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OGH vom 02.05.2000, 10Ob103/00w

OGH vom 02.05.2000, 10Ob103/00w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinnützige Siedlungs-Genossenschaft A***** und H***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am verstorbenen Volker M*****, zuletzt wohnhaft in *****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Rainer Blasbichler, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Josefine K*****, vertreten durch Dr. Veronika Cortolezis, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 41 R 598/99s-32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der Nebenintervenientin wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ein wichtiger Grund, der den Vermieter zur Kündigung des Mietvertrages berechtigt, liegt unter anderem vor, wenn die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs 3 MRG) dienen (§ 30 Abs 2 Z 5 MRG).

Nach der Rechtsprechung ist ein dringendes Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen im Sinne eines schutzwürdigen Interesses zu verstehen und nur dann zu verneinen, wenn ihnen eine andere ausreichende und angemessene Unterkunft zur Verfügung steht, wobei immer auf die Gesamtheit der vorliegenden Umstände des Einzelfalles abzustellen ist. Die Dringlichkeit des Wohnbedürfnisses eines nahen Angehörigen an der aufgekündigten Wohnung hängt davon ab, ob der Eintrittswerber über eine eigene Wohnung verfügt oder ob er auf eine andere Wohnung verwiesen werden soll. Im ersten Fall ist auf die unbedingte Notwendigkeit abzustellen, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen, andernfalls muss es sich um eine ausreichende und gleichartige (rechtlich abgesicherte) Wohnmöglichkeit handeln (6 Ob 75/98t mwN uva; RIS-Justiz RS0069974; RS0069957).

Das Berufungsgericht gelangte in Anwendung dieser in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vertretenen rechtlichen Grundsätze zu dem Ergebnis, dass ein dringendes Wohnbedürfnis der Nebenintervenientin an dem aufgekündigten Reihenhaus in Wien im Hinblick darauf, dass die Nebenintervenientin seit Mieterin einer rund 57 m2 großen Wohnung ebenfalls in Wien ist, in der sie auch bis zum Ableben des Mieters des Reihenhauses gewohnt hat, zu verneinen sei. Der Umstand, dass die Wohnqualität in der Mietwohnung der Nebenintervenientin durch Verkehrslärm beeinträchtigt sei, reiche nicht für die Annahme eines dringenden Wohnbedarfes aus. Das Berufungsgericht hat mit seiner Rechtsansicht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Ein Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung liegt entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht vor, weil die beiden von der Revisionswerberin zitierten Entscheidungen 8 Ob 529/93 (= MietSlg 45.265/11) und 7 Ob 2109/96i (= MietSlg 48.358) nicht vergleichbare Sachverhalte betroffen haben (Unzumutbarkeit des Verlassens einer seit dreieinhalb Jahrzehnten an einem Ort gestalteten Lebenswelt und Beginn eines ganz neuen Privatlebens bzw Unzumutbarkeit der Übersiedlung einer 77-jährigen Witwe von Wien nach Baden). Der Beurteilung der Frage, ob das dringende Wohnbedürfnis der Nebenintervenientin nach den ausschließlich im vorliegenden Einzelfall festgestellten Umständen zu bejahen ist oder nicht, kommt keine über den Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zu (MietSlg 38.316/19; 5 Ob 564/94 uva).

Die außerordentliche Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.