Berufungsgericht getroffene Auslegung der vorliegenden Vereinbarung nach § 914 ABGB es an den entsprechenden Feststellungsgrundlagen mangelt. Allein aus diesem Grund war die Berufungsentscheidung aufzuheben. Zweifelhaft in diesem Zusammenhang ist auch, ob mit der Übernahme der Tennishalle im Juni 1994 und der angenommenen Zusage der Klägerin, einen Teil der Mängel zu beheben und den anderen Teil mit einer Preisminderung abzugelten, von der beklagten Partei der klagenden Partei schlüssig eine weitere Erfüllungsfrist gewährt wurde und sie somit auf die Geltendmachung ihres Pönaleanspruches verzichtet hatten: Eine dem § 640 BGB vergleichbare Pflicht des Bestellers, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes eine Abnahme ausgeschlossen ist, besteht im österreichischen Recht grundsätzlich nicht. Dies bedeutet allerdings nicht, daß die Werkvertragsparteien nicht eine derartige Pflicht vereinbaren dürften. In einem solchen Fall ist der Besteller verpflichtet, das bestellte Werk zu übernehmen (vgl. Krejci in Rummel ABGB2 § 1165, 1166 Rz 111). Was unter einer "Übernahme unter gleichzeitiger Berücksichtigung von bestehenden Mängeln" zu verstehen ist, kann nur aus den von den Parteien aus Anlaß dieser "Übergabe" getroffenen Vereinbarungen beurteilt werden.

Nach der herrschenden Auffassung erklären sich die Gewährleistungsvorschriften aus dem Zurückbleiben der als Erfüllung hingegebenen gegenüber der vertraglich geschuldeten Leistung. Die Pflicht zur Gewährleistung resultiert aus der Nichterfüllung oder nicht vollständigen Erfüllung der vertraglichen Verbindlichkeiten, die Behebung solcher Erfüllungsmängel soll das gestörte Gleichgewicht der beiderseitigen Leistungen wiederherstellen (vgl. EvBl 1982/53). Geht man davon aus, so befand sich die klagende Partei zum vereinbarten Fertigstellungstermin zufolge Übergabe mit Mängeln in Verzug. Nicht releviert und fraglich könnte sein, ob die Mängel an der Tennishalle so unwesentlich waren, sodaß die beklagte Partei die Übernahme nicht zurückweisen konnte (Bagatellmängel), weil aus der Beilage F die Mängel nicht erkennbar sind.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die Streitteile zu weiteren Beweisanboten über die getroffenen Vereinbarungen, insbesondere über die dem Vertragsabschluß vorausgegangenen Besprechungen zur Aufklärung des vereinbarten Inhaltes der Konventionalstrafenvereinbarung aufzufordern haben, um daraus weitere Feststellungen über den Vertragswillen treffen zu können. Auch wenn dies nicht möglich sein sollte, wird das Erstgericht über Art und Umfang der Mängel, die am einvernehmlich erhoben worden sind, Feststellungen zu treffen haben, um daraus beurteilen zu können, ob bei Zugrundelegung eines vernünftigen Parteiwillens davon auszugehen ist, ob eine mit (wesentlichen oder unwesentlichen) Mängeln behaftete Tennishalle von der beklagten Partei als Erfüllung durch die klagende Partei bedingt oder unbedingt angenommen worden ist und ob bei einer bedingten Annahme der klagenden Partei eine Nachfristsetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung eingeräumt worden ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Mörth und Dr.Georg Buder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Karl T***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 610.203,58 sA (Revisionsinteresse S 499.903,58 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 106/96d-16, mit dem das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom , GZ 2 Cg 43/95z-14, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Spruch des Beschlusses vom wird dahin berichtigt, so daß er insgesamt zu lauten hat:

"Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz."

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der dem Senat bei der Abfassung des Urteilsspruches unterlaufene Fehler war gem. § 419 ZPO zu berichtigen.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1996:0070OB02344.96Y.1218.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAD-77640